20. Alice ist ein Vampir?

KAPITEL ZWANZIG
Alice ist ein Vampir?

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      DIE NÄCHSTEN TAGE waren eine Qual. Paige wich jedem von Remus' Blicken aus, redete aber weiterhin mit James, Peter und Sirius als wäre nichts passiert, wenn sie sie sah. Sie mochte sie und wenn Remus meinte, so eine Show abziehen zu müssen, würde sie sich diese neuen Freundschaften nicht einfach nehmen lassen, allein aus Protest.

Sirius hatte das Thema nur einmal angesprochen und es seit ihrem eindeutigen Schweigen nicht mehr getan, da er entweder wusste, was passiert war oder es sich denken konnte.

„So gut war das Buch auch wieder nicht." meinte Harper während des Frühstücks und Paige, endlich aus ihren trüben Gedanken gerissen, sah ihn sprachlos an. „Guck nicht so. Es war in die Länge gezogen und es ist eigentlich nicht wirklich viel passiert."

„Aber es ging doch viel mehr um die ganze Dynamik der Charaktere." hielt Paige dagegen, denn diese Diskussionen waren das einzige, was sie im Moment ablenkten. „Die Freundschaften und ganzen kleinen Nebengeschichten haben den Reiz ausgemacht."

„Aber anhand des Klappentexts hätte man eben etwas völlig anderes erwartet."

Paige zuckte mit den Schultern. „Ich mochte es." sagte sie und zog bei seinem uneinsichtigen Gesicht einen leichten Schmollmund. Harper machte ein mitfühlendes Geräusch und tätschelte ihr den Rücken.

„Wusstest du, dass es Gerüchte gibt, dass es einen Film zu Star Trek geben soll?" lenkte er sie mit einem schiefen Grinsen geschickt ab.

„Einen Film?" fragte Paige skeptisch und plötzlich zeichnete sich Begeisterung in ihrem Gesicht ab. „Das wäre ja mal so genial."

„Ja, oder?" Er hibbelte begeistert auf seinem Platz herum.

„Ich glaube nicht, dass sie noch mehr Serien machen. Ich weiß nicht, ob neue Charaktere so gut ankommen würden... aber ein oder zwei Filme wären echt klasse." überlegte sie laut und sah zu Harper, dessen Augen plötzlich hinter ihr verweilten. Sie seufzte leicht und drehte sich in die Richtung um, in die er sah.

Natürlich war es der Slytherin-Tisch, dem seine sehnsüchtigen Blicke galten: genauer gesagt Calista, die auf einmal fehl am Platz zwischen ihren Freundinnen wirkte, die munter miteinander plauderten und lachten. Auch sie sah zu Harper, wobei sich ihre Mundwinkel zu Paiges Überraschung leicht hoben. Als sie jedoch bemerkte, dass sie sich ebenfalls umgedreht hatte, wandte sie sich an die anderen Slytherin, um etwas zu fragen.

Harper drehte sich wieder nach vorne, als ihr Blickkontakt unterbrochen war. Das war der Grund, warum Paige nicht zum Gryffindor-Tisch sah. Sie wollte nicht, dass sie sich auf diese Weise ansahen.

Bei diesem Gedanken würgte sie den letzten Bissen ihres Frühstücks hinunter und stand hastig auf, kaum dass sie fertig war. Etwas verwirrt sah Harper zu ihr auf und Paige musste überhaupt nichts erklären, als sie in Richtung des Gryffindor-Tischs nickte.

„Paige, he!" hörte sie in diesem Moment von ebendiesem Tisch rufen und mit einem tiefen Seufzen drehte sie sich zu dem Gryffindor herum, zu dem die Stimme gehörte. James winkte sie zu sich herüber und sie warf Harper einen kurzen Blick zu.

„Geh nur." sagte er. „Ich muss noch zu Aliana wegen ihrem Projekt in Kräuterkunde."

Paige nickte und er warf ihr einen aufmunternden Blick zu, der ihr tatsächlich half — zumindest bis sie vor den vieren stand, die gerade am Tisch saßen und frühstückten. Sie sah fragend zwischen ihnen hin und her und auch wenn sie es nicht beabsichtigt hatte, blieben ihre Augen an Remus hängen. Er konzentrierte sich sichtlich bemüht auf die Zeitung vor sich und versuchte so zu tun, als wäre ihre Anwesenheit etwas Alltägliches, das ihn nicht kümmerte. Paiges Mundwinkel zogen sich automatisch nach unten, als sie das sah.

„Ich habe eine Frage wegen Arithmantik." sagte Peter kauend und riss sie somit aus ihrer Trance.

„Ja?" entgegnete sie fragend und sah dabei zu, wie er seine Hausaufgaben aus der Tasche holte, um sie ihr zu zeigen.

„Ich verstehe die dritte Aufgabe nicht." erklärte er und Paige nahm mit einem Runzeln ihrer Stirn das Pergament entgegen.

„Die war auch nicht so einfach." Sie sah unschlüssig durch den Raum und seufzte schließlich leicht. „Na gut, wir haben schon in der zweiten Stunde Arithmantik und das alles zu erklären, dauert zu lange. Ich würde dir auch meine Antworten geben, aber bei dir sind die Kombinationen anders als bei mir."

Obwohl es ihr nicht passte, wollte sie Peter wirklich helfen und überwindete sich selbst, als sie sich neben ihn und somit gegenüber von Remus setzte. Sie würde sich nicht von seiner Anwesenheit stören lassen. Den Gefallen tat sie ihm nicht. „Ich mache es jetzt und erkläre es dir nochmal heute Nachmittag." Sie holte ihre Lesebrille und eine Feder aus ihrer Tasche und breitete das Stück Pergament vor sich aus. Während sie ihren Kopf auf ihrer Hand abstützte, hörte sie, wie Remus unruhig mit der Zeitung raschelte.

„Fragt Frank da gerade Alice, ob sie mit ihm ausgehen will?" fragte Sirius plötzlich und Paige warf ihm einen kurzen Blick zu.

„Sirius Black, die Klatschtante." kommentierte sie seine Worte trocken.

„Wird aber auch mal Zeit, dass die beiden miteinander ausgehen." fügte Remus hinzu.

„Wenigstens unterdrücken sie ihre Gefühle nicht." rutschte es aus Paige heraus und als sie ihn direkt ansah, breitete sich ein betretenes Schweigen aus.

„Wenigstens haben sie keinen Grund dazu." sagte er ruhig, den Blick immer noch auf die Zeitung gewandt.

„Wer weiß. Vielleicht ist Alice ein Vampir, aber Frank ist es egal." Als ihre Stimme spöttischer wurde, schlug Remus frustriert die Zeitung zusammen und sah sie so aufgebracht an, wie sie ihn selten erlebt hatte.

„Vielleicht weiß Alice aber, dass sie nicht gut für Frank ist, weil sie Blut trinkt."

„Vielleicht hätte Alice ihn dann nicht küssen sollen."

Hör zu—" Kaum, dass er die Stimme erhoben hatte und sah, dass Paige leicht zusammenzuckte, unterbrach er sich schuldbewusst. „Ich muss zu Verwandlung."

„Wir haben alle Verwandlung. Bis auf Peter." merkte Sirius an und Remus warf ihm einen gezielten Blick zu.

„Alice ist ein Vampir?" murmelte Peter verwirrt und sie warfen ihm einen kurzen Blick zu, bevor sie sich dazu entschieden ihn zu ignorieren.

„Ich muss noch was mit McGonagall klären." fuhr Remus knapp fort und ohne weiteren Raum für Erklärungen zu lassen warf er die Zeitung auf den Tisch und stand auf.

„Remus..." begann Paige leise und beinahe glaubte sie, keine Reaktion zu bekommen. Doch bevor er losging, drehte er sich zu ihr um und sah sie, als gäbe es niemanden anderen mehr in der Großen Halle. Sie hasste es, wenn sich ihre Stimme so fragil anhörte. So zerbrechlich — und das nur wegen ihm. Aber seine Augen so konzentriert auf sich zu spüren, während sie alle Wörter zu sagen schienen, die er nicht aussprechen konnte, war es wert.

Sie konnte nichts sagen. Nicht, wo Sirius, James und Peter neben ihr saßen und sie ihre Blicke auf sich spüren konnte. Sie hoffte, dass er verstehen würde, was sie ihm mitteilen wollte, obwohl sie das nicht einmal selbst wusste.

Remus stattdessen wartete auf ein einziges Wort von ihr, da er sich in diesem Moment sicher war, dass das das einzig Nötige sein würde, um alles hinzuschmeißen. Er konnte sie nicht länger ansehen, wenn er wusste, dass er der Grund für diesen Blick in ihren Augen war.

Vielleicht hätte er etwas sagen sollen — ihr deutlich machen, dass er kurz davor war, alle Zweifel über Bord zu werfen — aber stattdessen ging er, ohne sich noch einmal zu ihr umzudrehen.

Paige biss die Zähne zusammen und wandte sich geistesabwesend der Pergamentrolle vor ihr zu, um weiter zu schreiben, als wäre nichts passiert. Als sie jedoch merkte, dass James und Sirius keine Anstalten machten damit aufzuhören sie zu mustern, hob sie den Kopf und sah die beiden gereizt an. „Was?" presste sie hervor und die zwei warfen sich einen kurzen Blick zu.

„Du könntest zu Remus' Geburtstagsfeier nächste Woche Sonntag kommen, weißt du." sagte Sirius und James sah ihn mit einem eindringlichen Kopfschütteln an.

„Hör mal Paige—"

„Es reicht mit Hör mal und Hör zu, Paige." unterbrach sie ihn mit gehobener Stimme. „Ich bin hier, um Peter bei seinen Hausaufgaben zu helfen und nicht wegen irgendeiner beschissenen— Warte, wieso ist die Feier am Sonntag?"

Sirius sah zufrieden aus. „Weil am Samstag das Spiel gegen Hufflepuff ist und wir schlecht zwei Partys an einem Tag machen können."

„Remus hat mir gesagt, dass er große Feiern nicht mag." erwiderte sie skeptisch, seltsam ausgeglichen im Vergleich zu ihrem Ausbruch eben, und James, der ein wenig perplex wirkte, nickte seelenruhig.

„Ich war selbst überrascht, aber er meinte — und ich zitiere: Ich will eine große Feier, James, größer als die von Sirius." Er schwieg kurz. „Zugegeben, wir waren da ein bisschen betrunken, aber der fürsorgliche Freund der ich bin, habe ich mir seinen Wunsch natürlich zu Herzen genommen."

„Obwohl es natürlich klar ist, dass sie nicht so groß werden wird." meinte Sirius stolz und als Paige lächeln musste, lehnte er sich etwas näher an sie heran. „Schön, dein umwerfend charmantes Lächeln zu sehen." sagte er leise.

Sie stieß ihn in die Seite, musste aber zugeben, dass Sirius es schaffte, ihre Stimmung zu heben. Doch sie hielt es nicht aus, diese unausgesprochenen Gedanken der drei förmlich hören zu können. Wie aus heiterem Himmel stand sie auf und warf sich ihre Tasche über die Schulter. „Okay, hier hast du die Antworten. Wie gesagt, ich kann dir heute Nachmittag alles erklären." sagte sie zu Peter und legte ihm die Antworten auf den Tisch. „Wir sehen uns in Verwandlung."

Genau wie Remus.

❂ ❂ ❂

      ALLES OKAY?" fragte Harper, kaum dass Paige sich neben ihn gesetzt hatte. Er merkte ihr sofort an, dass sie ihre Gefühle hinunterschluckte, als sie die Zähne zusammenbiss und mit den Schultern zuckte.

„Wie die letzten Tage eben." sagte sie knapp und holte ihr Buch aus der Tasche, neben das sie ihren Zauberstab legte. „Aber ich will mir die Verwandlungsstunde nicht davon verderben lassen." Hastig suchte sie mit den Augen den Raum nach Professor McGonagall ab, doch sie saß noch am Schreibtisch und schrieb etwas auf.

Remus saß in der Reihe vor ihr — nein, es war egal, ob Remus vor ihr saß oder nicht. So sollte es zumindest sein.

„Was war das mit Calista eben?" fragte Paige leise und Harper räusperte sich unwohl.

„Seit wir nicht mehr zusammen arbeiten müssen, haben wir nicht mehr miteinander gesprochen." sagte er nach einer kurzen Pause und atmete tief durch. „Ich meine, wir kennen uns kaum, aber manchmal habe ich das Gefühl, dass... wir irgendwie fühlen, was der andere sagen will. Das hört sich dumm an, ich weiß."

„Du hast immer von so etwas gesprochen... Wir hätten unsere Wünsche besser formulieren sollen, hm?" meinte sie mit einem nachdenklichen Lächeln, das ihre Augen nicht erreichte.

„Vermutlich." gab er zu und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. „Es stimmt nicht, dass wir nicht gesprochen haben. Wir haben noch einmal geredet. In der Bibliothek. Sie hat mich nach dem Buch gefragt, das ich gerade gelesen habe, dabei... dabei war es eigentlich gar nicht Thema in Kräuterkunde."

Paige runzelte die Stirn und sah ihn aufmerksam an. Sie wünschte Harper nicht dasselbe wie ihr — sie hoffte, dass er entweder darüber hinwegkommen oder es gut ausgehen würde.

„Manchmal habe ich das Gefühl, sie will mir Zeichen geben und wartet darauf, dass ich etwas sage. Aber was, wenn ich es anspreche und mich zum Affen mache?"

„Besser, als für immer darüber nachzugrübeln, was wäre, wenn du es nie gemacht hättest." Paiges Augen bohrten sich bei diesen Worten in Remus' Rücken und sie hoffte beinahe, dass er sie hörte oder sich umdrehte. Als er seinen Kopf hob, widmeten auch Harper und Paige ihre Aufmerksamkeit Professor McGonagall, die sich von ihrem Schreibtisch erhoben hatte.

Paige lächelte, als ihr Blick sie streifte und hoffte, dass sie heute ein Thema behandeln würden, das spannend war. „Wir werden uns heute vier Zaubern widmen, die in den UTZs nicht von großer Wichtigkeit sind, aber sich für den Alltag doch als nützlich erweisen können. Von ihnen zu wissen ist also keineswegs von Nachteil. Im Lehrbuch sind sie ab S.198 knapp erklärt. Ich möchte, dass Sie sich mit einem Partner einen der Sprüche aussuchen, ihn üben und am Ende der Stunde für die Klasse erklären können." erklärte Professor McGonagall und sah direkt zu James und Sirius. „Allerdings sollen diese Gruppen nicht aus befreundeten Schülern bestehen."

Sirius stieß einen missmutigen Laut aus, doch James tippte ihn mit einem breiten Grinsen auf die Schultern. „Dich seh ich ja zum ersten Mal!" rief er überrascht aus. „Wie ist dein Name?"

„Ich bin Sirius." sagte Sirius und schüttelte James' Hand.

„James Potter." entgegnete er ernst. „Sag mir, Sirius, hast du schon einen Partner?"

„Überraschenderweise nicht. Würdest du mein Partner sein?"

„Mit dem größten Vergnügen, Sirius."

Die beiden sahen sich zufrieden an und Professor McGonagall warf ihnen einen strengen Blick zu, auch wenn Paige glaubte, dass sie kurz lächeln musste und ihre Augen belustigt funkelten. „Ich hätte es Ihnen beinahe abgenommen, Potter."

„Wenn ich bei James bleiben darf, steht mein Angebot mit Ihnen auszugehen übrigens immer noch, Professor." bat Sirius an und Paige konnte nicht anders als leise aufzulachen, als sie das hörte. Nun warf Professor McGonagall ihr einen kurzen Blick zu, zeigte sich aber unbeeindruckt.

Bei der kleinen Show, die Sirius und James abgaben, hatte Paige gar keinen Gedanken daran verschwenden können, dass das hieß, sie könne nicht mit Harper zusammenarbeiten. Sie sah sich im Raum um. Vielleicht wäre Dorcas von den Slytherins keine schlechte Wahl... doch sie sah gelangweilt auf den Tisch und Paige wollte nicht durch den Raum rufen, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Ihr Blick fiel auf die Mädchen der Gryffindors, Lily und Mary. Die beiden sahen sich fast so leidend an wie James und Sirius, als sie erfuhren, dass sie nicht zusammen arbeiten konnten.

Paige war sich sicher, dass diese Regel tatsächlich nur wegen der beiden bestand.

Langsam fanden sich Gruppen zusammen, doch kaum dass Paige jemanden fragen wollte, schien es, als wäre jeder bereits vergeben. Sie sah sich etwas verloren um und auch Harper hatte keinen Erfolg dabei, mit jemandem Blickkontakt aufzunehmen.

„Man sollte meinen, bei Sechstklässlern sei es keine Herausforderung mehr, einen Partner zu finden." merkte Professor McGonagall und sah zu den drei anwesenden Rumtreibern, die keine Anstalten gemacht hatten, sich umzusehen. Als Sirius weiter versuchte zu diskutieren, unterbrach sie das ausbrechende Chaos. „Miss Evans, würden Sie so freundlich sein und sich zu Potter oder Black setzen?"

James drehte sich mit einem unglaublich charmanten Grinsen um und zwinkerte Lily zu, die die Augen zusammenkniff und sich mit einem Schnauben von ihrem Platz erhob. Sie bezeichnete James zwar als arrogant, konnte aber selbst ziemlich überheblich und stur sein, wenn sie wollte... doch Paige hatte sie nie böswillig erlebt.

Lily blieb vor James stehen und sah ihn auffordernd an. „Ich würde dann gerne neben Sirius sitzen."

James sah sie irritiert an und drehte seinen Kopf in Zeitlupe zu Sirius, der ein Grinsen unterdrückte. „Du willst mit Sirius zusammen arbeiten?"

„Potter, kommen Sie darüber hinweg. Gehen Sie doch zu Meadowes, MacDonald zu..." Paige verkreuzte die Finger unter ihrem Tisch, als sie sah, wer noch übrig war. Bitte zu mir. Bitte zu mir. „...Clarence. Und dann bleiben noch Lupin und Arora."

Auch, wenn sie damit gerechnet hatte, rumorte ihr Magen, als sie diese Worte hörte.

„Ich gehe auch gerne zu Mary." sagte sie schnell und Professor McGonagall sah zu ihr.

„Sie hatten eben genügend Zeit, um Gruppen einzuteilen. Ich möchte nicht die gesamte Stunde mit Ihnen darüber diskutieren, wer mit wem zusammenarbeitet."

Paige knirschte mit den Zähnen. War das Absicht, weil sie etwas angedeutet hatte, als sie bei Professor McGonagall gewesen war und mit Remus hatte reden wollen? Vermutlich nicht. Es fühlte sich aber so an.

Harper verzog fragend das Gesicht und sie nickte nur, als er zu Mary ging und sich neben sie setzte.

Sirius machte zischende Geräusche, um eine Schlange zu imitieren, als James zu Dorcas ging, die ihn gelangweilt ansah.

Während sich alle anderen mit ihren Partner zusammenfanden, taten Paige und Remus überhaupt nichts. Der Platz neben ihr und der Platz neben Remus war leer, allerdings war Sirius auch dort und sie wollte nicht, dass er alles schlimmer machte, wenn er sich einmischte. Doch da sie McGonagalls Blick auf sich spürte, atmete sie tief durch, nahm ihr Buch und ihren Zauberstab und ging zu dem Tisch vor ihr, um sich schweigend neben ihn zu setzen.

Sie sagten nichts und sahen beide auf den Tisch. Wortlos begann sie die Buchseite aufzuschlagen, wobei sie Zeit schindete, indem sie Seite für Seite lustlos umblätterte. „Welchen von den vier wollen wir nehmen?" fragte sie schließlich sachlich, da Remus das Buch schon vor sich liegen hatte.

„Der hört sich doch nicht so kompliziert an." sagte er genauso monoton wie sie und deutete auf die nächste Seite.

„Hm." kommentierte Paige seine Worte. Normalerweise wäre es kein ausschlaggebender Grund gewesen, den leichtesten Zauber zu wählen, aber ihr war im Moment alles egal.

Lilys Lachen in ihrer Tischreihe irritierte sie ein wenig, da sie nicht gedacht hätte, dass sie sich mit Sirius so sehr amüsieren würden. Auch James sah skeptisch zu seinem besten Freund.

In diesem Moment fiel Paige ein, dass sie schon ein Geburtstagsgeschenk für Remus besorgt hatte und es seit Ende Januar in ihrer Nachttischschublade lag. Er hatte nichts von Stephen King gelesen, also hatte Paige sein neues Buch zweimal bestellt, um es ihm schenken zu können. Sie war schließlich immer unkreativ, wenn es um Geschenkideen ging und war froh, einen Einfall gehabt zu haben.

Einerseits würde es ihr nichts nutzen, das Buch zweimal zu haben. Andererseits war es wohl nicht der richtige Zeitpunkt, wenn er in ein paar Tagen Geburtstag hatte und sich nichts änderte — was sie bezweifelte.

„Tut mir leid, dass ich eben laut geworden bin." sagte Remus plötzlich und sie hob ihren Blick von der Buchseite.

„Schon gut." entgegnete sie mit einem Schulterzucken. „Ich überlebe es schon."

Er wandte betroffen den Blick ab.

„Funktioniert ja gut mit dem Freunde sein." fuhr sie neutral fort, mied es aber weiterhin zu ihm zu sehen.

„Ich dachte, das kann ich mir in den Arsch stecken" zitierte Remus sie und auch wenn er es nicht aussprach, hörte Paige die Frage in seiner Stimme.

„Wenn es nicht anders geht."

Sie würde sicher nicht ihre Freundschaft zu Sirius, James und Peter beenden, weil er seine Gefühle nicht einsehen wollte — oder sie nicht als wichtig genug empfand. So wie jetzt wäre es auf Dauer viel zu kompliziert. Sollte er doch sehen, was er verpasste... als ihr Freund.

„Dann sind wir das also jetzt... Freunde." Er hörte sich nicht froh darüber an, hielt ihr aber mit einem gezwungenen Lächeln die Hand hin.

Paige drehte sich irritiert zu ihm um und zögerte kurz, bevor sie sie ergriff — und oh Merlin, wie sollte sie mit befreundet sein können, der solche warmen, schönen Hände hatte? Sie könnte ihn für immer berühren und sah auf ihre Hand, die an jeder Stelle, an der sie seine Haut anfasste, kribbelte.

Remus sah sie schweigend an und Paige wusste, dass sie nicht die einzige war, die sich darüber bewusst war, dass sie nicht befreundet sein könnten, selbst wenn sie es sich wünschten. Langsam ließ sie ihn los und spürte ihre Handfläche prickeln.

Es sollte einfacher sein, so etwas abzustellen.

Wieso ließ sie alles glauben, dass sie es nie können würde, obwohl sie erst so jung war? Fühlte es sich immer so an, wenn man... wenn man Liebeskummer hatte? War es normal und eines Tages würde sie darauf zurückblicken und lachen?

Vielleicht. Aber im Moment kam ihr diese Zukunft viel zu unrealistisch vor.

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