7| Ein Platz in dieser Welt
Zwei Jahre zuvor
Erenn hatte sich bisher stehts auf sein Glück verlassen können.
Mit Glück hatte er es damals lebend nach Konoha geschafft.
Mit Glück hatte er die Abschlussprüfung bestanden.
Mit Glück hatte er so nette Teamkameraden gefunden, denen er auch gerne Blind vertraut hatte.
Doch nun ereignete es sich so, dass eben jenes Glück ihn verließ.
Seine Kameraden und er hatten einen Auftrag angenommen, nicht wissend, in welche Schwierigkeiten dieser sie noch führen würde. Auch sein Sensei hatte keinen Verdacht geschöpft.
Dieser blinde Gutglaube, forderte schließlich seinen Tribut und hatte nun einem seiner Teamkollegen das Leben gekostet.
Er selbst, lag verwundet am Boden, bekam nur noch Fetzen des Geschehens mit.
Wie es um seinen Sensei oder seinen verbliebenen Kameraden -einen brünetten Hyuuga mit einer Zahnspange- stand, wusste er nicht.
Letzterer hatte die Gefahr als Sensor Ninja am schnellsten bemerkt und als er erkannte, dass es trotz seiner Warnung bereits zu spät war, begonnen bitterlich zu weinen. Nicht, weil er Angst um sich selbst hatte, sondern, weil der Rest seines Teams ihm dermaßen am Herzen lag, dass er sich nicht vorstellen wollte auch nur einen von ihnen zu verlieren.
Dennoch hatte es Kumo, den immer gut gelaunten Brillenträger, erwischt. Selbst als er im Sterben lag, hatte er noch versucht die Stimmung seiner Trauernden Kameraden zu heben.
„Scheint so, als würde ich dem Sprichwort 'Ich bin nicht mehr ganz Dicht' eine ganz neue Bedeutung geben.", hatte er gesagt. Damit meinte er die vielen Kunai's, die in seinem Rücken und in seiner Brust steckten und ihm die Luft zum Atmen nahmen.
Erenn hatte ihn immer für seltsam empfunden. Nicht im schlechten Sinne! Er war einfach anders als die Anderen, trug Pullover im Hochsommer und hatte während seiner Akademiezeit immer eine Reisetasche dabei. Warum, wusste keiner so richtig, genauso wenig, wie den Grund, warum er denn eigentlich Shinobi werden wollte.
Er war Tollpatschig, aber seine Kochkünste waren unangefochten. Ständig verglich er die Missionen mit einem Rezept, welches er mal ausprobieren wollte.
Auf die Frage, was das denn nun mit der Situation zu tun hatte, sagte er stets: „Kochen, ist wie die Missionen eines Ninja, nur nicht so aufregend!"
Auch sein Sensei war eine Klasse für sich. Anstatt mit gutem Beispiel voran zu gehen, machte er bei jedem Blödsinn mit, der ihm vorgeschlagen wurde. Er war impulsiv, laut und erinnerte in vielen seiner Handlungen an ein Kind.
Vielleicht war das ja auch der Grund, wieso er als ANBU abgelehnt worden war.
Eine solche Person, hatte in einer Spezialeinheit aus Attentätern nun wirklich nichts zu suchen.
Das hieß aber nicht, dass er als Lehrmeister schlecht war. Nein, das war er gewiss nicht. Er war vielleicht nicht so stark, wie viele andere seines Ranges, aber sein Ideenreichtum und die Kreativität, die manchmal schon lächerlich dämliche Aktionen nach sich zog, machten dies wieder wett. Seine Handlungen waren schlichtweg nicht nachvollziehbar. Er war ein Buch mit sieben Siegeln, dass man unmöglich lesen konnte, egal wie gut die Menschenkenntnisse auch waren.
Und letzten Endes war da noch Yuki, der einzige Sensor der Gruppe. Wie viele Hyuga, war auch er Braunhaarig. Doch war er sehr klein, wirkte auf Distanz von der Statur her, wie ein Mädchen und sein Schlucken, während er trank, hörte man über eine gewisse Distanz von mehreren Metern. Es kam nicht selten vor, dass er nachfragte, wie man denn leise schluckte und immer wieder, fand er Personen, die sich ihm in dieser Sache anschlossen, weil sie das selbe Problem hatten.
Yuki lachte nicht gerne, weil er sich für seine schiefen Zähne und die Spange geschämt hatte. Wenn er es tat, dann versuchte er es, hinter seiner Hand zu verstecken.
Er war der Aufmerksamste der Gruppe gewesen, hatte aber trotz seines großen Verantwortungsbewusstseins, einen ziemlich guten Sinn für Humor, auch wenn er ihn selten zeigte. Er würde es zwar nie zugeben, aber Erenn wusste, dass er froh war, in diesem Team gelandet zu sein.
Ein trauriges Lächeln erschien auf seinen Lippen, als er an sein Team zurückdachte. Irgendwie, war es ja doch nur eine Art der Ablenkung, die diesen langatmigen Prozess des Sterbens beschleunigen sollte.
Er war wortwörtlich an den Boden genagelt worden, konnte sich nicht einmal selbst den Prozess verkürzen und würde ihm nicht bald jemand zur Hilfe eilen, müsste er sich noch selbst die Zunge heraus beißen, um keine Informationen über seine Heimat preis zu geben.
Ergeben schloss er die Augen. Vielleicht würden sie ihn in Ruhe lassen, wenn er sich tot stellte? Dann könnte er auf einen möglichen Leichenbergungstrupp aus Konoha warten und würde vielleicht doch noch heile aus der Sache heraus kommen.
Sofort als er diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, verfluchte er sich selbst dafür. Kumo war tot! Yuki hatte zum ersten Mal, seitdem er ihn kannte, geweint und sein Sensei war so ernst wie nie gewesen.
Selbst wenn er es Lebend hier raus schaffen würde, würde es niemals wieder so sein, wie es vor dieser Mission gewesen war.
Laute Schreie unmittelbar in seiner Nähe, rissen ihn aus seinen Gedanken. Hatten sein Sensei und Yuki bereits einen Trupp geholt? Waren sie unterwegs einem aus Konoha begegnet?
Um sein Bewusstsein kämpfend, schlug er seine Augen auf.
Das erste, was er sah, war ein brauner Mantel, der im Wind wehte und sehr langes, dunkles Haar.
„Fresst das, ihr Bastarde!", schrie eine weibliche Person, deren kratzige Stimme er nicht kannte. Natürlich kannte er nicht jeden Einwohner Konoha's, aber er hatte zumindest gehofft, dass jemand Bekanntes ihn retten würde.
Sie schwang ein gewaltiges Schwert, welches er, bei seiner leicht verschwommenen Sicht, beinahe mit einem Käsemesser verwechselt hätte. Einem übergroßen Käsemesser. Es war beinahe so groß, wie die Frau selbst, sodass sie es förmlich um die eigene Achse schleuderte.
Erenn konnte kein durchdachtes Muster aus ihren Bewegungen heraussehen, viel mehr schien es so, als würde sie alles kurz und klein schlagen, was ihr in den Weg kam. In diesem Fall, die Shinobi's, die den Hinterhalt auf sein Team geplant hatten.
„Hallo! Kennt hier irgendwer einen... äh... einen kurzen Moment bitte.", sie kramte in ihrer Kunaitasche herum, bis sie einen Zettel herauszog: „Einen gewissen Kazuto Muro, kennt den irgendwer?"
Nebenbei wehrte sie immer mal wieder Angriffe mit ihrem Schwert ab. Sie schien nicht einmal wirklich ins Schwitzen zu kommen, steckte den Zettel aber dennoch schnell wieder weg.
Mit einer Hand, zog sie einen der besiegten am Haarschopf auf Augenhöhe: „Kennst du einen Kazuto Muro?"
Der Mann spuckte ihr ins Gesicht.
„Nicht gerade die feine Art.", brummte sie daraufhin bloß schlecht gelaunt und rammte besagten Mann wieder brutal in den Boden.
Anscheinend hatte sie die gesuchte Person gefunden, denn sie klatschte kurz mit der freien Hand auf ihr Handgelenk, beendete schnell jegliche anderen Kämpfe und sprang auf einen bestimmten Ninja zu.
„Kazuto Muro! Dass du nicht antwortest, wenn nach dir ruft. Unhöflich.
Auf deinen Kopf ist im Untergrund ein Sümmchen ausgesetzt und mein Auftraggeber freut sich, dich wiederzusehen!"
Dass sie in ihren Aussagen, sprachliche Fehler machte, schien sie nicht zu bemerken.
„Bleib weg, Donnerbestie!", fast schon panisch, wich der Anvisierte zurück, „Wer schickt dich?"
„Spielt das eine Rolle? Wieso soll ich mir Namen, von so vielen Leuten, die Rache nehmen wollen, merken?!", fast schon anklagend, sagte sie das.
„L-Lass mich in Ruhe! Wie viel bietet er dir? Ich... Ich gebe dir eine bessere Bezahlung!", kaum hatte er das gesagt, warf er auch schon einiges an Ninja-Equipment nach ihr.
Seien es nun Shuriken oder Kunai's, dass konnte Erenn nicht mehr wirklich erkennen. Er sah lediglich, wie an mehreren Stellen in der Luft plötzlich Metall glänzte.
Mit einem lockeren Schwenker des Schwertes, veränderte sie die Flugbahn der Wurfmesser und blies auch ihr Ziel von den Beinen, welchem sie auch ohne zu zögern die Klinge an die Kehle hielt.
„Ich bin eine vernünftige Person und muss in meinem Geschäft Prioritäten setzen, wer mir gefährlicher werden könnte, wenn ich ihn verrate.
Außerdem...", ihre Augen leuchteten rot auf, „...hasse ich Schwächlinge wie dich, die das Image eines Shinobi's in den Dreck ziehen."
„D-Diese Augen... Das ist unmöglich! Der Clan wurde massakriert!", schrie er auf einmal.
„Und wenn schon.", knurrte sie nun genervt, „Ich verschwende nicht noch mehr Zeit mit so jemandem wie dir."
Mit einer schnellen Bewegung drückte sie ihm ein Siegel auf und der verängstigte Mann verschwand in einer Schriftrolle.
Donnerbestie. Die Bezeichnung wiederholte sich in Erenns Kopf, wie ein Mantra.
Er hatte Gerüchte gehört. Gerüchte über einen A-Rang-kriminellen Shinobi, der Personen für Geld jagte. Eine Art Rächer, der neben seinen eigenen Zielen, auch anderen beim erreichen ihrer Ziele verhalf. Gegen Bezahlung versteht sich und auf eine eher... brutale Art und Weise.
Ein fast schon lächerlich verrückter Plan nahm in seinem Kopf Gestalt an. Sein Sensei schien ihn in der Sache angesteckt zu haben.
Er wollte die Donnerbestie davon überzeugen ihn zu trainieren, damit so etwas, wie es am heutigen Tag geschehen war, nicht erneut passiert.
Aber was könnte er ihr denn groß als Bezahlung anbieten? Er hatte nicht genug Geld, um einen Kopfgeldjäger zu bezahlen. Einen mit ihrem Ruf, schon gar nicht.
Die Schriftrolle an ihren Gürtel klemmend, stand die Dunkelhaarige auf. Es schien sie nicht zu kümmern, in einem Feld aus Leichen zu stehen. Sie kannte einen solchen Anblick offenbar bereits.
„H-Hey..." , sich über seine eigene, heisere Stimme wundernd, startete Erenn nach einem Räuspern einen erneuten Versuch: „Hey!"
Doch sie schien ihn nicht zu hören.
Er hob eines seiner Beine an und versuchte einen der Steine nach ihr zu treten, was jedoch ebenfalls jämmerlich scheiterte.
Der Kopf der verhältnismäßig großen Frau, drehte sich dennoch zu ihm. Kurz schien sie bei seinem Anblick zu erstarren, eilte dann jedoch auf ihn zu, um die Messer aus seinen Armen zu ziehen.
„Danke.", murmelte Erenn, immer noch nach einer überzeugenden Argumentation suchend, als sie sich vor ihm wieder erhob und sich zum gehen wandte.
„Pass demnächst besser auf, Kleiner.", meinte er sie noch sagen zu hören, als sie sich auch schon zügigen Schrittes von dannen machte.
»Was soll ich nur sagen? Gleich ist es zu spät! Verflucht!«
„Warte! Bitte nimm mich mit!", er versuchte sich mit Mühe zu erheben, was jedoch nur bedingt funktionierte.
„Du bist mir nicht von nutzen.", war die knappe Antwort der Donnerbestie, die nicht einmal stehen geblieben war.
„Du bist noch ein Kind."
Kurz wusste er nicht, was er machen sollte, so war sie doch seine letzte Hoffnung, sich auf schnellem Wege zu verbessern:
„Bitte!"
Verzweifelt aktivierte er sein Kekkei Genkai. Blut lief aus seinen Augen, als er dafür sorgte, dass die Frau sich nicht weiter entfernen konnte. Er kontrollierte das Blut in ihren Beinen.
„Ich ertrage dieses Sinnlose töten nicht mehr! Ich möchte doch nur meinen Platz in dieser Welt finden! Bitte trainiere mich! Mache mich stark genug, um meine Kameraden beschützen zu können!"
•••
Die Verzweiflung des Jungen, erinnerte Kasumi an ihr jüngeres Ich. Damals, als sie noch als Kind in den Krieg geschickt worden war. Damals als zwei Kriminelle die einzigen waren, die ihr nach dem Massaker eine Bleibe geben wollten.
Seine letzte Aussage, jemanden beschützen zu wollen wiederum, ließ vor ihrem inneren Auge ein Bild von Haku erscheinen.
Ja, der Junge erinnerte sie, an ihren verstorbenen Freund, der ihr beinahe schon wie ein Bruder gesinnt war.
Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als Bilder an ihren Augen vorbeizogen.
Seufzend schüttelte sie den Kopf.
Sie war wieder Herr über ihre Glieder.
„Mach doch, was du willst.", bemüht gleichgültig, setzte sie sich wieder in Bewegung, tastete mit ihrer Fähigkeit die Umgebung ab, um seine Antwort, von seinen Lippen ablesen zu können.
Ein breites Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als er seine oberflächlichen Wunden schnell verheilen ließ und ihr mit vorfreudigem Blick folgte.
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