Kapitel 12

Feierabend! Es war verdammt nochmal schon Mitternacht und er durfte erst jetzt nach Hause. Wo Emilia auf ihn wartete... Doch nicht mehr lange. Vor wenigen Minuten, als er das Büro verließ, hatte er sie angerufen und gebeten, sich auf dem halben Weg zu treffen.
Es war schon eine Woche vergangen, seitdem Vincent ihn aufgespürt hatte. Und bis jetzt lief alles glatt - Emilia war sogar mehrfach allein in der Stadt gewesen. Also dachte er sich, dass auch diesmal nichts geschehen würde. Die Sache, die er Emilia so dringend erzählen musste, konnte nämlich nicht warten.
Lidias Erinnerungenlöscherei hatte einen Riss bekommen, weshalb ihm alles wie ein tonnenschwerer Stein wieder eingefallen war. Er hasste sich dafür, dass er Emilia damals im Stich gelassen hatte. Und dass er Lidia später erzählt hatte, dass er sie retten geht. Er hätte so vieles vermeiden und verändern können!

Michaels Anruf war so überraschend und er klang richtig aufgeregt. Sie fragte sich, was dem die Ursache war. Und als er von einem Treffen gesprochen hatte, musste sie einfach zustimmen, da ihre Neugier sonst zu groß wäre. So ging sie gerade durch die nächtliche Stadt und passte auf, um nicht an der falschen Ecke abzubiegen.
Bei der nächsten Kreuzug schloss sich ihr eine schwarze Katze an. Sie lief einige Straßen neben ihr her, bis schließlich beide stehen blieben. Sie ging in die Hocke und krauelte das Lebewesen hinter dem Ohr, strich ihr über den Kopf und den Rücken. Haustiere waren nichts für sie. Haustiere lebten viel zu kurz. Und noch mehr Tode konnte sie einfach nicht ertragen.
Dann lief die Katze, von etwas plötzlich erschreckt, weg. Sie wollte schon zurückblicken, um den Grund solcher Reaktion herauszufinden, doch ein starker Arm legte sich um ihre Taille und eine Hand drückte ihr ein Tuch auf Nase und Mund. Sie wollte vor Schreck aufschreien und atmete dabei ein. Sofort verfiel sie in einen ungewollten Schlaf und wusste nur, dass sie in das nächstliegende Treppenhaus geschleppt wurde.

Er sah eine schwarze Katze vor sich, ging in die Hocke und streichelte sie. Haustiere waren nichts für ihn. Haustiere lebten viel zu kurz. Und noch mehr Tode konnte er einfach nicht ertragen.
Das schwarze Lebewesen rieb sich an seinem Bein und lief langsam in die Richtung, aus der es gekommen war. Er stand auf und schlenderte weiter. Sie Katze schlüpfte durch den Spalt der leicht geöffneten Tür in das Treppenhaus, nur ihre Augen funkelten kurz in der Dunkelheit auf. Wahrscheinlich hatte sie sich wieder umgesehen., nahm er an.
Nach fünfminütigem Gehen hielt er abrupt inne. Es war wirklich seltsam, dass die Katze immer wieder zu ihm geblickt hatte. Als würde sie hoffen, er würde mitkommen. War das ein Zeichen? Wollte sie ihm wirklich etwas zeigen?
Er kehrte um und eilte zurück. Das Tierchen saß erstarrt auf der einen Stufe vor dem Eingang ins Treppenhaus. Es blickte hoch, als er ankam, stand auf, schlüpfte herein. Er öffnete langsam und vorsichtig die Tür, bereit, jeden Moment sich zu verteidigen. Er trat herein. Die Katze hatte schon die erste Treppe überwunden und wartet auf ihn. Sie wartete wirklich auf IHN.
"Ich frag mich, wohin zu mich führst, schlaues Tier.", sagte er gedämpft in ihre Richtung.
Er kam bei ihr an und sie lief elegant die zweite Treppe hoch in den ersten Stockwerk, wo sie vor einer Tür sitzen blieb. Er nahm drei Stufen auf einmal, beäugte oben angekommen die Tür, ging wieder in die Hocke und musterte die Katze, die sich in der Dunkelheit fast auflöste.
"Hey, du, ich bin kein Einbrecher.", meinte er weich.
Er sah der Katze zu, wie sie sich wieder auf vier Beine stellte, ganz nah an die Tür kam und mehrfach mit ihrer Pfote über sie strich. Dann blickte sie ihn mit ihren Augen an, die kurz grün aufblitzten, als sie das Mondlicht reflektierten.
"Meinst du, ich muss da rein?"
Plötzlich waren Geräusche und Krach hinter der Tür zu hören. Er richtete seinen Blick forschend darauf. Er spürte Emilias Anwesenheit, dort, hinter der Tür. Jemand war bei ihr, jemand Mächtiger. Vincent...
Die Katze sträubte sich und fauchte die Tür an.
Für ihn war die Antwort klar - er musste hin.
"Emilia, ich komme.", murmelte er entschlossen.

Als sie zu sich kam und sein Gesicht vor sich sah, überkam sie der Schock. Er hatte sie gefunden!
Sie schnappte das Erste, was ihr in die Hände kam, und schmiss es nach ihm. Es war natürlich eine Vase. Und selbstverständlich traf sie ihn nicht. Vincent wusste immer, was sie vorhatte.
Er sprang sie mit Wut in den schwarzen Augen an, seine Finger krallten sich schmerzvoll in ihre Handgelenke und er drückte ihre beiden Arme gewaltig auf das Sofa. Sie würde ihm so gern ins Gesicht spucken, aber das würde schlecht für sie enden.
"Ich habe dich gesucht, Schätzchen.", knurrte der Vampir wütend. "Ich hätte nie gedacht, dass du von mir fliehen könntest."
"Ich bin nicht dein Schoßhündchen! Ich werde nicht länger bei dir bleiben, du Monster!", brüllte sie ihm entgegen.
"Als ob du eine Wahl hast.", schnaubte er verächtlich. "Ich bin dein Ehemann, ich entscheide über dich!"
"Lass mich verdammt nochmal los! Ich werde nicht mit dir mitgehen! Das kannst du dir abschmieren! Und mein Mann bist du auch nicht, du dreckiges Wesen!!"
Sie versuchte, sich freizukriegen, doch auch mit ihren Vampirkräften versagte sie gegen ihn. Er hielt jetzt ihre beiden Hände schmerzvoll mit einer Hand fest, mit der anderen holte er aus und gab ihr eine schallende Ohrfeige. Sie schrie vor Schmerz auf und tat alles, um die Tränen zurückzuhalten. Sie zuckte und wand sich unter seinem Gewicht auf ihrem Bauch.
"Lass mich! Lass mich los!!", kreischte sie fast.
Eigentlich könnte er sie beeinflussen und zum Wehren unfähig machen. Aber so einen einfachen Sieg mochte er nicht, er mochte ihren Widerstand. Wenn es nach ihm ginge, konnte er mit ihr alles anstellen, wonach es ihm war. Und das war einer der unzähligen Punkte, weshalb sie ihn so sehr verabscheute und hasste.
"Wo hast du unsere Kinder versteckt, Blondchen? Sag mir, wo sie sind!"
"Weit weg von hier! Und von DIR!"
Wieder holte er aus und schlug ihr ins Gesicht. "Sag sofort, wo sie sind!"
Sie kreischte nur und versuchte weiter, sich gegen ihn zu wehren. "Eher werde ich mir die Zunge abbeißen, als sie an dich zu verraten, du gottverdammtes Monster! Schlage mich so oft du willst, ich sage dir kein Wort!"
Er grinste gemein. "Ach wirklich...?"
Nein, sie würde ihm nichts erzählen. Sollte er sie doch umbringen!
"Nein, umbringen werde ich dich nicht. Aber eine schöne Folter kannst du sehr wohl erwarten.", meinte er voller Schadenfreude.
Sie hasste es, dass er ihre Gedanken lesen konnte.
"Und übrigens...", grinste er wieder und drückte sie fester auf das alte Sofa. "Ich habe deinen heißgeliebten Michael getroffen. Hat er dir das schon erzählt?"
Was?! Wann? Warum hat Michael ihr nichts gesagt?
"Was hast du ihm angetan?", fragte sie alarmiert.
"Noch nichts. Aber weißt du, was schlimmer als eine Folter ist? Wenn du zusehen musst, wie Geliebter gefoltert wird. Ich glaube, das ist genau das Richtige für dich. Du wirst ein Platz in der ersten Reihe haben. Weißt du noch, wie du nach diesem Michael geweint hast? Nein? Ah, stimmt ja, du kannst dich nicht mehr daran erinnern. Deine Trauer hätte mir fast das Herz zerreißen können.", machte der Vampir sich über sie lustig.
Und sie hörte nur entsetzt zu. Sie hatte Michael schon davor gekannt? Hatte... Hatte Vincent ihre Erinnerung daran gelöscht? Wie konnte er?!
"Du... Du lügst. Ganz bestimmt lügst du nur!", rief sie zweifelnd.
"Willst du mit mir wetten?"
"Fass ihn nicht an!!!", schrie sie panisch.
"Sonst was? Was kannst du mir schon antun, Mädchen? Und sorgst du dich etwa mehr um andere als um dich selbst? Wie leichtsinnig. So gehst du also mit meinen Geschenken um."
Geschenke... Er nannte ihre dreihundertjährige Gefangenschaft Geschenk.
"Wenn ich sterbe, wird mit niemandem etwas geschehen.", entgegnete sie mit Hass in den Augen, der voll und ganz ihm galt.
"Das glaube ich eher wenig." Er beugte sich zu ihr vor und fuhr mit der Nase ihren Hals hoch. "Wenn dein Blut nur schmecken würde...", wisperte er und es sollte verführerisch klingen, tat es aber nicht.
Und dann stieß er seine Fänge gewaltig in ihren Hals und sie schrie wieder vor Schmerz auf. Es tat so höllisch weh! Diesmal konnte sie die Tränen nicht zurückhalten. Wie oft hatte er das schon bei ihr gemacht...
"Lass das sein!", schrie sie. "HÖR AUF!!"
Aber seine Zähne drangen nur tiefer ein und er tat alles, um es so schmerzhaft wie möglich zu machen. Er zog ihr Blut, was ihm wirklich widerlich schmecken musste, heftig ein und sie drückte den Rücken durch. Die konnte nur schreien und weinen. Er hatte die richtige Stelle gefunden. Jede auch kleinste Bewegung bereitete ihr unmögliche Schmerzen, sodass sie sich nicht wehren konnte. Aber sie zuckte und wand sich trotzdem weiter, was sie noch mehr leiden ließ, und unzählige Tränen liefen ihr aus den zusammengekniffenen Augen.
Und als er seine Fänge endlich aus ihrem Hals zog, sich aufsetzte und sie angewidert und herablassend ansah, stürmte etwas auf sie beiden zu und ließ das Sofa umfallen, wobei Vincent von ihr gerissen wurde.
"MICHAEL.", stieß sie entsetzt aus.

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