April | Drohanrufe per Holo - Es wird immer kreativer!
Mitten in der Nacht wurde ich von lautem Türklopfen geweckt. "Verdammt!" fluchte ich schlaftrunken, und riss die Decke über meinen Kopf. "Wer?"
Für einen kurzen Moment herrschte Stille. Dann antwortete eine definitiv verstellte Stimme: "Der Wind, der Wind, das himmlische Kind!"
Ich erinnerte mich vage an eine Geschichte der Erdmännchen, wo es um eine arme Hexe und zwei menschenfressende Kinder ging. (Oder war es andersrum? Ich war noch zu müde, um zu denken.)
"Haha, Lukas." Immer noch schlaftrunken taumelte ich zur Tür, und riss sie auf. "Es ist mitten in der Nacht! Was suchst du hier?!"
Er fuhr durch seine Haare, und zwinkerte mir zu. "Eigentlich ist es schon sieben Uhr Morgens. Du solltest dich fertig machen, sonst kommst du zu spät zum Frühstück."
"Wo ist Tanja?" Jetzt fiel es mir eiskalt ein. Gestern nach dem Konzert hatten wir verzweifelt nach ihr gesucht, doch sie blieb verschwunden. Auch anrufen hatte nichts gebracht - Entweder war ihre Holo ausgeschaltet, oder sie ging einfach nicht ran.
Lukas' Gesichtsausdruck war einfach zu deuten. "Sie ist immer noch verschwunden." erklärte er mit besorgter Stimme. "Und auch nicht erreichbar."
"Shit." Leise fluchend lief ich zum Kleiderschrank. "Und Bruno? Was macht der?" Nachdem ich erfahren hatte, dass er seine eigene Tochter bedrohte, war ich zwar nicht gerade gut auf ihn zu sprechen, doch schließlich war er immer noch Tanjas Erziehungsberechtigter.
"Auch verschwunden." antwortete Lukas mit trüber Stimme. "Anscheinend sind sie zur gleichen Zeit weg gegangen. Aber wir sind uns nicht sicher, ob Tanja freiwillig mitgegangen ist oder nicht - Nicht einmal Daniel konnte zuverlässige Informationen von den Tieren kriegen."
Ich hob überrascht die Augenbrauen. "Echt jetzt? Wenn die Tiere nichts mitbekommen haben... Hm. Das ist echt seltsam. Normalerweise kriegt Daniel immer Informationen von ihnen. Womit sind Bruno und Tanja dann gefahren? Oder geflogen?"
Lukas zuckte ratlos mit den Schultern. "Ich würde sagen, du ziehst dich erst mal um. Heute kommt eine neue Schülerin - Du musst sie begrüßen und ihr die Schule zeigen."
Auf meinen ratlosen Blick hin, fügte er hinzu: "Das ist so eine Schulregel. Der Schüler, der zuletzt gekommen ist, kümmert sich um den neuen."
"Aha." erwiderte ich, und zog einen Stapel Klamotten aus dem Schrank. "Okay, dann warte draußen. Ich bin in drei Minuten fertig."
Lukas verließ mit einem Grinsen den Raum. Als ich mich fertig umgezogen hatte, griff ich nach meiner Holo, und rief probehalber Tanja an. Vielleicht erwartete mein Unterbewusstsein, dass sie antwortete, oder vielleicht war ich einfach nur zu optimistisch.
Nach etwa zehn Sekunden nervigen Klingelns raschelte es plötzlich in der Leitung. Ich runzelte die Stirn. Es war eigentlich unüblich, dass die Verbindung instabil wurde, da das Netz in Callisto ziemlich gut war.
"Ah. Mia Wagner. Das Mädchen, was überall so schnell Freunde findet."
Als eine sanfte Stimme erklang, wäre ich vor Schreck beinahe an die Decke gesprungen. Mit einem leisen klappern fiel meine Holo auf den Boden, und blieb zitternd dort liegen. "Hallo? Wer ist da?" fragte ich, und wich vorsichtshalber einen Schritt zurück.
"Ach, Mia." Die Person lachte, offensichtlich amüsiert. "Wenn du das nicht erkennen kannst...Na, Blechbläser sind für ihre Stumpfsinnigkeit bekannt. Bald werden wir uns ja schließlich gegenübertreten. Ich freue mich schon darauf."
"Was zum - " murmelte ich verwirrt, und fragte dann mit lauter Stimme: "Wo ist Tanja? Was haben Sie mit ihr gemacht?"
Mein Gegenüber ließ sich Zeit mit der Antwort. "Ach, Mia." Die angenehm sanfte Stimme der Person ließ mich erzittern. "Tanja ist nur nebensächlich. Du siehst nicht das Gesamtbild. Hier geht es um etwas viel größeres, mächtigeres."
"Wo ist Tanja?" widerholte ich meine Frage. "Wenn ihr etwas passiert ist - "
"Dann wirst du auch nicht viel ausrichten können." unterbrach die Person mich mit sanfter, aber bestimmter Stimme. "Aber mach dir keine Sorgen. Für den Moment wird nichts mit ihr geschehen. Solange du brav dort bleibst, wo du bist."
Ich holte zitternd Atem. "Wie meinen Sie das?"
Ohne auf meine Frage einzugehen, fuhr die Person fort. "In dem Moment, wo du das Musikinternat verlässt, werden wir das sofort erfahren. Und glaube ja nicht, dass wir unaufmerksam sein werden. Vielleicht ermutigt dich ja der Gedanke, dass Tanjas Leben davon abhängt. Nach ihr zu suchen wäre Selbstmord."
Mit einem amüsierten Lachen legte die Person auf, und im Raum herrschte gespenstische Stille. Geschockt starrte ich die Holo an. Wer war das gewesen? Woher wusste die Person, wo ich mich befand? Und vor allem - Wie konnte es sein, dass Tanja bei ihnen war?
Als die Tür quietschend aufging, wäre ich zum zweiten mal an diesem Morgen beinahe an die Decke gesprungen. "Habs aufgenommen." berichtete Lukas mit düsterer Miene. "Aber erstmal musst du die neue abholen. Am Schultor. Dann reden wir so schnell wie möglich über..." er zuckte hilflos mit den Schultern, "Über das, was passiert ist."
Ich nickte, und umarmte ihn kurz. Dann joggte ich langsam zum Tor. Die Worte der unbekannten Personen hallten noch immer in meinem Kopf wider. Für den Moment wird nichts mit ihr geschehen. Solange du brav dort bleibst, wo du bist.
Es ärgerte mich, dass ich keine weiteren Informationen rausbekommen hatte. Anderseits hatte die Person gemeint, dass Tanjas Leben von mir abhing. Oder besser gesagt davon, was ich tat. So oder so waren das keine guten Nachrichten.
Am Tor stand ein schlaksiges Mädchen mit dunkelblonden Haaren und Brille, welche einen roten Rand hatte. Ihre Augen waren irritierend blau, aber vielleicht lag das ja an der Brille. Sie musterte mich, und grinste dann.
"Ähm...Hi. Ich bin Mia Wagner, Hornistin. Schön, dich kennen zu lernen." sagte ich, und hob meine Hand zum High-five. Das Mädchen schlug lächelnd ein. "Ich bin Hannah Anders. Wie du siehst - " sie deutete auf ihren Geigenkasten, " - spiele ich Geige."
"Nice." kommentierte ich. "Wer hat dich hergebracht? Simone Yang?" Hannah nickte. "Jup, ich glaube so heißt sie. Simone hat einen richtig aggressiven Fahrstil - Aber das ist ja auch kein Wunder bei den ganzen Idioten auf der Straße."
Grinsend nahm ich Hannah den Koffer ab. "Na dann, lass uns mal rein. Wir haben zwar ein paar Probleme zurzeit, aber ich kann dir ja trotzdem alles zeigen."
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