-8-
STEPHEN
Ich saß im Wohnzimmer, die Dunkelheit des Raumes passte zu der Dunkelheit in meinem Inneren. Meine Mutter hatte mich vor wenigen Stunden verlassen, ihr enttäuschter Blick lastete schwer auf mir.
Ich konnte ihre Worte noch hören, sie hallten wie ein Echo in meinem Kopf.
„Stephen, sieh dich an. Du zerstörst sie – und dich selbst."
Ich hasste, wie wahr ihre Worte waren. Ich hasste mich dafür, dass ich ihr diesen Schmerz zugefügt hatte, und ich hasste, dass ich nicht wusste, wie ich es wiedergutmachen konnte. Madison hatte recht. Ich war ein Disaster. Und was noch schlimmer war – ich zog sie mit mir hinunter.
Ich wollte sie beschützen, wollte ihr alles geben, was sie verdiente, aber alles, was ich tat, war, sie zu verletzen. Ich war ihr Feind geworden, der Mann, vor dem sie Angst hatte.
Und das war eine Wahrheit, die mich von innen heraus zerriss.
Ein leises Schluchzen riss mich aus meinen Gedanken. Ich folgte dem Geräusch in die Küche und fand Madison, ihre Schultern bebten, Tränen liefen über ihre Wangen.
Ihre Augen waren rot, geschwollen vom Weinen, und als ich sie so sah, traf mich die Realität wie ein Schlag.
Ich trat näher, strich vorsichtig eine Träne von ihrer Wange und flüsterte:
„Hör auf zu weinen."
Doch sie schüttelte nur den Kopf, ihre Stimme war gebrochen.
„Ich kann nicht mehr."
Sie senkte den Blick, vermied es, mich anzusehen.
Ich wusste, dass ich etwas sagen sollte, aber keine Worte schienen genug zu sein.
Alles, was ich tat, war, sie zu brechen, ein Stück nach dem anderen.
„Ich will nach Hause," sagte sie schließlich leise, und ihre Worte stachen wie ein Dolch in meine Brust.
Für einen Moment kämpfte ich mit mir selbst. Ich wollte sie halten, sie trösten, sie wissen lassen, dass ich sie brauche – mehr als alles andere. Aber stattdessen zwang ich meine Stimme zur Härte, ein letzter verzweifelter Versuch, die Kontrolle zu behalten.
„Ich werde dich nicht gehen lassen."
Dann drehte ich mich um und verließ die Küche.
Ich wusste, dass ich weg musste, bevor ich meine Fassade endgültig verlor.
Die Fahrt zur Bar war ein Nebel. Ich weiß nicht, warum ich dorthin ging – vielleicht, weil ich einen Ort brauchte, an dem ich nicht ich selbst sein musste.
Als ich ankam, nickte mir der Barkeeper, John, zu.
„Hey Stephen, lange nicht mehr gesehen," begrüßte er mich mit einem freundlichen Lächeln.
„Ein Whiskey," war alles, was ich sagte.
Aus einem Glas wurden zwei, dann drei, und irgendwann verlor ich den Überblick.
John lehnte sich besorgt zu mir herüber.
„Es reicht langsam, Mann. Was ist los mit dir?", fragte er mich besorgt.
Ich lachte bitter und schüttelte den Kopf.
Er seufzte, aber sagte nichts weiter. Was hätte er auch sagen können?
Ich war ein Mann, der sich selbst zerstörte, ein Mann, der keine Ahnung hatte, wie er den Scherbenhaufen seines Lebens wieder zusammensetzen sollte.
Irgendwann zeigte die Uhr hinter der Bar vier Uhr morgens.
Ich zahlte und verließ das Gebäude, mein Kopf schwirrte vom Alkohol und der Dunkelheit, die mich innerlich auffraß.
Als ich mein Auto erreichte, wusste ich, dass ich nicht fahren sollte.
Aber ich hatte kein Geld mehr dabei, und die Idee, allein in der Nacht herumzuwandern, war noch schlimmer.
Also setzte ich mich hinters Steuer.
Die Autobahn war leer, und ich fuhr viel zu schnell. Meine Hände zitterten am Lenkrad, und mein Kopf war ein Chaos aus Erinnerungen und Schuldgefühlen.
Ich dachte an Madison, an ihre Tränen, an ihre flehenden Worte.
„Ich will nach Hause."
Ich schloss für einen Moment die Augen, versuchte den Schmerz und die chaotischen Gedanken wegzublinzeln. Doch als ich sie wieder öffnete, erstarrte ich.
Die Scheinwerfer eines Autos tauchten plötzlich vor mir auf – direkt auf meiner Fahrbahn.
Ein Geisterfahrer.
Mein Herz raste, Adrenalin schoss durch meinen Körper. „Verdammt!" fluchte ich und riss das Lenkrad nach rechts, doch die Reifen schrieen auf dem Asphalt, und das Auto geriet ins Schleudern.
Ich versuchte die Kontrolle wiederzugewinnen, doch das Fahrzeug drehte sich, rutschte unaufhaltsam in Richtung der Leitplanke. Der Geisterfahrer kam immer näher, und ich sah die grellen Lichter des entgegenkommenden Autos wie ein unaufhaltsames Schicksal direkt vor mir.
Ich zog das Lenkrad erneut herum, doch es war zwecklos. Alles geschah in Sekundenbruchteilen – ein ohrenbetäubender Aufprall, das laute Kreischen von Metall, das gegen Metall schlug.
Doch bevor die Dunkelheit mich ganz verschlang, schoss ein einziges Bild durch meinen Kopf.
Madisons Gesicht. Ihre Augen, die mich ansahen – voller Angst, voller Schmerz, voller Liebe.
„Ich liebe dich, Madison," flüsterte ich innerlich, bevor alles verblasste.
MADISON
Die Nacht war still. Zu still.
Ich saß auf dem Sofa im Wohnzimmer, meine Beine angezogen, während ich nervös auf die Uhr starrte. Es war fast drei Uhr morgens, und Stephen war immer noch nicht zurück.
Normalerweise kam er abends in mein Zimmer, manchmal nur, um sicherzugehen, dass ich schlief. Aber heute – nichts.
Ich biss mir auf die Lippe, meine Finger zitterten, als ich mein Handy griff. Er war noch nie so lange weg gewesen. Ich wählte seine Nummer, hielt das Telefon ans Ohr und wartete.
Einmal. Zweimal. Kein Klingeln.
„Stephen, bitte geh ran," murmelte ich und wählte erneut.
Doch es blieb still.
Mit jeder Minute, die verging, breitete sich ein unangenehmes Kribbeln in meiner Brust aus. Wo war er? Was, wenn etwas passiert war?
Ich stand auf und begann nervös im Wohnzimmer auf und ab zu gehen. Bilder schossen durch meinen Kopf – Stephen allein, verletzt, oder noch schlimmer...
„Beruhig dich, Madison," flüsterte ich mir selbst zu. Doch es half nichts.
Ich versuchte es erneut, wählte seine Nummer. Wieder keine Antwort.
Als die Sonne langsam aufging und der erste Lichtstrahl durch das Fenster fiel, wusste ich, dass etwas nicht stimmte.
Das Telefon klingelte schließlich gegen sieben Uhr morgens. Ich rannte förmlich darauf zu, mein Herz raste. Doch es war nicht Stephen. Es war eine fremde Nummer.
Ein Mann.
„Sind Sie Madison Hendry?" fragte er.
„Ja... Wer ist da?"
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top