,Kapitel 3 ,der dunkle Prinz-


Dürre, zähe Kälte, zog an mir. Ich hockte schon seit einer gewissen Ewigkeit mit den Knien angezogen in der dunklen Ecke des Raumes. Noch immer befand ich mich in der misslichen Lage.

Schatten durchzogen meine Gedanken. Wieso war ich noch nicht aufgewacht? Alles schien so real, aber es war unmöglich. Das hier war keine Realität. In der Realität gab es keine riesigen Schneepaläste oder einen dunklen Prinzen, geschweige denn eine weiße Königin. Es gab auch weder schemenhafte Gestalten noch riesige Grauwölfe.

Wäre das hier die Realität, würde die Polizei bald auftauchen, weil meine Tante mich vermisste. Auf den Straßen würden dichte Autoschlangen stehen und nie würde sich der Schnee so dicht aufeinander stapeln. Das alles hier war ein Traum, ein täuschend echter.

Mein Kopf schreckte hoch, als ein Poltern vor der Tür zu hören war. Laute Stimmen drangen aus dem Gang. Überrascht stemmte ich mich an den kalten Wänden hoch. Meine Füße waren taub und mit jedem Schritt näher zu der Tür, machten sie sich schmerzend bemerkbar. Meine zitternden Hände griffen ganz langsam nach vorne, dort wo ich die Tür vermutete. Das Stimmengewirr draußen wurde immer lauter.

Mit einem Ruck wurde die Türe aufgerissen. Sichtlich erschrocken blickte ich zu dem Kerl, welcher vor mir stand. Grelles Licht schien mir entgegen und nur mit leichter Mühe, gewöhnten sich meine Augen an die plötzliche Helligkeit. Wirklich etwas erkennen konnte ich nicht. Er trug ein dunkles Hemd und hatte eine Kapuze über sein Gesicht gezogen. Ich musste meinen Kopf ein wenig in den Nacken legen, um überhaupt zu seinem Gesicht zu sehen. In der linken Hand hielt er ein langes Schwert, welches er achtlos auf den Boden abstützte.

"Das ist Sie also?«, fragte er und drehte seinen Kopf nach hinten in den hellen Gang. Ich starrte ihn noch immer an, bis mir bewusst wurde, dass ich noch immer meinen Arm Richtung Türe ausgestreckt hatte. Schnell nahm ich ihn herunter.

Er drehte sich wieder langsam in meine Richtung.

»Sie ist ja noch ein Kind«, seufzte er und verschränkte die Arme vor der Brust.

Ich höre dich...

»Ich bin fast 18 Jahre alt!«, rief ich ihm entgegen und ver-schränkte ebenfalls meine Arme vor der Brust. Das war nur ein Traum.

»18 Jahre? Farrun!«, rief er, ohne sich umzudrehen. Wie aus dem nichts tauchte eine weitere Gestalt neben ihm auf. Diese trug ebenfalls eine Kapuze. Auch von der Größe und Statur glichen sich die beiden ziemlich.

»Ja, Meister?«

»Farrun, sind 18 Jahre für ein Menschenkind viel?«, fragte er. Noch immer sah er in meine Richtung. Ein Schauer überkam mich. Wer waren die beiden und wieso nannte er ihn Meister?

»Nicht wirklich«, sprach der andere.

»Nicht wirklich? Mit 18 Jahren darf man abstimmen gehen, man darf Auto fahren, Alkohol kaufen und so weiter«, widersprach ich und sah abwechselnd von dem einten zum anderen.

»Ich weiß ja wirklich nicht, was Alkohol kaufen mit...wie hieß das? Auto? Zutun haben mag, aber gut«, sprach der, der Farrun genannt wurde.

Verwirrt sah ich sie an. Was sollte jetzt das schon wieder? So viel älter als ich konnten diese seltsamen Kerle wohl kaum sein, oder?

Aufgebrachte Stimmen riefen durch den Gang. Mit wehendem Haar kam die weiße Königin auf uns zu. Sie schien ziemlich aufgebracht zu sein. Hinter ihr mit einem großen Abstand, liefen zwei der schemenhaften Gestalten.

»Prinz!«, fauchte sie, kurz bevor sie vor den beiden anhielt.

Das waren also Farrun und der dunkle Prinz

»Ja?«, fragte er, den Kopf noch immer in meine Richtung.

»Ich habe euch verboten, meine Spielfiguren zu belästigen!«

»Das interessiert mich herzlich wenig«, zischt der Prinz und wandte sich endlich von mir ab. Die Königin stieß ein lautes Knurren aus. Der Prinz sah still in ihre Richtung. Plötzlich schüttelte die Königin ihren Kopf. Die feinen Eiskristalle in ihrem weißen Haar klimperten.

»Nun gut, ich bitte euch jedoch mir zu folgen. Wir haben noch etwas zu besprechen«, meinte sie. Ihr Ton war auf einmal sanft, beunruhigend sanft. Ihre Augen hingegen funkelten noch immer voller Hass.

Der dunkle Prinz nickte.

»Dunkle Gestalten! Bringt Sie in den anderen Kerker!«, rief die weiße Königin nach hinten. Die beiden Gestalten sahen zuerst zu dem dunklen Prinzen, dann wieder zu ihr.

»Na los, macht schon!«, schrie sie. Erschrocken fuhren beide zusammen und kamen auf mich zu. Kalte Hände griffen nach meinen Armen und zogen daran. Ich versuchte erst gar nicht, mich zu wehren.

»Wenn ihr erlaubt, wird Farrun Sie begleiten«, wisperte der dunkle Prinz und lief an ihr vorbei. Farrun nickte nur und folgte mir und den beiden schemenhaften Gestalten. Die Königin schien einen Moment lang zu überlegen, aber dann lief sie dem dunklen Prinzen nach.

Die Gestalten zogen mich weiter, immer tiefer in die Gänge hinein. Alles war voller Eis, selbst die dichten Gitterstäbe einiger Kerker. Ab und zu erhaschte ich einen Blick in die dunklen Zellen. Menschliche Wesen kauerten darin. Einige wimmerten vor sich hin, andere knurrten mich an.

Irgendwann kamen wir einige Treppen hoch und liefen durch einen Gang. Am Ende des Ganges befand sich eine dunkle Tür. Auch dort zog sich dichtes Eis über den Türgriff.

»Stopp!«, rief Farrun. Die Gestalten hielten an. Er holte uns ein und blieb vor ihnen stehen. »Sicher, dass wir im richtigen Gang sind?«, fragte er. Die Gestalten sahen sich kurz an und dann wieder zu ihm.

»Natürlich!«, zischte der auf meiner linken Seite. Er drückte mit seinen langen blauen Krallen fester zu. Überrascht schrie ich auf.

»Gebt Sie mir. Ich vertraue euch nicht. Ihr wollt ja schließlich nicht als Eisskulptur der Königin enden oder?«, fragte er und zog langsam ein Schwert hervor. Es klirrte, als er das Schwert auf das Eis zu unseren Füßen schwingen ließ. Das Eis zerbrach mit einem lauten ächzen. Mit der anderen Hand zog er sich langsam die Kapuze vom Kopf. Schwarzes Haar kam zum Vorschein, seine Augen waren dunkel, fast schwarz und um seine Lippen stahl sich ein spöttisches Grinsen.

Einen Moment konnte ich meine Augen nicht von ihm lassen. Er war hübsch, nicht einfach nur schön. Jedoch konnte ich mir nicht einmal erklären, was ihn genauso atemberaubend machte. Irgendetwas schien er auszustrahlen.

Die beiden Gestalten quietschten auf.

»Hinterhalt!«, schrie der eine und schon landete die Schwertklinge in seinem Bauch. Auch der zweite hatte weniger Glück und fiel ebenfalls wie der erste leblos zu Boden. Erschrocken schlug ich beide Hände vor meinen Mund.

Lauf! Er wird dich töten.

Und dann rannte ich los. Ich rannte und schlitterte auf dem hellen Eis. Doch ich kam nicht einmal bis zu dem Ende des Ganges, da packten mich zwei Hände an den Hüften und zogen mich einfach hoch. Eine Hand legte sich um meinen Mund.

»Hör auf zu schreien, wenn dir dein Leben lieb ist!", zischte er. Warmer Atem strich mir über meinen Nacken. Von dem Schwert das an seiner Hüfte lag, tropfte noch immer dunkles, schwarzes Blut. Ganz langsam nahm er seine Hand wieder von meinem Mund.

»Hilfe!«, schrie ich in den Gang. Wütend drückte er mich näher zu sich, was mir beinahe den Atem raubte. Seine Muskeln spannten sich an und seine Atemzüge wurden immer flacher. Stimmen drangen langsam zu uns. Nur ein leichtes Wispern..

»Gut gemacht.«, zischte er und zog mich wütend mit sich. Ich wehrte mich mit aller Kraft gegen ihn, biss und trat um mich. Das Wispern wurde immer lauter und schlich die eisigen Wände entlang. Plötzlich wie aus dem nichts, wandelte sich das Wispern in einen gellenden Schrei. Das Eis zerbrach und splitterte von allen Seiten, riss mir meine Haut auf und ließ mich zusammen zucken. Farrun hielt den Atem an. Der Schrei wurde immer schriller und lauter. Am Liebsten hätte ich mir die Ohren zu gehalten, aber das ging ja nicht. Ich schrie auf und krümmte mich vor den Schmerzen. Müdigkeit überkam mich und noch immer splitterte Eis. Meine Augen schlossen sich langsam und ich sank in Farruns Armen zusammen.

Dunkle Schatten umschlossen mich.

Sanfte Stimmen wiegten mich in einen Schlaf. Fühlte sich so der Tod an?

Ganz behutsam öffnete ich meine Augen. Ich lag unter einer weichen Decke aus Pelz. Es war erstaunlich warm. Meine roten Haare fielen wie ein Schwall von meinem Kopf. Sie waren voller Knoten und ein wenig Laub hing in ihnen. Langsam richtete ich mich auf. Das schwarze Kleid, welches ich noch immer trug, raschelte auf. Über mir war ein weißes Zelt gespannt. Ein kleines Feuer brannte in der Mitte und Waffen lagen auf dem Boden verstreut.

Ich zog den warmen Pelz näher zu mir.

Endlich war es wieder warm.

Was zum? Dunkle Bärenaugen und ein dazugehörender Kopf starrten mich von dem Pelz aus an. Ich schrie auf und schleuderte das Bärenfell in das brennende Feuer. Mit einem nu fing es an zu brennen. Panisch drückte ich mich gegen die Zeltwand, die ächzend unter meiner Berührung ein wenig nachgab.

Ein Mann mit einem schwarzen Umhang kam herein gerannt, sein Blick fiel auf das Bärenfell, welches brannte. Noch immer starrten mich die toten Bärenaugen an, bevor sie endgültig vom Feuer verschlungen wurden. Der Mann warf den Blick zu mir.

»Ihr seid wach, wie schön«, murmelte er genervt und zog den Rest der noch qualmenden Decke aus dem Feuer. Erst jetzt erkannte ich Farrun.

»Wo bin ich hier? Und wieso haben eure Decken Köpfe!«, sprach ich und starrte ihn finster an.

»Im Lager der Jäger und zu deiner Frage, wieso nicht?« Verwundert sah er mich an. Achtlos schmiss er die angebrannte Decke in eine Ecke. »Wolltet Ihr das ganze Zelt abfackeln?«

»Mein Name ist Taija!«

»Taija wie das Feuer, passt ja«, knurrte er und kam bedrohlich näher.

Schnell richtete ich mich auf.

»Was ist passiert bei der weißen Königin und wo ist Sie?«

»Ich wollte euch befreien, aber Ihr musstet ja durch den ganzen Saal brüllen. Die Königin hat ihre Augen überall und hat dich versucht mit ihrer Stimme zu locken. Und keine Angst, Sie ist weit weg in ihrem Schloss«, zischte er. Seine Augen funkelten noch immer wütend auf.

»Und wieso befreit Ihr mich?«

»Wieso nicht? Die weiße Königin darf das Spiel nicht gewinnen.«

»Spiel, immer dieses Spiel. Besteht euer Leben nur aus dem Spiel des dunklen Prinzen und der weißen Königin?", rief ich ihm entgegen. Meine Stimme bebte. Kalte Wut mischte sich in mir auf.

»Es ist nicht einfach ein Spiel. Es entscheidet wer die Ländereien regiert.«

»Ein Machtkampf also und was spiele ich für eine Rolle?« Fragend sah ich ihn an.

Seufzend fuhr er sich durch die dunklen Haare.

»Nur Menschenkinder können Alptraumschach spielen, weil ihre Fantasie grenzenloser als die unsere ist. Da sich nur jede vierte Sonnenwende ein Menschenkind hier her verirrt, will es jeder in seinem Besitz haben.«

»Alptraumschach? Was ist das schon wieder?«, fragte ich genervt.

»Das wirst du noch sehen«, meinte er nur.

Er stand kurz vor meinem Bett. Seine Augen betrachteten mich forschend. Ich schluckte.

»Was sagt eigentlich euer Meister dazu, dass ihr ihn einfach so im Palast zurück gelassen habt?«, zischte ich und drückte mich noch mehr gegen die Zeltwand.

Dieser Traum ging schon viel zu lange.

»Meister?«, fragte er zögerlich. Er lachte und die weiße Zeltwand begann dabei zu beben. Er wollte gar nicht mehr aufhören zu lachen. Spitze Zähne, wie die eines Raubtieres, blitzten hervor. Verwundert sah ich ihn an.

Plötzlich brach sein Lachen ab und er beugte sich zu mir, bis er beinahe meine Stirn berührte. »Ich habe keinen Meister. Niemals würde sich mir jemand Wiedersetzen«, flüsterte er. Seine dunklen Haarsträhnen schoben sich vor meine Augen. Mein Herz pochte immer schneller. Verzweifelt krallte ich mich an das Bett und wagte es nicht einmal mehr zu atmen.

»Taija, nicht? Du scheinst immer noch nicht zu wissen, wer vor dir steht.«

Ein spöttisches Lächeln umspielte seine Lippen.

Eine surreale Traumgestalt?

Schweigend schüttelte ich ganz langsam meinen Kopf.

»Ich bin der dunkle Prinz. Willkommen in dem Lager der Jäger, Taija«, sprach er und stieß sich blitzschnell ab.

Er der dunkle Prinz aber wer war Farrun?

Er wollte gerade das Zelt verlassen, da sprang ich auf und packte ihn bei der Hand. Überrascht blickte er auf meine linke Hand, zog seine aber nicht weg.

»Wer ist Farrun und ich verstehe nicht ganz, was das im Kerker sollte.«

»Ich bin Farrun. Ich und mein Freund haben die Rollen getauscht, damit die Königin keinen Verdacht schöpft und damit ich dich dann befreien kann«, meinte er, denn Blick noch immer auf meine Hand geheftet.

»Also Farrun, ich danke euch für meine Befreiung, aber ich möchte gerne Nachhause.« Besser gesagt, endlich aufwachen...

»Aber sicher, Taija«, meinte er lächelnd.

»Gleich jetzt werde ich euch natürlich höchst persönlich auf meinen Rücken, zurück in eure geliebte Heimat tragen, springt auf.«

Der dunkle Prinz zog meine Hand weg und ging in die Knie. Nicht ohne dabei spöttisch zu lächeln.

Das war ein Scherz.

"Wirklich lustig!«, zischte ich und funkelte ihn wütend an.

"Glaubt ihr wirklich, ich befreie euch aus den Fängen dieser alten Hexe, nur um euch dann wohlbehalten zurückzubringen? Ihr seid jetzt meine Spielfigur und was ihr danach macht ist mir herzlich egal."

Purer Hass funkelte in seinen dunklen Augen auf, während er sich wieder zu seiner vollen Größe aufrichtete.

»Ihr seid ein arroganter, ungehobelter, Narr!«, rief ich und wollte ihm eine Ohrfeige verpassen. Er packte meine Hand und zog mich daran hoch, als ob ich nicht mehr als eine Feder wiegen würde. Schmerz stach durch meine Schulter.

»Leg dich nicht mit mir an, kleines Feuer. Ansonsten landest du schneller als es dir lieb ist, wie dieses Bärenfell, auf einem brennenden Haufen. Haben wir uns verstanden?«

Seine Lippen waren zu einem schmalen Strich verzogen.

Farrun ließ mich los. Unsanft schlug ich auf dem Boden auf.

»Ruht euch aus, meine Liebe. Wir müssen morgen weiter. Unser Ziel ist mein Schloss. Es ist einen drei Tagesmarsch entfernt von hier und bis dahin befinden wir uns noch in der Gefahr der weißen Königin.«

Er lief an mir vorbei, riss die Zeltplane auf die Seite und wollte gerade hinaus, als er noch einen Moment lange inne-hielt.

»Und an Flucht solltet ihr gar nicht erst denken. Meine Männer stehen vor den Zelten. Sie haben Waffen und schießen auf alles, was sich bewegt«, sprach er, ehe er mit schnellen Schritten hinaus trat.

Ich legte die Arme um meine Beine und kauerte mich zusammen. Das war also der dunkle Prinz? In der Legende hieß es immer er wäre so hässlich wie die düstere Nacht, aber er hier war anders.

Farrun..

Ich war wirklich in einem echt realen Traum gefangen. In einer Welt, wo die weiße Königin und der dunkle Prinz sich bekämpften.

-

Mitten auf dem Zeltplatz der Jäger des dunklen Prinzen, lag ein Mädchen mit flammendem Haar. Sie hatte Angst und das war auch besser so. Die weiße Königin war außer sich vor Zorn und schickte sogleich nach Spähern, welche ihr ihren kostbaren Schatz zurück bringen sollten.

Und Farrun, der dunkle Prinz? Der blickte von seinem Zelt in die Wälder mit einem siegessicheren Lächeln. Er hatte sechs Schachfiguren die weiße Königin nur fünf.

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