Jedes mich so freundliche Wort kann finsteren Intentionen entspringen.
„Das ist nicht fair!", rief Headphones aus. Seit Tagen schon verfolgten sie Unwohlsein Blicke. Und sie war sich sicher, dass Evening Gleam dahinter steckte. Während alle sie wie einen bunten Hund anstarrten, warf sie ihr nur höhnische Blicke zu. Einen Tag zuvor war Angelina nicht zur Schule erschienen. Als Headphones sich deswegen erkundigen wollte, haben ihr ihre Eltern gesagt, dass Angelina krank sei und deshalb nicht zur Schule kam. Headphones hatte eine andere Vermutung. Auch wenn sie immer standhaft und ruhig blieb, konnte es ihr doch nicht egal gewesen sein, dass sie fast durchgehend beobachtet und Getuschels wurde...oder? Leicht konnte Headphones sich daran erinnern, wie ihre Freundin ihr immer sagte, dass es nichts besonderes wäre und bald aufhören würde. Stimmte das? War Headphones wirklich die einzige, die sich davon überwältigt fühlte? Mit jedem Gedanken daran wurde ihr unwohler.
Wie jeden Nachmittag, tappte sie zur alten Bühne und lief die Treppe nach unten zum Holzparkett. Die alten Stufen knarrten mit jedem Schritt. Doch es störte sie nicht. Tatsächlich empfand sie das Geräusch eher als angenehm. Koordiniert stellte sie sich neben die Falltür im Boden, die Sicht den leeren Sitzplätzen entgegen und summte eine vertraute Melodie, die ihr ihre Mutter früher oft sang. Die einzige Erinnerung die sie mit vollkommenen Stolz mit sich führte. Jeden Tag beruhigte sie sie und brachte wieder Ordnung und Harmonie in ihren Verstand. Mit jeder Note verschwamm die finstere Umgebung und erstrahlte in Scheinwerferlichtern und jubelnden Ponys. Das war, was sie sich wünschte.
Anerkennung.
Stand.
Überlegenheit.
Sie wünschte sich, über allem stehen zu können, was ihr schaden kann. Und auch wenn sie tief in ihrem Inneren wusste, dass sie das niemals erreichen würde, träumte sie davon. Ihr Tagtraum wirkte beinahe schon wirklich. Fast meinte sie, dass sie wirklich rufe hörte, Klatschen und Trampeln. Fast meinte sie wirklich, die Lichter vor sich erhellen zu sehen. Fast vergaß sie, dass all das nur ihre eigene Illusion war. Mit den letzten Tönen des Liedes entschwand all das auch wieder. Es war nur noch leer und still. Schatten umgaben sie und ihr einziges Publikum war eine Ratte, die unter den Sitzen nach Futter scharrte. So gefiel es ihr aber auch. Alleine. Keiner konnte ihr etwas vorschreiben, sie zu etwas zwingen. Niemand starrte sie ungläubig an, um darauf hin mit anderen über sie zu reden. Und es gab keine Vorschriften. Kurz noch genoss sie die Stille, die sich ausbreitete.
„Nette Bude." Headphones schreckte unter der Stimme auf. Ein orangener Pelz leuchtete auf der Treppe zwischen den Sitzreihen auf. Evening Gleam kam direkt auf die Bühne zu und sah sie verschlagen an. „Und? Bekomme ich jetzt meine Entschuldigung, oder soll ich sie weiter alles mögliche über dich denken lassen?" Entschuldigung? Wofür das denn? „Ich wüsste nicht, wofür ich mich entschuldigen sollte!", gab Headphones trocken zurück. Vollkommen entrüstet sah sie auf Gleam herab, welches nun auch über einige Stufen zu ihr auf die Bühne stieg. „Nun, ich bin nicht sehr zufrieden damit, wenn sich jemand gegen mich stellt." Obwohl sie ruhig redete, sprach sie mit einem drohenden Unterton. Sie hatte es schon einmal geschafft, sie nach außen zu drängen...und doch... „Warum sollte ich mich dafür entschuldigen, dass ich keine Lust auf deinen Spott hatte?!" Sie sprach ungern ihre Gedanken aus, aber in diesem Moment durchströmte eine Energie ihren Körper, die sie dazu Antrieb, weiterzureden. Ebenso angenehm, wie ihr Schweigen, entschwammen die Worte ihrem Mund mit einer Schärfe, die sie selbst verwunderte. „Wie du meinst", gab Gleam noch immer mit unerklärlicher Ruhe wieder, „Du kennst meine Forderung und ich weiß, dass ich in jedem Fall die Oberhand habe." Unverwandt drehte sie sich wieder zum Ausgang.
Etwas stimmte nicht. Sie konnte nicht einfach nur gekommen sein, um ihr das zu sagen. Und das war auch kein normales Gespräch. Headphones aber, hatte andere Gedanken, die sie störten. Dieses erfreulich Gefühl, das sie dabei verspürte, als sie sich gegen Gleam stellte, klang noch immer in ihr nach. Gedankenverloren starrte sie dem Alihorn hinterher. Für einen Moment wirkte es so, als hätte ihr Spiegelbild vor ihr gestanden. So wollte sie nicht sein, aber es war einfacher. Immer hatte sie sich vorgehalten, dass sie immerzu liebevoll und freundlich sein wollte, aber letztendlich zog sie sich damit immer nur zurück. Nachdenklich setzte sie sich hinter den Vorhängen nieder.
Ein wenig Zeit verging, in der Headphones nachdachte. Worüber. Sie war sich selbst nicht ganz sicher. Sie fühlte sich unsicher, seit dem Gespräch mit Evening Gleam. Oder war das gar ihr Ziel? Vielleicht auch nicht...wie auch immer. Vieles, was sie tat, fühlte sich richtig an, auch wenn man ihr immer sagte, dass es das nicht war. Sie sah zu den Requisiten und betrachtete sich im Spiegel. Der Staub der alten Bühne hatte ihr mattgoldenes Fell fast vollkommen grau gefärbt und ihre hellblaue Mähne wurde von dreckigen Strähnen durchzogen. Ihr rechter Flügel, dessen mattgoldene Federn zumindest nachgewachsen waren, war offen zu sehen. Dafür war ihr gesunder Flügel von einem verdreckten Verband umwickelt, weil es für sie einfach farblich passender wirkte, wenn sie ihren einfarbigen Flügel als den normalen verkaufte. Ihre sonst unpassend strahlenden Magenta-Augen waren vor Müdigkeit blass und glanzlos. Das, was sie sah, war alles andere, als das Pony, das sie sein wollte. Sie klopfte ein wenig Stub von sich und streifte den unnötigen Verband ab. Wie hypnotisiert blickte sie ihr Spiegelbild an, in Hoffnung, es würde sich zu ihrem Gunsten verändern. Doch es war vergebens.
„Der Spiegel gibt die Dinge auch nicht so wieder, wie sie sind." Aus dem Nichts schallte eine Stimme durch den Bühnenraum und ließ Headphones zusammenzucken. Ist noch jemand gekommen? Panisch sah sie sich um. Sie wollte nicht noch mehr Ärger. „Spiegel bilden die Dinge verkehrt ab, ohne jedoch dabei falsch zu liegen. Letztendlich werden sie aber nur deine Oberfläche zurückwerfen." Ein lilaner Nebel erhob sich aus den Schatten und verformte sich zu der Silhouette eines großen Ponys, dessen Umriss sich wie Wellen bewegte. Ein dunkles Leuchten ging von ihr aus. Vor Schreck erstarrt sah Headphones sie an. „Ja ja, ich sehe schon, so reagieren die meisten, aber du brauchst keine Angst zu haben." Noch immer verdutzt zwang sich Headphones zu einem nervösen Nicken. „W-wer bist du?", hob sie an. Sanft warf die Silhouette einen Blick zurück. „Ich bin die Seele eines Einhorns, das auf der Suche nach Frieden hierher kam, jedoch", antwortete sie, „sind alle Geister an der Werk dunkler Magie gebunden, weshalb sie sich ohne eine physische Form der lichten Magie nicht widersetzen können. Ich bin nun hier gefangen, weil nach dem Vorfall vor einigen Jahren das Gebäude von einem lichten Zauber versiegelt wurde." Betroffenheit Raute in ihrer hellen Stimme. Headphones ließ sie nicht aus den Augen. „D-Das heißt, dass du schon lange hier bist!? Du hast mich also schon öfter hier gesehen?" „Jedes einzelne mal."
Regungslos stand die Silhouette vor ihr und funkelte sie an. „Weißt du, nicht jeder ist zu größerem bestimmt", hob sie mächtig an, „jedoch kann ich dir helfen, deinen verlorenen Respekt wiederzuerlangen." Zum ersten Mal seit Tagen erstrahlten Headphones Augen. „Wirklich? Aber...wo ist der Haken?" Die Silhouette nickte und kam näher. „Der Haken ist nicht wirklich relevant. Alles, was ich will, ist aus dieser scheußlichen Ruine zu entkommen und nich einmal zu spüren, wie es ist zu leben. Ich schlage dir etwas vor: Ich helfe dir, deine Probleme zu beseitigen, deinen Respekt wiederzuerlangen und dafür überlässt du mir einen Teil deines Lebens." Das mattgoldene Stutfohlen schreckte zurück. „Einen Teil meines Lebens?!" Flink kniete sich der Geist zu ihr nieder und beruhigte sie. „Ich meine es nicht so, wie du es vielleicht denkst. Überlasse mir über Nacht die Kontrolle über dich. Du wirst schlafen und träumen, während ich mein verlorenes Leben auskoste. Keiner wird irgendetwas erfahren, versprochen." Ein warmer Glanz ging von ihren leuchtenden Augen aus und gab Headphones ein vertrautes Gefühl. Sie würde den Geschehnissen der letzten Tage nicht mehr nachtrauern müssen und auch nicht ihre Folgen tragen. Sie würde wieder über den Hof laufen können, ohne sich beobachtet zu fühlen. Kurzerhand sah sie auf. „Einverstanden."
Ausgeruht stapfte Headphones die Straße entlang. Seit Tagen hatte sie nicht mehr so ruhig geschlafen. Etwas gab ihr das Gefühl, dass sie sich an diesem Tag keine Sorgen machen müsste. Fröhlich erreichte sie das Schultor. Viele Schüler redeten aufgeweckt miteinander. Keiner musterte sie überlegt, oder tratschte. Es war alles wie zuvor. Danke, murmelte sie still, in Hoffnung, dass der Geist sie hörte. Der Tag verging schnell, auch wenn Angelina noch immer nicht wieder da war. Unterricht und Pausen überbrückte sie leichtfüßig mit ein Paar Büchern und Kritzeleien. Auch Singlenote schien es besser zu ergehen. Sie verbrachte die meiste Zeit mit Evening Gleam und ihren zwei inoffiziellen Sklaven. Es war aber stark sichtbar, dass sich sich ungern offen präsentierte. Selbst schuld. Alle Sympathie, die Headphones je für Singlenote hatte, war bereits vor Tagen verflogen. Sie fühlte sich immerzu von ihr im Stich gelassen und selbst ihre gemeinsame Herkunft konnte das nicht ändern. Schnell verdrängte sie den negativen Gedanken und dachte wieder dankbar and die Silhouette.
Es war, als wären die letzten Tage wie aus der Vergangenheit ausradiert. Letztendlich war ihr ständiger Muskelkater auch der einige Nachteil an der Abmachung. Sie beide halfen sich gegenseitig aus und kamen sich dabei nicht in den Weg. Erfreut galoppierte sie die Straße hinunter, als sie vor einem Zeitungsautomaten schlitternd zu stehen kam. Die halbe Straße war vollgestellt. Behutsam zog sie sich eine durchnässte Zeitung vom Boden aus dem Gedränge und las. „Erneute Übergriffe von Wechselponys resultieren in Morden und Vermisstenfällen". Ein kalter Schauer lief ihr den Rücken runter. Wechselponys hatten krustige, käferartige Körper, welche an den Beinen durchlöchert waren. Ihre herausstechendste Fähigkeit war, dass sie sich in ein perfektes Ebenbild von allem und jedem verwandeln können und somit meist unbemerkt zu ihren Opfern kamen. Sie selbst kennen keine Liebe, weshalb sie diese als Nahrung aus ihrem Opfer saugen und sich damit stärken. Widerlich. Mit einem Schnauben warf sie die Zeitung in die nächst gelegene Tonne. Weil sie ihren Schlüssel vergessen hatte, schlüpfte sie in die Seitengasse, in der sich ein geheimer Eingang zum Haus befand, der niemals abgeschlossen war.
Doch ihr war unwohl. Das Tröpfeln des Abflussrohres klang schwerfällig. Eine beunruhigende Atmosphäre legte sich. Eilig huschte eine Ratte zu einem Müllsack und verkroch sich darunter. Seltsam...normalerweise suchen sie nach etwas interessantem im Müllsack... Fast schon rein aus dem Instinkt schob sie den Sack beiseite. Dann erstarrte sie. Vor ihr lag Saphira verdreht zwischen Plastik und Essensresten. Ihr glattes blaues Fell war von Kratzern übersät und ihre augfgerissenen Augen leblos. Fast all ihre Farbe war aus ihr verschwunden und lediglich eine bunte Pfütze plätscherte vor ihr. Ihre Liebe wurde aus ihr gesaugt, bis sie nichts mehr Antrieb und die restlichen Tropfen achtlos zurückgelassen. Panisch drehte Headphones um und suchte nach einem Erwachsenen.
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