━━━ drei monate später

KAPITEL SIEBENUNDVIERZIG
Drei Monate später

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       SIE HATTEN DAMIT GERECHNET, dass der Abschluss seltsam werden würde, und doch war es etwas anderes, das die Rumtreiber empfanden, als sie ein letztes Mal in die Kutsche stiegen, die sie nach Hogsmeade bringen würde. Ein komisches Gefühl gehörte immer dazu, die Schule zu verlassen, vor allem bei einem Ort wie Hogwarts, der nicht nur eine Schule, sondern ein zweites Zuhause geworden war.

Sirius blickte auf die Tür, die er ein letztes Mal für lange Zeit durchquerte, und fragte sich, ob es noch einen Anlass für ihn geben würde, zurückzukehren. Sicherlich. Hoffentlich. In diesen Wänden war er zu jemandem geworden, an dessen Existenz er in diesen sieben Jahren oft gezweifelt hatte — jemand, auf den sein elfjähriges Ich trotz allem stolz wäre. Manchmal hatte er befürchtet, den entscheidenden Schritt nie gehen zu können.

Es lag allein an James, das wusste er, dem Jungen, der lachend neben ihm lief, seinen Arm lässig um die Schultern des Mädchens gelegt, das er anschmachtete, seit er dreizehn war. Hätte er geglaubt, einmal mit ihr durch diese Türen zu gehen? Gehofft zumindest, so viel stand fest.

Peters Blick galt nicht den Türen des Schlosses, das auch er sein Zuhause nannte — er galt James und Sirius, die er zu verlieren befürchtete, wenn ihr richtiges Leben begann. Hogwarts war eine gewisse Konstante gewesen, die ihm versichert hatte, dass seine Freunde immer bei ihm waren. Dass er immer bei ihnen sein konnte. Manchmal hatte er Angst, sie nun zu verlieren. Vielleicht sogar mehr als gegen Voldemort zu kämpfen, denn das tat er auch nur, um bei ihnen sein zu können. Damit sie ihn nicht links liegen ließen.

Er keuchte auf, als ihm jemand in die Schulter krachte, und hielt sich gerade noch so an Remus fest. „Tut mir leid, tut mir leid", hörte er eine Mädchenstimme gehetzt sagen und als er die Ravenclaw aus ihrem Jahrgang sah, die von einem ihrer Hauskameraden huckepack getragen wurde, errötete er. Auch Remus neben ihm erkannte sie. Es war Paige Arora, eine der Jahrgangsbesten mit James, Sirius und Lily. Sie wurde von einem ihrer besten Freunde getragen, Silias Anderson, der Hüter der Ravenclaws, der es Gryffindor jahrelang schwer gemacht hatte, Punkte zu sammeln. James verkraftete den Verlust des Quidditchpokals an die Hufflepuffs immer noch nicht so ganz. Es war ein wunder Punkt, also redeten sie nicht darüber.

Silias lief schon weiter, ohne eine Antwort abzuwarten, und Paige lachte auf seinem Rücken, während die vier Jungen dem Ganzen keine Beachtung mehr schenkten. Stattdessen versanken sie weiter in ihren nostalgischen Gedanken.

Remus war derjenige, der an all die gleichen Dinge wie seine Freunde denken sollte: Daran, wie ihm Dumbledore geholfen hatte, einen Platz hier zu finden, als wäre er wie alle anderen. Daran, dass seine Freunde die schwersten Hürden überwunden hatten, nur um ihm zu helfen. Sein Blick sollte nach der Peitschenden Weide suchen, diesem aggressiven Baum, der ihm das alles möglich gemacht hatte. Er hatte viele leichtsinnige Dinge getan, wie er im Nachhinein zugeben musste, aber es war das alles wert gewesen.

Ja, das waren die Gedanken, die Remus in diesem besonderen Moment durch den Kopf gehen sollten, doch stattdessen fühlte er sich seltsam unerfüllt, als würde etwas Wichtiges, das er von diesen sieben Jahren mitnahm, in seinem Leben fehlen.

Seine Augen wanderten wieder zu den beiden Ravenclaws, denen nun gehetzt ein anderer Junge folgte. Sie wirkten nicht so melancholisch. Vielleicht zeigten sie es aber auch nur nicht.

Gefeiert wurde ihr Schulabschluss dafür umso temperamentvoller. Es war keine Zeit für die ganzen Fragen in ihren Köpfen. Solche wie Wer bitte hat meine Comic-Sammlung sortiert? oder Von wem habe ich noch mal dieses unglaublich gute und seltene Quidditch-Magazin geschenkt bekommen?, aber auch tief gehende und daher noch sonderbarere Fragen wie Was hat mich dazu gebracht, so schnell über meine erste Liebe hinwegzukommen? Oder die irritierendste wie die, wer der erste Kuss gewesen war.

Sirius war der Ansicht, er log, weil er noch nie jemanden geküsst hatte — schließlich erinnerte man sich an die erste Person. Und irgendwann zweifelte Remus selbst daran, ob er sich das alles nicht eingebildet hatte. Er wusste, dass er es mal getan hatte, aber nicht mehr, mit wem — auch die Umstände waren verworren. Vielleicht war er betrunken gewesen.

Aber seit einigen Wochen verhielten sich seine Gedanken sowieso wie ein Karussell, das ihm schwindlig werden ließ. Sirius fand, dass er ungewöhnlich grüblerisch sei und das ja etwas zu heißen hatte.

Remus konnte dieses komische Gefühl selbst nicht in Worte fassen. Leere? Unruhe?

Es brachte nicht einmal etwas, dass James, Sirius, Peter und Lily ihn mit in eine Muggelbar schleiften. Auch wenn gute Musik lief, nickte er nur leicht vor sich hin und sah nachdenklich in sein kaum angerührtes Bier. The March of the Black Queen. Ein guter Song. Dennoch verstärkte er nur das seltsame Gefühl, das ihn regelrecht eigenbrödlerisch machte.

„Moony, ich glaube, ich weiß, was dir helfen könnte", verkündete Sirius so ernst, als er mit Getränken zurückkam, dass Remus so dumm war, einen ernsthaften Rat zu erwarten. Sirius machte eine dramatische Geste. „Frauen."

„Frauen?", wiederholte er und sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Wie sollen mir Frauen helfen?"

Sirius seufzte theatralisch. „Allein, dass du diese Frage stellst, sagt alles", erwiderte er nur kopfschüttelnd. „Du bist in letzter Zeit so leblos — vielleicht fühlst du dich so mal wieder lebendig."

Remus blickte ihn unbeeindruckt an und schüttelte schließlich abweisend mit dem Kopf. „Wir haben keine Zeit dafür. Vergiss nicht den Krieg", antwortete er nur. Erst gestern hatten sie erfahren, dass schon die erste Person ihrer Abschlussklasse als vermisst galt. Remus dachte daran, wie er Paige Arora am letzten Schultag lachen gehört hatte, und dass sie nun vermutlich tot war. Irgendwie ließ ihn der Gedanke nur noch finsterer werden.

„Ja, aber gerade deswegen", hielt Sirius verständnislos dagegen. „Willst du morgen sterben und so deine letzten Tage — Wochen — verbracht haben?"

Remus seufzte genervt auf und warf James einen Blick zu, in der Hoffnung, er würde etwas zu seiner Verteidigung vorbringen. Doch James sah fast so aus, als würde er Sirius zustimmen.

„Vielleicht ist das ein biologisches Ding, das du da gerade durchlebst. So mit achtzehn, keine Ahnung", fuhr Sirius fort. „Sieh mal, das klappt alles. Peter hat doch auch jemanden gefunden, mit dem es eventuell was wird."

James warf Sirius einen Blick zu und schüttelte kaum merklich mit dem Kopf.

„Das habe ich nur James erzählt", sagte Peter verwirrt.

„Okay, ich konnte es nicht für mich behalten — Dafür darfst du eins von meinen Geheimnissen verraten", bot James schnell an. „Nur nicht Lily natürlich."

Lily verdrehte die Augen.

„Wie auch immer", fuhr Sirius schnell fort. „Wir haben Krieg und hier siehst du alle drei Beziehungsstaten: James und Lily, ein glückliches Paar, Peter, sich fröhlich am Verlieben, und ich, der alles mitnimmt." Er zwinkerte und schlug Remus auf den Rücken. „Joanna da hinten hat übrigens eine gute Freundin dabei — vielleicht würde dir mein Lifestyle stehen. Ein bisschen das Leben leben."

„Definitiv nicht", entgegnete Remus unbeeindruckt.

„Hm", warf Lily nachdenklich ein.

Alle vier sahen zu ihr.

„Naja", sagte sie schnell. „Ich meine nur..."

„Remus als Ladykiller wär schon ein interessanter Anblick?", schlug Sirius grinsend vor.

„Wenn du es interessant nennen möchtest..." Lily zuckte mit den Schultern und trank von ihrem Cocktail. „Ich persönlich denke, dass du ernsthafte Konkurrenz bekommen würdest und du diesen Vorschlag dann sehr bereuen wirst."

James lachte nervös und Sirius' Grinsen verblasste. „Stimmt, vergiss mein Angebot", sagte er schnell zu Remus.

„Schon geschehen", entgegnete dieser so unbeteiligt wie möglich. Doch ein Teil von Sirius' Worten schwirrte ihm im Kopf herum. Das Leben leben... Vielleicht hatte Remus endlich die passende Gelegenheit gefunden, es zu benennen: Ihm fehlte etwas, nach dem sich alles in ihm zu sehnen schien, um sein Leben wirklich leben zu können. Aber er konnte es nicht finden — er wusste nicht einmal, was es war.

❂ ❂ ❂

       MALCOLM ROOKWOOD WAR der Ansicht, dass die Gesellschaft verkommen war und einen Retter brauchte — jemanden, der den Verstand und die Vision hatte, sie in eine bessere Zeit zu führen. Zu aller Schande glaubte er nicht, dass dieser Retter Lord Voldemort war.

Malcolm hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt, während er aus dem Wohnzimmerfenster blickte. Ein Junge spielte auf der Straße, kaum fünf Jahre alt, und eine Frau lief hinter ihm her, um ihn bei seinen ersten Versuchen auf dem Fahrrad zu unterstützen, auf dem er saß.

Für einen Moment bemitleidete er das Kind, das dazu verflucht war, für immer ein Muggel zu sein — schwach und erbärmlich. Ein Teil von ihm wäre am liebsten selbst dort hinausgegangen, um es eigenhändig von diesem Schicksal zu befreien. Es konnte kein Verbrechen sein, Muggel zu töten. Letztendlich erlösten sie sie und die zukünftige Generation vor einem Leben in Schwäche. War es nach all den Jahrhunderten, in denen sie sich vor ihnen versteckt hatten, weil diese Primaten eine solche Angst hatten, nicht nur fair? War es nicht gerecht, dass sie sich rächten, nachdem sie versucht hatten, sie zu töten?

Wenn er ehrlich war, waren ihm die muggelstämmigen Zauberer sogar völlig egal. Das größte Problem waren die Muggel, die primitive Kriege anzettelten und sie, die Überlegenen, dazu zwangen, ihr eigenes Potenzial zu untergraben, weil sie sich verstecken mussten. Sie sollten die Welt führen. Was Lord Voldemort tat, war nur der Anfang.

„Sollte der Dunkle Lord nicht davon wissen?", fragte Malcolm, dessen Gedanken von dem, was Lokesh Arora ihm soeben erzählt hatte, überhaupt erst ins Rollen geraten waren.

„Lord Voldemort kämpft einzig und allein für sich selbst", erwiderte Lokesh ruhig, als seien seine Worte kein Verrat an dem Mal auf seinem Arm. Es störte Malcolm nicht. Schließlich hatte er schnell begonnen, ihm zuzustimmen, sobald er eine Weile in seinen Reihen diente. „Er hat nicht das große Ganze vor Augen."

„Nicht das Größere Wohl", erwiderte Malcolm neutral und drehte sich zu dem Mann vor ihm um, der im Salon seines Hauses saß und den Jungen aufmerksam beobachtete. Seine Reaktion auf das, was er erzählt hatte, war verständlich nervenaufreibend für ihn. „Du musst Grindelwalds Ansichten unterstützt haben."

„Du hättest ihn erleben sollen", erwiderte Lokesh fast bedauernd. „Ich erinnere mich an den Tag, an dem Dumbledore ihn besiegte. Ich war selbst noch jung. Es war ein Schlag gegen die Welt, als er verhaftet wurde und sein Werk zerbrach."

Genauso erinnerte er sich an den Tag, an dem er Tom Riddle zum ersten Mal begegnete. Wäre er in England aufgewachsen, wären sie Schulkameraden gewesen, vielleicht sogar Freunde. Der junge Mann, den er in Erinnerung hatte, war nur wenige Wochen jünger als er. Lokesh hatte sich gefragt, was jemand mit einem unbedeutenden Nachnamen wie Riddle inmitten der Reinblüter machte, die er im Ministerium kennengelernt hatte, doch nach wenigen Sätzen mit ihm verstand er es: Tom Riddle war ein Mann, der mit Worten umging, als hätte er sie studiert, und er hatte sich seine Freunde, von Malfoy bis Rookwood, sorgfältig ausgewählt. Sie alle hatten sich ihm zu Treue verpflichtet, weil sie an ihn glaubten, und Lokesh hatte verstehen wollen, welche Vision dieser Junge hatte.

Doch er hatte verstanden, für wen Tom Riddle kämpfte, und es war einzig und allein er selbst. Sein Antrieb waren Zorn und Rache, die Eigenheiten eines Kindes, das keine Eltern gehabt hatte. Er wollte herrschen wegen der Macht, die er bekommen würde, doch seine größte Angst war es, dass der Tod sie ihm wieder nahm. Und so hatte Lokesh beobachtet, wie aus dem charmanten Mann, der wie die Inkarnation eines Gottes aussah, eine verzerrte Gestalt wurde, die mit Angst regierte. Er fürchtete den Tod zurecht, denn alles, was er aufgebaut hatte, würde zerbrechen, sobald er die Welt verließ. Er hatte keine Ideologie, er wollte nur Macht für sich selbst, während Grindelwald eine Überzeugung — eine Sache — hatte, für die es sich zu kämpfen lohnte. Vielleicht suchten die Reinblüter an Tom Riddles Seite immer noch einen Ersatz für ihn. Das bedeutete es, ein Erbe zu hinterlassen. Voldemort nutzte nur die Vorurteile seiner Zeit aus, um zu herrschen.

Malcolm trat an den Sessel heran und setzte sich langsam. Die Sonne strahlte durch die Fenster und tauchte den Raum in helles Licht, fast schon in hämischem Kontrast dazu, was in ihm besprochen wurde. „Meine Eltern haben mir immer gesagt, dass ich mehr Wert bin als ein Schlammblut", begann er. „Und trotzdem dachte ich immer, dass wir lieber die Muggel bekämpfen sollten als uns selbst. Dass sie die wahren Feinde sind."

„Sieh sie nicht als Feinde", sagte Lokesh nur ruhig und nahm gedankenverloren einen Zug von seiner Zigarre. „Sie sind bemitleidenswert. Dazu geboren, zu dienen. Und doch herrschen sie insgeheim über uns."

„Und Paiges Mutter hat wirklich den Grund dafür gefunden, was uns zu Zauberern gemacht?", fragte Malcolm.

Lokesh wurde still. „Ja", antwortete er dann. „Ja, das hat sie." Sein Blick glitt für einen Moment in die Ferne. „Sie glaubte, wenn es möglich wäre, Muggel die Fähigkeit für Magie zu geben, gäbe es keine Differenzen mehr. Dass wir alle nebeneinander leben könnten, ganz ohne Misstrauen."

Malcolm schnaubte, doch Lokesh versuchte nicht weiter, ihm den Verstand der Frau zu erklären, die er immer noch zutiefst bewunderte.

„Dank deinem Bruder wussten wir, dass Paige ein Buch mit ihren Forschungen hatte, aber es ist wertlos. Es ging hauptsächlich um Werwölfe. Sie hat zu viel Zeit mit diesen Monstern verschwendet. Ein wenig etwas über die Ursache der Verwandlungen hat sie, aber nichts von Bedeutung für uns", fuhr Lokesh stattdessen fort. „Aber ich kannte Mala. Sie hätte nie solch eine Erkenntnis vernichtet. Sie hätte sie irgendwie an Paige weitergegeben, sie war ihr ein und alles. Und wenn Paige davon erfährt, soll sie auf unserer Seite stehen."

„Ich denke nicht, dass es sie von uns überzeugen wird, wenn du sie in deinen Keller einsperrst", merkte Malcolm an, Ungeduld und Frustration lag in seinem Blick, als er fortfuhr und die Hände zur Faust ballte. „Sie hat ihre Gefühle für Lupin vergessen, sie hat all seine Freunde vergessen, aber das heißt nicht, dass sie uns hilft."

„Nein", antwortete Lokesh. Malcolm und er waren die einzigen, die von dem Zauber wussten — dafür hatte Nora nur einen Gegenstand von ihnen gebraucht. Sie selbst wusste nicht, dass sie ihn je ausgeführt hatte. Denn wenn es durch ihren Zauber keine Spur mehr davon gab, dass Paige und ihr Remus sich je geliebt hatten, hatte es auch nie einen Anlass für sie gegeben, ihn zu sprechen. „Wir brauchen Zeit."

„Ich bin mit einer Frau verlobt, die ich nicht begehre." Malcolms Kiefer verhärtete sich. „Ich will sie. Jetzt."

„Ich weiß", gab Paiges Onkel ruhig zurück. „Und ich werde dich gerne in der Familie willkommen heißen, wenn es so weit ist."

Malcolm hatte unwissentlich das Glück gehabt, dass Lokesh eine jüngere Version seiner selbst in ihm sah. Er hatte den Ehrgeiz und die unerschütterliche Gewissheit, dafür einzustehen, was er wollte, in ihm erkannt, die er selbst mit neunzehn in sich getragen hatte. Und am allerwichtigsten: Sie beide wollten eine Frau, die ein Monster vorgezogen hatte. Dieses Mal würde die Geschichte anders ausgehen. Lokesh würde dafür sorgen, dass Malcolm sie bekam — nicht nur für ihn, sondern auch für seine Nichte, die ohne ihn in ihr Unglück rennen würde.

„Wann?", fragte Malcolm ungeduldig.

„Sie muss es wollen", gab ihr Onkel zurück. „Sie muss es einsehen. Sie ist erst eine Woche hier. Ich habe versucht, ihr zu erklären, dass ich diese Tränke nur brauche, damit er mir dankbar ist und mich in seine engsten Reihen lässt. Es ist noch nicht die richtige Zeit, ihr die Wahrheit zu sagen, aber was sie tun soll wird sie brechen. Vielleicht sogar so, dass sie einsichtig wird."

Malcolm verschränkte die Arme vor der Brust. Er wollte sie nicht gebrochen.

Lokesh sah an seinem Blick, was in seinem Kopf vorging und erhob sich von dem Sofa, auf dem er saß. „Nur zu, geh zu ihr", bot er an. „Überzeug sie. Wenn sie versteht, dass wir nicht unbedingt für Voldemort sind, hilft sie uns. Sie isst schon wieder nichts. Und wenn ich versuche, mit ihr zu reden, will sie mich umbringen. Oder sie singt so etwas wie Es ist mir egal, was du sagst, ich höre sowieso nicht zu, ungefähr so laut, dass sie das wirklich nicht tut."

Als er das hörte, zogen sich seine Mundwinkel nach oben. Das war die Paige, die er kannte.

Er hatte sie nicht genug wertgeschätzt, das wusste er jetzt. Er hatte nach jemandem für einen Zeitvertreib gesucht und aus Versehen ein Mädchen gefunden, das zum Heiraten bestimmt war. Was nicht möglich war, so dachte er, weil seine Eltern doch jemanden anderen für ihn im Auge hatten. Also hatte er sich getrennt und sie dennoch in seiner Nähe behalten. Sein Vater hatte ja auch Affären, so war das eben. An eine Frau band man sich durch ein Stück Papier, an die andere mit dem Herzen. Paige hätte letztere für ihn sein können — seine Mätresse, wenn man so wollte.

Dann hatte er Paiges Onkel kennengelernt und realisiert, dass ihre Familien vielleicht mehr gemeinsam hatten als er gedacht hätte. Schließlich wusste er vorher nur, dass der Onkel, bei dem sie lebte, Auror war und seine Frau ein Muggel. Das hätte nie eine Zukunft haben können. So jedoch... Lokesh war beliebt unter den Todessern und Reinblütern, sein Name war alt und bekannt, wenn auch nicht englisch.

Doch als Malcolm das realisiert hatte, war Paige Lupin bereits auf den Leim gegangen. Der Gedanke dieser Kreatur und ihr ekelte ihn an.

Als er die Treppenstufen zum Keller in Lokeshs Haus hinabging, beschloss er, dass er seine eigenen Pläne verfolgen musste. Wen kümmerte es schon, ob Voldemort herrschte oder jemand mit einer Ideologie wie Grindelwald? Er war in beiden Fällen der mit den Vorteilen. Lokesh ging mit einem zu großen Wunsch vor, etwas zu verändern. Malcolm wollte nur sein Leben leben, und das am liebsten mit Paige.

Als er die schwere Tür aufschob, deren Schloss sich nur per Hand öffnen ließ, fiel sein Blick sofort auf sie. Der Raum war schön eingerichtet, als wäre es einfach nur ein ganz normales Zimmer, das eben im Keller lag — hinter einer verschlossenen Tür.

Sie saß inmitten von Pergamenten, Kesseln und Phiolen, den Gesicht in ihren Händen vergraben, bis sie die Tür knarzen hörte. Ihr Kopf fuhr nach oben und ihre Augen funkelten schon vor Hass, bis sie erkannte, dass es nicht ihr Onkel war.

„Malcolm...?", hauchte sie perplex.

Er lächelte. Wenn er ihr Retter war, würde er ihr nach diesem traumatischen Erlebnis alles in den Kopf setzen können, was er wollte.

Doch dann wurde Paiges Gesicht wieder abweisend, als würde sie realisieren, dass seine Anwesenheit kein bisschen besser war. 

„Ich bin so froh, endlich mit dir reden zu können", sagte Malcolm und setzte ein erleichtertes Lächeln auf. „So, so froh, du glaubst es gar nicht."

Paige sah ihn nicht an, ihre Augen waren stur auf den Tisch vor sich gerichtet. „Ich wusste nicht, dass ich Besuch empfangen darf", entgegnete sie nur kühl.

Malcolm tat so, als würden ihn seine nächsten Worte Überwindung kosten. „Er weiß nicht, dass ich hier bin", gab er zu. Langsam trat er an den Stuhl heran, der neben ihr stand. Sie ließ es zu, dass er sich setzte. Sie erinnerte sich daran, wie sie das Ganze mit Malcolm beendet hatte — daran, was er gesagt hatte. Das letzte Mal, als sie ihn gesehen hatte, waren sie in genau diesem Haus gewesen. Die Ironie ließ sie fast schnauben. „Hör mir nur zu, bitte— Du musst denken, dass ich hiermit etwas zu tun habe, aber als ich erfahren habe, dass er dich hier festhält, musste ich zu dir kommen."

„Das warst du ja jetzt", erwiderte sie, doch so sehr sie ihre Reaktion auch kontrollierte, er erkannte, was er hatte sehen wollen: Einen Funken Hoffnung, irgendwie hier herauszukommen.

„Er hat mir von diesen Tränken erzählt, die du machen sollst. Davon, dass du absichtlich einen falschen gebraut hast." Er stieß sie leicht in die Seite, um sie aufzubauen. „Das ist so stark von dir."

Paiges Kiefer spannte sich an.

Malcolms Stimme war fast nur ein Flüstern. „Du solltest nicht hier sein müssen", fuhr er fort. „Aber dein Onkel will nur deine Kooperation. Wenn er dir vertraut, lässt er dich hier raus. Und dann kann ich dir helfen." Langsam hob er seinen Arm, um mit den Fingern über ihre Wange zu streichen. 

Ihre Augen wanderten kurz zu seiner Hand, doch sie tat nichts, um ihn abzuschütteln. Ihr Blick wirkte leer. „Und warum solltest du das tun?", fragte sie. Sie klang müde. „Hast du nicht auch ein Mal auf deinem Arm?"

„Ich will nur, dass es dir gut", sagte Malcolm ernst. „Meine Eltern haben mir gesagt, was für eine Ehre es sein wird, ihm zu dienen, aber... Es fühlt sich nicht wie eine an. Ich dachte..." Er ließ seine Stimme genau im richtigen Moment brechen. Paige betrachtete ihn und sie lächelte traurig. „Ich will nicht, dass deiner Familie etwas passiert, nur weil du dich weiter weigerst, diesen Trank zu brauen."

Und plötzlich war das Leben wieder in ihren Augen. Sie fuhr auf, den Zauberstab erhoben, und mit einem Mal schleuderte sein Stuhl mit ihm nach hinten. Er krachte auf den Steinboden und hielt sich keuchend die Seite, bevor er zu ihr aufblickte.

Ihr Blick war feurig, als sie ihn taxierte, und ihre Haare fielen wild um ihr Gesicht. „Was ist mit meiner Familie?", fragte sie und Malcolm hob ohne darüber nachzudenken die Hände.

„Bitte beruhig dich", sagte er schnell. „Es ist nur..."

„Was?"

„Lokesh meinte, wenn du nicht bald hörst, wird einer deiner Cousins oder Cousinen als Motivation dienen müssen."

Sie fuhr herum und er hörte, wie ihr Atem schneller ging, bevor ihr Blick auf die Unterlagen auf dem Tisch wanderte. Er unterdrückte ein Grinsen, als er sie beobachtete. Wenn er ihr hier heraushalf, nach all dem Trauma, das nun auf sie zukam, und so vor ihrem Onkel rettete, würde sie ihm dankbar sein. Sie würde Lokesh hassen, nicht ihn. Ihm würde sie um den Hals fallen.

Er würde ihr Retter sein.










ENDE VON BUCH EINS.

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