7. Bruder, Schwert und Schiff

Zwei Fischer packten mich an den Armen und hievten mich auf das einmastige Segelschiff. Hustend brach ich auf den Planken zusammen und lehnte mich schwer gegen die Reling. Jemand legte mir eine Decke über die Schultern.

„Was treibt zwei Männer wie euch so weit weg von der Küste? Noch dazu in so einem morschen Nachen?" Ein Kitsune drängte sich an den Männern vorbei, mit silbern schimmerndem Fell und breitschultrig wie jeder der Fischer.

Farraday erhob sich langsam und massierte sich die Schultern. Wahrscheinlich schmerzten seine ebenso sehr wie meine, nach all den Meilen, die wir in dem Ruderboot, das Erraxa uns überlassen hatte, zurückgelegt hatten. „Unser Captain weigerte sich, in Bikoyo anzulegen, selbst wenn wir für eine Passage dorthin bezahlt hatten, Sir", antwortete er. „Er sagte, wir müssten selbst dafür sorgen, wenn wir unbedingt dorthin wollten." Er sah zu den Männern, die das Boot an Bord zogen. „Zumindest hat er sich einverstanden erklärt, als wir ein Beiboot verlangten."

Es war nicht einmal gelogen. Erraxa hatte uns das Boot gegeben, uns davor gewarnt, ihr in die Quere zu kommen, und uns unserem Schicksal überlassen. Ich wusste nicht, ob ich es schlimmer fand, dass wir den Rest des Weges bis zu der fernen Küste mit Muskelkraft zurücklegen mussten, oder dass unsere einzige Alternative darin bestand, noch länger auf einem verfluchten Geisterschiff zu verweilen, dessen Ankunft in Bikoyo bestenfalls für Angst und Schrecken und im schlimmsten Fall dafür sorgen würde, dass die Kanonen uns die Seelen aus dem Leibe feuerten.

Obwohl sie verblassten, nach Göttern und Haien und Seedrachen, sträubte sich mein Nackenfell beim Anblick der rauen Fischer mit ihren zerzausten Fellen, durchsetzt von Narben, mit Messern und Haken in den Händen. Kitsune schienen stets edel, egal wer sie waren, ob von Adel, Priester oder gewöhnliche Handwerker, und neben ihnen kam ich mir stets schäbig vor.

Der silbrige Kitsune nickte. „Wir sind gerade auf dem Weg zurück nach Bikoyo." Er wies nach Osten, wo im goldenen Morgenlicht ein buckliger Streifen Land erstrahlte. „Ihr könnt an Bord bleiben, bis wir dort sind. Steht nur nicht im Weg."

„Aye. Vielen Dank." Farraday zog mich auf die Füße und manövrierte mich zum Bug, zwischen Reusen und Fässern.

Ein Kitsune, kaum mehr als ein Kind, flickte Netze und beäugte mich und mein Hex voller Misstrauen. Ich zog meinen Umhang enger um mich, lehnte mich ermattet an die Reling und wartete auf unsere Ankunft.

Hohe Mauern umschlossen die Häfen von Bikoyo. Der südliche war schwer bewacht, ein Netz aus gezahnten Ketten schloss die Einfahrt. Flaggen mit stilisierten Fuchsköpfen, schwarz, weiß und rot, flatterten im leichten Wind. Soldaten patrouillierten auf den Wehrgängen, zwischen Kanonen, Skorpionen und Katapulten. Rufe und Befehle erklangen dahinter, und ich erhaschte einen Blick auf Kriegsschiffe, auf exerzierende Kitsune und das Flackern von magischem Feuer.

Der Hafen jedoch, der nördlich des Flusses lag, den der Fischer Perlenwasser genannt hatte, schien uns mit offenen Armen zu empfangen. Die uniformierten Männer und Frauen, die auf den mit Feuerschalen und Spiegeln gekrönten Türmen Wache standen, wirkten entspannt und freundlich. Schiffe aller Größen, Farben und Formen legten an den unzähligen Kais ab und an. Ich sah Fischerboote, fremde Kriegsschiffe, Handelskoggen aus dem Norden, die merkwürdig fächerförmigen Segel, wie sie die Banshee's Wrath hatte, Briggs und Fregatten. Luftschiffe, mit Ballons und ohne, mit Rümpfen aus Stahl und Holz, durchkreuzten den Himmel, und legten an drei hohen Türmen mit langen Auslegern an.

Der Fischer manövrierte sein Boot in die Nähe des südlichen Endes des Hafens, nahe des Flussufers und des Forts. Die Lagerhäuser, die den Hafen säumten, wurden hier niedriger und schlechter gepflegt, bis sie, rechts einer breiten, schnurgeraden Prachtstraße, schließlich in ein Gewirr aus Gassen, schiefen Häusern und einem tobenden Meer aus Kreaturen aller Rassen mündeten. Laternen der Banshee hingen über Hauseingängen und von Leinen, die über die Straßen gespannt waren.

Farraday bedankte sich bei dem Fischer und verließ mit mir das Schiff. Arbeiter, Aufseher, Soldaten und Huren verwandelten den breiten Hafenplatz in ein unüberschaubares Chaos. Einige Schiffe entfernt entdeckte ich die Banshee's Wrath, umgeben von Soldaten. Ich fragte mich, was die Kaiserin wohl über Myazi wusste. So, wie ich den Ruf des halbversehrten Captains einschätzte, wohl eine ganze Menge.

Niemand war an Bord zu sehen, niemand, außer den jadenischen Soldaten, bewachte die Gangway. Einer von ihnen versperrte uns den Weg. „Halt. Was wollt ihr?"

„Ist der Erste Offizier an Bord? Ich will mit ihm sprechen", sagte Farraday.

„Es ist niemand an Bord."

„Wo ist die Crew?"

„Der Captain hat kurz nach der Ankunft seine gesamte Crew entlassen. Er hat sie bezahlt, ihnen viel Glück gewünscht und sie fortgeschickt. Wir haben den Befehl, das Schiff zu bewachen."

„Und der Captain?"

„Er wurde zum Palast eskortiert."

Zum Palast der Kaiserin. Der ohne Zweifel noch besser bewacht sein würde als der Militärhafen. Oh, ich habe Einbrüche mit Herausforderungen schon immer gemocht. Doch ein magisches Schwert und einen unkontrollierbaren Arkanen hatte selbst ich noch nie gestohlen. „Wurde auch ein Arkaner zum Palast gebracht?", wollte ich wissen.

„Der Schlächter von Botreiga?" Der Soldat spuckte in den Dreck. „Aye."

„Der was?"

Der Kitsune verdrehte die Augen. „Ein Arkaner, geschaffen von den Aufständischen von Botreiga, brach in den Palast des jadenischen Botschafters ein und tötete alle, die dort waren. Den Botschafter, seine Frau, seine Kinder, die Angestellten. Danach verschwand er, bis die Noxischen ihn fanden. Sie wollten ihn ausliefern. Der Captain dieses Schiffes", er wies auf die Banshee's Wrath, „erklärte sich einverstanden damit, dass er den Arkanen sicher hierher bringen würde."

Sicherlich für einen formidablen Preis. Ein Preis, der es wert war, einen unbedeutenden Piraten mit magischen Fähigkeiten für eine Intrige zu kaufen, bei der die Kaiserin nicht ungeschoren davonkommen würde, wahrscheinlich, um ihn danach verschwinden zu lassen. Ich begann, zu verstehen, welche Rolle Myazi spielte. Oder spielen sollte.

„Wisst Ihr, wo wir die Crew finden könnten?", mischte Farraday sich ein.

Der Soldat lachte auf. „Dort, wo ihr alle verlorenen Seelen findet. Im Dreieck der Drachenlaternen." Beinahe klang er wehmütig.

„Was... was gibt es dort?", fragte ich misstrauisch.

„Alles, was du willst, Mann. Und noch mehr." Er nickte in Richtung des von Laternen überspannten Bezirks. „Viel Glück."

Ich bezweifelte, dass Arcaul und das Schwert des Caligár im Dreieck der Drachenlaternen zu finden waren, von der Dragon's Pride ganz zu schweigen, doch ließ mich anstandslos von Farraday zu den verheißungsvollen Laternen ziehen.

Dennoch erkannte ich schnell, dass der Soldat recht gehabt hatte. Eingeklemmt zwischen der Prachtstraße, die wohl zum Palast führte, dem Fluss und den Kais fanden sich Bordelle aller Preisklassen, von der schmutzigen Absteige bis zu dreistöckigen Herrenhäusern, vor denen kunstvoll geschminkte Männer und Frauen auf Kundschaft warteten. Huren pfiffen uns hinterher. Obwohl es erst früher Nachmittag war, strömten die Seemänner und Taugenichtse zuhauf in Lusthäuser, Spielhöllen und Opiumhöhlen. Fliegende Händler boten ihre Waren feil. Gesetzlosigkeit lag in der Luft, selbst wenn es kaum hundert Schritte bis in die Garnison gebraucht hätte. Betrunkene taumelten uns aus Tavernen und Schankhäusern in den Weg. Es roch nach Alkohol, fremden Kräutern und dem Schweiß tausender Männer und Frauen. Ich fragte mich, wie wir in diesem heillosen Chaos Rotchcaft finden sollten.

Eine Hand legte sich schwer auf meine Schulter. Ich wirbelte herum, meine Hände zuckten zu den Waffen, und blickte in das rotäugige, stinkende Gesicht eines Mannes, den ich von der Banshee's Wrath erkannte. „Der Karr! Und Farraday! Was treibt euch hierher? Habt eure Suche immer noch nich' aufgegeben, was?", rief er mit einem verächtlichen Grinsen voller gelbgrüner Zahnruinen.

„Darum geht es nicht", wehrte Farraday ab. „Wo ist Rotchcaft?"

Der Mann verzog das Gesicht. „Ihr geht's verflucht beschissen. Hat 'nen längeren Streit mit'm Captain gehabt. Wollte nicht mehr auf'm Schiff sein mit 'nem verfluchten Schwert drauf. Und weil der Captain seine Crew nicht mehr braucht, wo er schon sein Schwert hat, das sein Schiff für ihn steuert, hat er uns einfach weggeschmissen. Er hat uns einfach entlassen." Er zuckte mit den Schultern. „Wenigstens hat er uns nicht einfach über Bord geworfen. Und unser Geld ham wir auch."

„Wo hast du Rotchcaft zuletzt gesehen?"

„In diesem Pub, drei Straßen weiter. Nennt sich Goldene Schellen. Kann sein, dass sie schrecklich betrunken is'."

„Mit einer betrunkenen Rotchcaft werde ich fertig", schnaubte Farraday. „Danke."

Wir fanden Myazis ehemaligen Ersten Offizier auf einem Tisch zwischen Flaschen und Spielkarten, den Dreispitz tief ins Gesicht gezogen. Gelbe Augen blitzten im Schein der mit dem Tisch verschmolzenen Kerzen. „Marius. Und der Karr." Ihre Krallen klopften im Takt des Liedes, das eine Gruppe Spielleute zu besten gab, auf die Klinge ihres Messers. „Was willst du?"

„Wir brauchen deine Hilfe", sagte Farraday.

„Wobei? Ihr wollt immer noch das Schwert, nicht wahr? Dann geht doch und holt es euch. Myazi ist im Palast und leckt der Kaiserin die Füße, und den Noxern noch dazu. Ihr findet ihn bestimmt." Sie griff nach einer Flasche und nahm einen tiefen Schluck.

„Die Noxer? Was tun die Noxer hier?", wollte ich wissen.

Rotchcaft seufzte tief und blickte an uns vorbei zur Theke, wo ein paar Männer in den Uniformen noxischer Soldaten standen. Ich hatte sie bereits gesehen, doch ich hatte sie nicht für wichtig gehalten. „Die Noxer haben versucht, die Kaiserin auf ihre Seite zu ziehen. Für, ach, wissen die Götter, diesen zwielichtigen Scheiß, den Nox nun mal tut. Kriege, Tod, Eroberung, magische Geheimnisse, die besser verborgen geblieben wären. Dafür wollen sie diese Kriegermönche aus den Bergen, die kaiserliche Marine und all das, was die Kaiserin eben hat. Gold und Jade und göttliche Magie." Sie hob den Blick zu den roten Schnüren mit goldenen Glöckchen daran, die überall an den Wänden hingen. „Die Kitsune haben es mit ihren Göttern. Ein Pferd mit einem Dämonenauge auf der Stirn. Und ein Drache, der für Drogen und Glücksspiel und Tod steht. Und deren Macht können diese Priester nutzen, was Nox wohl..."

„Rotchcaft", sagte Farraday sanft. „Komm zum Punkt."

„Aye. Nun, die Noxer haben freundlich gebeten, und die Kaiserin wird heute Abend ein rauschendes Fest geben, bei dem sie freundlich ablehnen will. Jade will mit diesem noxischen Unsinn nichts zu tun habe, und, bei allen Göttern, ich kann sie verstehen." Erneut trank sie. „Werden 'ne Menge hoher Gäste dabei sein, diverse Adelige aus Jade, Botschafter aus dem Norden und dem Westen, und natürlich auch die Noxer. Sind tatsächlich mit ihrem Prachtstück von einem Schiff angereist, das sich die Dragon's Pride nennt."

„Die Dragon's Pride ist hier in Bikoyo?", zischte ich aufgeregt. Mein Bruder, das Schwert und das Schiff. Alles an einem Ort. Der Soldat hatte recht gehabt, im Dreieck der Drachenlaternen würde ich tatsächlich alles finden, was ich suchte.

Rotchcaft wandte sich skeptisch zu mir um. „Aye. Warum?"

Ich wand mich unter ihrem gelben Blick und bereute meinen Ausbruch. Fieberhaft fischte ich nach einer glaubwürdigen Lüge, warum ich so begeistert ob des mächtigen Kriegsschiffes war, doch mir wollte nichts einfallen.

Farraday kam mir zuvor. „Das ist es, was er sucht. Er braucht das Schwert..."

„...um die Dragon's Pride zu stehlen und meinen Bruder zu retten", endete ich, fest entschlossen, meine Pläne selbst zu vertreten.

„Du willst die Dragon's Pride stehlen? Warum bin ich dauernd umgeben von Wahnsinnigen, verdammt?", fluchte Rotchcaft. „Wahrscheinlich, weil ich mich wieder bei dir aufhalte, Marius. Du ziehst Irre an wie Scheiße die Fliegen."

„Um fair zu bleiben, ich habe ihn angeheuert, nicht er mich", verteidigte ich den Noxer.

„Schlimm genug, dass du ihn angeheuert hast." Wütend leerte sie die Flasche. „Eine neue!", verlangte sie laut. Eine junge Kitsune brachte eine weitere Flasche und zwei Bierkrüge und stellte sie auf den Tisch, Rotchcaft beobachtete jede ihrer Bewegungen. Kaum war das Mädchen verschwunden, griff sie nach der Flasche, riss den Korken heraus und nahm einen Schluck. „Was willst du überhaupt mit der Dragon's Pride und dem Schwert machen, wenn du sie denn mal hast? Du scheinst nicht wie jemand, der den Himmel mit Feuer und Blut überziehen wird. Dafür hast du nicht genug Schneid. Bist weggerannt wie ein Hase, sobald Siarthys sich gezeigt hat."

Ich überlegte, ob ich beleidigt sein sollte, aber entschied mich dagegen. „Ich weiß nicht, was ich tun werde. Zunächst einmal brauche ich jedoch sowohl Schwert als auch Schiff und meinen Bruder, weswegen die Frage nach dem Danach erst einmal hintenan steht."

„Rotchcaft." Farraday sah dem Goblin in die gelben Augen. „Wirst du uns helfen? Bitte. Wir müssen Myazi dieses Schwert abnehmen. Sindrak braucht es."

„Du brauchst es wohl eher, was, Marius? Endlich ein Schiff ohne eine Crew. Du als alleiniger Herrscher über die See. Das würde dir gefallen, aye?"

Farraday biss die Zähne zusammen und richtete den Blick auf die Flasche. „Du weißt, dass du genauso daran schuld bist wie die Hurensöhne von der Veralis, von der Goldklirren und von der Elizabeth's Curse. Du hast sie gegen mich aufgehetzt!", fauchte er gedämpft.

„Aye." Rotchcaft blickte ihm offen ins Gesicht. „Und ich würde es wieder tun. Denn dieses verfluchte Schwert vernebelt deinen Geist. Deinen und Myazis. Wahrscheinlich auch noch Marres und den von diesem Karr. Und ich werde den Teufel tun, dich wieder in dieses elende Messer laufen zu lassen, das sich das Schwert des Caligár nennt!"

„Sorgst du dich um mich?", fragte Farraday kalt.

„Du warst mein Freund, Marius!" Rotchcaft sprang auf und trat über den Tisch auf Farraday zu. „Ich habe vier Meutereien gegen dich zerschlagen und noch mehr im Keim erstickt. Erinnerst du dich an Harrow? An Westerley? An Bragdhen? All die, die plötzlich über Nacht verschwunden sind? Das war ich. Ich habe für dich gelogen und deine Lügen zu Wahrheiten gemacht. Ohne mich hättest du es gar nicht erst bis in Siarthys' Gewässer geschafft! Und glaub mir, ich habe es bereut. Oh, was habe ich es bereut. Du hättest aufgeben sollen, als wir dich in Triport gelassen haben." Sie spuckte aus. „Dann wäre dieses verfluchte Schwert nie gefunden worden."

Plötzlich fühlte ich mich beinahe schuldig, dass ich Farraday angeheuert hatte, das Schwert zu finden. Mir fiel auf, woran wir, im weiteren oder engeren Sinne, schuld waren. „Dann würde Erraxa in Marres Körper auch nicht vor der Küste auf Myazi warten, um ihm das Schwert abzunehmen", sagte ich finster.

Rotchcafts Blick ruckte zu mir. „Was?"

„Wir mussten Erraxa rufen, um von der Insel zu fliehen. Sie nahm Siarthys' Kraft in sich auf und verlangte einen Körper, den sie bewohnen konnte, um sich von ihren letzten Fesseln zu befreien. Marre gab ihr ihren", erklärte Farraday matt. „Nun wartet sie darauf, dass Myazi aufs offene Meer segelt. Sie will das Schwert für sich, um noch mehr Macht zu bekommen."

Rotchcaft nahm den Hut ab setzte sich im Schneidersitz vor uns auf die Tischplatte. „Und nun?", fauchte sie.

„Sie darf es nicht bekommen. Sie würde unaufhaltsam werden."

„Und nebenbei möchtest du das Schwert für dich, aye?"

„Nein. Sindrak bekommt es."

Rotchcaft lachte auf. „Selbstlos, lächerlich. Ich weiß genau, dass du das Schwert für dich willst. Für deinen Traum von einem Schiff, dessen Crew dir immer gehorchen wird. Egal, wonach du suchst. Egal, welchen idiotischen Träumen du auch nachjagst. Aber es wird dir weder deine verlorenen Schiffe, noch deinen Ruhm bei der Marine, noch deine Hure von einer Frau zurück bringen!"

Farraday sprang auf, seine Hand zuckte zum Schwertgriff. „Sprich kein Wort über sie. Kein Wort."

„Ich rede, wie es mir passt, Farraday! Die Crew der Goldklirren hat sie über Bord geworfen, um dich zum Aufgeben zu zwingen, und du glaubst, die See hat sie immer noch. Rha'Ytun hat sie immer noch. Aber das ist lächerlich! Das Meer nimmt. Es gibt nichts zurück. Nichts und niemanden! Hat Erraxa dir das nicht gesagt, als du mit ihr gesprochen hast?"

Farraday schwankte. Seine Hand verweilte auf dem Schwertgriff, doch er zog die Waffe nicht.

„Sie ist verloren. Niemand wird sie dir zurückbringen können. Am wenigsten das Schwert des Caligár. Dieses Schwert kann nur zerstören."

„Du bist betrunken, Rotchcaft", sagte Farraday hohl.

„Aye, das bin ich. Aber trotzdem sage ich die Wahrheit, und das weißt du."

Er senkte den Blick und ließ sich schwer auf die Bank fallen. „Dennoch brauchen wir das Schwert. Wenn ich nicht retten kann, was mir genommen wurde, sollen es wenigstens andere können. Und wenn wir dabei verhindern können, dass Erraxa die Macht bekommt, die Meere nach Belieben zu kontrollieren, sollten wir dafür sorgen, dass sie es nie in die Finger bekommt." Er sah mich beinahe freundlich an.

Langsam hob ich den Blick wieder über meinen Bierkrug, hinter dem ich mich während ihres Streits versteckt hatte. Ich glaubte ihm immer noch nicht, dass er mir das Schwert einfach überlassen würde, doch um Arcaul zu befreien, brauchte ich Hilfe. Seine und Rotchcafts. „Mein Bruder war auf eurem Schiff", begann ich zaghaft. „Der Arkane. In der verstärkten Zelle."

„Der ist dein Bruder? Ich hätte es mir denken können bei der hässlichen Visage." Rotchcaft grinste hämisch.

„Wie kam er auf euer Schiff? Ein Soldat hat uns erzählt, dass er der Schlächter von Botreiga ist..."

„Ha! Botreiga! Ekelhafte kasische Hafenstadt. Einer der wenigen zivilisierten Flecken an dieser elenden Urwaldküste." Sie zog die Flasche näher zu sich. „Eines Tages kam ein Noxer zu uns an Bord. Kam von der Botschaft dort. Er machte Myazi ein Angebot. Für einen unheiligen Batzen Gold und Geheimnisse der noxischen Artificier sollten wir einen Gefangenen nach Bikoyo bringen. Einen, der vor wenigen Tagen die jadenische Botschaft in Schutt und Asche gelegt hatte. Natürlich war Myazi nicht begeistert. Erstens, es waren die Noxischen, die uns dieses Angebot unterbreiteten, und wir hatten oft genug zu kämpfen mit den Imperialen. Zweitens, der Gefangene war ein junger Arkaner, dessen Dämon nicht im Geringsten seinem Willen gehorchte. Doch als er erfuhr, wie hoch der Preis tatsächlich war, und wem er damit schaden würde, schlug er ein."

„Wem würde er schaden?", fragte ich.

„Wem wohl, du Fischkopf? Der Kaiserin. Der Arkane soll sie töten, damit ihre Tochter, süß und beeinflussbar, ihren Platz einnimmt, und die Noxer sie für sich benutzen können. Und sie haben sich den richtigen Verbündeten ausgesucht. Myazi hasst die weiße Schlampe, seit er als Hofmagier bei ihr arbeitete. Hat ihr den Hof gemacht. Bis der alte Krüppel ihr zu aufdringlich wurde und sie ihm das halbe Gesicht weggebrannt hat. Dann ist er verschwunden und hat bei den Knochensammlern angeheuert." Sie unterbrach sich, trank und blickte in die Flasche. „Myazi redet viel zu viel, wenn er trinkt. Verdammt, und ich auch. Wir, die Crew, hätten nie erfahren sollen, warum wir plötzlich einen Besessenen in unserem Laderaum hatten. Natürlich haben die Männer Fragen gestellt. Und Myazi hat ihnen noxisches Gold unter die Nase gehalten und gesagt, der Fremde sei ein Geschenk für die Kaiserin."

„Woher hast du erfahren, was die Noxer vorhaben?", fragte Farraday.

„Ich bin durch Botreiga geschlichen und habe die Ohren gespitzt. Wenn ich nicht gesehen werden will, werde ich nicht gesehen. Auch die Noxer nicht."

„Wenn die Noxer hier sind", fiel mir plötzlich ein, „warum haben sie Arcaul nicht selbst ausgeliefert?"

„Du hast deinen werten Bruder gehört, nicht wahr? Er ist unkontrollierbar. Dumm. Ein Tier, geleitet von Blutrausch und Instinkten. Niemals wäre er imstande, jemanden gezielt zu töten. Aber wenn ein Beschwörer den Dämon in seinem Kopf lenkt, beherrscht er auch den Körper des Dämons. In diesem Fall deinen Bruder." Sie zuckte mit den Schultern. „Zwar werden in seinem Zorn auch alle anderen im Raum sterben, aber das ist ein durchaus erwünschter Nebeneffekt. Und damit es nicht auffällt, was die Herren Nox vorhaben, sind sie in getrennten Schiffen angereist. Alle, die etwas von diesem Plan wissen und es nicht sollten, werden nach der blutigen Soiree, die heute Nacht im Palast steigen wird, verschwinden. Sehr plötzlich, sehr präzise und sehr unschön."

„Du hörst eine Menge." Farraday griff nach der Flasche.

Rotchcaft zog sie aus seiner Reichweite. „Noxer, die den Goblin hinter der Wandvertäfelung nicht sehen, reden auch eine Menge. Ich habe versucht, Myazi davon abzuhalten, diesen Auftrag anzunehmen, aber er ist ebenso unbelehrbar wie du, Marius, wenn es um seine Pläne geht."

„Wir müssen etwas tun", entschloss ich. Niemals würde ich zulassen, dass Nox, das elende Nox, meinen Bruder für seine widerlichen Zwecke missbrauchte.

„Was du nicht sagst", spottete Rotchcaft.

„Arcaul und das Schwert sind in der Festung der Kaiserin. Und ich denke nicht, dass die Noxer ihn lebend dort hinaus lassen wird. Von Myazi ganz zu schweigen." Farraday lehnte sich vor. „Wir müssen beide, Schwert und Bruder, aus dem Palast holen. Gut, dass heute eine Soiree stattfindet, bei der es viele fremde Gesichter geben wird."

„Aber keins wird so hässlich sein wie eure." Rotchcaft klopfte mit den Krallen auf die Flasche. „Ihr wollt euch verkleiden und unter die Leute mischen. Ein bisschen Adelsluft kosten. Nun, viel Spaß. Ich werde nicht dabei sein."

„Das verlange ich nicht. Würdest du trotzdem etwas für uns tun?"

„Kommt ganz darauf an, was es ist."

„Erkunde die Dragon's Pride. Wir stehlen sie."

„Die Dragon's Pride. Ein noxisches Kriegsschiff. Eines der größten. Voller noxischer Soldaten. Und ihr wollt es stehlen." Sie sah uns entgeistert an. „Nun, ich kann mir ansehen, was es auf diesem Schiff gibt, aber ich werde kein Messer schwingen für euch. Ich bin nicht lebensmüde."

„Nein. Das Schwerter schwingen übernehmen wir selbst. Vorzugsweise jene Schwerter, mit der wie die Dragon's Pride gegen ihre Mannschaft wenden können." Ein Funkeln lag in Farradays Augen, das mir einerseits gefiel und andererseits furchtbare Angst einjagte. „Wir fliehen mit der Dragon's Pride und sind sicher vor sowohl Erraxa als auch Nox."

Rotchcaft seufzte und blickte uns über den Rand des Flaschenhalses zu uns. „Ich kann euch nicht aufhalten, aye?"

„Nein", sagte Farraday milde amüsiert. Ich schüttelte zögernd den Kopf.

„Schön", knurrte sie und erhob sich. „Ein Kaufmann, dem wir einen Teil unserer Ware verkauft haben, ist heute Nacht auf diese Soiree eingeladen. Ich werde zusehen, dass ihr als sein Gefolge oder seine Gäste auftreten könnt. Ich führe euch zu ihm. Und danach sehe ich mir dieses drakonische Schiff an."

„Danke, Rotchcaft", sagte Farraday ehrlich.

„Steck dir deinen Dank sonst wo hin."

~ ~ ~

Dadurch, dass ich Montags erst zu unheiligen Zeiten nach hause komme, gibt es fortan Updates an Dienstagen. Also nich verwirrt sein.

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