35: Gefangen im Glanz der Täuschung



Die große Halle war in ein faszinierendes Spiel aus Licht und Schatten getaucht, als Idaia an der Seite der anderen Höflinge stand. Der Raum pulsierte mit der Energie eines weiteren opulenten Balls, während das Lachen und das Klirren von Gläsern die Luft erfüllten. Der sanfte Duft von teuren Parfums und blühenden Rosen lag in der Luft, mischte sich jedoch unmerklich mit einer Schwere, einer kaum wahrnehmbaren Anspannung, welche die Atmosphäre durchzog wie ein schleichender Schatten. Kandelaber hingen von der Decke und warfen ein warmes, goldenes Licht, das mit den dunklen Ecken des Raumes kämpfte, wo Geheimnisse und unerwünschte Gedanken lauerten.

Doch trotz des festlichen Glanzes konnte Idaia das Gespräch mit Inerva nicht abschütteln. Die höhnischen Worte hallten in ihrem Geist wider, nagten an ihrer Fassade. Sie spürte die Unruhe tief in ihrem Inneren – wie ein Feuer, das nicht erlöschen wollte. Ist es der Funken Hoffnung in dir, der einfach nicht sterben will? Inervas Frage, so provokant und erbarmungslos, hatte sie mehr erschüttert, als sie sich eingestehen wollte. Die Kristalle der Kronleuchter funkelten über ihr wie Sterne, doch selbst dieser Glanz vermochte nicht, die Dunkelheit in ihr zu vertreiben, die nun noch tiefer und greifbarer schien.

Die Wände waren mit schweren, samtigen Vorhängen geschmückt, die die Atmosphäre von Dekadenz und Verfall widerspiegelten, und die edlen Gäste bewegten sich elegant über den glänzenden Boden, als ob sieden Schmerz der Vergangenheit einfach hinter sich lassen könnten. Doch jeder Schritt, jeder Tanzschritt klang für Idaia wie ein unaufhörliches Pochen, das die Stille in ihr widerhallte.

Während um sie herum das Leben in vollen Zügen gefeiert wurde, fühlte sie sich wie eine stille Beobachterin, gefangen in einem Käfig aus eigenen Gedanken und Ängsten. Die Stimmen der Höflinge verschwammen zu einem fernen, bedeutungslosen Gemurmel, das sie nur am Rande wahrnahm. Ihr Blick wanderte immer wieder zu Denathrius, der am anderen Ende der Halle stand, umgeben von seinen Untergebenen. Sein Schatten war länger als der Rest der Menge, als ob er die Dunkelheit um sich herum ansog und sie in etwas Machtvolles verwandelte. Er sprach mit einer Autorität und Leichtigkeit, die alle um ihn herum in seinen Bann zog. Idaia fragte sich, ob irgendjemand in diesem Raum ihm je widerstanden hatte – oder ob sie alle, wie sie selbst, von seiner Aura verführt wurden, bevor sie es überhaupt bemerkten.

Sein Lächeln war charmant und geheimnisvoll, wie ein Geheimnis, das nur er kannte. Als sich ihre Blicke trafen, fühlte sie das vertraute Brennen in ihrem Inneren – ein Gefühl, das zugleich verlockend und beängstigend war. Ihr Herz setzte für einen Moment aus, gefangen zwischen der Hitze seines Blickes und der Kälte, die von den Wänden des Raumes ausging. In diesem Moment überkam sie ein stechender Schmerz in der Brust, als sie an das Gespräch mit Lady Inerva zurückdachte. Die Worte der Lady hallten in ihrem Kopf wider: „Was ist so besonders an dir?"Jede Silbe war wie ein spitzer Dorn, der tiefer in ihr Bewusstsein drang, bis es nichts mehr gab als Zweifel. Dieser Gedanke nagte an ihr und ließ ihre Unsicherheit wachsen.

„Du siehst wunderschön aus, Idaia", murmelte Denathrius, als er sich durch die sich teilende Menge zu ihr bewegte. Seine Stimme war ein verführerisches Flüstern, das in ihren Ohren wie Musik klang und ihr Herz gefährlich schnell schlagen ließ. Sie spürte den Sog seiner Worte tief in ihrem Inneren, als ob er die Fäden ihres Herzens fest in seinen Händen hielt. In der Verbindung mit seinen Augen fühlte sie sich für einen Moment wie die einzige Person im Raum, doch dieser Gedanke wurde sofort von einem anderen verdrängt. Warum sollte er sich für mich interessieren? Der Gedanke an seine Macht über sie, die Ketten, die er um ihr Herz gelegt hatte, beschleunigte ihren Puls noch weiter. Sie atmete flach, versuchte, die Kontrolle über die Welle von Emotionen zu behalten, die ihr fast den Boden unter den Füßen wegzog.

„Hast du nicht Lust, mit mir zu tanzen?"

Der Gedanke an einen Tanz ließ ihr eine Gänsehaut über den Rücken laufen. Ein Teil von ihr wollte ihm folgen, die Freiheit und die Kraft des Moments genießen, während ein anderer Teil sie verfluchte. Wie kann ich so etwas wollen?, dachte sie, während sich ein Hass auf sich selbst in ihrem Herzen festsetzte. Jede Faser ihres Wesens schrie, ihm zu widerstehen, doch ihre Hand, ihr Herz, schienen ein eigenes Leben zu führen.

„Ich...", begann sie, doch ihre Worte verloren sich in dem Moment, als er seine Hand ausstreckte und sie sanft berührte. Seine Berührung war wie Feuer auf ihrer Haut, ein Puls, der sie tiefer in die Dunkelheit zog. Ein Schauer durchlief sie, als sie spürte, wie seine Macht sie umhüllte, wie ein warmer Wind, der sie umschlang. Es war sowohl berauschend als auch beängstigend – eine Mischung, die sie nicht mehr ignorieren konnte.

„Warum wehrst du dich noch?" fragte er mit einem herausfordernden Funkeln in den Augen, als ob er jeden ihrer inneren Konflikte durchschauen könnte. „Du genießt es doch genauso wie ich."

Idaias Herz raste, während sie zwischen Verlangen und Abscheu gefangen war. Denathrius war der König der Finsternis, und sie – sie war seine Marionette, verstrickt in seine Fäden, ohne klaren Ausweg. Sie versuchte, ihre Hand zurückzuziehen, doch ihre Finger blieben an seiner wie von unsichtbaren Bändern gefesselt. Zögernd ergriff sie seine Hand, unfähig, dem Sog seiner Macht zu entkommen. Es war, als hätte ihr Körper längst entschieden, auch wenn ihr Geist noch rebellierte.

Als sie näher an ihn herantrat, schien die Halle um sie herum zu verblassen, nur noch ein Nebel aus verschwommenen Schatten und flüchtigem Licht. Mit jedem Atemzug sog sie die Dunkelheit ein, die Denathrius ausstrahlte, und während ein Teil von ihr verzweifelt dagegen ankämpfte, spürte sie, wie ein anderer Teil bereit war, sich dem verlockenden Abgrund hinzugeben.

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