13. Wolke 8

KAPITEL DREIZEHN
Wolke 8

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       PAIGE WAR NOCH NIE so nervös gewesen. Hibbelig sah sie zu Silias, Aliana und Harper, die seelenruhig mit ihr zum Innenhof gingen, von wo die Schüler sich auf den Weg nach Hogsmeade machen würden... und wo Remus wartete.

„Ich war noch nie so aufgeregt." sprach sie ihre Gedanken aus und Aliana warf ihr einen kurzen Blick zu.

„Das ist nicht wahr." meinte sie schließlich. „Du bist fast gestorben vor deinem Treffen mit Malcolm."

Paige verzog das Gesicht. „Ich weiß auch nicht, was da mit mir los war..."

„Ich weiß, was mit dir los war." sagte Harper mit einem Schnauben. „Du wolltest flachgelegt werden, das war los."

Alle starrten ihn an.

„Oh Gott, wann ist das mit mir passiert? Paige, du bist ein übler Einfluss mit deiner vulgären Art." sagte er schockiert und stieß sie zur Seite, während Paige zu lachen begann.

„Recht hast du ja." murmelte sie und als sie Remus im Innenhof stehen sah, warfen ihre drei Freunde ihr vielsagende Blicke zu und ließen sie nach einer langen Verabschiedung alleine, um sich selbst auf den Weg nach Hogsmeade zu machen.

„Hey Paige." grüßte Remus sie, als sie auf ihn zukam und sie konnte gar nicht anders als breit zu grinsen. Es war ein wenig frisch, aber Paige trug Strumpfhosen unter ihrem blau-weiß gestreiften Rock und über ihr passendes blaues Top hatte sie sich eine weiße Jacke geworfen.

Sie machten sich zusammen auf den Weg und allein der Hinweg war schon mit genügend Themen gefüllt, sodass keine unangenehmen Pausen entstanden. Das erste Ziel der beiden war Zonkos — bisher hatte Paige dem Laden viel zu wenig Beachtung geschenkt.

„Oh, sie haben ja sogar Tassen hier stehen, damit man Tee trinken kann." meinte Paige begeistert und griff nach der Teekanne. Während sie den Tee eingoss, blieb Remus neben ihr stehen und nahm eine der Tassen in die Hand, um sie zu mustern. Als Paige zu trinken begann, schrie sie auf einmal erschrocken auf und Remus prustete los, als er sah, dass sich die Tasse in ihrer Nase festgebissen hatte.

„Du wusstest das!" rief sie und versuchte den Scherzartikel von ihrer Haut zu lösen.

„Wir sind in einem Scherzartikelladen. Natürlich kenne ich die Tassen." meinte Remus. „Ist unserer Ravenclaw nicht der Gedanke gekommen, dass es ein wenig zu freundlich ist, Tee in einem Scherzartikelladen anzubieten?"

„Sei ruhig." schmollte Paige und seufzte frustriert, als die Tasse ihre Nase nicht mehr losließ. Remus lachte leise, hielt bei ihrem finsteren Blick aber inne und half ihr. Sie warf der Tasse einen letzten bösen Blick zu und stromerte weiter durch den Laden, Remus neben ihr. Als sie etwas aus einem der Regale holte, blieb er stehen. „Ein Liebesbarometer." las sie mit einem leichten Lachen vor. „Finden Sie heraus, wie gut die Person zu Ihnen passt, die sie gerade kennengelernt haben. Ist es vielleicht die Große Liebe? Oder sollten Sie eher die Finger von ihr lassen?"

Remus nahm ihr die Verpackung ab und las selbst skeptisch, was auf der Rückseite stand.

„Glaubst du an Liebe auf den ersten Blick?" fragte sie neugierig und Remus warf ihr einen überraschten Blick zu.

„Ganz ehrlich?" fragte er. „Ja."

Sie legte den Kopf schief. Das war irgendwie süß.

„Ich glaube, ich sollte dir mal erzählen, wie meine Eltern sich kennengelernt haben. Das war nämlich definitiv Liebe auf den ersten Blick." begann er und versicherte sich, ob sie zuhörte und es sie überhaupt interessierte. „Meine Mutter ist ein Muggel und sie hat zu der Zeit in einem Versicherungsbüro in Cardiff gearbeitet."

„Apropos Cardiff." warf Paige dazwischen. „Ich liebe deinen Akzent."

Remus rollte mit den Augen.

„Nein, wirklich. Es ist total niedlich." versicherte sie ihm mit einem Grinsen und er stieß einen ironischen Laut aus.

„Ihr Engländer macht euch immer nur lustig."

Paige grinste unschuldig.

„Wie auch immer..." fuhr er fort. „Sie war in einem Wald und ist einem Irrwicht über dem Weg gelaufen. Mein Vater hat sie gerettet und da ist es wohl um beide geschehen. Meine Mum hat erzählt, dass sie sofort gewusst hat, dass sie füreinander bestimmt seien."

„Das ist süß." meinte sie mit einem seligen Lächeln. „Vor allem, wenn es dann auch hält."

„Manchmal lieben sie sich nach meinem Geschmack ein wenig zu sehr." Remus schnitt eine Grimasse und Paige lachte leicht. Vielleicht gab es doch Liebesgeschichten wie im Buch, in denen es keine Schicksalsschläge geben musste.

„Meine Eltern waren auch ein absolutes Traumpaar." Paige strich sich eine Strähne ihres Haares zurück und überlegte, wie sie die Geschichte der beiden am besten in Worte fassen konnte, ohne zu viel zu verraten. „Sie war Heilerin und mein Dad war ihr Patient. Er hatte eine ziemlich starke Verletzung und musste länger bleiben. Sie hat sich um ihn gekümmert und mein Onkel hat erzählt, meine Mum war vom ersten Tag an völlig durch den Wind."

„Die typische Krankenschwester-Geschichte." merkte Remus mit einem Lächeln an. „Ich hoffe doch, dein Vater hatte nichts Schlimmes."

„Naja..." Paige zögerte. „Er war Werwolfjäger und wurde angegriffen. Aber nichts Schlimmes, nein."

Sie spürte, wie Remus sich neben ihr versteifte und er sich mit der Hand über den Nacken fuhr. „Verstehe." Er schwieg unruhig. „Warum hast du waren gesagt? Du meintest, sie waren ein Traumpaar."

„Meine Mutter lebt nicht mehr." erklärte Paige und ihre Stimme klang sachlicher als sie sich fühlte. „Sie war eine brillante Frau. Neben ihrer Tätigkeit als Heilerin hat sie an Zaubertränken geforscht."

„So wie du es mal willst. Bis auf das mit der Heilerin." stellte Remus fest und Paige nickte mit einem Lächeln. Hoffentlich würde sie nicht alles so machen wie ihre Mutter.

„Die Kette hier hat ihr gehört — mein Vater hat sie mir gegeben", erklärte sie, als sie nach dem Navaratna-Amulett um ihren Hals griff.

Remus war schon aufgefallen, dass sie den Anhänger eigentlich immer getragen hatte, seitdem er mehr Zeit mit ihr verbrachte. „Sie ist sehr schön", gab er sanft zurück. Er wusste nicht, was er sagen sollte, ohne unsensibel zu klingen. „Aber dein Vater lebt noch?"

Er wollte die Augen schließen. Sehr einfühlsam. Paige schien es jedoch nicht zu stören.

„Ja, aber ich lebe bei meinem Onkel und seiner Frau", antwortete sie schlicht.

Remus runzelte die Stirn, fragte aber nicht weiter nach ihrem Vater, da er nicht wusste, ob er weiterhin in ihrer Vergangenheit herumwühlen sollte.

„Ich will das Ding kaufen." wechselte Paige nach einem tiefen Atemzug das Thema und hielt den Karton mit einer kurzen Geste hoch, bevor sie zur Kasse ging und es bezahlte. „Okay, komm, wir testen es gleich." Mit dieser Ankündigung packte sie es auf, las die Anleitung und hielt das Gerät, das aussah wie ein kleines Megaphon, auf Remus. Es begann orange aufzuleuchten.

„Besser als schwarz auf jeden Fall." merkte er an.

Paige nickte mit einem Lachen und begann den beigelegten Zettel aufeinanderzufolgen. „Orange..." murmelte sie. „Also: Zwischen Ihnen liegt eine energiegeladene Spannung in der Luft. Sie haben das Potenzial mit Ihrem Gegenüber eine gesunde, jugendlich frische Beziehung mit Schwung und Spaß zu beginnen. Das bedeutet allerdings nicht, dass es automatisch dazu kommen wird. Beide Partner haben viel in der Hand und müssen handeln und nicht zögern für den jeweils anderen zu kämpfen, wenn es nötig ist. Es kann sein, dass Sie sich viele Chancen selbst verbauen, wenn Sie sich innerlich blockieren. Doch das sollten Sie nicht, wo vor Ihnen eine Person steht, die sich zu Ihrer großen Liebe entwickeln könnte und mit der sie durch jedes Tief gehen können."

Remus wurde rot und auch Paige senkte den Blick.

„Hört sich ja schon an wie ein Horoskop..." ergriff sie locker das Wort, auch wenn etwas in ihr zu flattern begann.

„Wollen wir vielleicht ins Drei Besen gehen?" fragte Remus nach einer kurzen, unbeholfenen Pause und Paige nickte froh über den Themenwechsel.

„Gerne." Zusammen machten sie sich auf den Weg und Paige hoffte, dass ihre Freunde nicht so auffällig starren würden, wenn sie zusammen ein Butterbier tranken (und tatsächlich hoffte Remus das gleiche).

❂ ❂ ❂

„Weißt du eigentlich schon, was du gerne nach der Schule machen würdest?" Paige nippte neugierig an ihrem Butterbier und wartete gespannt auf Remus' Antwort. Sie hatte nie viel davon gehalten, dass er die anderen Rumtreiber mit allem davonkommen ließ, aber sie hatte immer viel von seinen akademischen Leistungen gehalten. Wenn sie Potenzial in Menschen sah, war sie immer neugierig, was sie daraus in ihrem Leben machen würden.

„Ganz ehrlich, ich weiß es nicht." meinte Remus. „Aber ich will nach der Schule im Kampf gegen Du-weißt-schon-wen helfen."

Paige seufzte leise und sah betroffen auf ihr Butterbier hinab.

„Was ist?" fragte er und sie presste die Lippen aufeinander.

„Es ist nur... Beinahe jeder, den ich kenne, ist bereit zu kämpfen: Sayria weiß heute schon, dass sie nach der Schule alles zur Unterstützung tun wird... Silias will genau wie sie Auror werden und kämpfen, selbst Aliana spielt mit dem Gedanken. Harper und ich sind die einzigen, die direkt mit unserem Beruf anfangen wollen. Und Harper will wenigstens Heiler werden und kann so den Menschen helfen." Sie hielt inne. „Sirius hatte schon recht, als er gesagt hat, dass ich mich in meinem Turm mit meinen Zaubertränken verkrieche."

„Niemand wird dich zwingen zu kämpfen." antwortete Remus. „Aber ich muss mich für das einsetzen, das richtig ist."

„Vermutlich bin ich einfach keine Heldin."

„Sehe ich wie einer aus?" fragte er energisch und Paige sah zu ihm auf. „Hör mal, jeder wäre froh, dich auf seiner Seite zu haben."

„Ich will nur nicht, dass dieser Konflikt mein Leben bestimmt. Das wird er so oder so — und ich weiß seit Jahren, dass ich die Alchemie liebe."

„Niemand verurteilt dich dafür." redete er ihr gut zu. „Du solltest das tun, was du liebst. Ich könnte es nicht bei all dem, was momentan in unserer Welt vor sich geht, aber es ist nicht schlimm, dass es dir anders geht."

Paige nickte zögerlich. In letzter Zeit gingen ihr solche Gedanken immer öfter durch den Kopf. Ihr war es leicht gefallen, sich von dem Konflikt zu distanzieren und sich auf ihre Ziele zu konzentrieren, aber wenn sie in den Zeitungen von den Todessern las, fühlte sie sich selbstsüchtig.

Als sie jünger gewesen war, waren diese Gedanken über die Zukunft einfacher gewesen. Damals hatte sie noch nicht einmal die Möglichkeit in Betracht gezogen, zu kämpfen. Doch nun drehten sich ihre Gedanken ständig darum, wie ihre Zeit nach der Schule aussehen sollte.

Bevor sie etwas sagen konnte, unterbrach ein lauter Ruf ihr Gespräch und Paige drehte sich gleichzeitig mit Remus zu den Gryffindors um, die vermutlich im dritten Schuljahr waren. Eine von ihnen hielt mit einem breiten Grinsen einen Teller mit einem Kuchen in die Luft und begann laut Happy Birthday zu singen.

„Das ist meine Nachhilfeschülerin." merkte Remus an und Paige legte neugierig den Kopf schief.

„Die mit dem Kuchen?"

„Die, die Geburtstag hat." Paige sah zu dem rothaarigen Mädchen, die beschämt mit dem Kopf schüttelte, als ihre Freundin die ganze Gaststätte an ihrem Geburtstag teilhaben ließ. Trotz allem konnte Paige sie in sich hinein lächeln sehen.

Um jemanden Nachhilfe zu geben, wäre Paige wahrscheinlich viel zu ungeduldig — aber jemanden ein Thema näherzubringen, das ihr Spaß machte, konnte wahrscheinlich eine schöne Sache sein.

„Wann hast du eigentlich Geburtstag?" fragte sie neugierig und nun hatte sie wieder Remus' volle Aufmerksamkeit.

„Am 10. März. Und du?"

„20. September." antwortete sie mit einem Lächeln. „Ich sollte nicht so stolz darauf sein, älter als Sirius zu sein, oder?"

„Ich meine, es fällt einem schwer zu glauben, dass er schon volljährig ist..."

Paige zuckte grinsend mit den Schultern. „Das einzige, worauf ich mich freue, ist die Apparierprüfung. Und dass ich jetzt endlich mit Menschen experimentieren darf, ohne dass es dem Ministerium auffällt."

Remus wollte bei ihrer Antwort gerade einen Schluck von seinem Butterbier nehmen, das er bei ihrer Antwort über seinen Pullover verschüttete.

Bei dieser erschrockenen Reaktion lachte Paige auf und hielt sich die Hand vor den Mund, als Remus ihr einen gespielt finsteren Blick zuwarf und ihre Serviette nahm, um den Tisch abzuwischen. „Ich tue mal so, als würde mir das nicht öfters passieren." sagte er schließlich mit einem Grinsen und brachte sie dadurch dazu, weiter schadenfroh zu lachen. „Jaja, lach nur."

„Soll ich dir ein Neues holen?" fragte sie und ihr Blick wurde automatisch sanfter.

„Du musst nicht." entgegnete er mit einem zurückhaltenden Ausdruck in den Augen.

„Ich weiß. Ich würde aber gerne." Paige legte den Kopf schief und blinzelte lieblich. „Schlag mir meinen Wunsch nicht aus."

Remus lachte leicht und erwiderte ihren Blick. Manchmal hatte sie das Gefühl, er versuchte Antworten in ihr zu finden, wenn seine Augen so tief in sie vordrangen. „Okay." sagte er plötzlich leise und Paige war wie aus ihrer Trance gerissen.

Sie atmete tief durch, wandte unruhig den Blick ab und stand auf, um nach seinem Krug zu greifen. Im selben Moment wollte auch Remus ihn nehmen, um ihn ihr hinzuhalten und so berührten sich bei diesem gegenseitigen Versuch ihre Hände miteinander. Paige verharrte in ihrer Bewegung und sah seine Hand an.

Vielleicht war Paige die einzige, die auf solche Kleinigkeiten achtete, aber das erste was ihr in den Sinn kam war die Tatsache, dass sie seine Hände mochte. Sie waren größer als ihre, er hatte lange aber nicht zu schmale Finger und ihr gefiel das Gefühl, wie warm sie sich unter ihrer Haut anfühlten.

Anschließend drehte sich ihre Gedankenwelt nur noch um zwei Dinge: warum hochgerollte Ärmel attraktiv waren und dass sie den Becher einfach mitnehmen sollte, bevor es zu komisch wurde.

Als sie den Krug an sich nahm, sah Remus wieder zu ihr auf und machte eine drohende Geste, als wäre nichts gewesen. „Bevor du Rosmerta weismachst, dass ich zu blöd zum Trinken bin, kannst du ihr ruhig erzählen, dass das alles an deinen blöden Witzen lag. Zumindest hoffe ich, dass es einer war..." begann er und Paige winkte mit ihrer Hand ab.

„Aber natürlich war es das." Sie lachte geheimnisvoll.

„Du bist gruselig."

„Das ist mein Ziel." entgegnete sie verschmitzt und ging mit einem Zwinkern zum Tresen, um ein neues Butterbier zu bestellen. Madam Rosmerta warf ihr einen fragenden Blick zu und Paige erklärte, dass sie es war, die ihr Butterbier umgeworfen hatte.

Während sie wartete, spürte sie plötzlich, wie sich jemand neben ihr an die Theke lehnte und seinen Krug abstellte. Ihre Brust hob sich schneller, auch wenn sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Sie musste nicht zur Seite sehen, um zu wissen, wer dort stand.

„Ich hätte nicht jeden damit davonkommen lassen." sagte Malcolm und Paige versteifte sich, als sie seine Stimme hörte. Der Gedanke, dass sie sich von ihm vor nicht einmal einem Monat hatte küssen und berühren lassen, kam ihr so surreal vor, dass sich die Haare auf ihrem Nacken aufstellten. „Du hast mich vor allen im Innenhof blamiert. Aber wie ich gesagt habe, für mich bist du eine Ausnahme."

„Ich habe nicht darum gebeten." antwortete sie, doch ihre Stimme klang zu belegt, um selbstsicher zu sein. „Und ich denke, ich habe meinen Standpunkt deutlich gemacht."

„Ich verstehe dich nicht. Du bist Reinblut. Niemand würde deine Fähigkeiten herunterspielen... und du könntest so viel mit ihnen bewirken."

Paige warf ihm einen festen Blick zu und erschauderte, als sie sah, wie sich seine dunklen Augen fest in ihre bohrten. „Ich werde sie niemals für dich einsetzen."

Sie kannte ihn nun bereits seit einem halben Jahr und konnte deutlich sehen, dass ihm ihre Antwort nicht gefiel. Sein Kiefer spannte sich an und er wandte seinen Blick nicht von ihr ab, um sie zu verunsichern.

„Rosmerta braucht ganz schön lange, findet ihr nicht?" Zunächst sah Paige nur einen blonden Haarschopf, der sich in ihr Sichtfeld drängte und als sie die Person erkannte, atmete sie erleichtert durch. Malcolm sah seine ehemalige beste Freundin abschätzig an und blickte schließlich zu Paige, die versuchte, seinem Blick standzuhalten. Sie hoffte, es wäre das letzte Mal, das er sie ansprach, doch als er frustriert schnaubte und sein Butterbier nahm, wurde Paige klar, dass es so einfach nicht vorbei sein würde.

„Blake." entwich es ihr froh, als Malcolm außer Sicht war. „Ich war noch nie so froh dich zu sehen — nichts gegen dich."

Die Slytherin begann zu lachen. Paige hatte sie von Malcolms Freunden immer am schlechtesten einschätzen können, da sie die ruhigste und in sich gekehrteste der vier gewesen war. Doch Blake Castor schien förmlich zu blühen, als sie Paige anlächelte. Sie hatte sich ihre Haare bis zum Kinn gekürzt und blaue Strähnen gefärbt, die ihren blauen Augen schmeichelten.

„Ich habe gehört, was du im Innenhof gemacht hast. Du weißt nicht, wie ich es bedauert habe, die Show verpasst zu haben." meinte sie. „Ich war froh, dass du den Schritt gemacht hast — sobald man erkannt hat, wie sie wirklich ticken fühlt sich alles anders an. Und im Nachhinein fragt man sich, wie man es all die Jahre ausgehalten hat."

„Geht es dir so?" fragte Paige aufmerksam und Blake lächelte traurig. Es musste schwer gewesen sein ihnen den Rücken zuzukehren, wo sie ihre einzigen Freunde gewesen war.

„Sie behandeln mich wie einen Aussätzigen." Sie zuckte mit den Schultern. „Nur, weil ich mich in die falsche Person verliebt habe."

Paige legte den Kopf schief. „Kenne ich diese Person zufälligerweise?"

„Sie ist in deinem Jahr." antwortete Blake. „Ich glaube, es ging ihnen nicht nur gegen den Strich, dass sie ein Halbblut war, sondern dass sie... naja... eine sie ist."

„Wären sie wirkliche Freunde gewesen, wären sie für dich glücklich gewesen — egal, welchen Blutstatus, welches Geschlecht oder welche Herkunft sie hat. Ich freue mich für dich." Als die Augen der Slytherin verträumt an ihr vorbeigingen, lächelte Paige verschmitzt. „Ist sie auch in Slytherin?"

Blake nickte. „Eine der besten eures Jahresganges, wenn ich das behaupten darf."

Gedanklich ging Paige alle weiblichen Slytherins aus ihrem Jahr durch, die sie kannte. Da ihr erstes Gefühl meistens das beste war, sprach sie den ersten Namen aus, der ihr in den Sinn kam. „Dorcas Meadowes? Sie ist unglaublich gut in Verteidigung gegen die dunklen Künste — und generell in Zauberkunst und Verwandlung."

Ihr Gegenüber sah beeindruckt aus. „Du bist gut." sagte sie anerkennend. „Ich—"

„Ein neues Butterbier." unterbrach Madam Rosmerta das Gespräch der beiden und stellte einen Krug auf die Theke, den Paige sogleich entgegennahm und Blake breit anlächelte.

„Viel Spaß dir noch." sagte Blake herzlich und wandte sich an Madam Rosmerta, während Paige sich auf den Weg zu Remus machte. Er tupfte mit der Serviette auf seinem Pullover herum und als Paige sich setzte, grinste sie frech.

„Hast du vergessen, dass wir dafür auch Magie haben?" fragte sie amüsiert und Remus rollte leicht mit den Augen, lachte aber voller Erkenntnis.

„Richtig." gab er zu und sah auf das neue Butterbier. „Danke dir."

„Kein Problem." Ihr Lächeln wurde breiter. „Also... Darf ich?"

„Wenn du darauf bestehst..." sagte er mit einem charmanten Lächeln, das Paige ebenso entzückt erwiderte, während sie mit ihrem Stuhl näher an ihn heranrückte.

„Tue ich." Mit einer dramatischen Geste holte sie ihren Zauberstab aus ihrer Hosentasche und sprach den Zauber, um seinen Pullover zu trocknen. Er beobachtete jede ihrer Bewegungen und aus Reflex fuhr sie ohne einen Hintergedanken mit der Hand über den Stoff, um sich zu vergewissern, dass er nicht mehr nass war. Als sie merkte, dass sie ihm gerade mit der Hand über die Brust fuhr, zuckte sie zurück. „Tut mir leid." murmelte sie verlegen.

„Oh, ich habe nicht dagegen." Als Remus erkannt, was er gesagt hatte, verzog er reuevoll das Gesicht und Paige lehnte sich mit einem ungläubigen Laut zurück.

„Du bist nicht ohne Grund mit Sirius befreundet, was?" fragte sie mit einem scherzhaften Tadel und Remus wandte mit roten Wangen den Blick ab.

„Erinner mich nicht dran, dass er mehr Einfluss auf mich hat, als mir guttut."

Sie lachten bei dieser Aussage leise in sich hinein und es dauerte nicht lange, bis sie wortlos auf den Tisch vor sich sahen. Remus trank einen Schluck seines Butterbiers, um die Stille nicht so unangenehm zu gestalten und Paige nestelte an ihrem Rock herum.

„Magst du Weihnachten?" war das erste, was ihr in den Sinn kam und auch, wenn Remus überrascht aussah, ließ er sich dies bei seiner Antwort nicht anmerken.

„Ich mag die Stimmung an Weihnachten. Wir feiern nicht mit vielen Leuten, aber es ist immer eine... naja... harmonische Zeit, schätze ich." antwortete er und brachte Paige mit seinen Worten zum Lächeln.

„Hört sich schön an."

Remus sah so aus, als überlege er, wie er seine nächste Frage formulieren sollte. „Wie feiert deine Familie eigentlich Weihnachten? Falls ihr überhaupt feiert... Ich habe nicht wirklich Ahnung, wie das in deiner Kultur ist und Merlin, ich höre mich so ignorant an."

„Nein, überhaupt nicht." entgegnete Paige sofort. „Wenigstens fragst du."

Er sah sie weiterhin interessiert an und so begann sie überrascht von seiner ehrlichen Aufmerksamkeit zu erzählen. „Ich muss zugeben, dass ich sehr davon geprägt wurde, in England aufgewachsen zu sein. Meine Großeltern sind Ende der 40er nach Großbritannien gezogen — also die mütterlicherseits." Paige seufzte leicht. „Okay, ohne dir jetzt meinen gesamten Stammbaum aufzuzählen: Die Familie meiner Mutter ist christlich und die meines Vaters hinduistisch. Meine Großeltern väterlicherseits sind in Indien geblieben. Mein Vater kam mit seinem Bruder hierher. Kommst du mit?"

Remus lachte leicht erschlagen. „Ich denke schon."

„Als ich klein war, haben meine Eltern versucht, mir beide Religionen nahezulegen, weil Religion eine sehr große Rolle für sie gespielt hat. Dadurch, dass ich in der Grundschule war, weil meine Mutter arbeiten musste, aber darauf wert gelegt hat, dass ich Schreiben und Rechnen lerne, habe ich natürlich immer Weihnachtskarten gebastelt und an Ostern wollte ich Eier suchen, weil alle Kinder das mit ihren Eltern gemacht haben. Zumindest haben wir Feste aus beiden Religionen gefeiert, sowohl Diwali als auch Weihnachten oder..." begann sie zu erzählen und unterbrach sich bei seinem fragenden Gesichtsausdruck, um zu einer Erklärung anzusetzen.

„Ich kann mich daran erinnern, dass mir mein Vater jedes Jahr die Geschichte über Diwali erzählt hat, auch wenn es nicht mehr alles wirklich präsent ist. Beim Lichterfest wurde die Rückkehr von König Rama aus dem Exil gefeiert. Dafür wurden die Häuser geschmückt und ein Feuerwerk veranstaltet und ich denke, es ist das, was Weihnachten am nächsten kommt... und vielleicht Silvester wegen des Feuerwerks. Es gibt auch Geschenke, die ganze Familie ist da und es ist wie Weihnachten ein Fest der Liebe.

Ich glaube, es war schwer, mich an beidem teilhaben zu lassen, wenn der gesamte Einfluss von außen christlich war, vor allem, als ich kleiner war. Naja, und mit sieben kam ich dann zu meinem Onkel und wir feiern Weihnachten mit allem drum und dran." Sie schwieg kurz. „Tut mir leid, ich weiß, du hast mich nur danach gefragt, ob wir Weihnachten feiern, aber meine Familie ist groß."

„Ich bin froh, dass du so viel erzählst, ich habe mich noch nie damit beschäftigt..." Remus sah beeindruckt aus. „Gibt es da Unterschiede, wie ihr feiert?"

„Naja, meine Tante hat erzählt, dass sie in Indien Bananenstauden statt Tannenbäumen geschmückt haben, aber in England kann man schlecht mal einen Bananenbaum fällen und mitnehmen." entgegnete sie und zuckte mit den Schultern, bevor sie energisch mit dem Finger auf ihn zeigte. „Und das Essen ist bei uns besser!"

„Sag nichts gegen den Truthahn meiner Mum!" hielt er sofort dagegen und Paige schüttelte schockiert den Kopf.

„Das ist doch so langweilig. Generell, Würzen ist einfach nicht so das Ding der Briten, kann das sein?"

Remus setzte ein verletztes Gesicht auf und Paige grinste, da sie die Diskussion mit ihm mehr genoss als sie sollte.

„Ich weiß nicht, wer für dich so schrecklich gekocht haben soll, aber wenn du irgendwann bei mir bist, werde ich für dich kochen und du wirst so begeistert sein, dass du vor lauter Überwältigung umfällst."

Perplex strich sie sich eine Haarsträhne zurück und versuchte zu ignorieren, dass er davon gesprochen hatte, sie zu sich einzuladen. Sie wusste nicht, was er von seinem irgendwann halten sollte — dass es ein irgendwann geben könnte, beunruhigte sie, doch andererseits... fühlte sich der Gedanke gar nicht schlecht an.

„Du kochst?" fragte sie stattdessen und Remus fuhr sich mit der Hand über den Nacken, als wäre er sich ebenfalls bewusst geworden, was er gesagt hatte.

„Naja, ich würde es behaupten." Das leise Lachen, das folgte, brachte Paige ebenfalls zum Lächeln. „Bist du denn religiös?"

„Ich weiß nicht, ob ich mich zu einhundert Prozent einer bestimmten Religion zuordnen kann." antwortete Paige nachdenklich. „Ich finde, dass in jeder etwas Wahres steckt und man sie als Gesamtbild betrachten kann. Wir haben Geister als Lehrer, also glaube ich offensichtlich an ein Leben nach dem Tod, aber ich denke auch, dass es Schicksal, Wiedergeburt und eine Art von Karma gibt... aber nicht auf die gleiche extreme Art wie im Hinduismus, wo man wieder ein Tier werden könnte. Ich habe großen Respekt vor spirituellen Mächten und dass man sich nicht leichtfertig damit einlassen sollte. Und ich glaube auch an einen Gott, der uns genauso wollte wie wir sind und uns liebt."

Remus nickte interessiert. „Ja... ich verstehe, was du meinst."

„Es ist eben komplizierter." entgegnete Paige mit einem Zucken ihrer Schultern. „Ich vermute, ich muss was das angeht noch mehr zu mir finden."

„Es ist wirklich interessant deine Meinungen zu solchen Themen zu hören." sagte er mit einem Lächeln. „Ich mag die Art, auf die du denkst."

Vermutlich gab es nur wenige Menschen, für die dieses Kompliment so herzerwärmend klingen würde, aber jemand wie Paige, die häufig überlegte und anzweifelte, was in ihr vorging, fand es beruhigend und angenehm, diese Worte zu hören. Ihre Mundwinkel hoben sich und sie fühlte ihr Herz in ihrer Brust flattern, als Remus es erwiderte.

Paige schwebte nicht nur auf Wolke 7, sondern vielleicht sogar auf der achten, wenn das möglich war — und es war ihr unheimlich.

Der Gedanke, irgendwann seine Kochkünste zu Gesicht zu bekommen, fühlte sich auf einmal ganz und gar nicht schlecht an.

· · · note ! · · ·
In allen meinen anderen FFs ist Dorcas Meadowes eine Gryffindor, aber ich fand die Idee so interessant, sie Slytherin zuzuteilen. Ich meine, sie wurde persönlich von Voldemort umgebracht, was bedeutet, dass sie eine unglaublich begabte und für ihn gefährliche Hexe war... und vielleicht geht es nur mir so, aber die Art, auf die ich sie sehe, passt für mich nach Slytherin.

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