Dezember| Daniel der Detektiv (Na toll, schon wieder eine Alliteration...)
Roland war verletzt.
Wieso auch nicht?
Eine Explosion verursachte normalerweise eine Detonationswelle, da war es ein Wunder, dass er überhaupt noch lebte. Die Person, die die Bombe gelegt hatte, musste wohl alles sehr gut berechnet haben, denn nur die Hornkabine allein hatte Schaden angenommen.
"Schnell! Beeilt euch!" rief Anton den Silhouetten zu, die auf uns zu jagten. Anni, mit Hugo, Alex, Daniel und Jakob im Schlepptau. Hugo und Daniel hatten außerdem noch ihre Instrumente dabei.
"Was ist passiert?" fragte Hugo atemlos. "Und wieso habt ihr mich geholt?"
Mit einem Kopfnicken deutete Anton zu Roland und Elias. Elias hatte den Kopf des anderen Jungen auf seinen Schoß gebettet, und strich ihn mit der Hand sanft durch die Haare.
"Oh mein Gott." rief Hugo, als er sich die Wunden näher ansah. "Ein paar gebrochene Rippen? Prellungen und Schürfwunden... Mann, ich habe in letzter Zeit doch nicht so viel geübt, wie soll ich das alles schaffen?"
"Bitte." sagte Elias, und sah ihn flehend an.
"Ich hab doch nicht gesagt, dass ich das nicht mache, Bro." Er öffnete seinen Kasten und holte das Instrument raus. Anders als die anderen Bratschen war seine aus rötlicherem Holz, was in der untergehenden Abendsonne schimmerte.
"Welches Stück?" fragte Hugo, doch Anton schüttelte den Kopf. "Nicht der richtige Zeitpunkt für Witze."
Nickend legte Hugo die Bratsche ans Kinn, und begann, eine Melodie zu spielen.
Äh, falsch.
Die Melodie von "Golliwags Cakewalk", welche wir zuvor gespielt hatten.
Ernsthaft, Hugo?!
Na ja, wenigstens schien es zu klappen. Die Schürfwunden und blauen Flecken von Roland schlossen sich bei jedem Ton mehr, und (auch wenn das jetzt gruselig ist...) heilte ihn die Musik tatsächlich.
"Wow." flüsterte ich ehrfürchtig, als Roland verheilt, und nur noch etwas erschöpft war. "Hugo, wie -"
Ich unterbrach mich, als Hugo, der beinahe ohnmächtig geworden war, von Lukas aufgefangen wurde. Anscheinend hatte ihm die Heilung mehr Kraft gekostet, als er zugeben wollte.
"Daniel?" fragte Lukas, der Hugo mit Leichtigkeit aufgefangen und auf die Wiese gelegt hatte. "Hilfst du auch ein bisschen?"
Anstatt zu ihm zu gehen, holte dieser sein Cello raus.
"Was machst du denn da?" fragte ich verwirrt.
"Nur mal schauen, nicht viel."
Nur mal schauen ?!
Aha...?
Daniel begann eine Etüde (jedenfalls glaube ich, dass es eine war...) zu spielen.
Na ja, eigentlich ganz normal.
Abgesehen von der Tatsache, dass er mit geschlossenen Augen spielte, und dabei unverständliche Sachen murmelte.
"Was macht er da?" flüsterte ich Lukas zu. "Weißt du, was seine Superkraft ist?"
"Pst, er muss sich konzentrieren."
Ja, das war mir bewusst.
Aber aus was musste er sich denn konzentrieren?
"Oh nein, das ist unmöglich!" rief Daniel plötzlich, und ließ sichtlich erschrocken seinen Bogen sinken. "Wie konnte - "
"Kannst du mich jetzt bitte einmal aufklären, Daniel?" fragte ich unwirsch. Diese Geheimnistuerei ging einem echt auf die Nerven!
"Der Täter ist männlich, hat braune Haare, und war vermummt." erwiderte er, immer noch mit einem geschockten Gesichtsausdruck.
Ich runzelte die Stirn. "Und - woher weißt du das?"
"Ich kann mit Tieren kommunizieren, wenn ich spiele. Aber die konnten auch nicht viel erkennen, die Informationen habe ich von der Eule."
"Welche Eule?"
"Tut jetzt nichts zur Sache." unterbrach Anni. "Wir müssen jetzt Bruno bescheid sagen."
Täuschte ich mich, oder wieso nahm ihr Gesicht einen leicht widerwilligen Ausdruck an?
Sie drehte sich auf dem Absatz um, und ging mit leichten Schritten in Richtung Rektorenzimmer. Moment, wieso rannte sie nicht?
"Aber ... " sagte Lukas, während er mit der anderen Hand Hugo Luft zufächelte. "Es könnte jeder gewesen sein, wirklich jeder! Ich meine, ich habe auch braune Haare."
"Ja, aber alle waren bei dem Themenabend, also muss es jemand anderes gewesen sein." erwiderte Daniel. "Überlass die Theorien mal mir, Watson."
Wat-was?
"Wer ist das?" fragte Lukas.
"Tut nichts zur Sache." seufzte Daniel. "Ihr kennt sowieso nicht Sherlock Holmes, also ..."
Anton, der die ganze Zeit auf dem Boden gekauert hatte, richtete sich nun auf. "Gut, dass die Instrumente nicht da drinnen waren, die hätte Hugo nicht heilen können."
Ich blickte auf den Jungen, der auf dem Boden lag, zugedeckt von Lukas' Jacke. Er schien regelmäßig zu atmen, doch trotzdem machte ich mir Sorgen um ihn.
"Das ist also seine Fähigkeit? Menschen heilen?" fragte ich die Umstehenden.
"Ja, allerdings kostet ihm das auch Kraft."
Schweigend blickten wir auf die zertrümmerten Reste von dem Hornkabine. Gut, dass niemand lebensgefährlich verletzt war. Doch ich konnte mir vorstellen, wie die anderen, die schon länger hier wohnten, sich fühlten.
Ihr Zuhause, nein, auch mein Zuhause war in die Luft gesprengt worden.
Wer konnte so etwas tun?
"Elias?"
Wir vernahmen eine Stimme, und drehten uns hastig zu Roland. "Was ist passiert?" fragte Elias seinen Freund. "Kannst du dich noch erinnern?"
"Ja." entgegnete dieser leise. "Ich wollte nur kurz nach hause, dann habe ich einen Schatten bemerkt. Definitiv kein Schüler, also bin ich ihm gefolgt. Als ich dann beim Haus angekommen war, habe ich einen Schlag gegen meinen Kopf gespürt, und bin dann für ungenaue Zeit bewusstlos geworden."
Elias' Gesichtsausdruck verdüsterte sich. "Wenn ich den Typen in die Finger kriege..."
Er ließ die Drohung unausgesprochen in der Luft hängen.
"Gut dass niemand draufgegangen ist." meinte Daniel nach einer Weile, und fuhr sich durch die Haare. "Weißt du eigentlich, wann Anni mit Bruno kommt?"
"Jetzt." antwortete ich.
Unsere Blicke richteten sich auf zwei Gestalten, nein, drei, welche immer näher kamen.
"Wer erklärt?" fragte ich die anderen.
"Ich." erwiderte Lukas, doch Anton schüttelte den Kopf.
"Ich glaube, Anni hat ihm schon das meiste erzählt, lassen wir es. Nicht alle müssen wissen, was genau passiert ist."
"Das heißt, wir sollen ihn anlügen?"
"Nein. Nur nicht alles erzählen."
Bruno, Tanja und Anni waren angekommen.
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