35. Das allerbeste Geschenk der Welt


KAPITEL FÜNFUNDDREIIG
Das allerbeste Geschenk der Welt

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PAIGE WAR FROH, endlich nicht mehr die einzige mit ihrer Theorie zu sein, die sie im Hogwarts-Express vor nicht mal einem Monat aufgestellt hatte. Irgendetwas verheimlichte Sirius. Etwas, das seine Gefühle für eine Person anging, von der er ihnen nichts erzählte.

Sie saßen am nächsten Tag wieder in der Bibliothek, damit Sirius ihm beim letzten Schliff seiner Astronomieaufgabe helfen konnte — und Remus und Paige saßen neben ihm und amüsierten sich köstlich über Sirius' verzweifeltes Gesicht. Etwas schadenfroh knabberte Paige an ihrem Apfel herum, während sie zusah, wie Sirius sich sichtlich bemühte, nicht die Geduld zu verlieren.

Dann geschah etwas Seltsames. Oder eher etwas Erschütterndes; etwas so Schockierendes, dass es Paiges Leben veränderte. Ein Gryffindor-Mädchen aus Ravis Jahrgang kam zu ihnen. Sie war eine sehr süße Erstklässlerin mit ihren engelsgleichen, blonden Locken und ihrem strahlenden Lächeln, das sie Ravi zuwarf. Womit auch immer er das verdient hatte. „Hi", sagte sie, als Ravi zu ihr aufsah und ebenso strahlend zurück lächelte.

„Hi, Betty", entgegnete er.

„Ich hab einen Zauberkunst-Aufsatz für dich mitgeschrieben", verkündete Betty, als sei das etwas, was mal so nebenbei passierte. „Als kleines Geschenk für dich."

Ravi wurde knallrot im Gesicht, während Paige die Stirn runzelte und den ganzen Austausch interessiert betrachtete. „Danke, Betty." Sie hatte ihn noch nie so kleinlaut erlebt. Sirius hob die Augenbrauen. „Wir sehen uns dann heute Abend, ja?"

„Ja." Betty lächelte schüchtern. „Ich liebe dich."

„Ich dich auch."

Und schon war sie verschwunden und rannte zu ihren kichernden Freundinnen, die hinter dem nächsten Regal warteten.

Paige klappte der Mund auf, Sirius schien beeindruckt.

Remus sah ungläubig aus, als er sagte: „Wer war das denn?"

„Meine Freundin", antwortete Ravi ganz selbstverständlich.

„Deine Freundin", wiederholte Paige und wartete darauf, dass er verkündete, dass das ein schlechter Scherz war. Tat er nicht.

„Boah, du bist nicht mal einen Monat hier und hast schon eine Freundin." Sirius schlug ihm kameradschaftlich auf den Rücken. „Das ist krass."

„Ermutige ihn doch nicht", sagte Paige und lächelte lieblich. „Ravi, weiß Dad davon?"

Ravi fiel die Kinnlade herunter. Dann schien er zu überlegen. „Mmh... Nein."

Sie verschränkte triumphierend die Arme vor der Brust.

„Okay, ich verpetz nichts mehr bei ihm", gab Ravi nach. „Aber er kann ruhig davon wissen, ich werde Betty ja auch mal heiraten."

Paige bekam das Bedürfnis, ihren Bruder zu knuddeln. Das war... niedlich.

Sirius jedoch sah ihn einige Sekunden an und begann dann schallend zu lachen. Paige warf ihm einen ungläubigen Blick zu und er hörte erst auf, als er Ravis ernsten, angesäuerten Blick auf sich spürte. „Ja... ähm. Klar doch", stimmte Sirius schnell zu.

„Wieso lachst du?", fragte Ravi verwirrt.

Paige hoffte, er sagte nichts Falsches.

„Niemand heiratet seine erste Liebe, Ravi", meinte Sirius selbstbewusst. Na wundervoll. „Das ist einfach so." Dann fiel sein Blick auf Remus und Paige, die die Augenbrauen hoben. „Außer ihr natürlich. Ihr seid die Ausnahme."

Ravi zog die Augenbrauen zusammen. „Wer war deine erste Liebe?", fragte er dann. Sirius blickte zu ihm und schnaubte.

„Ja, Sirius", begann da Paige auch ein wenig neugierig geworden. „Sagen wir es so, wer war deine erste Freundin? Wann hattest du deine erste Freundin?"

Sirius schwieg kurz. „Ich war fast fünfzehn", antwortete er schließlich.

Ravi stützte sein Kinn auf seiner Handfläche ab und machte sich auf eine faszinierende Geschichte gefasst.

„Sie war ein Jahr über uns, im Quidditchteam, auch in Gryffindor", erzählte er weiter. Paige runzelte die Stirn.

„Marlene McKinnon?", fragte sie.

Sirius sah verwirrt aus. „Ja", sagte er dann. „Wieso?"

„Jeder stand auf Marlene McKinnon, bis sie die Schule verlassen hat", erklärte Paige sachlich.

Remus zuckte nachdenklich mit den Schultern und nickte dann zustimmend. Paige drehte sich zu ihm um, als sie diese Geste bemerkte. „Sie ist cool", stimmte er bei ihrem Blick schnell zu. „Schlagfertig, sportlich, natürlich. Ich, äh, kenne auch einige, die auf sie standen..."

Sie beschloss, sich nicht den Kopf darüber zu zerbrechen, ob Remus mal auf sie gestanden hatte, aber... Hatte er? Oder irrte sie sich? Sirius hatte ihr erzählt, dass Mary MacDonald mal auf ihn gestanden hatte und die beiden befreundet gewesen waren. Aber wen Remus so interessant gefunden hatte, bevor er sie kennengelernt hatte, wusste sie gar nicht.

„Ja, sie war halt eine gute Freundin", fuhr Sirius locker fort. „Ich fand sie süß. Das ist alles."

„Du warst noch nie verliebt?", fragte Ravi enttäuscht.

„Genauso wenig wie du", entgegnete er in seinem Stolz angegriffen. Vermutlich wegen der Verurteilung in Ravis Stimme.

„Doch!" Ravi sah böse aus. „Ich dachte immer, Mädchen wären blöd wegen meinen Schwestern, aber es gibt auch welche, die in Ordnung sind."

„Hey", sagte Paige empört.

Ravi duckte sich schnell, als sie nach ihm griff, bevor er hektisch schrie: „Du bist nicht meine Schwester!"

Paige hielt inne und nickte schließlich. Da hatte er recht. „Noch mal davongekommen."

„Du findest Betty also in Ordnung?", fragte Remus amüsiert.

„Sie ist besser als in Ordnung!", sagte Ravi schnell. „Sie ist... toll."

Sirius sah ernst aus, als er antwortete: „Jemanden toll zu finden ist gut. Es ist entspannter. Liebe... Liebe ist sehr kompliziert und fühlt sich seltsam an." Er sah auf und blickte erst zu Paige, dann zu Remus, auf dem er seinen Blick nachdenklich verweilen ließ. „Man wird irgendwie so selbstlos." Eine seltsame Stille entstand und erst, als Sirius ihre Gesichtsausdrücke wahrnahm, wandte er hastig den Kopf zur Seite und fügte schnell hinzu: „Ich muss jetzt noch was erledigen, macht ihr hier weiter."

Und damit verschwand er. Von einem Moment auf den anderen. Er ging einfach.

Remus sah ihm ungläubig hinterher, dann lehnte er sich unauffällig zu Paige rüber. „Du hattest recht", flüsterte er, damit Ravi ihn nicht hörte.

„Womit?"

Sie bekam einen genervten Blick von ihm ab. „Na, damit, dass Sirius in jemanden verknallt ist."

Ein triumphierendes Grinsen legte sich auf Paiges Lippen. Sie hatte es ja gesagt. Die schwierige Mission war nun vielmehr, herauszufinden, wer die glückliche auserkorene Person war.

❂ ❂ ❂

ZUGEGEBEN, herauszufinden, auf wen Sirius stand, war eine unglaublich spannende Sache, ja. Am Abend ihrer Geburtstagsfeier jedoch gab es für Paige etwas weitaus Spannenderes, auf das sie sich mental erst einmal vorbereiten musste.

Es war die perfekte Gelegenheit. „Weißt du", hatte sie einen Tag nach ihrem gescheiterten Versuch mit Remus alleine zu sein geflüstert, als sie neben ihm in Verteidigung gegen die dunklen Künste saß, „Bei meiner Geburtstagsfeier wird niemand in deinem Schlafsaal sein oder uns stören."

Remus hatte sie mit diesem Blick angesehen, der ihr klar machte, dass was auch immer ihr Onkel gerade vor der Tafel über Vampire und dunkle Kreaturen erzählte, nur halb so gefährlich und besorgniserregend klang wie zuvor. Wenn er überhaupt noch zuhörte. „Du meinst...?", hatte er dann gefragt.

„Mmh", hatte Paige leise zugestimmt. Sie hatte sich ja schon vorher auf die Geburtstagsfeier gefreut, aber das, was sie jetzt empfand, war ein anderes Level. Sie zählte die Sekunden. Na gut, vielleicht die Minuten.

Es war klar, dass ihr Stimmungswandel auch ihren Freunden auffiel — ihren Adleraugen (man bewundere das Wortspiel) entging nichts.

„So, das reicht", sagte Harper und verschränkte die Arme vor der Brust, als sie in dem rosanen Lehenga Choli, das ihre Tante ihr geschenkt hatte, und hochgesteckten Haaren den Turm von ihrem Schlafsaal hinunterkam. Verwirrt hob sie die Augenbrauen, als Silias und Aliana ebenfalls am Fuß der Treppe standen und sie streng ansahen.

„Du setzt dich jetzt auf die Couch", bestimmte Aliana und manchmal hatte Paige wirklich Angst vor ihren Freunden. In Momenten wie diesen verhielten sie sich nahezu unheimlich. Natürlich hörte sie auf sie. Alles andere wäre wohl lebensmüde.

„Du siehst übrigens umwerfend aus", fügte Harper schnell hinzu, als sie zu ihrer Sitzecke gingen. Paige lächelte und bedankte sich kleinlaut. Das hoffte sie.

Sayria wartete bereits auf dem Sessel und deutete dramatisch auf das Sofa, das ihr gegenüber stand. Paige zögerte nicht lange, bis sie sich ebenfalls setzte, Harper ließ sich entspannt neben sie fallen.

„Ist alles in Ordnung?", fragte sie skeptisch, als alle Augen auf sie gerichtet waren.

Silias grinste. „Das wollen wir dich fragen...", begann er auffordernd.

„Ob alles in Ordnung ist?", wiederholte Paige und auf ihrem Gesicht klebte plötzlich ein so fettes Grinsen, dass es ein Wunder war, dass ihre Wangenmuskeln nicht wehtaten. „Ja ja."

Silias tauschte einen vielsagenden Blick mit Aliana aus.

„Seit deinem Geburtstag bist du seltsam", begann Sayria altklug.

„Du siehst aus, als hättest du die Weltformel entdeckt", sagte Aliana.

„Oder einen Trank, um die Welt zu vernichten", fügte Harper hinzu.

Silias zuckte mit den Schultern. „Oder Lupin hat dir ein sehr spezielles Geburtstagsgeschenk gemacht..."

Paige lachte leicht auf, als sie das hörte. Manchmal vermisste sie es, nicht so viel Zeit wie vorher mit den vieren zu verbringen. Auf das wöchentliche Buch verzichteten sie mittlerweile oder machten es eher spontan aus und Paige versuchte, das Frühstücken am Gryffindor- oder Ravenclaw-Tisch gerecht aufzuteilen. Mal ließen sie sich die Zeit mit ihren Freunden alleine, mal kam Remus mit zu ihr oder sie zu ihm. Er verstand sich gut mit ihnen, genau wie sie sich mit James, Peter und Sirius verstand. Sie wollte ihre Freunde nicht vernachlässigen, weil sie mit Remus zusammen war, aber gleichzeitig war es nur natürlich, dass sie nur noch die Hälfte ihrer Zeit haben konnten.

„Noch nicht", gab Paige kleinlaut zu und zog die Schultern zu den Ohren heran, immer noch mit einem breiten Grinsen.

„Ha!" Silias klatschte in die Hände. „Ich wusste es."

„Warte, heute?", entfuhr es Aliana.

„Ihr habt das ausgemacht?"

Paige sah vorwurfsvoll zu Harper. „Also, hör mal...", begann sie sich zu rechtfertigen. „Uns ist einfach aufgefallen, dass das eine wundervolle Gelegenheit ist, bei der wir wissen, dass uns keiner stören wird."

„Ja ja", verteidigte Harper sich mit einem Lachen, als er ihr ernstes Gesicht bei dieser Erklärung auf seine amüsierte Frage sah. „Wenigstens hast du jemanden. Ihr beide seid mein einziger Grund, an die Liebe zu glauben."

„Nachdem ich euch recht wenig Grund dafür gegeben habe...", warf Aliana ein und seufzte.

„Hey", wandte Silias sich an sie. „Den Typ kannst du vergessen, der ist ein Weichei."

„Sag sowas nicht", entgegnete Aliana. „Wir konnten gut reden, wahrscheinlich hat er es einfach nicht so wahrgenommen wie ich. Hätte ich gewusst, dass er eine Freundin hat..."

„Du hast mehr verdient." In Silias' Stimme schwang etwas Endgültiges mit. Paige runzelte die Stirn, als sie dabei zusah, wie sich Alianas Blick mit seinem verhakte. Dann lächelte sie wissend. So war das also. Was man alles verpassen konnte...

„Ich glaub immer noch an dich und Calista", warf Sayria ein. „Sie wird es schaffen, da rauszukommen, ganz bestimmt."

Paige dachte kurz an Blake und fragte sich, welches Schicksal Calista bevorstehen würde, wenn sie es tatsächlich schaffte. Sie atmete tief durch. Heute war keine Zeit für solche Gedanken. Heute war alles einfach nur wundervoll.

❂ ❂ ❂

REMUS UND SEINE FREUNDE hatten sich bei der Vorbereitung ihrer Feier tatsächlich ziemlich ins Zeug gelegt. Der Gemeinschaftsraum sah unglaublich aus. Von der Decke hingen glitzernde Luftschlangen in blau und bronze, an deren Enden kleine Adler zur Zierde befestigt waren, und überall, wo es ging, waren blaue mit Helium gefüllte Luftballons angebunden, auf denen Happy Birthday, Paige und eine 18 stand.

„Fühlt sich wie Hausverrat an", murmelte sie mit gespieltem Schock, aber einem beeindruckten Grinsen, als Remus auf sie zukam. Seine braunen Haare fielen ihm in die Stirn und Paige ließ ihren Blick über den weichen, schwarzen Pullover schweifen, den er trug und der sich über seinen Oberkörper spannte. Er stand ihm gut.

Auf dem Arm trug er verschiedenste Sachen, die Paige noch nicht ganz zuordnen konnte. Was sie aber erkannte, war ein großer Einhorn-Luftballon mit zwei Pappfüßen, wodurch er auf dem Boden stehen konnte, ohne umzukippen. Remus zog das weiße Einhorn mit der pinken Mähne an einer Schnur hinter sich her, die er ihr schweigend, aber mit einem Grinsen in die Hand gab.

Dann ließ er seinen Blick über sie gleiten. „Wow", sagte er fasziniert. „Das sieht toll aus, nein, du— Du siehst toll aus."

Paige sah selbst an sich herab und konnte nicht verhindern, dass sie rot wurde, als sie Remus' so ehrliches Kompliment hörte. Sie betrachtete das dreiteilige Kleidungsstück, das sich aus dem langen, körperbetonten Rock, der Bluse, die ihr bis zur Taille reichte, und der zartrosanen Dupatta, die sie sich um die Arme gelegt hatte, zusammensetzte. Es war alles aufeinander abgestimmt, farblich und vom Muster. Feine Stickereien sowie gearbeitete Rosen und kleinere Blumen zierten den Stoff. Sie liebte den Anblick. „Danke", sagte sie verlegen. „Es war ein Geburtstagsgeschenk — du siehst übrigens auch sehr gut aus."

Remus lächelte sanft und zog ein goldenes Krönchen von den Sachen auf seinem Arm hervor, auf dem eine 18 stand, die rosa glitzerte. Deswegen also die Frage vor einer Woche nach der Farbe, die sie tragen würde... Vorsichtig steckte er es Paige ins Haar. Dann warf er ihr ein Band um, auf dem viele kleine Einhörner zu sehen waren, zwischen denen Geburtstagskind stand.

„Jetzt darfst du offiziell eintreten", sagte er zufrieden und Paige legte den Kopf schief.

„Ziehst du mir das alles an, nur um es später wieder auszuziehen?", fragte sie unschuldig.

Remus blickte sie einen Moment an, um ihre Worte zu verarbeiten. Dann schüttelte er den Kopf. „Du bist unglaublich", meinte er, bevor sich seine Mundwinkel hoben. Er beugte sich vor und sein Atem streifte ihr Ohr, als er flüsterte: „Aber ja."

Paiges Atem stockte und sie sah ihm sprachlos nach, als er einfach ihre Hand nahm, als sei nichts gewesen, und sie mit sich zu den Sofas zog, wo schon ihre Freunde, Sirius, Peter und James warteten. Auch Lily war dabei und winkte ihr zu. Sie wirkte ein wenig überfordert... was eventuell an James und Sirius lag, die links und rechts von ihr saßen.

„Alle, die Geschenke für dich haben, sind hier", erklärte Remus.

„Die wahren Freunde quasi", ergänzte Sirius.

„Du schenkst mir was, Lily?", fragte Paige überrascht. Sie hätte nicht gedacht, dass sie sich so nahe standen.

„Klar", antwortete Lily. „Du bist Remus' Freundin und Remus und ich sind befreundet." Sie lächelte Paige sanft an. Sie erinnerte sich an das Gespräch, das sie mit der Gryffindor über Remus geführt hatte. Lily war ihr dankbar dafür, dass sie Remus glücklich machte, das hatte sie ihr selbst gesagt.

„Und wir sind auch befreundet", fügte James stolz hinzu und lehnte sich zu Lily herüber.

„Wir..." Lily holte tief Luft, offensichtlich überwältigt von der plötzlichen Nähe seines Gesichts. Ihr Atem ging stoßweise. „Wir sind auf dem Weg dorthin", gab sie schließlich zu und wandte den Blick ab.

James sah aus, als hätte er goldene Dracheneier gefunden.

„Könntest du—?", begann Lily und deutete schnell auf die Seite. „Du bist sehr warm. Das stört mich." Ihre mechanische, beherrschte Art zu sprechen, half nicht. Ihre Nervosität, weil James so eng neben ihr gesessen hatte, war nicht zu überspielen.

Sirius amüsierte sich köstlich, Peter sah verwirrt aus und Remus und Paige tauschten einen schlichten Blick aus. Dieser verdammte Glückspilz bekam aber auch wirklich immer, was er wollte, oder?

„Hey", meldete sich plötzlich eine neue Stimme zu Wort und Paige, die freudig überrascht war, ihren Klang zu hören, sah mit einem Lächeln im Gesicht auf.

Dorcas sah schüchterner aus, als Paige sie sonst wahrgenommen hatte, sobald sie vor der Gruppe stand und sich an dem Beutel in ihren Händen festhielt.

Sirius zog die Augenbrauen zusammen. „Was machst du denn hier?", fragte er. Er schien sie anzusehen und gedanklich lediglich ein großes Schlangen-Wappen auf ihrer Brust zu sehen.

Sirius", sagte Paige streng. „Ich habe sie eingeladen. Das macht sie hier."

„Ich hab auch ein Geschenk", erklärte Dorcas, ohne sich von Sirius' blöder Frage verunsichern zu lassen. Zum Glück.

„Setz dich doch, Dorcas", bot Remus ihr sofort zuvorkommend an und deutete auf den Platz neben sich.

Dorcas lächelte zaghaft und bedankte sich, bevor sie auf der Couch Platz nahm. „Ja, ich bin also Dorcas", stellte sie sich kurz vor.

„Lily", begann die kleine Vorstellungsrunde, doch Dorcas lachte nur.

„Na ja, wenn ich das nicht wüsste, würde ich ja hinterm Mond leben", entgegnete sie schlicht. „Nur bei euch..." Sie deutete auf Paiges Freundesgruppe. „Du bist der Hüter der Ravenclaws — Silias. Du... Du heißt auf jeden Fall Clarence mit Nachnamen."

„Harper", bestätigte Harper schnell.

„Und ihr seid nicht in unserem Jahrgang", fuhr Dorcas sachlich fort.

„Jup", stimmte Sayria zu und stellte sich vor.

„Ich bin Aliana."

Dorcas nickte.

Und dann kamen sie zum (zweit)besten Teil des Abends: Die Geschenke.

Paige rieb sich freudig die Hände, bevor es losging, und war in einem Zwiespalt zwischen ordentlich den Tesafilm abziehen und wild aufreißen, als hinge ihr Leben davon ab gefangen. Sie entschied es nach Gefühl, je nach Geschenk und Geschenkpapier (Sayria hatte ihres selbst bemalt, das musste sie natürlich behalten).

Es sollte keine Überraschung sein, dass die meisten ihrer Freunde ihr Bücher geschenkt hatten. Ihr Onkel beschwerte sich immer, wenn ihr Weihnachtswunschzettel nur aus Büchern bestand, aber dafür hatte ihre Tante jedes Mal schöne Ideen parat, um ihr eine Überraschung zu bereiten. Um ehrlich zu sein, hatte sie ja auch alles Wichtige, was sprach denn gegen Bücher? Schmuck war auch ein schönes Geschenk, aber ihre Kette legte sie sowieso selten ab. Instinktiv griff sie nach dem Schmuckstück um ihren Hals, das einst ihrer Mutter gehört hatte. Dafür liebte sie Ohrringe über alles, aber mit denen wurde sie normalerweise von ihrer Familie versorgt, wenn ihre Freunde nicht gerade zusammenlegten.

Sie bekam ein sehr gut riechendes Parfüm in einem wunderschönen Flakon, Bücher, diverse Kleinigkeiten wie Gesichtsmasken, Cremes oder Duschgel, Bücher (das hatte sie schon erwähnt, oder?) und ein sogenanntes Care-Package von Sirius, Peter und James. Es enthielt... die wichtigen Dinge des Lebens.

„Also", erklärte Sirius, während er den Korb durchging. „Wir haben da Binden, ein Schweizer Taschenmesser, Streichhölzer, eine Taschenlampe, Gesichtsmasken, Kaugummis, Kondome, Pfefferminzbonbons, Deo, Teebeutel, Süßigkeiten, Sekt — ach, und Tampons. Ich wusste nicht, was du nimmst, da hab ich die noch mit reingeworfen."

Paige sah die drei ein wenig sprachlos an. „Das hört sich an, als würde ich einen Monat im Wald zelten gehen, aber gut, man weiß ja nie", merkte sie trocken an. Sie nahm den Korb entgegen und sah sich die ganzen Packungen an, an denen kleine Zettelchen klebten.

Was Süßes (und damit meinen wir nicht Remus) stand zum Beispiel auf der Pralinenschachtel. An die Taschenlampe war ein Zettel angebracht mit Für die bessere Beleuchtung ;)

Von den Zum Küssen-Lippenmasken, über das Falls euch jemand stört-Taschenmesser, bis hin zu den Für den Morgen danach-Teebeuteln las Paige sich mit einem Lachen jedes Zettelchen durch. Das Highlight waren natürlich die Kondome mit dem angeklebten Zettel Ran an den Speck.

„Respekt", sagte sie schließlich. „Ist auf jeden Fall alles nützlich."

„Das hoffen wir", entgegnete James feierlich nickend.

Dorcas entschuldigte sich überschwänglich, dass sie nicht genau gewusst hatte, was Paige mochte. Sie hatte ihr Kleinigkeiten aus Zonkos und dem Honigtopf und einen Gutschein für einen Buchladen mitgebracht. Nachdem Paige ihr versicherte, dass sie ihr wirklich nichts hätte mitbringen brauchen, umarmte sie sie. Dorcas schien zu zögern, erwiderte ihre Geste aber schließlich.

Sirius war aber wohl noch nicht fertig und winkte hastig in Peters Richtung, der eine Schachtel hervorholte, die James ihm abnahm und ihr aufgeregt überreichte. Er hibbelte sogar ein wenig auf seinem Platz herum, aber Paige war sich ziemlich sicher, dass das nicht der Grund dafür war, dass Lily wieder näher an ihm dran saß...

Paige bekam große Augen, als sie die Schachtel öffnete. Es war ein goldener, wunderschöner Armreif, der aus mehreren Teilen bestand uns sich wunderschön um ihren Arm schlang, als sie ihn anlegte. Er passte zwar nicht zu ihrem heutigen Outfit, da er nicht nur mit weißen, sondern hauptsächlich mit roten glitzernden Steinchen verziert war, aber er war wunderschön.

„Wow", sagte sie ehrfürchtig. „Ihr hättet doch nicht... Der ist wunderschön."

„Peter hat ihn entdeckt", meinte James und schlug besagtem Jungen auf den Rücken. „Und Sirius und ich wussten einfach, dass er perfekt ist. Passend dazu..." Er machte einen dramatischen Trommelwirbel auf den Sofakissen, dem Sirius sich anschloss. „Remus, bitte."

Remus schüttelte grinsend mit dem Kopf und überreichte ihr eine kleine Geschenkschachtel. Gespannt packte Paige sie auf und öffnete eine weiße Schachtel, die sicherlich auch Schmuck enthielt. Und tatsächlich. Es waren wunderschöne goldene, große Ohrringe mit einem wunderschönen Ornamentmuster und den gleichen roten Steinen, die auch den Armreif zierten.

„Eigentlich habe ich die Ohrringe entdeckt und Peter hat tagelang gesucht und sich richtig ins Zeug gelegt, um etwas Passendes zu finden", erklärte er, doch Paige hatte schon grinsend ihre Lippen auf seine gelegt. Als sie ihm so nahe kam, erkannte sie, dass er einen sehr gut riechenden Duft aufgelegt hatte.

Als sie sich löste, war nur noch Harper übrig, der ankündigte, das allerbeste Geschenk der Welt für sie zu haben. Und natürlich hatte er das auch. Paige schrie sogar, als sie die Karte öffnete und ihr eine Kinokarte in den Schoß fiel, um diesen neuen angekündigten Film namens Krieg der Sterne in den Weihnachtsferien zu schauen. Er hörte sich wirklich gut an und Paige war gespannt, ob er sie genauso fesseln würde wie Star Trek. Sie hatte ein Interview vom Schöpfer dieses neuen Films (George Lucas oder Lucas George?) gelesen, der allerdings eher spärlich beworben worden war. Scheinbar glaubte niemand daran, dass sein Film ein Erfolg wurde und allein wegen der technischen Umsetzung war er fast überall abgelehnt wurden, aber als sie gehört hatte, dass seine Idee wohl zu komplex gewesen sei, war sie schon begeistert. Diese Details machten alles erst lebendig und sie musste es sehen.

Vielleicht war diese Nachricht für einen normalen Menschen nicht der Anlass dafür, seinem besten Freund um die Arme zu fallen und fünf Minuten auf und ab zu hüpfen, aber Paige freute sich eben wirklich.

Auch Dorcas entlockte diese Reaktion ein ehrliches Lächeln.

Nach diesem krönenden Abschluss löste sich die Gruppe Stück für Stück auf und Paige atmete tief durch, als sie sich bei den Getränken, dem Essen oder auf der provisorischen, frei geräumten Tanzfläche verteilten. Aliana und Silias gingen zusammen los, um Met zu trinken, und als Harper neben ihr aufstehen wollte, um ihnen zu folgen, hielt sie ihn mit einer simplen Geste zurück. Harper starrte auf den ausgestreckten Arm vor sich und runzelte die Stirn. Auch Sayria, die ihnen hatte hinterhergehen wollen, blieb auf ihrem Platz.

„Wir lassen sie noch ein wenig alleine, okay?", wies Paige sie an.

„Wieso?", fragte Harper verwirrt.

„Merlin, habt ihr Augen im Kopf?" Sie deutete vielsagend auf Aliana, deren blonde Locken ihr nach hinten fielen, als sie herzhaft über etwas lachte, das Silias gesagt hatte, und dann kopfschüttelnd eine Hand gegen ihre Stirn schlug. Silias rieb ihr belustigt über den Arm.

Harper zog die Luft ein.

Paige machte eine vielsagende Geste, bevor sie sagte: „Ich komm gleich nach, okay?"

Die beiden nickten und machten sich auf den Weg, der einen großen Bogen um Silias und Aliana beinhaltete.

Zu Paiges Überraschung blieben Lily und James länger sitzen, Lily betont darauf bedacht, die Contenance zu bewahren. Und James... James schien doch tatsächlich verunsichert zu sein. Ja, sie sprach von James Potter, nicht irgendeinem James.

„Potter", sagte Lily da plötzlich. Es schien sie eine unsterbliche Überwindung zu kosten. „Wenn du Lust hättest, dann... Ich mag das Lied, das gerade läuft. Wenn du magst, kannst du mittanzen. Mit mir, meine ich."

James starrte sie ein paar Sekunden lang an. Sein Gehirn schien diese Information nicht ganz verarbeiten zu wollen. Bis er plötzlich aufsprang.

„Das ist mein ganz persönlicher Plottwist", murmelte Remus und sah fassungslos Lily und James hinterher, als sie zusammen tanzen gingen.

„Hasst sie ihn nicht?", fragte Dorcas verwundert.

„Nicht mehr", entgegnete Paige schlicht. Und da fiel ihr ein... Dorcas.

Sie biss sich auf die Lippe. Sie konnte sie ja nicht einladen und dann einfach irgendwann alleine lassen.

„Wir warten am besten, bis alle ein bisschen angetrunken und die Party richtig in Gang ist", flüsterte Paige Remus zu.

„Würd ich auch so machen", stimmte Remus leise zu, bevor er laut hinzufügte: „Dorcas, willst du mitkommen? Wir gehen zu den anderen."

Und Paige war froh, dass sie Dorcas eingeladen hatte. Sie blühte richtig auf, tanzte, lachte und trank Shots mit Sirius und James (und Paige und Remus, aber die hielten sich aufgrund ihrer Pläne irgendwann zurück — dafür sprangen Lily und Mary ein). Deswegen ruhte Paige sich mit ihm gerade ein wenig vom Feuerwhiskey auf den Sofas aus, auch wenn sie schon nicht mehr viel von ihm merkte.

„Remus", sagte sie, als sie dort in seinem Arm lag, ihre Dupatta ablegte und auf das aufgerissene Geschenkpapier auf dem Boden schaute. „Meinst du, es ist spät genug?"

Remus, der sie im Arm hielt, drehte langsam den Kopf zu ihr. „Ich denke schon", entgegnete er leise.

Paige atmete tief durch, als sie ihm weiter in die grünen Augen sah, und brachte die nötige Stärke auf, die sie brauchte, um sich von ihnen loszureißen. Als sie zu den anderen sah, unterlief ihr leider ein fataler Fehler. Sie ließ ihren Blick durch den Raum schweifen, um zu sehen, ob alle abgelenkt waren und beschäftigt wurden. Stattdessen hätten sie wirklich genauer auf ihre nahe Umgebung achten sollen, weil sich just in diesem Moment Sirius auf die Couch gegenüber von ihnen fallen ließ.

„Leute, ich bin ein bisschen durch", verkündete er laut. „Ich muss mich mal ganz kurz hier hinsetzen."

Und dann begann er zu reden. Ja, ohne Punkt und Komma, und über Dinge, die Paige nicht weniger interessieren könnten. Für einen Moment zweifelte sie sogar daran, dass er je wieder aufhören würde. Also hörte sie gerade so mit halbem Ohr zu, stimmte gelangweilt zu und schnappte nur Wörter wie Quidditch, Filch, Besen, Hunde oder so etwas auf.

Remus neben ihr atmete tief aus und tippte frustriert mit dem Finger auf seinem Knie herum.

Das Schweizer „Falls euch jemand stört"-Taschenmesser schien sehr verführerisch gerade... Er hatte es ja selbst geschrieben. Und dann sah sie ihre Möglichkeit — ihre Rettung. Harper.

Da Sirius so vertieft in seine Erzählungen war, versuchte Paige ihren besten Freund mit einer kleinen Handgeste auf sich aufmerksam zu machen. Es dauerte ein wenig, aber als Harpers Blick tatsächlich auf sie fiel, runzelte er verwirrt die Stirn. Paige deutete zwischen sich und Remus hin und her, bevor sie mit einer aggressiven Geste auf Sirius zeigte.

Remus wandte sich zu ihr um und sie sah an dem vorwurfsvollen Blick in seinen Augen, was er sagen wollte.

„Er ist mein bester Freund!", verteidigte sie sich.

Harper schien ein Licht aufzugehen und Paige stieß ein Stoßgebet aus, als er von hinten an das Sofa herantrat, auf dem Sirius saß. „Hey", sagte er und schlug Sirius leicht auf die Schulter, der sofort zu ihm sah. „James hat nach dir gefragt."

„Oh", entgegnete Sirius. „Sorry, Leute, bin gleich wieder da."

Musst du nicht, dachte Paige, während sie ihm hinterher sah. „Danke, Harper", sagte sie und legte sich eine Hand aufs Herz.

„Kein Ding." Harper hob die Augenbrauen und ging wieder weiter, um sie alleine zu lassen.

Remus griff sofort nach ihrer Hand.

Na endlich.

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