4. Kapitel
Er war nur eine halbe Stunde hier gewesen und es war die verwierrenste Therapiestunde gewesen, die ich jemals hatte. Ich atmete noch ein paar mal tief durch und nahm mir ein Glas Wasser. Ich hatte noch eine Stunde zeit dann würde mein nächster Patient kommen.
Normalerweise schrieb ich meine Notizen des ersten Patienten fertig und sah mir noch einmal die Akte des neuen Patienten an. Doch ich wusste nicht was ich jetzt aufschreiben sollte. Ich verstand Timmy einfach nicht. Ich verstand nicht warum er hier war. Warum war seine Familie alleine. Am liebsten hätte ich nach seinem Namen und seiner Familie im Internet gesucht, aber das ging hier natürlich nicht.
Nachdenklich fuhr ich mir über das Gesicht. Ich seufzte, dann schnappte ich mir meinen Mantel und verließ das Bürogebäude. Die kühle Herbstluft schlug mir entgegen, wenn es weiter so kalt bleiben würde, hätten wir schon Anfang November Schnee. Langsam ging ich auf den gepflasterten Weg der durch die Anlage führte. Erst überlegte ich, ob ich in meine Wohnung gehen sollte, doch ich entschied mich dagegen, stattdessen ging ich hinter das Bürogebäude und auch hinter die Sporthalle und das Restaurant, welches sich dahinter befand. Ich folgte dem gepflasterten Weg noch ein bisschen, bis ich an der Mauer ankam.
Der Mauer, welche das gesamte Gionix Gelände umgab, der Mauer die uns von der Außenwelt abschirmte. Ich wusste vorne in der Mauer gab es ein Tor, ein Eingang, aber keinen Ausgang.
Ich hatte das Verlangen die Mauer zu berühren, als würde es mich näher an die Welt da draußen bringen, aber ich hielt mich zurück. Jeder Abschnitt der Mauer war mit Videos überwacht und ich wollte nicht nachher ins Büro meiner Chefin, um Fragen zu beantworten, warum ich so nah an die Mauer ging. Denn würde ich die Wahrheit sagen, hätte ich sofort keine Job mehr, würde einen Dimension zurück fallen und müsste selber in Therapie. Wahrscheinlich stünde ich dann auch unter Videoüberwachung und das wollte ich auf keinen Fall.
Also ging ich einfach weiter den Weg entlang, bis ich wieder einiger maßen klar denken konnte. Ich atmete noch ein paar Mal tief durch, bis ich wieder in mein Büro ging und den Tag hinter mich brachte.
Heute machte ich eine halbe Stunde eher frei, weil ich mich mit meiner Mutter zum Abendessen traf und sie hatte später noch eine Vorstandssitzung. Also machte ich mich wieder auf den Weg ins Lova.
Kaum hatte ich die Tür geöffnet, schweifte mein Blick in die Ecke in der ich mich gestern mit Timmy unterhalten hatte, doch sie war leer.
"Hi Ginny!", rief Ricky mir zu und ich lächelte ihn an. "Wen suchst du denn heute?"
"Meine Mutter, aber nur um mit ihr zu Abend zu essen!", antwortete ich.
"Na dann, deine Mutter ist schon da!", er deutete auf einen der Tische und ich sah wie meine Mama mir zuwinkte. Ich lächelte und gab Ricky meinen Mantel. "Wollt ihr das Gleiche essen wie immer ?", fragte er mich. "Ja das wäre super!", antwortet ich und ging zu dem Tisch an dem meine Mama saß.
"Ich habe mal, das Gleiche bestellt wie immer!", sagte ich und setzte mich. Meine Mama sah aus wie ich. Sie war groß, hatte brauen Haare, die allerdings um einiges kürzer als meine waren, braune Augen und normalerweise trug sie auch eine Brille wie ich, doch seit einigen Wochen trug sie nur noch Kontaklinsen.
Sie sah zu mir auf "Super ich habe auch einen bärenhunger!", sie lächelte.
"Wann beginnt denn seine Sitzung?", fragte ich. Normalerweise war sie immer stolz, wenn ich sie auf ihre Arbeit ansprach, doch jetzt verdunkelte sich ihr Gesicht.
"Was ist los?", fragte ich.
"Ich wollte es dir eigentlich erst am Ende sagen, aber die Vertsandsitzung heute ist nicht wie die anderen Sitzungen!", murmelte sie.
"Mama du musst mir sagen was los ist!", flüsterte ich.
"Es geht heute nochmal um die Auswahl, wer so weit ist eine Dimension nach oben gestuft zu werden oder auch nach unten gestuft zu werden... und es wird auch um dich gehen!", sagte sie.
"Warum um mich ?", fragte ich. Was hatte ich gemacht, war ich doch zu nah an der Mauer gewesen, hatte mich jemand gesehen. Ging es darum, dass ich Marcels Patienten hatte?
"Sie machen sich Sorgen, dass du zu viel arbeitest und dich selbst und deine Aura aus den Augen verlierst!", antworte meine Mutter. Verwirrt sah ich sie an.
"Wie bitte?"
"Sie haben schon wieder Überwachungsaufnahmen gesehen, bei denen du sehr nah an die Mauer gehst und jetzt machen sie sich Sorgen, dass etwas nicht stimmt. Ich habe gesagt es liegt wahrscheinlich daran, dass du zu viel arbeitest und du etwas Abstand brauchst!", erklärte sie mir.
"Oh...!", mehr konnte ich nicht sagen.
"Es stimmt doch was ich gesagt habe oder? Du denkst doch nicht daran nach draußen zu gehen?", die letzten Worte flüsterte sie nur.
"Nein natürlich nicht!", sagte ich fest, doch ich musste mir auf die Lippe beißen. Ich mochte es eigentlich nicht meine Mutter zu belügen und eigentlich war es auch gegen die Regel zu lügen. Deswegen hatte meine Mama schon ziemlich viel auf sich genommen als sie ohne Wissen versucht hat dem Vorstand mein Verhalten zu erklären.
"Du musst mir glauben,ich brauche manchmal einfach wieder frische Luft damit ich mich auf den nächsten Patienten konzentrieren kann!", im Grunde war die Aussage nicht ganz gelogen.
Inzwischen hatte Ricky uns unser Essen gebracht und ich schob mühsam eine Gabel von meinem Salat in den Mund.
"Ich glaube dir Ginny, nichts anderes habe ich erwartet, aber trotzdem denke ich, dass der Vorstand auf eine Aurenprüfung besteht.
Ich verschluckte mich fast.
"Ich weiß, dass du das nicht gerne machst, aber deine letzte Prüfung ist schon fast 5 Jahre her!".
Ich nahm einen Schluck Wasser.
"Kannst du Ihnen nicht sagen, das alles in Ordnung bei mir ist und ich einfach nur viel gearbeitet habe?", fragte ich.
"Ach Ginny ich weiß doch, dass du diese Prüfung nicht magst, aber das sind 10 Minuten, dann sehen alle das du in Ordung bist und dann kannst du normal weiter arbeiten!", versuchte mich meine Mutter zu beruhigen.
Ich seufzte, dass war eine Katastrophe, ich hatte Jahre für meinen letzten Auren Test gelernt. Nicht in dem Sinne, dass man viel wissen müsste. Aber der Auren-Tester funktionierte eher wie ein Lügendetekter. Man bekommt Fragen, die man dann erhlich beantworten muss und anhand der Antworten wird dein Wohlbefinden und die Aura bestimmt. Ich konnte doch auf so viele Fragen nicht ehrlich antworten. Das letzte Mal hatte ich jede mögliche Frage geübt und versucht meine Plus zu kontrollieren. Der Lügendedetektor war super modern und spürte jede kleinste Veränderung, ob es die Haltung, Mimik, Gestik oder der Herzschlag war.
"Ja wahrscheinlich hast du recht!", sagte ich schließlich nur.
Damit war das Thema beendet und den Rest des Abends unterhielten wir uns über andere Dinge.
"Ich rufe dich dann an und sage dir wann dein Test ist!", sagte meine Mutter, als wir das Restaurant verließen. Ich lächelte sie nur an und nickte, dann ging ich zurück zu meiner Wohnung. So gerne wäre ich noch eine Runde spazieren gegangen, aber ich musste das ich beobachtet wurde. Also entschied ich mich, mich einfach ins Bett zu legen.
Das Ganze war eine Katastrophe, eine riesige Katastrophe. ich würde den Test niemals bestehen!
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