Kapitel 1
Nicht alle Regeln des Lebens gelten für dich...
Die flammende Erinnerung schmerzte die junge Stute. Es war schon unzählige Mondeswechsel her, und dennoch fühlte es sich so an, als wäre sie soeben erst durch die lodernden Ruinen und den stechenden Schnee gerannt. Nach und nach verging der Phantomschmerz aus ihrem Traum und wandelte sich. Diese eine Nacht hatte sich mit ihrem Feuer und der Zerstörung in ihre Erinnerung gebrannt und zeichnet sich in ihren Träumen ab. Noch immer mit verschlossenen Augen lag Headphones regungslos und zugedeckt in ihrem Bett vor offenen Fenster. Und doch...eine durchdringende Hitze umgab sie. Vorsichtig öffnete sie die Augen und lies sie durch ihr Zimmer gleiten. Ein Gähnen entglitt ihr. Dann bemerkte sie das durch Fensterglas gebündelte Sonnenlicht. Wahrscheinlich war es das, was diese Erinnerung in ihr wachrüttelte. Noch von Müdigkeit berauscht, schob sie die Decke beiseite, die sie größtenteils bedeckte und versuchte sich aufzurappeln. Sie bemerke, dass der Phantomschmerz sie noch nicht ganz verlassen hatte, denn als die Decke von ihrem kurzen Flügel glitt, zogen ihre Muskeln sich zusammen und gaben erneut das brennende Stechen wieder. Wiederwillig setzte sie sich in Bewegung zu dem noch immer geöffneten Fenster. Mit einem sanften Ruck schloss Headphones das klargläsige Fenster und zog die daran herabhängenden, zinnoberroten Gardinen zusammen. Das warme Sonnenlicht prallte auf den Stoff und warf das gesamte Zimmer in ein dumpfes Rot. Mit einem müden Seufzer weitete sie erneut den augenbreiten Schlitz zwischen den Gardinenseiten und sah hindurch. Kunstvolle Fensterscheiben und ein silberblauer Rahmen mit gleichfarbigen Griff trennten sie von einem kleineren Balkon, zwischen dessen Geländerpfeilern die aufgehende Sonne drang. Ihr Licht glitt vom fernen Tal durch einen dichten Wald, durch den sich ein Fluss bahnte und mit einem Glitzern reflektierte. Da die blassgelbe Stute noch immer nicht ganz bei Sinnen war, als dass sie diesen majestätischen Anblick hätte genießen können, schloss sie die Vorhangslücke und trat zurück. Nun war der Raum in ein dunkles Rosenrot gehüllt, das einzig direkt am Vorhang noch in einen seichten Zinnoberton gefärbt war. Unberührte Schritte trabten kraftlos zu einem glanzvoll verzierten Spiegel. Künstlich erschaffene Edelsteine verzierten den Goldnen Ramen und wirkten mit dem schwachen Lichteinwurf von außen, als würden sie von sich aus leuchten. Ihr Funkeln spiegelte sich in den Augen von Headphones, welche noch immer ihren straffen Magentaton hatten, als wenn das rote gedämpfte Licht ich auf sie viel. Einzig verändert wirkten sie durch ihr mattes Aufleuchten, welches sich sonst immer von ihrem blassgelben Fell und den grau-orangenen Federspitzen ihres linken Flügels hervorhob. Allerdings war auch dies in Rot verschleiert und hatte einen stumpf-orangenen Farbkranz, überall wo das Licht sie traf. Ihre Flügelspitzen waren ein wenig rötlicher, ansonsten aber nicht stark verändert. Ihre sonst himmelblaue Mähne hat derweil einen tiefen Lilaton angenommen, der einzig in den Schatten noch ins Blaue überging. Je nach Strähne waren die Farbübergänge teils härter und teils sanfter und ihre Spitzen verschwammen mit der Dunkelheit. Die Stute sah in den Spiegel und ein leeres Augenpaar sah ihr entgegen. Noch immer war sie müde. Reglos sah sie Minuten lang auf die glatte Reflexion ihrer selbst.
Letztendlich verging die Hoffnung auf ein Besseres Gefühl und sie sah sich nach einer Bürste um, um ihr vom Alptraum zerzaustes Haar wieder einzureihen. Nach kurzem Suchen fand sie Sie. Sie war dort, wo Headphones sie immer ablegte, und doch war sie überrascht, sie dort zu finden. Sie Griff nach ihr und strich durch ihre dichte, schulterlange Mähne, als würde sie alle wirren Gedanken so abstreifen wollen. Sie hasste Montage. Es war nie ein Tag, dem man ein Lächeln bieten konnte. Immer war es nur ein Symbol für eine weitere Woche voller Arbeit und Verzweiflung unter Zeitdruck. Lustlos legte sie ihre Bürste ab und schritt über den runden Musterteppich zu ihrer Zimmertür. Ohne einen letzten Blick öffnete sie sie und tappte heraus, bevor sie sie wieder behutsam schloss. Bestimmt waren noch nicht alle wach. Um sie herum erstreckten sich perlweiße Flure mit Buntglasfenstern, auf denen historische Ereignisse abgebildet waren. Alle Paar Meter stand eine silberne, oder goldene Zierrüstung der königlichen Garde. Stumm bog sie rechts ein und lief auf die Tür am Ende zu. Sie wusste genau, wo ihr Ziel lag, da sie die Gänge schon lange studierte. Damals hatte Prinzessin Luna, die wunderschöne, türkisblaue Stute, ihr das Leben gerettet und dafür stand Headphones ewig in ihrer Schuld. Sie begann eine Ausbildung als königliche bedienstete, um der Prinzessin für ihre Großherzigkeit zu danken. Ihre Schwester, Prinzessin Celestia, konnte sie weniger leiden, doch das beruhte wohl auf Gegenseitigkeit. Headphones hatte dieses Vorhaben schon seit sie mit Luna und der Garde in Equestria angekommen war, doch schon wärmend der Ausbildung fand Celestia sie oft zu überheblich und unwillig dazuzulernen. Headphones hatte das nie was ausgemacht. Bestimmt würde selbst Celestia es besser finden, wenn sie hauptsächlich Luna bediente, auch wenn ein Dienst unter der schneeweißen Miss-Majesty mit dem Kaugummiregenbogen-Haar letztendlich unvermeidbar sein wird. Ihr entglitt ein Seufzer. In Gedanken versunken folgte sie dem Gang noch bis zu einer Großen Tür, vor der sich der Gang entzweite und ging hindurch. Sie war auf einem kleineren Innenhof des Schlosses gelandet und ging mit einem dünnen Seitenweg durch einige Säulenbögen. Headphones konnte eine Aufmunterung gebrauchen. Wehmütig vom resultierenden Muskelkater ihres vom Traum verkrampften Körpers lief sie zu einem großen Trainingsplatz. Ein Vogel, der im Wind sein Gleichgewicht verlor streifte sie und taumelte mit der Brise auf ein Feld mit aufgereihten Ponys. Es waren bei weitem mehr Hengste als Stuten, doch einige Stuten sahen umso entschlossener aus. Sie alle trugen ein Kettenhemd und eine provisorische Trainingsrüstung, ausgestattet mit Holzschwertern, Stöcken und Schilden. Neben einer silbernen Stute mit schwarz/weißer Mähne und einem Goldbraunen Hengst mit dunkleren Strähnen stand eine Stute mit Dalien-Lilanem Fell. Ihre dunkeltürkise Mähne wurde unter dem Trainingshelm zusammengepresst und stach struppig aus einer Schlitzöffnung an ihrem Kopf heraus. Ihre tulpenfarbenen Augen blickten zielsicher voran. Am eindrucksvollsten aber, war ihre Größe. Sie überragte alle anderen Mitglieder der Trainingsgruppe um einen halben Schädel, teils auch einen Ganzen. Headphones sah geduldig zu ihr herüber. Scheinbar hatte sie das training verschlafen und könne nun nicht mehr zusehen. Der Vorstandsritter warf der Truppe einige Worte, Kritik und Lob zu. Was genau es war konnte Headphones nicht verstehen, da es außenstehenden verboten ist, zu nahe zu treten, um das Training nicht zu stören, aber sie konnte am stolzen Blick ihrer Freundin erkennen, dass es eine erfolgreiche Trainingsstunde war. Nach einigen Rufen zerstreuten sich die Auszubildenden und gingen ihre Wege. „Headphonestar!" Die lilane Stute rannte auf sie zu. „Freut mich, dass du noch kommen konntest." Mit unsagbarer Freude trabte sie voran und stupste Headphones seicht. „Hallo, Dirtfoot." Ihre schlechte Montagslaune verging und ein Lächeln zog sich über ihr Gesicht. Alles was sie jetzt noch verspürte war die Freude, die Alltagsfolter nicht vollkommen alleine durchstehen zu müssen. „Ich wünschte nur ich hätte nicht so lange geschlafen." Ihr Blick verkrümmte sich schuldbewusst, aber nicht zu stark, da sie über das Verständnis ihrer Freundin Bescheid wusste. „Ich hätte dir zu gerne beim Training zugesehen." Dirtfoot lachte ermunternd. „Ach was, d hast mich ja abgefangen, und außerdem", Sie schob die blassgelbe Stute zu einer Schlosstür", hättest du von der Entfernung sowieso nicht mitbekommen, warum ich mich jetzt schon wieder kopfüber in den Dreck werfe." Grinsend betraten die beiden den Flur und gingen voran. Headphones blickte zu ihr auf. „Naja, da hätte ich zumindest genug Raum um mir zu denken, was passiert ist." Sie traten zu einer kleinen Kammer, in der sich weitere Traningsrüstungen befanden. „Hauptsache du denkst nicht wieder, ich hätte eine Wette gegen Silverknight verloren." Dirtfoot streifte ihre Schuhe ab und platzierte sie bei den anderen im Regal. „Und? Schon irgendwas von praktischen Tests in Sicht? Du kannst ja schließlich nicht ewig nur in Ausbildung bleiben." Mit einem Klicken löste sie die Sicherung der Rüstung und warf sie vorsichtig ab. Headphonestar winkte ab. „Meine praktische Prüfung ist jeden Tag. Ich wette, ich werde den Unterschied kaum merken, wenn ich einmal eingestellt bin." „Aha" Dirtfoot klang weniger interessiert an den Einstellungspraktiken allgemeiner Diener der königlichen Familie, aber es war ihr nicht zu verübeln. Mühsam streifte sie ihr Kettenhemd ab und hing es mit der Rüstung zusammen zu den Rüstungsharken. Headphones blickte ihr hinterher. „Und wann denkst du, bist du durch?" Dirtfoot drehte sich mit einem gleichgültigen Blick zu ihr. „Hm, noch ein Paar Prüfungen und dann irgendwann halt die Aufnahmeprüfung. Wirklich drin bin ich dann aber sowieso erst, wenn ich Mut und Treue bewiesen habe, und bis ich das kann..." Sie zog energisch ihren Trainingshelm ab und hielt ihn in den Hufen. Ihre Mähne war noch immer struppig und verlief neben ständig abweichenden Strähnen nach vorne. Der kurze Rest davon verlief an ihrem Nacken und hing lose über ihre Schulter. Zwischen zwei mit Fellspitzen bestückten Ohren hatte sie ein leicht gekrümmtes Horn. „...muss erstmal irgendwer es wagen, Equestia zu betonen und...naja, bis das passiert wird es wohl noch ein Wenig dauern." Sie deutete Headphones aus der Kammer raus, legte den Helm auf ein Regalbrett und lief mit ihr weiter den Gang entlang. „So, und was jetzt?" Ihr fragender Blick ruht stumpf auf ihrer besten Freundin. Headphonestar bemerkte ihre Ratlosigkeit. „In diese Bibliothek." „Die Bibliothek?"
„Ja, ich wollte noch etwas nachlesen, bevor ich mich wieder von Prinzessin Sonnenpopo rumkommandieren lasse." Ihr entglitt ein leises Kichern. Dirtfoot erwiderte dies. „Du bist echt nicht gut auf sie zu sprechen, oder?" Sie wusste die Antwort schon, aber das Gesicht von Headphones mit ihrem typischen das muss ich dir doch im ernst nicht schon wieder erklären -Blick war für sie unbezahlbar. „Ich meine, Celestia ist doch eigentlich ganz nett." Erneut kicherte Headphones. „Du musst ja auch nicht ihren Kram nach Farbe und Nutzen sortieren." „Warum? Ist das wirklich SO schlimm?" „Wenn neunzig Prozent ihrer Besitztümer Gold, Kronen und Bücher sind, kannst du dir ihre wundervollen Reden anhören. Sie bestehen meistens aus Ach, Blaugrün ist ganz eindeutig was anderes als aquamarines Türkis. Ihre Konzepte sind manchmal einfach zu...eigenförmig." Sie bogen in einen schmalen Gang ein und traten in die Bibliothek. Es war ein weiter Raum mit Blauen Wänden und Opalfarbender Zierde. Die Fenster, deren Rahmen in einem fahlen Weiß schimmerten reichten vom Boden, bis zur decke und ließen die Strahlen der mittlerweile halbhoch stehenden Sonne herein. Block um Block, Regal um Regal, reihten sich sachlich geordnet mit ihren tausenden Büchern. Jedes in zugeteilter Abteilung. In den Wänden waren Eindämmungen, in denen jeweils ein bis zwei schneeweiße, abgerundete Regale platziert waren. Am linken, sowie am rechten Ende führte eine stabile Holzleiter zu jeweils einer Erhöhung, auf der Stühle und Kissen, sowie Decken und kleine Dekorationen zu finden waren. Stühle gab es unten auch, und Tische. Sie standen vor den großen Fenstern, doch sie waren bei weitem nicht so gemütlich, wie die in den Leseecken. Dirtfoot murmelte ein wenig vor sich hin. Sie war von Büchern nicht sehr begeistert, aber folgte ihrer Freundin zu liebe. Die kleine Stute steuerte zielstrebig zur linken Leseecke und stieg an der Leiter empor. Sie wäre auch geflogen, aber nachdem ihr rechter Flügel angebrannt ist, war dessen Haut unter den Federn teils abgestorben und nur blankes Gewebe wuchs nach, weshalb ihr linker Flügel mit den orangenen Federspitzen um einiges länger und stärker war, als ihr verkrüppelter rechter. Daher war das Flügelverhältnis ungleich und sie knickte im Flug ungewollt ein. Auftrieb konnte sie so auch nicht bekommen, also hat sie sich an das Leben ohne die Fähigkeit zu Fliegen gewöhnt und benahm sich wie ein normales Erdpony. Flink kam sie oben an und Dirtfoot hangelte ihr hinterher. Fast die gesamte Ebene war von unordentlichen Bücherstapeln bedeckt und die Kissen waren mit den Decken in eine Ecke zusammengepresst, als hätte sich wer darin eingekuschelt und es später unverändert zurückgelassen. Scheinbar aber, sah Headphonestar bei der Unordnung noch durch, denn sofort ging sie zu einem Stapel und wählte sicher ein Buch, welches sie schnell, aber vorsichtig hervorzog. Der Stapel begann zu wanken und Dirtfoot fürchtete, dass er umfallen und alles um sich begraben würde, aber schnell war er wieder im Gleichgewicht und stand still. Headphones schlug das Buch auf dem von Decken übersäten Boden auf und legte sich nieder. Ihre übergroße Freundin setzte sich neben ihr nieder und starrte verdutzt auf das Buch. Sagen und Legenden Equestrias. Ihr war die Verwirrung anzusehen. „Headphones...sag, hast du wieder heimlich die Bücher aus der Mysterienabteilung durchblättert? Du weist doch, das die Bibliothek nachts nicht betreten werden darf." Mit gespielter Strenge sah sie sie an. „Schon, aber das kontrolliert doch sowieso keiner, und selbst wenn", sie reckte stolz ihren Hals „, Wenn man seinen eigenen Hofstaat nicht vertraut, wen soll man dann vertrauen? Ich schade ja niemanden, immerhin informiere ich mich nur." Noch immer sah Dirtfoot sie skeptisch an. Headphones wechselte das Thema. „Und schau doch! Ich dachte immer das alles sind nur Schauergeschichten, aber dann hab ich hier durchgeblättert. Hier steht so viel von der EquestrianischenGeschichte drin. Wie König Sombra das Kristallkönigreich an sich gerissen hat, wie Discord die Welt ins Chaos Stürzte, der scheinheilige Tirek, Lunas Verwandlung in Nightmare Moon, Königin Chrysalis and die Wechselponys-..." Flink schnitt ihr Dirtfoot das Wort ab. „Sh, da kommt jemand!" Stumm geduckt starrten sie gebannt auf die Tür, in Hoffnung niemand hatte mitgehört. Ein für nicht royale verbotenes Buch am helllichten Tag zu diskutieren ist letztendlich noch riskanter, als es heimlich bei tag zu tun. Headphonestar breitete sich auf einer hellen, gelben Decke aus. Sie war nicht so blass wie sie, aber in den Schatten sah man kaum ein Unterschied. Klingende Schritte näherten sich und schallten durch den Raum. Mit klopfenden Herz horchte Headphones auf weitere Geräusche, bit eine tiefe und sanfte Stimme mit vertrautem Klang ertönte. „Headphonestar, bist du das?"
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Sry, dass ich die Fortsetzung doch erst so spät poste, mir ist da ein wenig dazwischen gekommen, daher wird di Veröffentlichung. Der englischen Version auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben. Auch die folgenden Kapitel werden keinen festgelegten Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung haben. Danke für euer Verständnis.
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