12

Mit einem dumpfen Schlag fiel die Schleuse hinter uns zu.
"Das war knapp.", kommentierte der Prinz atemlos.
"Schnell weg hier.", erwiderte ich und zog Cal weiterhin gnadenlos hinter mir her. Weiter Richtung Stadt, weg von der Grenze.

"Wo war noch gleich deine Wohnung?", fragte ich nach einer Weile. Die Grenze war nun endgültig außer Sicht und wir damit vorerst in Sicherheit. Callum versteckte sich hinter der Kaputze seiner einfachen Regenjacke und einem Prospekt, das von Weitem wie ein Touristenführer wirkte. Besser so.
Wir hatten uns hinter einer verlassenen Straßenecke behelfsmäßig umgezogen, in der Hoffnung mit unserer Verkleidung nicht enttarnt zu werden. Ich konnte mich hier frei zeigen. Aber bei Callum sah die Sache aus gegebenen Gründen etwas schwieriger aus. Darum trug er jetzt viel lockerere Kleidung, die verbarg, wer er in Wirklichkeit war. Auch ich trug nun ein anderes Shirt und eine ähnliche Windjacke. Zum Glück gut gefüttert, denn es war mittlerweile schweinekalt geworden. Auf meinem besagten Pulli stand riesig: I ♡ Fruit Gums. Als Callum das Ding im Laden entdeckte, hatte er mich quasi gezwungen es zu nehmen. Jetzt hatte ich den Salat! Oder eher den Süßkram. Vorhin wollte ich es dann hinter diversen anderen Stofflagen verbergen, aber Callum hatte bloß gesagt:
"Du solltest es so tragen, passt zu dir. Außerdem muss ich dich sonst leider vor das nächste Taxi schubsen.", dieses eine mal kaufte ich ihm die Drohung sogar ab. Er freute sich viel zu sehr darüber, dass ich mich in Grund und Boden schämte. In dieser Hinsicht waren er und Juliana sich ziemlich ähnlich, beide liebten es mich zu ärgern. Unwillkürlich musste ich mich fragen, ob Sasha und ich uns auch in irgendwas ähnelten. Wahrscheinlich. So gut wie sie mich Verstand musste es etwas geben, dass uns verbindet. Abgesehen von der Tatsache, dass wir andauernd durch Welten reisten und dabei Kopf und Kragen riskierten. Vielleicht wird uns sogar heraus zu finden, welche Gemeinsamkeiten wir haben, und welche Unterschiede dafür sorgen, dass wir uns ergänzen, wie... So poetisch veranlagt war ich dann doch nicht, als dass ich einen passenden Vergleich hätte finden können. Tatsache ist aber, dass Sasha einfach die Beste ist und ich ihr in jede Welt folgen würde, komme was da wolle.

Nun überließ ich Callum den Vortritt und folgte ihm durch seine Heimat, in der ich noch nie zuvor gewesen war.
Die Häuser wirkten alle viel moderner, als die Herrenhäuser und Schlösser, die ich von zuhause kannte. Ein vollverglastes Bürogebäude reihte sich an das Nächste. Sie schienen weit in den Himmel hinauf zu ragen. Ich hätte nie ahnen können, wie beeindruckend dieser Anblick sein könnte. Es musste Atemberaubend sein, dort oben an einem der Fenster zu stehen, und den Aurora Borealis (Polarlichtern) so nah zu sein, die selbst die vielen leuchteten Werbetafeln übertrafen. Natürliches Licht ist mit gefälschtem kaum zu vergleichen. Dann jedoch fiel mir ein, dass man diese Lichter hier gar nicht richtig würde sehen können, bei all dem künstlichen Licht. Selbst Nachts dürfte es hier niemals richtig dunkel werden. Allein das Licht, das von den Zimmern der Büros nach außen drängen würde, würden die Sterne und jegliche andere Himmelskörper, wie riesige Stehlampen, überstrahlen. Von den Leuchttafeln ganz zu schweigen. Zu Schade. Enttäuscht von dieser Erkenntnis ging ich neben Callum durch die Straßen seiner Heimat.
"Keine Sorge, es ist nicht mehr weit."

"Das ist deine Wohnung?", mich überraschte der Minimalismus auf den ich stieß. Ich hatte ehrlich gesagt etwas luxoriöseres erwartet. Aber nicht diese schlichte Bescheidenheit. Nichts desto Trotz wirkte diese riesige Wohnung im 21. und 22. Stockwerk, einer wohlhabenden Wohngegend, edel und gehörte definitiv einem Prinzen und keinem Autonormalverbraucher. Dennoch musste ich zugeben, dass ich bei Cal etwas anderes erwartet hatte.
"Nett.", so meinte ich es auch.
Callum zuckte mit den Schultern,
"Könnte gemütlicher sein, aber es ist halt leider kein lockeres Strandhaus."
So viel dazu.
"Wir sollten noch überlegen, wie genau wir morgen vorgehen werden.", meinte ich und ging zu der Tafel, denn anders konnte man den langen schwarzen Glastisch nicht nennen, der den offenen Raum dominierte. Ich zog einen der durchsichtigen Stühle vor und ließ mich darauf nieder. Hätte wirklich bequemer sein können, aber ich war auch schlimmeres gewöhnt. Call holte uns zwei Gläser und Schorle, bevor er seine Zeichnungen ausbreitete und seinen Plan zu erklären begann.

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