AUF SCHLOSS SCHWANENSEE

Am nächsten Morgen saßen wir in einer wundervoll geschmückten Halle an einer mehrere Meter langen Tafel. Dienerinnen hatten mich in ein weißes Leinenkleid mit bestickter Korsage gesteckt, indem ich nur schwer Luft bekam.

Auf den Tellern türmten sich Eier, Pfannkuchen, Schinken und jede Menge anderer leckerer Speisen. Der Geruch ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Neben mir häufte sich Henry den Teller voller leckerer Sachen. Doch ich konnte nichts essen.

Nervös schob ich das Essen mit der Gabel über den Teller.

„Nun iss doch endlich was", schmatzte Henry. „Weißt du eigentlich, wie lecker das ist?"

„Ich kann nicht" murmelte ich, während mein Blick die Tafel hochwanderte, an den Platz, wo der König saß und sich mit dem Schwanenmädchen unterhielt.

„Warum den nicht?" fragte Henry, während er weiter alles in sich hineinstopfte. Ich schüttelte den Kopf, denn ich wollte nicht darüber sprechen. Sogar in meinem Kopf klang das Problem lächerlich.

„Warum könnt ihr nur so viel essen?" wollte ich wissen, während ich zusah, wie auch Edward und Miro alles in sich hineinschaufelten. Nur Emir schien wie mir der Appetit vergangen zu sein.

„Die letzten hundert Jahre durften wir nichts so leckeres Essen also vergönn es uns" kaute er verärgert.

Ich schluckte. Daran hatte ich gar nicht gedacht.

„Wie kommt es das ihr nicht gealtert seid, während all dieser Zeit?" Die Frage war mir schon in den Sinn gekommen als wir in der Eingangshalle gewartet haben.

„Eigentlich müsstest du die Antwort schon wissen" lachte Henry.

„Ist hier etwa die Zeit stehen geblieben?" scherzte ich, während ich mir eine Gabel voll Pfannkuchen in den Mund schob. Er zerging auf meiner Zunge. Es war wirklich lecker, da musste ich ihm Recht geben.

„So in etwa" antwortet Henry lachend. „Wie der Name schon sagt hat nur ein Hof in diesem Reich Macht über die Zeit"

Ich hätte mich fast an einem Stück Schinken verschluckt. „Ich soll die Zeit verzaubern können?" hustete ich. Inzwischen zogen wir alle Blicke auf uns.

„Nicht verzaubern" kicherte Henry, während er mir auf den Rücken klopfte damit ich wieder zu Atem kam. „Nur verändern oder beherrschen"

„Also seid ihr Zauberer? Bin ich eine Hexe?" rätselte ich. „Oder wie nennt man das was wir sind? Was für Mächte habt ihr?"

Nun mussten auch Edward und die anderen Lachen.

„Man könnte uns wohl eher als Elfen oder Feen bezeichnen" erklärte Miro. „Natürlich ohne den Lächerlichen Flügeln"

„Obwohl diese sehr praktisch manchmal wären" sinnierte Emir.

„Wir können die Natur verändern oder eben die natürlichen Elemente beherrschen" beantwortete Henry meine nächste Frage.

„Also Feuer, Wind, Wasser und Erde" überlegte ich.

Edward nickte zustimmend. „Ich kann Pflanzen wachsen lassen, schau her" Konzentriert betrachte er seine Hand, die auf dem Holztisch lag. Kurze Zeit geschah nichts, dann stockte mir der Atem. Ein kleiner Sprössling wuchs aus der Oberfläche des Tisches.

Er wuchs und wuchs, bis sich eine wunderschöne gelbe Nelke vor Edward auf dem Tisch dem Licht entgegenstreckte.

Begeistert klatschte ich in die Hände.

„Ich kann Regen herbeirufen, aber ich glaube das spare ich mir für einen anderen Moment auf" Miro zuckte mit den Schultern.

„Mein Vater würde dich aus dem Schloss jagen" warnte Emir. „Ich kann die Sonne herbeirufen" sagte er zu mir gewannt, dann drehte er sich zu den großen Glasfenstern, wo man in der Ferne die aufgehende Sonne bewundern konnte. Dann streckte er seinen Arm aus und zog sie konzentriert nach oben. Plötzlich fühlte sich der Raum mit dem hellen Licht der Sonne. Mit der Hand schützend vor den Augen schaute ich aus dem Fenster. Verwundert stellte ich fest das die Sonne am Zenit stand.

„Dürfte ich wissen was das werden soll?" Die Stimme des Königs dröhnte durch die Halle.

„Wir wollten Emilia nur unsere Mächte zeigen" erklärte Emir und ließ nach einem wütenden Seitenblick seines Vaters die Sonne wieder sinken. Sofort verschwand die Helligkeit in der Halle und ich ließ die Hand sinken.

„Was ist mit dir?" wandte ich mich an Henry.

Henry seufzte. „Wie ihr befiehlt, Prinzessin"

Einige Minuten geschah nichts. Henry lächelte mir immer noch ins Gesicht als könnte er kein Wässerchen trüben. Als ich schon Fragen wollte, ob er kneifen wollte, traf etwas Kaltes meine Wange. Verwundert sah ich nach oben.

Weiße flauschige Flocken rieselten von der Hallendecke auf mich nieder.

„Es schneit" jauchzte ich und schloss die Augen während kalte weiße Schneeflocken auf mich niederfielen.

„Nun ist aber genug" herrschte der König. „Ich glaube die Prinzessin hat nun verstanden wie unsere Mächte funktionieren.

Abrupt hörte das Schneegestöber auf. Der König hob die Hände und mit einem wisch seiner Hand fegte ein Windhauch alle Schneeflocken von dem Tisch.

„Kommen wir wieder zu den wichtigen Gesellschaftlichen Dingen" begann er. „Zur Feier der Rückkehr meines Sohnes", stolz hob er seine Hand und lächelte zu Emir, dessen Gesicht einen Hauch von Rosa annahm. „Und natürlich der ihren", nun wandte er sich lächelnd zu mir und ich wollte im Boden versinken. „Nicht zu vergessen der Auflösung des Fluches und der damit hergehenden Rückverwandlung der lieben Alina" Der König schenkte der Blonden Frau im weißen Kleid neben sich einen fast schon liebevollen Blick zu. „Plane ich heute Abend einen Ball zu veranstalten" schloss er seinen Monolog.

„Das ist aber nicht nötig, Vater" stammelte Emir.

„Papperlapapp, das entscheide immer noch ich" sagte der König und erhob sich von seinem Stuhl. „Ich erwarte euch alle in euren besten Kleidern herausgeputzt pünktlich um acht Uhr abends im Ballsaal"

Und damit verließ er die Halle und ließ uns nachdenklich zurück. Nach einigen Minuten folgte ihm das Schwanenmädchen mit dem Namen Alina.

„Also" begann Henry mit einem schiefen Lächeln. „Halt mir später einen Tanz frei, würde ich sagen"

Ich seufzte nur zur Antwort.

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