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*Callum*

Die zentrale Geheimbibliothek ist nur noch einen Block entfernt. Natürlich gab es keine Beschilderung, mithilfe derer ich mich hätte orientieren können, aber ich war früher ein paar Mal dort, als ich meine Eltern begleitete. Diesmal könnte ich schlecht durch den Haupteingang marschieren, also blieb mir wohl nur die Hintertür. Je näher ich der ZGB kam, desto tiefer wurden die Häuserschluchten und desto dunkler die Straßen. Nichts schien darauf hinzuweisen, dass sich hinter der nächsten Ecke einer der best gesicherten Orte mit ein paar der am sichersten gehüteten, verschriftlichen
Geheimnisse, befand. Zum Glück wusste ich es besser.
Hoffentlich lief bei Juliana und Tarik alles so wie es sein sollte. Vielleicht stiegen ja dann auch die Chancen, dass ich erfolgreiche Arbeit leisten würde. Ja, ganz bestimmt.
Es dauerte einen Moment, bis ich das Schloss geknackt hatte. Mit einem Schlüssel, ließ sich der Kasten öffenen, in dem sich ein Bedienfeld verbarg. Den Schlüssel hatte ich schon vor langer Zeit aus reiner Langeweile gestohlen, wer hätte gedacht, dass er mir jemals nützlich werden könnte. Der Code, eine Kombination aus diversen Buchstaben und Zahlen war das größere Hindernis, aber, da meine Eltern für die Wahl der Passwörter verantwortlich waren, war auch dieses Rätsel noch unmöglich zu lösen.

20CalZGBlum21

Mein Name, der Kürzel der Einrichtung und das Jahr meiner Krönung. Wie vorhersehbar. Wenigstens sind die Bestandteile des Codes genug verschachtelt. Nicht auszumalen, wer noch auf diese Kombi kommen könnte, und somit die ZGB infiltrieren. Einem gewissen Mitglied der hiesigen Krone ist es ja soeben gelungen, obwohl man das wohl kaum als Einbruch deklarieren dürfte, immerhin gehört dieser Gebäudekomplex und jeder Zentimeter Land auf dem es steht auch mir.
"Dann mal los.", es half mir ruhig zu bleiben, indem ich mit mir selbst sprach. Sobald die Tür nachgab, huschte ich hinein. Leider lagen keine Grundrisspläne der ZGB vor. Darum lief ich auf gut Glück durch die Flure.

"Ha!", am liebsten hätte ich in die Hände geklatscht, aber da auch zwischen den unzähligen Buchregalen einige Sicherheitsleute unterwegs waren musste ich mich wirklich beeilen und vor allem nicht auffallen. Es war ein Fehler, meine Freude laut kund zu tun. Ich trug zwar eine Verkleidung, aber es handelte sich dabei nicht um einen Tarnanzug, der mich unsichtbar machen könnte.
"Alles in Ordnung?", wenn man vom Teufel spricht. Tatsächlich war einer der Wachleute gerade in denselben Gang eingebogen. Selbstsicher nickte ich dem Kerl zu.
"Ja. Ich habe mir nur den Ellbogen gestoßen. Diese Flure sind wohl nicht für Leute wie uns konzepiert.", im Gegensatz zu dem Typ, der mich entdeckt hatte musste ich wohl schmächtig wirken, aber es wunderte mich wirklich, dass ihn hier nicht ein klaustrophobischer Anfall überkam.
Der Kerl im Anzug grinste mich verschwörerisch an, als wolle er mir zustimmen, bevor er einfach weiter ging. Ganz so als sei nichts gewesen.
Gerade nochmal gut gegangen. Also hier ist die Abteilung Z, für den Bereich Zukunftsvisionen, -oder wie ich es nennen würde: zerrüttete, gescheiterte Projekte. Bei den Abteilungen F wie Freedom, der Zeitschrift aus Julianas Königreich, P wie Portale und V wie viele Welten, wie der KED es genannt hätte, bin ich bisher nicht fündig geworden. Jetzt blieb nur noch Z übrig. Es war wirklich überaus erstaunlich, wie viele Texte es hier gab. Über altertümliche Dokumente, Verträge und Co., bis hin zu speziellen Einzelexemplaren, (gestohlene bzw.) aus politischen Gründen beschlagnahmte Schriften  und verschwörungstheoretischen Aufsätzen war definitiv alles dabei. Wenn in der ZGB nichts über Portale zu finden war, dann handelte es sich bei den Gerüchten, die Tarik gehört hatte tatsächlich nur um Gerüchte und wir müssen von vorne anfangen. "Also schön.", ich ging bis zum Ende des Flures und begann Buch für Buch durchzugehen.

*Juliana*

"Er ist immer noch nicht zurück.", unruhig stapfte ich umher, während Tarik uns eine Dosensuppe aufwährmte. Ich hatte ihn am Kochen hindern wollen, aber meine Bemühungen waren um sonst. Also musste ich mich mit Tariks-KED kochkünsten begnügen. Eine Dosensuppe würde ja wohl auch er hinkriegen... oder? Der arme Kartoffel-Gemüseeintopf.
Unterdessen sorgte ich mich um Cal. Was, wenn er geschnappt wurde?
"Ihm gehts bestimmt prima. Ich ziehe gleich nochmal los, wegen des Laiserpointers, der auf die Kupferplatte scheinen muss, um den Partikelfluss zu ermöglichen... ", blablabla, Laiserpointer sind illegal und Tarik hatte sich für nacher mit einem Händler verabredet, doch ich hörte ihm nur halbherzig zu. Erst heute morgen, kaum zu glauben, dass es so wahnsinnig kurz her ist, hatte ich Cal wiedergefunden. Jetzt wollte ich ihn nicht schon wieder verlieren. Das geht doch nicht!
Tarik, ganz der KED Agent, so wie ich ihn kannte, ließ sich von mir nicht aus der Ruhe bringen. Ungerührt schaute er zwischen der  Küchenuhr und dem Topf auf dem Herdhin und her, als könne er so den Inhalt schneller zum Kochen bringen. So langsam verlor ich die Geduld mit ihm.
"Aus dem Weg!", herrschte ich ihn an und stribitzte ihm den Holzlöffel aus der Hand. Ich schubste Tarik beiseite und machte mich daran den Eintopf umzurühren, damit er nicht anbrennt.
Tarik lehnte sich derweil an den Kühlschrank und verschränkte gespielt beleidigt die Arme vor der Brust.

"Es ist außerordentlich schön, zu sehen, dass ihr die Bude noch nicht auseinander genommen habt. Und vor allem dass die Feuerwehr noch nicht anrücken musste.", Callum stürzte in die Wohnung. Bei seinem Anblick schlug mein Herz gleich ein wenig höher.
"Noch schöner wär's, wenn du uns sagst ob du was nützliches heraus finden konntest.", entgegnete Tarik kühl, während ich erleichtert war, zu sehen, dass Cal wohlauf war.
"Dazu wollte ich gerade kommen... ich glaube, dass dürfte euch gefallen...", Cal präsentierte uns mehrere ineinender zerknüllte Blätter. Ein paar segelten zu Boden, als er die restlichen aus seiner Jackentasche zog. Tarik sammelte eines davon auf und faltete es auseinander.
"Holla!"
"Allerdings!", Callums Augen leuchteten begeistert, "und nicht nur das - ich weiß auch, wo wir unser Schätzchen finden werden!"
Ich wies die Jungs darauf hin, dass wir zuerst essen sollten, aber Tarik war bereits im Begriff die Wohnung zu verlassen, um sich mit seinem Kontaktmann zu treffen. Also aßen Call und ich zusammen und ich berichtete ihm von Taiga und kaum war das erledigt tauchte Tarik auch schon wieder auf. Wir blieben für den Rest des Tages, denn es hatte keinen Sinn Abends noch einen Einbruch zu wagen, wenn dieser nicht ausreichend geplant war. Nicht, wenn so vieles dabei auf dem Spiel stand. 

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