Eine neue Zeit

Ich stehe auf und gebe Lara meine Hand und sie nimmt sie dankend an, um sich an mir hochzuziehen.

"Also Florian, was ist dein Plan? Bitte sag mir das du einen Plan hast."
"Hast du uns an den richtigen Tag, kurz vor dem Brand in der Psychiatrie gebracht?"
"Hälst du mich für so dumm? Ich hatte vielleicht kein richtiges Leben, aber ein Gehirn besitze ich noch. Der Brand müsste in ungefähr 40Minuten losgehen. Kurz darauf werde ich entführt, als wenn ich nicht vorher schon gefangen genug gewesen wäre, und Markow rennt durch den Wald weg. Jahre später knechtet er mich immer noch, bringt deine Freunde um und.."
"Ja Lara, danke. Ich denke ich habs verstanden."
"Hey, ich wollte nur sichergehen!"

Ich schaue durch das Fenster, das in der Tür von meinem früheren Zimmer eingebaut ist. Es ist das zweite Mal. Doch im Gegensatz zum letzten Mal, weiß ich heute ganz genau, wofür ich es tue.
Ich sehe mein früheres Ich auf dem schäbigen Bett in seinem Zimmer sitzen.
Erneut schmerzt der Anblick sehr. Doch ich habe keine Zeit für Schmerzen.

"Gleich wird Dr. Markow mich und 2 andere Patienten abholen, um unsere Lebenskraft zu absorbieren und sie dir zu verabreichen."
"Du weißt gar nicht wie unendlich leid es mir tut. Ich habe immer das Gefühl gehabt, dass ich für die Tode mit verantwortlich bin."
"Es ist nicht deine Schuld Lara. Es ist Markows Schuld. Wir lassen nicht zu, dass es heute noch weitere Opfer gibt."

Lara und ich hören Schritte am Ende des Ganges. Den Geräuschen nach sind es mehrere Personen, die gleich um die Ecke kommen. Wir verstecken uns mit sicherem Abstand und belauschen sie.

"Also Kinder macht euch keine Sorgen. Wir werden noch einen weiteren Patienten da zu holen und dann werden wir nur ein paar Untersuchungen an euch anstellen. Das ist völlig normal."

Die Stimme ist eindeutig die von Benedikt. In mir kommt ein riesiger Hass und gewaltige
Wut hoch. Ich zittere am ganzen Körper. Ich weiß mittlerweile, dass Benedikt dies alles nie wollte. Aber das ist nur ein schwacher Trost. Die Kinder, mit denen er spricht, sollen heute nur weitere Opfer sein. Doch nicht mit mir. Ich spüre wie Lara meine Hand mit ihrer hält, um mich zu beruhigen.

"Kriegen wir danach etwas zum Essen? Ich habe Hunger", höre ich ein kleines Mädchen neben Benedikt sagen. Es ist mit Sicherheit das Mädchen, von dem Markow auch Lebenskraft extrahieren möchte. Sie habe ich in meinem Traum leblos neben mir gesehen.

Benedikt holt gerade mein früheres Ich aus meinem Zimmer, als sich plötzlich am Ende des Raumes ein Bücherregal bewegt. Das ist nichts neues für mich, dahinter befindet sich das geheime Labor. Das habe ich schon bei meinem ersten Besuch sehen können und den Trick wendet wird später in der Villa wieder angewendet. Wir verstecken uns weiter hin, so dass uns niemand sehen kann.

"Hallo Kinder, wie geht es euch denn heute? Wart ihr auch den ganzen Tag brav? Nach den Untersuchungen habe ich Süßigkeiten für euch. Aber nur wenn ihr ganz tapfer und stark seid!", sagt Dr. Markow zu den Kindern. Verlogener, dreckiger Bastard. Etwas anderes fällt mir für diesen Kerl nicht mehr ein.

Gemeinsam mit Benedikt und den Kindern geht er erneut zum Bücherregal und betätigt den Schalter auf seiner Fernbedienung. "Mister Markow? Warum ist die Tür hinter einem Bücherregal versteckt?", fragt das kleine Mädchen ihn. "Ach Maria, das ist nur eine Sicherheitsvorschrift in Einrichtungen wie diesen. Das ist überall so, ohne Ausnahmen."

Bei jedem Wort, das er von sich gibt, könnte ich ihm einfach nur den Hals umdrehen.

Lara und ich folgen Dr. Markow und den anderen mit leisen Schritten. Zum Glück sind sie darauf fixiert sich zu unterhalten und ins Labor zu gehen. Der Teppich am Boden dämpft unsere Schritte zusätzlich ab.

Mit seinem Zahlencode öffnet Markow die Tür. Da die Tür für eine kurze Zeit aufbleibt, bis sie sich wieder schließt und das Bücherregal sich vor sie schiebt, schaffen wir es, auch durch die Tür zu gelangen.

Wir sind drinnen und stehen oberhalb der Treppe, welche uns ins Labor bringt. Die Tür hinter uns schließt sich. Es gibt einen Schalter, um die Tür wieder zu öffnen. Aber wir haben keine Zeit mehr, um nochmal zurückzugehen. Außerdem würden wir auch nicht mehr reinkommen, wenn wir jetzt gehen.

Vorsichtig gehen wir die Treppe hinunter. Wir lassen den anderen einen leichten Vorsprung, damit es sicherer ist, dass sie uns nicht hören. Wir sind am Ende der Treppe angelangt und wir können in den Raum blicken.

"Das bin ich!", sagt Lara zu mir. Ihr altes Ich liegt dort. Angebunden auf einem Bett. Sie kann uns nicht sehen und auch nicht reden, da ihr Mund zugeklebt und ihre Augen verbunden sind. Genauso wie später im Keller der Villa und ich merke auch wie es in Lara Erinnerungen weckt und sie anfängt zu zittern. Es ist deutlich erkennbar, dass sie eine riesige Angst davor hat, was alles passieren könnte. "Doch wo sind Markow und Benedikt?", frage ich Lara flüsternd.

Diese Frage lässt nicht lange auf sich warten. Gerade als wir den Raum vorsichtig betreten wollten, wird Lara von hinten gepackt und mit einem Tuch betäubt. Sehr wahrscheinlich mit Chloroform an diesem. Gerade als ich ihr zur Hilfe kommen möchte, spüre ich einen Schlag auf meinem Hinterkopf.

"Ich habe einmal einen Fehler gemacht und werde ihn nicht wiederholen", waren die letzten Worte, welche ich hörte, bevor mir schwarz vor Augen wurde.

Ich konnte immer noch alles riechen, hören und spüren, doch es war mir nicht möglich mich zu bewegen. Ich spürte wie eine Person meinen reglosen Körper trug. Wir betraten einen Raum, in dem es nach Blut und Fäulnis roch. Im Hintergrund höre ich die Stimme von Lara. Ich erinnere mich daran, dass mit dieser Stimme alles begann.. und enden wird.

Ich komme langsam wieder zu Bewusstsein. Ich weiß, in welchem Raum ich mich befinde. Es ist der Raum, den ich in meinen Träumen sah. Doch der Geruch von Blut und Fäulnis ist alt. Um mich herum befinden sich keine Leichen. Ich sehe 2 Jungs und 1 Mädchen, die ebenfalls in diesen Raum eingesperrt wurden und in zitternd in der Ecke sitzen. Einer von denen ist mein früheres Ich. Für einen Moment hatte ich eine panische Angst.

In vielen Filmen und Büchern ist so: Wenn man in der Vergangenheit seinem früheren Ich begegnet, passieren furchtbare Dinge, die die gesamte Zeitlinie oder gar die gesamte Welt beeinflussen. Doch Filme und Büchern über Zeitreisen sind eben noch nur Fiktion und das es ist nichts in diese Richtung passiert. "Zeitreisen" und "Fiktion", sagt der Junge, der ins Jahr 2007 gereist ist.

Ich versuche den Raum zu öffnen, doch er ist abgeschlossen. Das war zu erwarten. Selbst wenn ich die Tür aufbrechen könnte, dahinter würde mich nichts besseres erwarten.
"Wer bist du?", fragt mich mein früheres Ich.

Was soll ich ihm denn sagen? Ich bin du? Aus der Zukunft? Eher nicht.
"Ich war selber mal Patient hier. Mach dir keine Sorgen Kleiner, es wird alles gut werden. Wie du siehst, bin ich doch auch noch hier, obwohl ich früher schonmal da war. Und mir gehts auch gut."

Immerhin ist diese Antwort nicht komplett gelogen. Als ich gerade überlegen wollte, welche Möglichkeiten mir noch bleiben, höre ich ein Gespräch auf der anderen Seite zwischen Markow und Lara. Der Zukunfts-Lara.

"Ich habe scheinbar in der Zukunft einen Fehler gemacht. Nur deswegen bist du hier. Aber denkst du wirklich ich habe für sowas keinen Plan gehabt? Meine großartige Erfindung, der Miragekondensator, kann nicht nur Lebenskraft entziehen. Diese Maschine kann auch Schwingungen erfassen und zeigt mir an, wenn es eine Störung in der Zeitlinie gab. So habe ich entdeckt, dass ein Zeitsprung durchgeführt wurde. Natürlich war mir sofort klar, dass es nur du sein kannst. Und du hast sogar einen Freund mitgebracht. Das ist zu großzügig. Das du hier bist, treibt meine Experimente voran. Du bist kurz vor der Perfektion des Zeitsprungs. Wenn ich dir die Lebenskraft der Patienten in der Kammer dort verabreiche, Ist mein Experiment endlich vollendet!"

"Damit wirst du nicht durchkommen! Wir werden dich aufhalten!"

"Das werden wir ja sehen, Lara."

Die Tür zu unserer Kammer wird aufgeschlossen. Dahinter befindet sich Dr. Markow, mit einer Waffe in der Hand. Lara ist an einem Stuhl gefesselt, Ich bin unbewaffnet und Dr. Markow richtet eine Waffe auf uns. Und wir haben nur noch etwa eine halbe Stunde Zeit. Besser kann es gar nicht laufen. "Also, du Knirps, erzähl mir doch mal wie der Zeitsprung so ist. Bevor ich deine Lebenskraft gleich extrahiere", sagt er mir herabfallend ins Gesicht. Ich schaue in Benedikts Richtung. Ich hatte innerlich nur noch eine Hoffnung und diese erfüllt sich.

Benedikt hat zwar gerade noch dabei geholfen Lara und mich zu überwältigen, aber das ist perfekt gewesen. Das Arschloch Markow schöpft keinen Verdacht. Wie schon in der Vergangenheit... oder jetzt Gegenwart..., wie auch immer man es nennen mag: Auch heute überkommen Benedikt wieder die Schuldgefühle und er sabotiert den Miragekondensator.
Ich muss nur genug Zeit gewinnen.

"Ach weißt du, eigentlich ist der Zeitsprung gar nicht so toll. Aber wie könnte er es auch sein? Ist ja immerhin die Erfindung von einem absoluten Schwachmaten."
Vielleicht hätte ich es nicht so übertreiben sollen. Immerhin steht ein Massenmörder mit einer Pistole vor mir. Aber meine Lebenskraft ist ihm viel zu wichtig, um mich jetzt mit seiner Waffe zu töten. "Du bist einfach nur ein Narr. Obwohl du den Zeitsprung selber miterlebt hast, sagst du, dass er nichts Großartiges ist? Wie kann das sein? Ich würde ALLES für den Zeitsprung geben und du redest SO über ihn? Damit hast du dir eine Freikarte als erster Patient abgeholt, der heute für das Experiment dran glauben muss."

"Nein.. Bitte nicht! So war das jetzt nicht gemeint und außerdem gibt es doch noch die anderen Kinder hier ihre Lebenskraft ist viel frischer als meine!"
Arschloch ist wahrscheinlich das was man als Erstes über mich jetzt denkt. Aber ich kann ja schlecht so tun, als ob ich mich darüber freue geopfert zu werden.

Markow packt mich am Arm und zerrt mich auf einen Stuhl. Meine Beine und meine Füße werden angeschnallt, sodass ich mich nicht wehren kann.

Ich schaue um mich herum. Ich sehe Benedikt, die beiden Laras und die grauenhaften Spitzen des Miragekondensators, die sich gleich in mich bohren wollen und mir meine Lebenskraft rauben. Wenn sies denn könnten.
Auch wenn ich weiß, dass die Maschine sabotiert ist, zittere ich am ganzen Körper und habe eine riesige Angst. Alleine der Anblick bewirkt dies. Gemeinsam mit dem Tod von Hannah und Sarah ist dies die grausamste Erfahrung meines Lebens.

Die Maschine wird angeschaltet und die Spitzen nähern sich mir immer mehr. Sie erreichen fast meinen Körper und wollen sich in mein Fleisch bohren. Als eine der Spitzen meine Haut schon streift, versagt die Maschine. Für einen Moment dachte ich, dass dies mein Ende sein wird.

Die Maschine hat einen Kurzschluss und geht in Flammen auf.
"Wie habt ihr Dreckskinder das gemacht? WIE!?", schreit Markow wütend und zeigt mit seiner Pistole auf mich. Doch er dreht sich von mir ab und wie schon beim ersten Mal versucht Dr. Markow die Spuren vom Chefarzt Artjom Iwanow im Labor zu verteilen. Doch genau in diesem Moment rennt Benedikt auf ihn zu und schubst ihn zur Seite. Das ist anders als damals.

"DU IDIOT! Was ist eigentlich falsch mit dir?!". Nun richtet er die Waffe auf Benedikt. Er rennt zu der jüngeren Lara und versucht sie mit sich zu nehmen. "Wenn wir ihn nicht stoppen wird sich nichts ändern!", rufe ich. Doch mit seiner Waffe gelingt es Markow mit Lara aus dem Labor zu fliehen. Er konnte zwar keine anderen Spuren im Labor anbringen, aber trotzdem. Unter keinen Umständen darf er mit Lara entkommen.

Benedikt schaltet schnell. Er macht Lara und mich los. Das Labor fängt immer mehr an zu brennen. Bald wird wieder die gesamte Psychiatrie brennen.
"Lara du musst gemeinsam mit Benedikt die Kinder retten, ich werde Markow folgen!"
"Nein Florian das ist viel zu gefährlich und... -"

Noch bevor Lara ihren Satz beenden kann, renne ich aus dem brennenden Labor. Ja, es ist extrem gefährlich. Aber es ist die einzige Chance. Wir haben nur noch ein paar Minuten. Wenn es uns jetzt nicht gelingt Markow zu stoppen, ist alles vorbei.

"Los Lara, wir müssen die Kinder hier rausholen. Er macht das schon vertrau ihm!", sagt Benedikt aufmunternd in Richtung Lara. Lara nickt. "Viel Glück, Florian.."

Ich verlasse das Labor und sehe wie Markow mit Lara auf dem Arm den Gang entlangrennt.
Ich renne ihm hinterher. Das Feuer hat sich noch nicht so stark ausgebreitet. Ich renne immer weiter, doch er ist trotz Lara auf dem Arm ziemlich schnell. Ich stehe an einem Gang, der sich in 2 Wege aufteilt. An dem Ende eines Ganges befindet sich ein offenes Fenster. Das muss sein Fluchtweg in den Wald sein. Den, den er schon damals benutzt hat.

Ich laufe zum Fenster und springe in einem Satz aus diesem heraus. Plötzlich höre ich den Schuss einer Pistole. Das Glasfenster hinter mir zerbricht.
"Folg mir nicht oder ich werde dich umbringen, du RATTE!", höre ich Markow, der gerade den Wald betritt, rufen. Trotz seiner Warnung folge ich ihm. Aufgescheuchte Raben fliegen durch den Wald und krähen. Durch diese Raben erkenne ich, wo er lang gelaufen ist. Im Hintergrund höre ich die Polizei und die Feuerwehr, die gerade die Psychiatrie erreichen.

Im Wald wird es stiller. Eine unheimliche, sehr beunruhigende Stille. An jeder Ecke erwarte ich Markow, der mit seiner Pistole auf mich schießt. In der Mitte einer düsteren Waldlichtung sehe ich Lara liegen. Es ist mehr als offensichtlich eine Falle. Doch trotzdem nähere ich mich der Lichtung. Es ist ein Fangen-Spiel, das ich nicht einfach so gewinnen kann. Und wie ich es geahnt habe. Ich betrete die Lichtung, nähere mich Lara und hinter mir taucht er auf. Ich brauche mich nichtmal umdrehen, um zu wissen, wer es ist. Der Mann, der mir so vieles genommen hat. Die Zeit tickt. Es sind die letzten Minuten, Sekunden entscheiden über Leben oder Tod. Er richtet die Pistole auf mich.

"Geh auf die Knie und flehe mich an, dass ich dich nicht töte!", versuch Markow mir zu befehlen.
"Keine Sekunde lang denke ich auch nur annähernd daran vor dir auf die Knie zu fallen."

Ich drehe mich nicht in seine Richtung, sondern begebe mich zu Lara. Sie hat die Augen verbunden aber ihr Mund ist offen. "Was passiert hier?", fragt sie mit weinender Stimme.
"Keine Sorge Lara, alles wird gut."

"Gar nichts wird hier gut für dich", sagt Markow bedrohlich, "noch einen Schritt weiter und ich blase dir den Kopf weg!"

"Worauf wartest du denn noch? Hast du Angst dass deine Kugel daneben geht und Lara trifft? Warum hast du mich nicht direkt erschossen? Wolltest du so sehr, dass ich erst auf die Knie falle und dich anflehe? Du bist so ein widerlicher Dreckskerl."

Ich gehe auf Lara und nehme sie auf den Arm. "Dir wird niemand mehr schaden, sage ich zu ihr."

Gerade als ich sie auf den Arm nehme, schießt Markow und trifft meinen Rücken. Ich spüre deutlich, wie er mich getroffen hat. Aber das macht nichts. Ich drehe mich zu ihm und mit Lara auf dem Arm lächel ich ihm ins Gesicht.

"WIE KANN DAS SEIN? Ich habe dich getroffen! Du bist ein Monster!", schreit Markow.
"Nein. Das einzige Monster hier bist du. Du hast einen großen Teil meiner Familie getötet. Du hast meine beste Freundin und deine eigene Tochter getötet. Du hast so viele Kinder für deine Experimente geopfert und heute ist der Tag deiner Abrechnung."

Mit einer Hand ziehe ich meinen Pullover nach oben leicht nach oben und zeige eine Weste, die ich unter ihm trage. Eine kugelsichere Weste. Es hat eben doch seine Vorteile, wenn der Vater deiner besten Freundin Polizist ist und eine Neigung dazu hat, einen Teil seiner Ausrüstung immer zuhause zu haben. Manche würden ihn einen Sicherheistfreak nennen, doch heute bin ich ihm endlos dankbar.

Ich erinnere mich daran wie Hannah kurz vor dem Aufbruch noch nach Hause gegangen ist um sich dunkle Kleidung für den Einbruch in der Villa zu besorgen. Und sie hat mir diese Weste als kleines Extra mitgebracht. "Florian, zieh bitte diese Weste unter deinem Pullover an. Leider hatte mein Vater nur eine Zuhause, aber wenn sie jemanden beschützen soll, dann dich."

Ich habe darauf bestanden, dass sie diese Weste trägt. Doch keine Chance. Sie ist einfach super stur. Diese Weste hätte vielleicht ihr Leben beschützt. Doch nun beschützt es mein Leben. Ich konnte Hannah in der Zukunft nicht beschützen und in dieser Gegenwart kennt sie mich noch nicht. Doch trotzdem ist meine beste Freundin an meiner Seite und rettet mir mein Leben. Sie ist die, die mir direkt geglaubt hat. Ohne sie wär das alles nicht möglich gewesen.

Dr. Markow wirft seine Pistole weg. "Ich kann nicht mehr auf dich schießen, weil du Lara auf dem Arm hast, aber wer sagt, dass ich sie dir nicht einfach wegnehmen kann?"

... Seine Pistole hat Hannahs Vater leider in einem Schrank extra eingeschlossen. Hätte ich diese nun, wär alles deutlich einfacher. Ich bin so weit gekommen, was soll ich jetzt tun?

Markow nähert sich mir. Mit einem diabolischen Lächeln in seinem Gesicht. Wo soll ich mit Lara hin? Ich kann nicht fliehen...

Aus dem Wald ertönt plötzlich das Bellen von Hunden und viele Schritte sind zu hören.
"Scheiße!", ruft Markow und versucht wegzurennen. Doch diesmal ist er es, der keine Chance hat. Es ist die Polizei, die den Wald durchsucht und Lara und Benedikt sind bei ihnen.

Ein Hund der Polizei rennt ihm hinterher und beißt ihm ins Bein, kurz darauf kommt ein Polizist, ringt ihn zu Boden und legt ihm seine Handschellen an. Ist das ein Traum? Das kann nicht wahr sein. Ist es wirklich endlich geschafft?

Als er mit Handschallen und dem Polizisten an mir vorbei geht, schaut er mir ins Gesicht und seine letzten Worte an mich sind: "Die Zeitlinie wird dich auch noch einholen."

Dr. Markow wird in ein Polizeiauto geschleppt und auf die Rückbank gesetzt. Endlich haben sie ihn. Lara, also die kleine Lara, wird von Ärzten mitgenommen und versorgt. "Wir haben wohl auch noch einige Fragen an Sie, Benedikt und Hannah. Setzen sie sich bitte auf die Rückbank des Wagens, ihre Freundin sitzt dort schon."

Hannah? Wie kann das sein? Ich gehe zum Polizeiauto und sehe das dort Lara sitzt. Ich hätte es mir eigentlich auch direkt denken können. "Hätte ich der Polizei etwa sagen sollen, dass ICH Lara bin? Das hätte nur noch mehr Probleme gemacht. Und ich dachte Hannah ist ein schöner Name."

"Ja, ja das ist er. Wie lange haben wir noch, Lara? Es müsste doch in wenigen Sekunden vorbei sein, oder?"

Lara blickt auf den Boden des Polizeiautos und kann mir nicht in die Augen schauen.
"Weißt du Florian.. Es gibt da noch eine Sache.. Markow hat mir den Zeitsprung genau erklärt und es gibt da ein Problem mit den Zeitlinien.. Schau mal da vorne ist Lara.
Florian wurde auch schon von hier fortgebracht.. Und sie werden ein neues Leben führen.
Was haben wir beide dann noch hier zu suchen?"

Es ist eines der wenigen Dinge in den letzten Tagen die ich genau verstanden habe. Wenn Lara und Florian ein neues Leben führen, dann gibt es den alten Florian und die alte Lara nicht mehr. Unsere Zeitlinie ändert sich und mit ihr verschwinden auch wir.

Ich lehne mich gechillt auf der Rückbank zurück. "Tja, Pech gehabt, oder?"
Lara muss Lachen. Es ist glaube ich das erste Mal, dass ich sie herzhaft lachen höre.
"Eine Sache möchte ich mit meinem Leben aber noch anstellen", sagt Lara und beugt sich zu mir rüber und küsst mich. "Ich habe noch nie in meinem Leben jemanden küssen können. Damit wollte ich nicht verschwinden."
"Es ist auch für mich der erste Kuss. Und ich hätte mir keinen besseren wünschen können."

Der Polizist kommt an den Polizeiwagen. "Also, wir stellen euch noch einige Fragen nachher und bringen euch dann nach Hause. Wo wohnt ihr eigentlich?"
Er bekommt keine Antwort. Als er auf die Rückbank schaut, macht er große Augen und staunt.

Kein Florian, Keine Lara. Niemand sitzt dort. Die Zeitlinie hat uns eingeholt.

.......

.............

"RING, RING, RING - Zeit zum Aufstehen! RING, RING, RING - Los Schlafmütze! RING".

"Man wieso habe ich eigentlich immer noch diesen Wecker? Der Weckton ist so nervig. Aber irgendwie ist er ja doch süß."

Ich stehe auf und schalte den Wecker aus. Ich schaue auf mein Handy. 16. November.2019.
Genau heute, im Jahr 2007, ist in der Kinderpsychiatrie in Rabenfeld ein Brand ausgebrochen.
Auch ich war dort. Ich war ein Patient in dieser Psychiatrie, weil meine leiblichen Eltern von einem Dr. Alexander Markow umgebracht wurden. Dem Bruder meiner Mutter. An dem Tag wurde er in der Psychiatrie gefangen genommen und zu lebenslänglich Gefängnis verurteilt, da er an unzähligen Morden, Foltern, Menschenexperimenten und weiteren Straftaten beteiligt war.

Ich und die restlichen Kinder aus der Psychiatrie waren endlich frei und konnten von Familien adoptiert werden. Und ich bin froh, dass ich bei einer so tollen Familie wie meiner gelandet bin.
Und jedes Mal, wenn ich sehe, dass der 16. November ist, muss ich daran denken. Ich habe so ein Glück gehabt. Mir hätte sonst was passieren können.

"FLORIAN! Kommst du jetzt mal langsam zum Frühstück?", ruft mich meine Mutter aus der Küche und reißt mich damit aus meinen Gedanken. Aber das ist vermutlich auch besser so. Meine beste Freundin Hannah und ich wollten heute gemeinsam zur Schule gehen und sie ist meistens ziemlich schnell fertig. Ich sollte mich beeilen. Außerdem bekommen wir heute eine neue Mitschülerin. Die Leute erzählen sich es sei die Tochter von diesem Markow, die bei ihrer alleinerziehenden Mutter lebt. Aber das ist mir egal. Solange sie freundlich ist, werde ich keine Vorurteile gegenüber ihr haben. Ganz im Gegensatz zu einem gewissen Bruno in meiner Klasse.

Noch in Schlafklamotten gehe ich die Treppe hinunter zum Frühstückstisch. Mein Vater, meine Mutter und meine Schwestern Mia und Lara sitzen bereits am Frühstückstisch. Es ist nicht immer leicht zwei Schwestern zu haben. Komischerweise war Lara damals auch Patient in der Psychiatrie, sie ist aber die leibliche Tochter dieser Familie. Insgeheim finde ich sie eigentlich ziemlich süß, aber es wäre schräg, etwas mit meiner Schwester anzufangen. Auch wenn wir nicht wirklich verwandt sind.

Der Bruder meines Vaters, Benedikt, hat ihnen empfohlen mich zu adoptieren. Und da bin ich ihm sehr dankbar für. Auch er ist damals im Gefängnis gelandet, hat aber dank etlichen Aussagen und dadurch, dass er unter starkem Druck gesetzt wurde, ein kürzere Strafe von 13 Jahren bekommen. Nächstes Jahr ist er wieder frei und ich freue mich ihn kennenzulernen.

Ich esse mein Frühstück, gehe duschen und ziehe mich an und verlasse das Haus.

Hannah wartet bereits auf mich und wir gehen gemeinsam zur Schule.

























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