DAS TAL DER BLUMEN
„Es wird auch das Tal der Blumen genannt" meldete sich plötzlich hinter mir eine Stimme. Widerwillig drehte ich meinen Kopf. Nicht weit von mir entfernt auf der Holzlatte saß Mae immer noch im Körper des Adlers und überblickte das Tal.
„Ich finde den Namen passend" antwortete ich mit brüchiger Stimme.
Der Adler verzog das Gesicht missbilligend. „Von allen vier Reichen ist dieses hier das was ich am wenigsten mag"
„Warum?" wollte ich von ihm wissen. Es gab sicher wenig Personen auf dieser Welt die von sich behaupten den Frühling nicht zu mögen.
Mae seufzte. „Du wirst es verstehen, sobald du die Königin kennen gelernt hast. Und jetzt ist es besser wir holen diese vier Holzköpfe ein, bevor sie merken, dass wir ihnen nicht mehr folgen"
So gingen, oder in Maes Fall flogen, wir im gemächlichen Tempo die kiesige Landstraße hinunter, immer ein paar Meter hinter den Soldaten. Neugierig sah ich mich um: Links und Rechts von der Straße lagen eingezäunt Blumenwiesen und kleine Bauernhäuser. Auf den Feldern inmitten der Blumen sah ich immer wieder Feldarbeiter, die die Blumen zu schneiden schienen.
„Was machen die mit den Blumen?" wollte ich von Mae wissen.
„Kommt darauf an was für eine Art von Blume aber die meisten werden zu Medizinischen Zwecken genützt" erklärte er mir.
„Sag mal Mae, aus welchem Reich stammst eigentlich du?" Ich hob meinen Kopf, da er wie ein großer Schatten über mir flog und wartete.
„Aus dem Reich des Winters, wenn du es genau wissen willst" antwortete er verhallten.
„Vermisst du deine Heimat?"
Ich hörte, wie er seufzte. „Ich vermisse, wie sie einmal war, damals als im gesamten Reich noch Recht und Ordnung herrschte"
„Als das Königshaus der Zeit noch herrschte meinst du?" überlegte ich laut. Ich sah wie er mir zustimmend zu nickte. „Nun herrscht Chaos. Die Schergen des Erlkönigs fallen über die Länder her und zerstören alles was wir haben. Unseren Soldaten fehlt es an Macht, um sie aufzuhalten. Vor allem fehlt es an Männern, die kämpfen wollen. Wie du siehst ist der Großteil unseres Volkes Bauern"
Ich grübelte noch einige Minuten still vor mich hin. Maes Worte hatten mich kalt getroffen. Wenn es wirklich stimmt das meine Vorfahren aus dem Königshaus stammten, setzte dieses Volk all seine Hoffnung auf mich, der angeblichen Prinzessin.
„Ich kann das nicht" murmelte ich unbewusst.
„Was kannst du nicht?" wollte Mae von mir wissen.
„Prinzessin sein, ein Reich regieren, all das... ich kann das nicht Mae. Wie sollte ich auch? Ich kenne dieses Land doch nicht mal" Ich blieb abrupt stehen.
Mae setzte sich wieder auf den Lattenzaun eines Blumenfeldes voll oranger Blumen, die herrlich süß dufteten und betrachtete mich neugierig.
„Sollte eine Herrscherin nicht die Eigenheiten und Traditionen seines Volkes kennen?"
„Dann lerne sie eben kennen" antwortete er schulterzuckend.
„Dafür würde ich Jahre brauchen" stellte ich missmutig fest. „Ich bin nicht die Richtige für diese Aufgabe es tut mir leid"
Der Adler beäugte mich für einige Minuten dann murmelte er „Das werden wir noch sehen", spreizte seine Flügel und erhob sich in die Lüfte.
Bedrückt sah ich ihm nach. Nun war ich allein mit meinen Gedanken was ich sofort bereute. Mein Blick wanderte über die saftig grünen Wiesen und den dunkelgrünen Laubwäldern am Horizont.
„Gefallen dir unsere Blumen?" holte mich eine mir nun zu bekannte Stimme aus meinen Gedanken.
„Sieht man das?" antwortete ich, ohne meinen Kopf zu drehen.
„Man könnte es vermuten" lachte Edward.
„Was sind das für Blumen? Diese Orangen?" wollte ich wissen.
„Das sind Ringelblumen. Wir stellen daraus Heilsalben her. Und die Weißen sind Margariten. Wir sammeln Kräuter und Blumen und stellen daraus Salben und Tees her" erklärte er mir.
„Dann hat jedes Tal seine Aufgaben?" bohrte ich nach.
Edward nickte. „Ja klar. Wir sind für Salben und Tees usw. zuständig. Herbst ist für Holz zuständig und Gemüse wie Kürbisse. Winter ist für den Abbau von Eisen und Schwermetalle zuständig. Und Sommer für die Viehhaltung und Gewürze"
„Ein perfekter Kreislauf" lobte ich die Organisation.
Edward verzog verbittert das Gesicht. „Sollte es sein aber in den letzten Jahren ist einiges Schiefgegangen. Waren sind verschwunden und nie angekommen. Felder verbrannt..." Wieder verzog er schmerzhaft das Gesicht. „Die Menschen werden immer verbitterter"
Ein Ruf durchbrach die Stille, bevor ich mich äußern konnte. Edwards Gesicht hellte sich auf.
„Wir sind da" Galant bat er mir seinen Arm an und ich hackte mich wiederwillig ein. „Willkommen auf Schloss Blumental"
Soldaten, die dieselbe Uniform trugen wie Edward öffneten das schwere Schlosstor und für einen Moment vergaß ich alle meine Sorgen und staunte bloß.
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