Blicke

Er war sich der Macht ihres Blickes voll bewusst und trotzdem schaute er ihr tief in die ungetrübten, azurblauen Augen. Ihr, dem kleinen sechs jährigen Mädchen, welches schon für so viele Unglücke verantwortlich war. Sie liess seine Augen nicht los und er wusste, dass er sich aus dieser Situation auch nicht befreien konnte. Das Verlangen sich umzubringen wurde in ihm wach.
Er spürte Schmerzen, seelische Schmerzen von abertausenden Menschen in seinem Kopf, er hörte ihr Weinen und ihre Schreie und wollte suizid begehen. Einfach nicht mehr da sein, weglaufen, befreien von dem Weltschmerz den das kleine, unscheinbare 6 Jährige Mädchen auf ihn übertrug. Er sah Bilder vor seinen Augen, Bilder von Waffenmündungen, verbrannten Menschen (er konnte sie sogar riechen), Bilder von verhungerten Kindern.
Mit jeder Sekunde die das Mädchen den Blick hielt, verstärkten sich die Gefühle, verstärkten sich die Eindrücke. Er war am Rande des Wahnsinns als sie den Blick löste und beschämte zu Boden schaute. Sein Atem ging jetzt stoßweise und er hielt sich am Geländer der Treppe fest, auf der sie standen. Es war nicht das erste Mal, dass sie das mit ihm machte und bestimmt auch nicht das letzte, aber dieses Mal war das schlimmste. Nach dem Lösen des Blickes verschwand das Gesehene, aber die Erinnerungen würden nie verschwinden. Er wusste, er würde nachts schreiend aufwachen, in dem Glauben seine gesamte Familie sei tot, er wusste, dass er die Dunkelheit, die sie ihm geschenkt hatte nie wieder loswerden konnte. Aber er würde nicht aufgeben, weder sie noch das Leben.
Er ging in die Knie, zog sie an sich, küsste sie auf den von blonden Haaren verzierten Kopf und hielt sie eine Weile im Arm. Er wusste nicht genau, wer sie war, was sie war und warum sie war, aber er wusste er würde sie auf keinen Fall alleine lassen.
Also nahm er ihre kleine Hand in seine und ging mit ihr die restlichen Treppen hoch.

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