36: Zwischen Stolz und Verlangen
In ihrem Zimmer wartete Idaia auf Denathrius. Die schweren, samtigen Vorhänge verschluckten das gedämpfte Licht der Fackeln, das nur schemenhaft die Umrisse des Raumes erhellte. Der Raum, einst ihr sicherer Rückzugsort, war nun kühl und still, doch die Stille lastete auf ihr wie eine unsichtbare Hand, die ihr die Luft abschnürte. Jeder Atemzug schien ein Kampf gegen die erdrückende Einsamkeit zu sein. Idaia hatte sich entschlossen, Denathrius endlich die Meinung zu sagen – ihm mit ihrem Zorn entgegenzutreten. Doch nun, in der bedrückenden Stille dieses Raumes, fühlte sie, wie ihr Entschluss mit jeder verstreichenden Sekunde ins Wanken geriet.
Jedes leise Knarren des Bodens unter ihren ruhelosen Schritten ließ sie zusammenzucken. Sie versuchte, die Flut an Gedanken in ihrem Kopf zu bändigen, doch die Zweifel nagten an ihr. Was, wenn er nicht so reagiert, wie ich es mir erhoffe? Was, wenn er mich nur noch weiter demütigt?Ihr Magen verkrampfte sich, und der bittere Geschmack der Unsicherheit kroch ihre Kehle hinauf.
Die Tür öffnete sich mit einem leisen Knarren, und Denathrius trat ein. Er schien die Atmosphäre des Raumes sofort zu verändern, als wäre er ein dunkler Sturm, der die Luft mit seiner Präsenz auflädt. Idaia spürte, wie sich die Temperatur änderte, als ob die Schatten selbst dichter geworden wären, schwerer, und die Fackeln zu flackern begannen. „Ich habe darauf gewartet, dass du mich sehen willst", sagte er mit einem Ton, der wie Samt über ihre Haut strich. Seine Stimme allein brachte ihre Entschlossenheit ins Wanken. Für einen Moment stand die Welt still – gefangen im Bann seiner kühlen Eleganz und Macht.
Seine Augen durchbohrten sie, und ein Schauer lief ihr den Rücken hinunter. Warum zieht er mich so an? Sie hasste sich für diesen Gedanken, für das Zögern, das sie in seiner Nähe überkam. Was rede ich da? Ihre Wut flackerte auf, doch sie spürte, wie sie zugleich in den Strudel seines Wesens gesogen wurde. Ihre Worte schienen in der Luft zu verhallen, ungehört und schwach. „Ich bin nicht hier, um dir zu gefallen", stieß sie schließlich hervor, doch ihre Stimme zitterte. Ihre Knie fühlten sich schwach an, als ob sie jeden Moment nachgeben könnten.
„Oh, aber du tust es doch", sagte er leise, während er sich von der Tür löste und auf sie zutrat. Das süffisante Lächeln auf seinen Lippen war eine Mischung aus Verachtung und einer unausgesprochenen Einladung, die sie zutiefst beunruhigte. „Du könntest so viel mehr sein, Idaia. Du musst nur den ersten Schritt machen."
Ein Feuer der Wut loderte in ihrem Inneren auf, heiß und unkontrollierbar. „Ich will nicht in deinem Schatten leben!" Ihre Stimme schallte durch den Raum und ließ ihn widerhallen, als ob die Mauern ihre Wut selbst spüren könnten. Ihre Hände zitterten, und sie spürte, wie ihr Herz gegen ihre Brust hämmerte. Doch ich habe Angst vor dem Licht, das du ausstrahlst, dachte sie, denn ich habe mein eigenes Licht längst verloren.
Denathrius schien ihre Worte nicht zu beeindrucken. Mit einem langsamen Schritt trat er näher, und die Luft zwischen ihnen begann zu knistern, als wäre ein Gewitter im Anzug. „Wirst du mir wirklich die Wahrheit sagen, oder ist das nur dein Stolz, der spricht?" Seine Stimme war jetzt kaum mehr als ein Flüstern, doch die Intensität in seinen Augen verriet, dass er jedes Wort mit voller Absicht wählte. „Akzeptiere deinen Wunsch nach Freiheit. Du weißt, dass du es willst."
Seine Worte waren wie Gift, das sich langsam in ihre Gedanken fraß. Idaia fühlte sich, als wäre sie gefangen, wie ein Tier in der Falle, zerrissen zwischen dem Drang, zu fliehen, und der verlockenden Versuchung, sich ihm zu ergeben. Ihr Herz raste, als er näher kam, und sie spürte, wie die Luft um sie herum dünner wurde. Was bleibt mir noch? fragte sie sich verzweifelt, und der Gedanke allein ließ sie erzittern.
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