Kapitel 34
Veränderungen III
In den nächsten Tagen bemühte er sich sehr um sie, war aufmerksam, liebevoll wie früher.
Kathi atmete auf.
Sie hatten die Kurve gekriegt!
Sie fuhren mit Philip ins Grüne, saßen lange an der Donau, ließen sich das Picknick schmecken, das Kevin besorgt hatte. Sie gingen ins Kino, zum Tanzen, auf ein Konzert einer Band, die sie gerne mochte.
Alles schien wieder gut zu sein.
Doch sie ahnten nichts von dem großen Knall, der kurz bevor stand.
Was Kevin immer mehr beunruhigte, war die Tatsache, dass die Sorgerechtsfrage noch immer nicht endgültig geklärt war. Er hatte schon fünfmal ein Gespräch mit der zuständigen Richterin geführt, die ihn auf Herz und Nieren geprüft hatte. Ein paarmal war sie auch in Alberts Wohnung aufgetaucht, um die Lebensumstände Philips zu überprüfen.
Frau Bronner verstand auch nicht, warum das dieses Mal so lange dauerte.
Aber sie hatte einen Verdacht. Mary schien sich querzustellen! Und die Richterin war eben sehr überzeugt davon, dass ein Kind zur Mutter gehörte. Die ehemalige Lebensgefährtin ihres Schützlings schien irgendwie zu Geld gekommen zu sein, hatte abgenommen, kleidete sich ansehnlich.
Auch Peter Baumann bestätigte ihr das alles. „Sie spielt die perfekte Mutter, zerdrückt ein paar Krokodilstränen, zieht eine Show ab, dass sie ihren Jungen so sehr vermisst! Auch Selina scheint geimpft zu sein, dass sie sich nicht mehr so abfällig über Philip und Kevin äußert!"
Paula hatte große Angst, dass das Ganze schieflaufen könnte, wollte aber Kevin nicht verunsichern.
Dann gab es endlich einen Termin für die Schlussverhandlung: Donnerstag, 8.30!
Sie hatten ausgemacht, dass Kevin und Philip in der Nacht bei Kathi bleiben würden. Da konnten sie zu Fuß zum Gericht laufen.
Kevin steigerte sich am Tag vorher in eine regelrechte Panik! Wenn das schief ginge, wenn er Philip verlieren würde, wenn der Junge in das alte Milieu zurückmusste, weil eine verbohrte Richterin so entschied, sie würden das beide nicht überleben.
Nach der Vorlesung und dem anschließenden Seminar war er nur noch ein Nervenbündel.
Josie, die in den letzten Tagen ihre Felle wieder davonschwimmen gesehen hatte, legte den Arm um ihren Schwarm. „Was ist denn mit dir los?" fragte sie gespielt mitfühlend.
„Morgen ist die Verhandlung wegen des Sorgerechtes. Ich bin fix und alle vor Angst!" stieß er hervor.
Und ich muss jetzt ganz schnell zu Kathi und Philip! dachte er.
Josie sah ihn lächelnd an. „Das geht schon gut aus! Du bist ein so toller Vater!" sülzte sie.
Woher will sie denn das wissen? dachte er.
Sie hielt ihm eine Flasche hin. Er dachte daran, wie es letztes Mal ausgegangen war, als er getrunken hatte, wollte ablehnen. Allerdings könnte er einen kleinen Schluck zur Nervenberuhigung schon brauchen.
Dann musste er aber ganz schnell zu Kathi und Philip!
Es wurde mehr als ein Schluck, wieviel, wusste er am Ende nicht mehr. Als sie ihm einen Joint gab, weil der die Sorgen noch mehr verkleinern konnte, zog er dümmlich grinsend, hustete, zog noch einmal.
Von da an wusste er nichts mehr, in diesem Moment riss der Film.
Kathi machte sich zuerst wenig Sorgen, als Kevin sich verspätete. Es kam schon mal vor, dass ein Seminar länger dauerte. Sie machte Essen für sich und Philip, die Mikrowelle konnte sie mittlerweile schon ganz gut bedienen.
Sie ließ den Kleinen noch einen Stunde an den Computer. Um acht versuchte sie, Kevin zum ersten Mal zu erreichen.
Nur die Mailbox sprang an.
„Hallo, wir warten auf dich! Rufst du bitte zurück?"
Um neun sandte sie die nächste Nachricht: „Was ist los? Ich mache mir langsam Sorgen!"
Philip schlief mittlerweile, ihr Magen war ein einziger Knoten.
Um zehn wurde sie etwas unfreundlicher: „Bau keinen Mist, Berger! Morgen ist ein verdammt wichtiger Tag!"
Um elf war sie ein einziges Nervenbündel. „Kevin! Verdammt noch mal! Es geht um Philips Zukunft!"
Um zwölf verstand sie die Welt nicht mehr. Er wusste doch, was von dieser Verhandlung abhing!
Das konnte doch jetzt nicht wahr sein. Sie versuchte es noch einmal: „Ich hoffe, du hast eine gute Entschuldigung für dein Benehmen!"
Danach fiel sie in einen nervösen Schlaf, schlimmste Albträume suchten sie heim.
Um sieben weckte Philip sie auf. Der Kleine hatte schon geduscht und sich angezogen.
„Wo ist Papa?" fragte er ängstlich.
„Der wird gleich zum Gericht kommen!" versuchte sie ihn zu beruhigen.
Das war die einzige Chance, die sie noch sah, dass Kevin dort auf sie wartete.
Sie versuchte noch einmal, ihn zu erreichen. Endlich wurde das Gespräch angenommen, ein Stein fiel ihr vom Herzen, um gleich danach als Fels zurückzurollen.
„Josie, Apparat Kevin Berger?" hörte sie.
Sie atmete kurz durch. Sie musste Ruhe bewahren, zu viel hing davon ab!
„Ich muss dringend Kevin sprechen!" zwang sie sich zu sagen.
Die Göre lachte. „Ich weiß nicht, ob ich ihn wach bekomme. Zu viel Alkohol, zu viel Dope, zu viel heißer Sex! Verstehst du?"
Kathi hatte Angst umzukippen. „Bitte Josie, weck ihn auf! Schick ihn zum Gericht! Das ist keine Sache zwischen uns, da geht es um seinen Sohn! Und das würde er dir nie verzeihen!"
Josie legte auf, sah den schlafenden hübschen Mann in ihrem Bett eine Weile an. Es war wieder nichts geschehen, sie hatte ihn wieder nicht rumgekriegt, aber nur weil er zu stoned gewesen war. Er war eben an den guten Stoff nicht gewöhnt.
Aber er musste ja nicht wissen, dass nichts passiert war. Doch wenn sie die Sache mit seinem Sohn vermasselte, wären ihre Chancen sicher gleich Null. Da hatte die Alte schon recht!
Also schüttelte sie Kevin. „Du musste aufstehen, Liebling! Du musst zum Gericht!"
Kevin grunzte. Liebling! Kathi nannte ihn doch nie „Liebling"!
Und warum sollte er denn zum Gericht?
Von einer Sekunde zur anderen war er glockenwach. Das war nicht Kathi! Wo war er?
Philip! Der Termin! Ihm wurde todschlecht, er hatte Angst, kotzen zu müssen.
„Wie spät ist es?" brüllte er.
„Kurz vor halb acht! Jetzt mach! Deine Alte hat schon in Dauerschleife angerufen!" ätzte sie.
„Kathi? Bist du rangegangen?" Sein Magen zog sich noch mehr zusammen. Er schlüpfte schnell in seine zerknitterten Klamotten, die im ganzen Zimmer verstreut lagen, zum Duschen blieb keine Zeit. Er fuhr sich mit den Händen durch die Haare, um etwas wie eine Frisur hinzubekommen.
„Klar! Hab ihr gesagt, dass du nach dem heißen Sex heute Nacht völlig ausgepowert bist!" erklärte sie seelenruhig.
Kevins Herz setzte ein paar Schläge lang aus, dann begriff er, was dieses Mistvieh ihm eben eröffnet hatte.
Aus! Es war vorbei! Er würde Kathi verlieren!
Aber er musste wenigstens um seinen Sohn kämpfen.
„Ruf mir ein Taxi!" bat er äußerlich ganz ruhig.
Er sah auf die Uhr. Die Zeit raste nur so dahin. Er würde in den Berufsverkehr geraten, er würde es nie pünktlich schaffen.
Josie machte, was er gesagt hatte. Sie spürte, dass sie entschieden zu weit gegangen war. Aber mit der Sorglosigkeit der Jugend nahm sie es auch nicht zu schwer. Wenn sie ihn nicht bekam, würde sie eben Max nehmen!
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