Im Hogwarts-Express

Die Wegbeschreibung Dumbeldores zum 'Tropfenden Kessel' war äußerst exakt. Nicht einmal hatte ich mich verlaufen, obwohl ich in dieser Gegend noch nie gewesen war.

Noch immer schwebte ich wie auf Wolken. Selbst wenn die Leiterin mich schimpft, macht es mir nicht mehr so viel aus, da ich in drei Wochen mein neues Leben beginnen werde.

Tom, der Wirt des Gasthauses empfing mich freudestrahlend. Jedoch hatte er nur noch einen einzigen Zahn im Mund, was mich noch mehr von ihm abschreckte. Schließlich musste er doch den Namen 'Tom' mit Würde tragen und ihn nicht noch mehr besudeln, als er schon war. Wahrscheinlich hatte Dumbledore ihm gesagt, dass bald ein schwarzhaariger Junge vorbeischauen würde.

Im Tropfenden Kessel waren merkwürdige Gestalten. Eine Frau mit einem langen, spitzen Hut rührte ihren Kaffee nur mit Handbewegungen in der Luft um. Dann sah ich einen Kellner, der einen Tisch anstupste, woraufhin der sich von alleine abräumte.

Wow, hier gab es so viel zu sehen! Mit aufgerissenen Augen blieb ich an jeder Sensation stehen.

Tom schob mich mit sanfter Gewalt weiter.

Er brachte mich in den Hinterhof und berührte mit seinem Zauberstab einen Backstein an der Wand.

Augenblicklich kam Bewegung in die Steine. Ich beobachtete fasziniert, wie sie sich zur Seite zwängten, und eine kleine Gasse bildete. Ich schob mich hindurch- und stand schon mitten im Getriebe der Winkelgasse.

Hier war es ganz anders, als ich es gewohnt war.

Bunt, laut, hektisch, durcheinander.

Es dauerte ewig, bis ich mich zurechtfand. Doch fragten wollte ich niemand.

In der Apotheke besah ich mir die verschiedensten Tinkturen in allen erdenkbaren Farben. Von Giftgrün zu leuchtend Rosa bis zu einer Mischung aus schlammigem Schwarz mit goldenen Punkten war alles vertreten.

Danach besorgte ich mir dicke Zauberbücher bei Flourish and Blotts, lange schwarze Umhänge bei Madame Malkins und schließlich betrat ich den Laden Ollivander. Dort sollte ich mir meinen eigenen Zauberstab kaufen. Mr Ollivander war ein Mann von Ende dreißig. Er wuselte im ganzen Geschäft herum und gab mir Zauberstäbe, die ich schwingen sollte. Beim fünfzehn wurde er fündig.

Stolz verließ ich den Laden mit einem 13 ein halb Zoll langem Stab aus Eibenholz und einer Phönixfeder.

Danach ging ich wieder ins Waisenhaus und wartete sehnsüchtig auf den ersten September.

Endlich war es soweit.

Ms. Cole begleitete mich zum King's Cross, doch dann schicke ich die weg. Den Eintritt in meine neue Welt wollte ich alleine schaffen.

Dumbeldore hatte mir den Weg erklärt. Es gab eine Wand, zwischen Gleis neun und Gleis zehn, an die ich mich lehnen sollte. Den Rest musste ich allein herausfinden.

Es war bereits viertel vor elf. Wenn ich nicht gleich an meinem ersten Schultag zu spät kommen wollte, musste ich mich beeilen.

Ich fand das Gleis, das aussah wie jedes andere auch. In mir kribbelte die Anspannung. Gleich würde ich dazu gehören. Ich nahm meinen riesigen Gepäckwagen mit all meinen neuen Zaubersachen und schob ihn Richtung Wand. Kurz davor konnte ich mich nicht mehr halten und rannte los. Anstatt einem leichten Luftzug oder einer Berührung mit der Wand zu spüren, glitt ich durch sie hindurch als wäre sie Luft.

Hinter ihr, sah ich, begann mein Leben.

Ein ziemlich langer Zug, es mussten um die zweihundert Meter sein, in einem Scharlachrot, erstreckte sich vor mir.

Duzende von Eltern und Kindern rannten und kreischten umher.

Da wurden Koffer geschleppt, Tiere transportiert, Anweisungen gerufen und den Nachwuchs unter Tränen in den Zug geschoben. Die Eltern weinten. Nicht die Kinder. Die waren gespannt und aufgeregt. Viele waren in meinem Alter, ihre rosanen Wangen leuchteten von überall her. Die älteren jedoch schienen sich einfach nur auf das kommende Schuljahr zu freuen.

Ich gab meine Koffer einem Mann, der sie in den Gepäckwaggon einteilte. Mein kleinerer Koffer mit den Umhängen und ein paar Bücher, die ich in der letzten Woche angefangen hatte zu lesen, nahm ich mit in den Zug.

Ich sah durch das Zugfenster auf den Bahnsteig nach draußen. Die Eltern winkten und riefen noch einmal Abschiedsworte durch den ganzen Trubel und Lärm. Ein wenig geknickt wandte ich mich ab. Mir strahlte und winkte niemand zu. Ich hatte keine Eltern. Meine Mutter war tot und wenn mein Vater noch leben sollte, dann hatte er allen Anschein nicht die geringste Lust, sich um seinen einzigen Sohn zu kümmern.

Ich schüttelte die Gedanken fort und suchte ein noch leeres Abteil für mich. Ganz hinten wurde ich fündig.

Ich schob mich durch die Tür und warf sie zu. Endlich allein.

So viel Trubel war ich nicht gewohnt.

Ich setzte mich eine der beiden gegenüber stehenden, bequemen Polsterbanken und blickte wieder nach draußen. In ein paar Stunden würde ich in Hogwarts ankommen und die hoffentlich tollste Zeit meines Lebens würde beginnen.

Zwar kannte ich niemanden, doch allein sein hatte mich ja noch nie gestört.

Ach ja, ich kannte ja einen der Lehrer, Dumbledore. Aber ob ich ihn mochte, wusste ich immer noch nicht.

Da setzte sich der Zug plötzlich in Bewegung. Erst langsam, dann immer schneller ratterte er er das Gleis entlang und entfernte sich von den noch immer winkenden Eltern.

Ich holte Die Geschichte von Hogwarts aus meinem Koffer und begann zu lesen.

Da klopfte es an meinem Abteil und ich sah zwei Jungs in meinem Alter vor def gläsernen Tür stehen.

Ich nickte nur.

Da kamen sie auch schon hereingestolpert und setzten sich mir gegenüber.

"Hi! Ich bin Toby Wilson. Und das ist Nott, der übrige Zug ist voll. Wir dürfen doch hierbleiben?!", fragte dieser Toby mit einer aufgeregten Stimme. Ich nickte wieder.

"Und wie heißt du?", wollte er weiter wissen. Oh Gott, die Fahrt kann ja lustig werden. "Tom Riddle."

"Freut mich dich kennenzulernen, Tom!", sagte Toby und wir schüttelten uns die Hände. Mir viel auf, dass der Junge mit dem Nachnamen Nott nichts sagte. Der war mir auf Anhieb sympathischer.

Ich nickte nur.

Danach herrschte für kurze Zeit Stille im Wagon.

Dann fiel das Wort Hogwarts und Häuserverteilung, da sprach ich auch mit.

Vieles hatte ich schon in den Zauberbüchern gelesen. Es gab vier Stück: Hufflepuff, Ravenclaw, Gryffindor und Slytherin. Jedes Jahr konnte ein Haus den Hauspokal gewinnen und somit die Ehre des Hauses verteidigen.

"In welches Haus wollt ihr gesteckt werden?", wollte Toby wissen. "Aufjedenfall Slytherin!", meldete sich Nott zum ersten mal zu Wort. "Meine ganze Familie war in Slytherin, ich werde auch dorthin kommen."

"Macht es einen Unterschied, in welches Haus man kommt?", fragte ich interessiert. "Einen Unterschied?", meinte Nott ungläubig. "Natürlich! Es kommt auf deinen Charakter, sowie dein Können an." Mein Können? Ich konnte nicht zaubern. Ich hatte es bis jetzt nur immer unabsichtlich gemacht. "Und wo kommt man hin, wenn man jetzt schon gut zaubern kann?" Ich sah Nott gespannt an. Doch es war Toby, der antwortete.

"Mugglegeboren oder? Ne, so geht das nicht. Man muss sich einer kleinen Prüfung unterziehen. Und dann wird sozusagen in die Zukunft geschaut, um zu sehen, ob du was taugst oder nicht. Also die Häuser sind so: Wenn du wirklich mutig bist und viel für Freunde machst, kommst du wahrscheinlich nach Gryffindor. Wenn du ein schlaues Köpfchen besitzt, steckt man dich ins Haus Ravenclaw. Hufflepuff, das weiß ich selbst nicht so genau, aber ich glaub da kommen alle rein, die nicht so viele Begabungen haben und loyal und so sind. Meine Freunde und ich sagen immer Unterklasse dazu. ", er kicherte. "Und wenn du taktisch Klug bist, also auch ein bisschen listig, wirklich coole Fähigkeiten hast und wenn Regeln nichts für dich sind, dann ab nach Slytherin. Außer du hast Eltern und Geschwister in einem Haus gehabt, dann kommt man oft ins gleiche Haus. Was denkst du, Tom? Für welches Haus bist du?"

Ich dachte lang nach. Nach Hufflepuff wollte ich auf keinen Fall. Ich war nicht so eine unwichtige Nebenperson, an der man einfach so vorbei lief und sie nicht beachtete.

Doch ich hatte auch keine Freunde. Also auch kein Gryffindor. Ravenclaw hörte sich gut an. Ich war schlau. Auch Slytherin gefiel mir. Auf Regeln pfeifen, aber auch Wert auf Können legen. Ich konnte mit Schlangen reden, und eine Schlange war nach Die Geschichte von Hogwarts das Wappen des Hauses, also war es bestimmt schon ein gutes Zeichen.

Da die Beiden nach ihren Erzählungen wahrscheinlich blutige Slytherins werden würden, und ganz den Anschein machten, wenn ich nicht Slytherin sagte, dann würden sie mich auf der Stelle häuten, beschloss ich, mich ihnen anzuschließen.

"Klar bin ich bei Slytherin dabei,was denkt ihr denn! Und Toby, was meintest du vorher mit Muggel?" Das war mir vorher komisch vorgekommen. Das Wort hatte ich noch nie gehört. "Muggel bedeutet so viel wie unmagisch. Menschen, die keinen Tropfen Zaubererblut in sich haben. Aber bei uns Zauberern unterscheidet man auch. Da gibts die Mugglegeboren, Schlammblut nennen sie Leute, die sie für Abschaum halten. Die dürfen Zaubern lernen, obwohl keiner ihrer Verwandten magisch ist. Sorry, wenn du so einer bist, aber so welche sind wirklich unter der Gürtellinie. Dann gibt's noch das Halbblut. Also zum Beispiel, wenn der Vater ein Zauberer ist, er aber mit einem Muggel Kinder gekriegt hat. Diese Kinder sind dann Halbblüter. Und dann gibt's noch uns." , Nott warf sich stolz in die Brust. "Reinblut. Das Königsblut unter den Zauberern. Aber es gibt nur verdammt wenige Reinblüter. Ich bin einer. Toby, Du auch?" "Ne, leider nur Halbblut. Trotzdem wird mich Slytherin nehmen. Auch wenn er Reinblüter bevorzugt. Was bist du Tom?" Mir wurde heiß. Ich wusste es nicht. Ich hatte meine Familie nie kennengelernt, doch ich hoffte, das wenigstens einer meiner beiden Eltern magisches Blut in sich hatten. Doch ich tat, als wäre mein Blutstatus selbstverständlich. "Reinblut. Doch ich habe meine Eltern nie getroffen. Meine Mutter ist tod, und meinen Vater kenn ich nicht." Gleich darauf bereute ich es, soviel über mich verraten zu haben. Toby staunte nicht schlecht. "Reinblut? Hät ich nicht erwartet! Coole Sache!" Ich lächelte verlegen.

Bald darauf kam ein junges Fräulein mit einem Wagen, gefüllt mit den außergewöhnlichsten Leckereien, die ich jemals gesehen hatte.

Da gab es Bertie Botts Bohnen jeder Geschmacksrichtung und ein Berg voll Kesselkuchen. Dann sah ich noch Säuredrops, bester Blaskaugummi und noch hunderte Schokofrösche, die mich am meisten anmachten. Am liebsten hätte ich gleich alles gekauft, doch ich hörte noch Dumbeldores Worte in meinem Kopf: "ich habe dir den Geldbeutel gegeben, damit du dir notwendige Zaubersachen kaufst. Verschwende das Geld nicht."

Ach, zum Teufel mit Dumbledore und seinen Vorschriften!

Ich kaufte von allem eine Kleinigkeit und nach einer Viertelstunde war alles verputzt. Toby und Nott hatten ebenfalls gut zugegriffen, und nun tauschen wir eifrig die Schokofroschkarten, auf denen je ein berühmter Zauberer abgebildet war. Doch den einzigen den ich von ihnen kannte, hatte mir vor ein paar Wochen gesagt, dass ich ein Zauberer sei.

Ich saß träge in meinem Sitz und wartete, dass wir endlich ankommen würden, doch es sollte erst abends soweit sein. Während ich aus dem Fenster blickte, jedoch nichts zur Kenntnis nahm, was ich sah, schlief ich langsam ein.

Ein unsanfter Stoß weckte mich. "Lass das gefälligst!", sagte ich wütend. "Tut mir leid, Tom.", meinte Toby unterwürfig. "Aber sieh doch! Wir sind gleich da." Sofort war ich hellwach und stürzte zum Fenster. Es war jedoch so dunkel, dass ich auf die Schnelle kein Hogwarts erkennen konnte. Doch dann sah ich es am Horizont. Ein riesiges, rabenschwarzes Schloss, oder war es eine Burg?, erstreckte sich mächtig in den Himmel hinauf. Angsteinflösend und dennoch faszinierend blickte Hogwarts herrisch auf und hinab.

"Achtung eine Durchsage" ertönte es plötzlich von den Wänden. Von den Wänden? Komisch. Doch mir gefiel hier alles Merkwürdige. "Wir werden bald in Hogsmeade ankommen. Bitte legt eure Schulumhänge an."

Da geriet ein Zittern in mich. Toby und Nott schienen ebenfalls aufgeregt. Wir zogen, wie befohlen, die Umhänge an. Ein wenig ungewohnt war es, den Umgang anzuhaben. Es fühlte sich fast so an, wie ein Kleid. Auch meine Kumpanen zupften nervös an dem neuen Kleidungsstück herum.

Da wurde der Zug langsamen. "Willkommen in Hogsmeade."

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