29: Im Griff der Schatten



Es war ein anderer Tag, aber die Dunkelheit, die auf Idaia lastete, war dieselbe. Sie wusste, dass sie kommen musste, als die Wachen sie riefen. Ein Teil von ihr hoffte, dass es dieses Mal anders sein würde, dass er sie vielleicht nicht rufen würde – doch dieser Teil starb schnell, als sie den Thronsaal betrat. Die Kälte des Raums kroch ihr sofort unter die Haut, als wollte sie an die Ereignisse des letzten Mals erinnern.

Denathrius saß reglos auf seinem Thron, ein Schatten in der Ferne, dessen Anwesenheit den Raum erfüllte, obwohl er keinen Laut von sich gab. Alles um ihn herum wirkte bedrohlich still, die steinernen Wände schienen das letzte Mal, als sie hier gewesen war, nicht vergessen zu haben.

Sie zögerte, wollte sich diesem kalten Blick entziehen, doch ein leises Flüstern hallte durch den Saal. „Komm näher." Es war keine Bitte, sondern ein Befehl, der ihren Körper zwang, sich zu bewegen, obwohl ihr Herz raste. Die vertraute Angst kehrte zurück, mischte sich mit der düsteren Erkenntnis, dass sie ihm nicht entkommen konnte. Nicht heute.

Idaia zwang ihre Beine, sich vorwärts zu bewegen, als ihre Knie den kalten Boden berührten und sie sich in der gleichen demütigenden Position wiederfand wie zuvor. Sie spürte seine Augen auf sich, auch wenn sie seinen Blick nicht direkt erwiderte.

„Steh auf," sagte er, kaum mehr als ein Flüstern, aber seine Worte trafen sie mit der Wucht eines Befehls. Eine unsichtbare Macht lag in seiner Stimme, die Idaia zwang, ihrem eigenen Zittern zu trotzen und aufzustehen.

Ihre Glieder fühlten sich schwer an, als hätte sich die Schwere der gesamten Welt auf ihre Schultern gelegt. Die Luft um sie herum war dick und bedrückend, und jeder Schritt, den sie auf ihn zu machte, war ein Kampf gegen die drohende Dunkelheit in ihrem Inneren. Doch ihre Beine bewegten sich, obwohl ihr Geist schrie, stehen zu bleiben, wegzulaufen.

„Du weißt, dass du versagt hast," begann Denathrius, als er von seinem Thron herabstieg. Seine Schritte waren bedächtig, fast genussvoll langsam, als wüsste er genau, wie sehr seine bloße Nähe sie erdrückte. „Wieder einmal."

Seine Worte schnitten durch sie wie ein kaltes Messer, und Idaia spürte, wie sich die Angst in ihrem Magen zusammenzog. Ihr Blick war auf den Boden geheftet, doch sein Schatten, das verzerrte, lebendige Ding, das ihm folgte, kroch bereits an ihren Beinen hinauf und umklammerte sie wie eine eisige Hand.

„Ich... ich habe getan, was du verlangtest," flüsterte sie, ihre Stimme schwach und gebrochen, ein unbedeutender Laut in der weiten Leere des Saals.

Er blieb vor ihr stehen, hob die Hand und legte zwei Finger unter ihr Kinn. Seine Berührung war sanft, und dennoch lag darin eine Gewalt, die Idaia stocken ließ. Er zwang sie, den Blick zu heben, ihm in die Augen zu sehen, in diese tiefen, abgründigen Augen, die nichts als endlose Dunkelheit und Kontrolle versprachen.

„Und doch war es nicht genug." Sein Atem streifte ihre Wange, und Idaia kämpfte gegen das Zittern in ihrem Körper an. „Nichts, was du tust, wird je genug sein."

Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Die Erinnerungen an die wenigen Augenblicke der Freiheit, die sie gekannt hatte, verblassten rasch, weggeschwemmt von der allumfassenden Macht, die Denathrius über sie ausübte. Sein Griff verstärkte sich, und für einen Moment sah sie nichts als sein Gesicht, sein bedrohliches, grausames Lächeln, das sie wie ein Netz umspannte und sie langsam erstickte.

„Ich werde dich formen," sagte er leise, seine Stimme triefend vor falscher Zärtlichkeit, während seine Hand über ihre Wange strich. „Bis nichts mehr von dir übrig bleibt. Bis du verstehst, dass du nicht länger existierst – außer durch mich."

Die Luft um sie herum wurde kälter, und Idaia spürte, wie ihr Atem sich in ihren Lungen verhärtete. Ihr Verstand suchte verzweifelt nach einem Ausweg, einem Funken von Widerstand, doch da war nichts. Alles, was sie spürte, war seine Gegenwart, die wie ein schwarzes Tuch über ihre Gedanken gelegt wurde.

„Was... was willst du von mir?" flüsterte sie, der Klang ihrer eigenen Stimme wie das verzweifelte Flattern eines gefangenen Vogels.

Er trat noch näher, so nah, dass sie die Kälte seiner Macht wie Nadeln auf ihrer Haut spürte. Seine Finger strichen über ihren Hals, über ihre Schulter, hinterließen eine Spur aus eisiger Erregung und Furcht, die sie erbeben ließ. „Ich will dich brechen," sagte er, als wäre es die einfachste Sache der Welt. „Bis nichts mehr von dir übrig ist."

Sie spürte, wie ihre Glieder erstarrten, als seine Hand schließlich an ihrer Hüfte ruhte, und ein Gefühl der Hilflosigkeit überkam sie. Es war nicht nur die physische Nähe, die sie lähmte – es war die Gewissheit, dass er die volle Kontrolle hatte, dass sie in diesem Augenblick nichts war als eine Marionette in seinen Händen. Ihr Verstand rebellierte, doch ihr Körper blieb reglos.

„Du wirst mir gehören, Idaia," flüsterte er dicht an ihrem Ohr, und seine Stimme drang wie Gift in ihren Verstand. „Du hast keine Wahl."

Die Dunkelheit schien sie zu verschlingen, während sie dort stand, wie festgenagelt unter seinem Blick, unter der Last seiner Macht. Sie spürte das Gewicht der Worte, die er nicht aussprach, und die unausweichliche Wahrheit, die zwischen ihnen lag – dass es keinen Ausweg gab.

Nicht für sie.

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