Besorgte Blicke
Fionas POV
Erleichtert stelle ich fest, dass Eric mich wirklich alleine in der Grube lässt und schon in die Kantine voraus geht. Ich muss nämlich noch etwas Dringendes erledigen. Deswegen nähere ich mich dem Ofen, in dem die anderen ihre alte Kleidung verbrannt haben. Nachdem ich mich ein weiteres Mal umgesehen habe, hole ich das Buch unter meiner Kleidung hervor und werfe es in die Flammen.
Jetzt wo ich weiß, dass Tris hier ist, wäre es zu gefährlich, es zu behalten. Eric darf nicht erfahren, dass Tris und Four unbestimmt sind. Ich sehe zu, wie es lichterloh verbrennt. Es ist wirklich besser so. Nachdem das geregelt ist, gehe ich schnell in die Toilette und betrachtet mich im Spiegel. Nachdem ich mir das Gesicht etwas gewaschen habe, sehe ich bereits ein wenig besser aus. Ok, bevor Eric sich noch auf die Suche nach mir macht, sollte ich mich lieber beeilen.
Kurze Zeit später betrete ich den Speisesaal. Hier ist es extrem voll und ziemlich laut. Wahrscheinlich ist fast die ganze Fraktion versammelt. Sofort habe ich das Gefühl, als wenn mehrere Augenpaare auf mich gerichtet sind. Als erstes fällt mir Uriah auf, der mich gleich wild zu sich winkt. Da er an einem Tisch ungefähr in der Mitte des Raumes sitzt, muss ich erst mal die halbe Kantine durchqueren, um zu ihm zu gelangen.
Dabei fühle ich mich weiterhin beobachtet. Auf meinem Weg komme ich an dem Tisch vorbei, an dem Tris und auch Four sitzen. Sie haben mich beide im Blick. Tris sieht erleichtert aus. Fours Blick kann ich nicht wirklich deuten. Es scheint ebenfalls etwas Erleichterung darin zu liegen, aber da ist noch etwas anderes, vielleicht Neugierde. Ich kann es nicht richtig definieren.
Ein paar Tische weiter kann ich nun aus dem Augenwinkel Eric wahrnehmen. Er sitzt bei Max und unterhält sich mit ihm. Dabei behalten sie mich beide immer im Auge. Das ist mir ziemlich unangenehm, was höchstwahrscheinlich daran liegt, dass mir Max und seine Art sowieso recht suspekt ist. Deswegen versuche ich es einfach zu ignorieren und fange auch gar nicht erst damit an, ihre Blicke zu deuten.
Endlich habe ich es geschafft und bin bei Uriah angekommen. Er steht auf und nimmt mich kurz in die Arme. Dann schiebt er mich wieder ein Stückchen von sich fort und scannt mich mit seinem Blick.
„Ist alles in Ordnung bei dir, meine Süße?", fragt er leicht besorgt.
„Ja, alles ok."
„Das ist gut. Ich habe mir echt Sorgen gemacht, aber setz dich erst mal und iss etwas." Damit zieht er mich neben sich auf den freien Platz.
Ich habe wirklich großen Hunger, also lade ich mir meinen Teller ordentlich voll und lege los. Zum Glück liegt mein Platz so, dass ich niemanden von den anderen sehen kann, allerdings spüre, wie sich ihre Blicke in meinen Rücken brennen, während Uriah mich grinsend von der Seite an schaut.
„Und ich dachte eigentlich, dass ich immer der mit dem unstillbaren Hunger bin." Ich grinse zurück und antworte ihm, nachdem ich den Bissen in meinem Mund heruntergeschluckt habe.
„Ich habe heute schließlich noch nicht viel gegessen."
„Das würde ich an deiner Stelle ebenfalls behaupten.", meint er frech und lässt mir danach keine Möglichkeit etwas zu erwidern, stattdessen wechselt er das Thema.
„Hattest du vorhin Probleme mit Eric oder warum bist du erst so spät hier aufgetaucht?" Oh nein, warum muss er ausgerechnet mit diesem Thema anfangen? Diese ganze Angelegenheit hatte ich doch gerade erfolgreich ausgeblendet.
„Nein, alles in Ordnung!" Ich will gerade wirklich nicht darüber reden.
Allerdings lässt Uriah nicht locker.
„Ich hatte fast schon befürchtet, dass Eric dich rausgeschmissen hat. Das wäre ihm nämlich durchaus zuzutrauen. Vor allem war es komisch, dass alle anderen Fraktionswechsler bereits hier anwesend waren, aber von dir und Eric hat jede Spur gefehlt. Als Eric dann vor ein paar Minuten alleine aufgetaucht ist, dachte ich wirklich, dass du jetzt fraktionslos bist. Tu mir so was bitte nicht noch mal an!", meint er etwas verzweifelt.
Irgendwie ist es ja ganz niedlich, dass er sich solche Sorgen um mich macht.
„Du brauchst dir echt keine Gedanken zu machen. Ich bin schließlich noch da.", beruhige ich ihn. Nun schaut er mir tief in die Augen und nimmt meine Hand in seine.
„Und ich wünsche mir, dass das auch so bleiben wird, denn ich mag dich sehr." Bei diesen Worten habe ich das Gefühl, dass er ein klein wenig unsicher wirkt, aber vielleicht täusche ich mich da nur.
Im nächsten Moment fährt er bereits fort.
„Bei Eric musst du wirklich aufpassen. Mit dem ist nicht gut Kirschenessen. Wenn ihm ein Initiant nicht passt, fliegt dieser innerhalb kürzester Zeit raus."
„Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Um dich zu beruhigen, es gab vorhin nur ein Problem mit den Betten im Schlafsaal. Dort sind nämlich nur neun Betten vorhanden, also werde ich woanders schlafen müssen.", erkläre ich ihm.
„Das ist ja komisch. Sonst stehen in diesem Raum immer mindestens zwölf Betten.", meint er nachdenklich und bestätigt mir damit meine Vermutung.
„Und wo wirst du nun schlafen?", fragt er nach.
„Bis eine andere Lösung gefunden wird, muss ich bei Eric in der Wohnung schlafen." Mittlerweile bin ich mir ziemlich sicher, dass sie gar nicht erst nach einer anderen Lösung suchen werden. Eric wollte von Anfang an, dass ich bei ihm schlafe und daran wird sich wohl auch in nächster Zeit nichts ändern. Ich verstehe nur nicht, warum?
Uriah ist über diese Aussage total geschockt.
„Was? Bei diesem Arsch?" Er dreht sich um und wirft einen finsteren Blick in Erics Richtung. Ich merke, wie er sich angespannt und dabei meine Hand etwas fester drückt.
„Das kann doch nicht sein Ernst sein!" Dann schaut er wieder zu mir und streichelt mir beruhigend über meine Hand.
„Vielleicht solltest du mal mit Max darüber sprechen.", schlägt er vor.
„Das würde nichts bringen. Der weiß Bescheid und ist damit einverstanden."
Mir ist inzwischen bewusst, dass ich mich vorerst damit abfinden muss, aber Uriah will es offensichtlich überhaupt nicht akzeptieren.
„Das können die doch nicht machen!"
„Max meint, dass es in Erics Wohnung für mich sicherer ist, weil wir ja nicht wissen, was in meiner Vergangenheit passiert ist.", versuche ich ihn zu beruhigen. Er hatte meine Geschichte heute auch am Netz erfahren, als ich mit Tris und Christina gesprochen hatte.
„Schade, dass bei uns im Schlafsaal kein weiteres Bett mehr frei ist.", meint er nachdenklich.
„Ich komme schon zurecht. Jetzt hör auf, dir deinen Kopf darüber zu zerbrechen.", fordere ich ihn auf. Dann schaut er mir eindringlich in die Augen.
„OK, aber wenn irgendetwas passiert, wenn du Probleme mit Eric hast oder er dich irgendwie verletzt, kommst du sofort zu mir."
„Ja, danke. Das ist lieb von dir."
In diesem Moment legt sich eine Hand auf meine rechte Schulter und mir läuft ein unangenehmer Schauer über den Rücken. Dann höre ich bereits eine Stimme an meinem rechten Ohr, die dieses unbehagliche Gefühl noch verstärkt.
„Fiona, ich muss mal kurz mit dir sprechen. Kannst du bitte mitkommen."
„Ja natürlich, Max!" Ich versuche mir nichts von meinem Unbehagen anmerken zu lassen.
Max geht mittlerweile Richtung Ausgang, während Uriah mich nur verwundert anschaut. Ich kann nur mit den Schultern zucken und folge Max anschließend. Zusätzlich spüre ich jetzt wieder Erics Blick auf mir. Kurz blicke ich zu ihm, kann aber seinen Ausdruck nicht richtig einordnen. Das einzige, was ich deutlich erkenne, ist das er äußerst angespannt wirkt. OK, dieser Umstand macht mich noch ein bisschen nervöser als ich ohnehin schon bin.
Von der Grube aus ist es nicht mehr weit bis zu Maxs Büro, aber er schlägt eine andere Richtung ein. Das verunsichert mich ein weiteres Mal.
„Wohin gehen wir denn?", frage ich deswegen vorsichtig nach.
„Zu meiner Wohnung", sagt er nur, als wenn es das normalste auf der Welt wäre. Sofort bleibe ich stehen.
„Was?" Ich bin gerade so geschockt, dass es mir einfach so herausgerutscht ist.
In diesem Moment bleibt Max stehen und dreht sich zu mir um.
„Komm schon mit. Du brauchst keine Angst zu haben." Zögerlich gehe ich auf ihn zu. Als ich bei ihm bin, legt er wieder seine Hand auf meine Schulter und schiebt mich weiter. Bei dieser Berührung wird mir ganz schlecht. Vielleicht hätte ich lieber nicht so viel essen sollen.
„Ich habe dir gestern doch gesagt, dass du jeder Zeit zu mir kommen kannst, wenn es Probleme gibt. Mein Büro kennst du ja bereits, deswegen möchte ich dir nun meine Wohnung zeigen, damit du mich ohne Probleme finden kannst.", erklärt er mir. Trotzdem bin ich mir jetzt schon absolut sicher, dass ich niemals freiwillig in seine Wohnung gehen würde. Kurze Zeit später bleibt er vor einer Tür stehen, schließt sie auf und lässt mich eintreten.
Er führt mich ins Wohnzimmer und bittet mich auf der Coach Platz zu nehmen. Dann verschwindet er in der Küche, so dass ich mich etwas entspannen kann. Warum fühle ich mich in seiner Anwesenheit nur so unwohl? Irgendwas an ihm ist mir total unsympathisch. Ich lasse meinen Blick durch das Zimmer schweifen. Es ist eindeutig größer als bei Eric. Ansonsten sehr modern eingerichtet. So hätte ich mir seine Wohnung nicht vorgestellt.
Im nächsten Moment ist Max bereits wieder da und zwar mit einer Flasche Wein und zwei Gläsern in der Hand. Hilfe! Was soll das denn werden? Langsam bekomme ich echt ein wenig Panik.
„Max, das ist wirklich ganz lieb von dir, aber ich möchte heute nichts trinken.", versuche ich mein Glück. Er setzt sich direkt neben mich und ich kann ihm die Enttäuschung deutlich ansehen.
„Es tut mir leid, allerdings möchte ich für morgen fit sein, um gleich von Anfang an gute Leistungen zu bringen.", lasse ich mir schnell eine Ausrede einfallen.
Scheinbar ist er es nicht gewohnt eine Abfuhr zu bekommen, aber dann meint er: „OK, das ist wirklich schade, trotzdem kann ich dich auch verstehen. Was hältst du davon, wenn wir es später nachholen?" Absolut gar nichts, nur das kann ich ihm schlecht so sagen. Was ist er nur für ein notgeiler Typ? Ich zwinge mich dazu, kaum merklich mit dem Kopf zu nicken. Obwohl ich im Moment nichts lieber möchte, als so schnell wie möglich von hier zu verschwinden. Deswegen frage ich nun nach.
„Es gibt doch bestimmt einen Grund, warum du mich sprechen wolltest."
„Ach ja, natürlich. Ich wollte dich fragen, ob alles bei dir in Ordnung ist. Mir ist aufgefallen, dass ihr, also du und Eric erst später in den Speisesaal gekommen seid, als alle anderen bereits dort waren."
„Ja, alles OK. Aber warum hast du denn nicht einfach Eric gefragt? Es sah so aus, als hättet ihr euch vorhin unterhalten." Langsam nervt es mir ungemein, dass alle ständig nachfragen müssen.
„Das habe ich ja, gleich als er alleine die Kantine betreten hatte. Schließlich hatte ich da schon befürchtet, dass du in der Schlucht liegst oder so was. Natürlich hat Eric versucht mich zu beruhigen und meinte, dass es dir gut geht, doch es war mir wichtig, eine Bestätigung dafür aus deinem eigenen Mund zu hören." Er greift schon wieder nach meinen Händen.
„Du kannst mir wirklich alles erzählen. Vor allem wenn Eric dich irgendwie verletzten sollte. Ich will nur, dass es dir gut geht."
„Ja, danke. Ich kann dich beruhigen, es ist alles in Ordnung, wirklich." Ich hoffe, dass die Angelegenheit damit endlich geklärt ist und ich hier verschwinden kann. Unruhig springe ich auf, um mich damit sogleich aus Maxs Reichweite zu bringen.
„Also ... Es ist bereits recht spät. Darum würde ich mich gerne langsam hinlegen, denn die nächsten Tage werden bestimmt anstrengend."
Mit ein paar Schritten bin ich schließlich an der Tür angelangt, aber da hat Max mich schon eingeholt.
„Warte bitte kurz, Fiona. Ich wollte dir noch etwas sagen. Du kennst ja nun meine Wohnung und du solltest wissen, dass ich hier auch ein Gästezimmer habe. Es wäre also kein Problem, wenn du lieber bei mir übernachten möchtest. Obwohl mein eigenes Bett natürlich viel bequemer ist als das im Gästezimmer." Das wird mir jetzt wirklich zu viel.
„Ich bin mit der Couch bei Eric absolut zufrieden."
Mit diesen Worten stürme ich aus seiner Wohnung und eile durch die Gänge. Als ich um die nächste Ecke laufe, renne ich zu allem Überfluss direkt in jemanden hinein.
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