#5 Flucht nach Süden
Trevor steuerte seinen Wagen hinaus zum Flughafen in Sosnem während Isador noch immer zitternd neben ihm kauerte.
"Wohin fahren wir denn nun?" erkundigte der sich nun zaghaft.
"Wir haben noch gut eine Stunde" erklärte Trevor ihm, als wenn das seine Frage beantworten würde.
"Wie, eine Stunde?" erkundigte sich Isador verwirrt.
"Nun, ich habe den Kontorhuvdhed im Tresorraum eingesperrt, die Reichskanzlei zu einer Nachrichtensperre verdonnert, den Chef der Geheimdienste erschossen und die Heripol ebenfalls zu einer Nachrichtensperre verpflichtet" berichtete ihm Trevor mit einer gleichmütigen und gefassten Stimme, als hätte er nicht gerade gesagt, dass er die Hauptquartiere des Storeledar und der Geheimpolizei ausgetrickst hatte, "ich denke es bleibt uns eine Stunde bis das auffliegt!"
"Du hast Sakenmann umgebracht?" entsetzte sich der Jüngere.
"Er hätte alles auffliegen lassen, es blieb mir keine andere Wahl" kam es vom Älteren, "außerdem, er wollte doch nach der Macht greifen, das ist Verrat am Storledar..."
"Und jetzt?" wollte Isador wissen.
"Jetzt fliegen wir davon!" erwiderte Trevor.
In Sosnem angekommen fuhr Trevor direkt auf das Rollfeld durch.
Das Original des bereits durchgepausten Befehl öffnete ihm dabei Schranken und Tore.
Kaum dass der Wagen stand eilte die Bodenmannschaft herbei.
"Ihr Flieger steht bereit, Herr Generalplatsvanger!" erstattete einer aus der Mannschaft sofort Trevor Meldung und reichte ihm einen Helm und eine Fliegerjacke.
"Für ihn auch!" kommandierte dieser ruhig und deutete auf Isador.
Sofort eilte einer davon und kam wenig später mit den gewünschten Stücken wieder zurück.
Mit der Fliegerjacke am Körper und dem Helm auf dem Kopf folgte Isador nun Trevor der zielstrebig auf den bereitgestellten Bomber zuhielt.
"Du sitzt hinten" sagte er leise zu ihm und Isador nickte und setzte sich nach hinten. Nach ihm erklomm auch Trevor das Cockpit und schloss es hinter sich.
Eigentlich hätte er nun noch sorgfältig eine Checkliste durchgehen müssen, aber er wusste, dass ihm die Zeit davon lief.
Also startete er die Triebwerke und ließ den Flieger daraufhin auf die Startbahn rollen.
"Ich starte jetzt" teilte er dem Kontrollturm mit, dessen verwirrte Antwort "Haben Sie schon Startfreigabe?" ignorierend.
Mit vollem Schub beschleunigte Trevor die Maschine bis diese mehr schwerfällig als elegant von der Startbahn abhob und in den tiefliegenden Regenwolken über Sosnem verschwand.
Über den Wolken schien die Sonne, denn auch wenn es nun bereits gegen sieben Uhr am Abend war, war es in Nordens Reike jetzt im Hochsommer noch weit vom Sonnenuntergang.
Mit dem Geräusch von Isadors hektischem Atem im Ohr, steuerte Trevor das Flugzeug auf einen Kurs nach Süden und beschleunigte es auf die maximale Marschgeschwindigkeit.
Zumindest muss ich mich nicht sorgen, dass der Sprit auch für den Rückweg langt spottete er in Gedanken.
"Wo fliegen wir jetzt hin?" hörte er dann Isadors fragende Stimme im Bordwellenfernsprecher.
"Nach Sore" antwortete er ihm ruhig.
"Nach Sore?" kreischte Isador beinahe.
"Ja. Oder hast du eine bessere Idee?" erwiderte ihm Trevor gefasst.
"Dann können wir nie wieder zurück..." stellte Isador fest.
"Wir können auch jetzt schon nie wieder zurück" erklärte ihm der Ältere ruhig.
"Meine Eltern..." begehrte Isador auf.
"Die haben jetzt eine Chance, mit einem Führer Sakenmann hätten sie die niemals gehabt" gab Trevor zu bedenken.
"Da hast du Recht..." seufzte der Jüngere.
Trevors Blick fiel auf die Zeitanzeiger und ihm wurde schlagartig klar, dass in wenigen Minuten sein Vater im Storledarhuvdkontor eintreffen würde und damit spätestens dann alles auffliegen würde.
Mit einem besorgten Seufzen änderte er den Kurs seines Fliegers nach Südwesten. Auf der direkten Route nach Süden, nach Sore, würde man sie nun vermutlich bereits erwarten, bevor er die Grenze zur neutralen Zone, dem ehemaligen Kernland von Ostarien, erreicht hätte.
In Raurien, hoffte er, würde man vielleicht in zwanzig Minuten noch nicht mit ihnen rechnen.
Achtzehn Minuten später wusste er es besser.
Denn schon als er nördlich von Rauriken den Grotestrom überquerte zeigte ihm das Echowellengerät startende Flugzeuge auf dem vor ihm liegenden Flugplatz von Delsberg an.
Abfangjäger, keine Frage.
Da allerdings in Nordens Reike alles gegen den Feind im Süden ausgerichtet war, starteten diese Richtung Süden während sie sich nun von Norden näherte.
Nur kurz hatte Trevor ein schlechtes Gewissen weil die Menschen in den Flugzeugen und auf dem Flugplatz ja irgendwie Kameraden von ihm waren. Dann schoss der schwere Bomber auf den Flugplatz von Delsberg hernieder und während Trevor ihn über dem Flugplatz wieder hochzog, klinkte er seine Bombenlast aus.
Von hinten feuerte er auf den gerade gestarteten Jäger der augenblicklich in einen Feuerball aufging, dann ging er in den Steigflug.
Und während unten die Bomben einschlugen und den Flugplatz in eine Hölle aus Rauch und Feuer verwandelte, flogen die beiden Jäger die vor seinem Eintreffen den Start schon geschaffen haben einen großen Bogen um ihm entgegenzukommen.
Keinesfalls durften die beiden Kn-262 über ihn gelangen und so zwang Trevor seine Maschine auf einen steilen Pfad nach oben.
Und es gelang ihm zumindestens beim zweiten Jäger zu verhindern, dass dieser über ihn kam.
So zog er seinen Flieger wieder in die Waagerechte und feuerte die Waffe ab, die so neu war wie die Plog 555 und von der er ausging, dass die Piloten der beiden Jäger, die nun auf ihn zuhielten, diese allenfalls vom Hörensagen kennen: zielsuchende X-7 Luft-Luft-Raketen 'Flinderen'.
Tatsächlich war der Pilot des hinteren Jagdflugzeuges so überrascht, dass er nicht einmal versuchte zu entkommen oder Abwehrmaßnahmen zu starten, bevor das Geschoss seine Maschine vom Himmel holte.
Der andere Jagdflieger allerdings stieß nun aus der Höhe auf Trevors Maschine hernieder und obwohl dieser umgehend auswich, trafen einige Kugeln den schweren Bomber.
Nichts was diesen zum Absturz gebracht hätte, aber das berstende Plexiglas und der erstickt Aufschrei von Isador gellten förmlich in Trevors Ohren.
Doch obwohl ihn die Sorge um seinen jüngeren Freund fast in Beschlag nahm, behielt er einen kühlen Kopf.
Neben der Tatsache, dass sie überhaupt über X-7 Raketen verfügte, bot die Pl-555 den Vorteil, dass man die nicht nur nach vorne, sondern auch nach rückwärts abfeuern konnte.
So schickte Trevor dem Jäger der soeben über ihn hinweggeschossen war eine weitere X-7 hinterher.
Der wusste noch weniger wie ihm geschah und kurz darauf taumelte seine Maschine mit nur noch einer Tragfläche schwarz qualmend in Richtung raurisches Mittelland.
"Isador? Isador!" schrie Trevor verzweifelt in den Schallwandler des Bordwellenfernsprechers.
Aber außer dem schweren Atmengeräusch erhielt er keine Antwort.
Er atmet, also lebt er! versuchte sich Trevor selbst zu beruhigen während er die Maschine auf einen neuen Kurs Richtung Südosten und in die Berge des Großen Südgebirges lenkte.
Die Alarmmeldung von Keizerstad an die Flugplätze im Süden von Nordenland hatte man natürlich auch im fernen Sore nur Minuten später auf den Tisch.
'Alarmbereitschaft Rot. Flugzeug im Anflug auf Südgrenze. Grenzübertritt verhindern.' las Terastan. Da musste es aber ganz schön drüber und drunter gehen bei den Barbaren dachte er sich, nicht einmal verschlüsselt war diese Nachricht versendet worden.
Nachdenklich besah er die Nachrichtenlage. Sakenmann hatte sich vor etwa fünf Stunden den fav Turnet Jungen gekrallt und etwas über eine Stunde wurde es still in den Kommunikationsnetzwerken von Keizerstad.
Dafür befand sich nun ein Flugzeug auf dem Weg in den Süden und, wie ihm aus Mediolane soeben gemeldet wurde, nun auf dem Weg ins Imperion Sorenam.
Da Terastan nicht davon ausging, dass Sakenmann nach einem gescheiterten Putsch ausgerechnet nach Sore fliehen würde, kamen als Insassen dieses Fliegers eigentlich nur zwei Personen in Frage.
Der fav Turnet Junge - aber der konnte nicht fliegen - und als Pilot der einzige Mensch der gewillt und in der Lage war, ihn aus den Fängen der Heripol zu befreien, niemand geringeres als Trevor fav Somien selber.
Und so erteilte Terastan seine Befehle um das Flugzeug in Padonien zu erwarten.
Mit hoher Geschwindigkeit glitt das schwere Flugzeug hinab in die Ebene Padoniens.
Auch wenn ihn die Sorge um Isador fast irre machte, behielt Trevor einen kühlen Kopf und hatte, kaum dass sie das Große Südgebirge überquert hatten und die Grenze von Sore erreicht hatten, den Sinkflug eingeleitet.
Er war ohnehin verwundert, dass er so weit gekommen war ohne mit Flugabwehr oder Abfangjägern konfrontiert zu werden. War Sore vielleicht doch so schwach und verweichlicht wie die Propaganda in seiner Heimat behauptet? dachte er.
Aber dann sah er hinab auf das Land was sich unter ihm auftat, auf die breiten Straßen, die prächtigen Häuser, die üppigen Felder und die glitzernden Züge die sie mit einem für ihn atemberaubenden Tempo querten.
Nein, rückständig sah das hier nicht aus, eher im Gegenteil.
Seine Blicke scannten das Land unter ihm, sie suchten nach einem Ort an dem er seinen Flieger sicher zu Boden bringen könnte.
Dann endlich sah er einen breiten und leeren Streifen befestigten Grundes. War das eine Landebahn oder eine Straße im Bau? Es war ihm herzlich egal und nur wenige Minuten später berührte das Fahrwerk der Pl-555, dem Stolz der Luftwaffe von Nordens Reike, zum ersten Mal den Boden von Sore.
Es staubte ein wenig und dann hatte Trevor die Maschine sicher gelandet.
Hastig öffnete er den Ausgang der sich über ihm wölbenden Plexiglaskuppel um nach hinten zu gelangen, nach hinten wo Isador war, sein geliebter Isador, der seit dem Zwischenfall über Raurien nichts mehr gesagt hatte und dessen rasselnden und schweren Atem Trevor seitdem über den Kopfhörer des Bordwellenfernsprechers im Ohr hatte.
Doch er hatte kaum die Füssen
auf den Boden gebracht als hinter ihm zwei Fahrzeuge, die so leise waren, dass er sie erst garnicht gehört hatte, zum Stehen kamen und eine Stimme mit einem deutlichen sorenischem Aktzent spöttisch sprach: "Willkommen im Imperium von Sore!" um dann harscher hinzuzufügen: "Und jetzt die Hände über den Kopf und ganz langsam umdrehen!"
Trevor tat wie ihm befohlen, aber die Aufregung, der Stress und die Angst um Isador forderten nun ihren Tribut und er sackte auf seine Knie während er dem Mann, der offensichtlich ein Offizier von Sore war, bittend ansah und zu flehen begann: "Isador... bitte helfen Sie ihm! Bitte.... er darf nicht sterben, ich tue alles was Sie verlangen, ich gebe ihnen alles was Sie wollen, nur bitte lassen Sie ihn nicht sterben!"
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