#27 Der Tag von Punta
Isador war so aufgeregt, sein Herz klopfte bis zum Halse, als er mit Trevastan in die Carpezza de Gale¹ stieg.
Das rundum in polierten Chrom gestaltete Vehikel mit riesigen Fenster und einem durchsichtigen Dach, auf dessen Seiten groß das Wappen des Hauses 'ab Apollam' prangte und an dessen Front zwei Stander die Flagge des sorenischen Imperiums und Standarte der Divinoble aufwies, diente nur einem Zweck, nämlich der Repräsentation.
Geleitet von acht Motobirotion² der Ehrengarde des Senates, brachte sie der Galawagen nun auf den Gipfel des Mont Immortalino, zum Domus Aureus³, wo der Divinimperator Ieran ab Iovam zur Feier des Tages die wichtigsten Köpfe des Imperiums geladen hatte.
Während Trevastan eine dunkelblaue Galauniform mit einem purpurfarbenen Gürtel und üppigen silbernen Verzierungen trug, kam Isador in einer weißen Tunika einher, welche durch ein hellblaues Stoffband tailliert wurde, dessen Enden zu seiner rechten Seite bis auf Höhe der Knie reichten und in zwei silbernen Quasten endeten. Dazu trug er eine hellblaue Hose mit einem silbernen Seitenstreifen, an seinen Ohren baumelten zwei blaue Diamanten und sein Haar wurde gehalten durch ein silbernes Stirnband in das unzählige hellblaue Turmaline eingearbeitet waren.
Ebenso wie Trevastan trug er dazu Schuhe aus weißem Leder.
Simur hatte ihm versichert, er sehe atemberaubend aus, aber spätestens ab dem Moment wo er an der Seite von Trevastan über den roten Teppich schritt kam er sich vor wie Asksmutja⁴ in den Märchen die ihm seine Mutter immer vorgelesen hatte als er noch ein kleiner Junge war.
Als Dividuxam hatte Trevastan einen der höchsten Ränge unter den Divinoble inne und so stand ihm und seiner Begleitung ein Platz in der Nähe des Divinimperator zu. Ebenso, wie ein solcher Platz Terastan zustand.
So war es für Trevastan nicht überraschend, dass er neben An-Anadur ab Misratam, dem Uxvir des Divinimperator, zu sitzen kam.
Auch weil allgemein bekannt war, dass der Uxvimperator⁵ seinen Bruder hasste und es daher wenig überraschte, dass Terastan gegenüber von Trevastan und damit nicht neben An-Anadur platziert wurde.
Als Isador und Trevastan eintrafen war Terastan schon da und stand mit gelangweiltem Blick auf der anderen Seite der Tafel.
Er trug eine ähnliche Galauniform wie sein Bruder, nur dass diese in den Farben Rot und Gold gehalten war.
Hinter ihm verdeckt stand eine weitere Person, die mit nichts als einem vorne bis zu den Knien gehenden, hinten aber längeren und bis auf den Boden reichenden Lendenschurz aus einem wie Perlmutt schimmernden Stoff, der von zwei goldenen Ketten übrr die Hüften gehalten wurde, bekleidet war.
Dazu trug dieser Mensch ein goldenen Halsband, goldenen Reifen um Oberarme, Handgelenke und Fesseln wobei die Reifen um die Handgelenke und die Fesseln jeweils mit einer goldenen Kette miteinander verbunden waren.
Hochgeschnürte Sandalen nach der Tradition des Sorelanischen Zeitalters trug er an den Füßen und an seinem Halsband war mittels einer feinen goldenen Kette ein Rubin so befestigt, dass dieser genau zwischen seinen Brüsten baumelte.
Dazu trug er einen goldenen Stirnreif den auf seiner Stirn ein weiterer Rubin zierte und um seine Taille war eine weitere Kette geschlungen die unterhalb seines Nabels in einen Ring mündete an dem eine weitere Kette befestigt war deren Ende in Terastans Hand linker Hand lag.
Natürlich wusste Trevastan sofort wen sein Bruder da so zur Schau stellte.
Sein Blick wurde eisig als er den hochmütigen Blick von Terastan kreuzte und wütend dachte er sich: Er führt Trevor fav Somien beim Divinimperator als seinen Servion vor! Wie widerlich ist das denn!
Isador hatte Trevor noch nicht entdeckt aber Trevastan war nur allzu klar, dass das unausweichlich noch geschehen würde.
Doch zunächst war dessen Aufmerksamkeit durch die Ankündigung des Sceptuchions⁶ abgelenkt der nun lautstark verkündete: "Eius Numeen Sublimeen Ieran ab Iovam, Divinimperator do Imperion Sorenam, Imperator da Novusberia, Princepion da Misrata, Domion da Beria⁷ e Eius Maiesteem An-Anadur ab Misratam, Uxvimperator do Imperion Sorenam⁸!"
Sofort erhoben sich alle die schon sassen, die Divinoble senkten ehrerbietig ihr Haupt und die übrigen Anwesenden beugten respektvoll ihr Knie.
Majestätisch schritt der Divinimperator die große Marmortreppe herab. Isador riskierte einen vorsichtigen Blick und erspähte einen großgewachsenen und gutaussehenden Mann mit violetten Augen und silberfarbenen Haaren, der in einer weißen Galauniform mit purpurfarbenen Gürtel und Schärpe steckte und auf seinem Kopf die Corona ab Sorelan⁹ trug.
An seiner Seite einen deutlich kleineren jungen Mann mit weißen-violetten Haaren und dunklen, fast schwarzen Augen, der ähnlich wie Isador selbst gekleidet war, nur dass anstelle der Farbe Hellblau die Farbe Purpur verwendet wurde und die Edelsteine alle in einem tiefen Violett erstrahlten.
Der Divinimperator setzte sich nun auf seinen Platz und nachdem sein Uxvir dies' auch getan hatte, sprach Ieran: "Honorationes e Megistanes do Imperion Sorenam¹⁰ Wir bitten euch an Unsere Tafel!"
Isador wusste, dass diese Worte das Signal war, sich setzen zu dürfen, so wie er wusste, dass Purpur die Farbe der Divinoble war.
Alle Anwesenden setzten sich nun. Fast alle wie Trevastan grimmig konstatierte, denn einer, Trevor, setzte sich nicht, sondern musste sich auf ein kleines Kissen hinter dem Platz von Terastan knien.
Es war beileibe nicht nur Terastan dem dieser Anblick mißfiel, wie die finstere Miene von An-Anadur beim betrachten von Terastan und Trevor nur allzu deutlich verriet.
Doch zu Trevastan vorläufiger Erleichterung war Isador viel zu sehr mit der Präsenz des Hochkaiserpaares und allgemein dem Bankett beschäftigt, als dass er Trevors Anwesenheit bemerkte.
Diesem hingegen war zum Heulen zumute und gleichzeitig kochte er vor Wut.
Ja, Terastan hatte ihm natürlich gesagt, dass er hinter ihm knien müsste und ihm ziemlich detailliert erklärt was er wann zu tun und zu lassen habe, wie er auf wen zu reagieren habe und vieles mehr.
Davon aber, dass zwischen seinem Schwanz und dem Divinimperator nur ein winziger Jockstrap und ein schmaler Streifen Stoff sein würde, hatte er ihm nichts erzählt.
Davon, dass Isador anwesend sein würde und ihn so sehen würde, erst Recht nicht.
So kochte er innerlich vor Wut auf Terastan und gleichzeitig fühlte er sich so gedemütigt und beschämt, dass ihm zum Heulen zumute war.
Und noch etwas beschäftigte ihn, er hatte sich vor der Abfahrt im Spiegel gesehen und dabei gedacht, dass es ihm durchaus gefallen würde, wäre ihm Isador in seinem Outfit begegnet. Dieser Gedanke hatte ihn verwirrt, denn wie konnte es ihm gefallen etwas an Isador zu sehen was er selber zu tragen so sehr hasste und ihn so sehr beschämte?
Alleine die Tatsache, dass Isador ihn noch nicht gesehen hatte, beruhigte Trevor noch. Wobei er sich wunderte, warum der an der Tafel gegenüber von seinem Domion saß.
Offensichtlich war Isador mit einem ebenfalls sehr bedeutenden Divinoble - nämlich Trevastan - da und das nicht als dessen Servion.
Aber hatte er nicht selbst ihm ausrichten, er solle glücklich werden und sei frei zu tun und lassen was er wolle? Gut, Trevor hatte nicht erwartet, dass sich sein Freund gleich einen Divinoble schnappen würde. Andererseits, in einer Welt in der Terastans vorkamen war es für jemanden wie Isador sicherlich nur allzu vernünftig sich an die Trevastans zu halten.
Zwischen dem ersten und dem zweiten Gang des Festmahls hielt der Divinimperator eine Rede über die historische Bedeutung von Sore, die Lehren aus der Geschichte und die Werte für die Sore heute stehe.
Zumindest der letzte Teil der Rede wurde nicht nur von Isador, Trevastan und Trevor als Kritik an Terastans Auftreten mit Trevor als seinen Servion verstanden.
Auch Terastan verstand es so und sein Blick wurde eisig und wütend blitzte er abwechselnd seinen Bruder und An-Anadur wütend an.
Womit wohl klar war, wen er als treibende Kraft hinter der versteckten Kritik an ihm in der Rede von Ieran verortete.
Während des Essens begann Trevastan nun eine Unterhaltung mit An-Anadur.
Isador versuchte zu folgen, aber sie redeten zu schnell um ihnen mit seinen Kenntnissen des Sorenischen wirklich folgen zu können.
So bekam er auch nicht mit, dass es um ihn ging. An-Anadur hatte schon von dem blonden Nordenländer gehört der es in das Herz eines der begehrtesten Junggesellen des Imperiums geschafft haben sollte und befragte nun entsprechend interessiert Trevastan wer Isador denn nun sei und wie es um die Beziehung der Beiden stehe.
Da Isador nun aber von seinem Sitznachbarn zur anderen Seite angesprochen wurde, konnte er auch nicht weiter versuchen zu lauschen.
"Sie sind also der Schützling des Dividuxam?" sprach dieser ihn an und an seinen violetten Augen konnte Isador unschwer erkennen, dass auch er ein Divinoble war.
"Der bin ich wohl" erwiderte er, "Isador, Vosta Numeen."
"Meran ab Martiam" stellte sich sein Gegenüber nun vor und Isador erwiderte höflich: "Sehr erfreut Eure Bekanntschaft zu machen..."
"...Divicomes Meran..." ergänzte der seinen Titel, "die Freude ist ganz Meinerseits."
Plötzlich aber mischte sich der Partner des Divicomes, ein schlanker, hellhäutiger junger Mann mit dunklen Augen und dunklen Haaren mit einem für Isador sehr exotisch geformten Gesicht ein und fragte sehr direkt: "Sie sind doch der mit dem Telediar über Barbaren in Sore?"
Bevor Isador antworten konnte, sprach Meran mit tadelnder Stimme: "An-Taetsin, fall doch nicht immer gleich mit der Tür ins Haus!"
Der bekam nun leicht rote Wange und murmelte verschämt eine Entschuldigung.
"Das ist mein Uxvir An-Taetsin" stellte Meran diesen nun mit einem entschuldigenden Lächeln vor.
"Isador" erwiderte der, "und ja, ich bin der mit dem Telediar, ich bin der Barbar in Sore..."
Bei letzterer Aussage musste Isador kichern und An-Taetsin fing an zu grinsen bevor er ebenfalls zu kichern begann. Es war niedlich und Isador verstand sofort warum Meran ihn erwählt hatte.
Ihnen gegenüber saß Divicomes Minervan ab Aquileion mit seinem Uxvir, doch der Blick des Ersteren hatte sich gerade auf Trevor gerichtet.
Natürlich hatte er Trevor wiedererkannt und auch Minervan fühlte mit diesem, auch wenn er sich kaum vorstellen konnte, wie es im Inneren von dem Nordenländer wirklich aussehen musste.
Aber dass es für einen Menschen wie Trevor kein gutes Gefühl verursacht, so halbnackt und an einer Kette öffentlich vorgeführt zu werden, da war er sich sicher.
So wandte er sich etwas pikiert an Terastan: "Ich hoffe nur, dass dieses Spektakel wenigstens dazu führt, dass du dich besser fühlst!"
"Was möchtest du mir damit sagen?" erwiderte der in betont desinteressiertem Tonfall.
"Du tust dir damit keinen Gefallen, Terastan" konterte Minervan, "die meisten Divinoble finden das unwürdig und auch unter den Senatoren und Conventoren wird diese forcierte Erniedrigung von Trevor eher als eine Demonstration von divinobler Arroganz gesehen, die man längst überwunden glaubte."
Terastan verzog sein Gesicht zu einem verächtlichen Lächeln und meinte kalt: "Ich tue nichts was mir die Gesetze von Sore nicht gestatten."
"Formal ist das richtig" bestätigte ihm Minervan, "aber tatsächlich spuckst du auf die Werte von Sore und das vor aller Augen und sogar in Gegenwart von Eius Numeen Sublimeen!"
"Im Gegenteil mein Freund" entgegnete Terastan süffisant, "ich halte an einem Tag wie diesen unsere traditionellen Werte hoch und unterstreiche unsere gewollte Stellung."
"Und das natürlich ganz zufällig vor den laufenden Kameras des Television vom ganzem Imperium" ätzte Minervan.
"Ein Wunder, dass er nicht gleich noch den Reichssender aus Nordenland eingeladen hat" mischte sich nun An-Vasur, der Uxvir von Minervan, ein, "man könnte beinahe den Eindruck haben, er lege es darauf an Trevors Vater geradezu zu einem Angriff zu zwingen..."
"Will dein Gemahl mir gerade unterstellen ich sei auf einen Krieg aus?" fragte nun Terastan mit gespielter Empörung Minervan.
Doch bevor der oder An-Vasur darauf antworten konnten merkte der Divinimperator maliziös an: "Es ist wohl kaum eine Unterstellung wenn man etwas ausspricht, was nur schwerlich zu übersehen ist!"
"Vosta Numeen Sublimeen!" reagierte Terastan nun wie ein trotziges Kind, "nichts liegt mir ferner als unser Land in kriegerische Auseinandersetzungen zu verwickeln, allein die Sicherheit unseres Imperiums liegt mir am Herzen!"
"Wo sie sich den Platz mit Eurem Begehren nach Macht aber teilen muss" konterte Ieran ungerührt.
"Nun, Ihr habt die Macht bereits, da lässt es sich leicht den Verzicht predigen" beharrte Terastan dennoch während Trevor hinter ihm versuchte sich aus dem, was er von dem Gespräch aufgeschnappt hatte, sich einen Reim zu machen.
Eines wurde ihm dabei aber deutlich, Terastan war auch unter Seinesgleichen nicht sonderlich beliebt.
Nach dem zweiten Gang hielt Ministrix Praesidam¹¹ da Vezura ihre Rede der zur Lage der Nation.
Auch diese Rede ließ einen gewissen Dissenz zu den politischen Plänen von Terastan erkennen.
Ihr folgte Senator Praesidam¹² da Borgea mit einem kurzen Grußwort.
Darauf wurde ein weiterer Gang aufgetischt und Isador nahm seine Unterhaltung mit Meran und An-Taetsin wieder auf.
Dann aber erhob sich Terastan nach einem weiteren Wortwechsel mit Minervan plötzlich mit einem verärgerten Gesichtsausdruck und verließ die Tafel.
Damit gab er den Blick auf Trevor frei und es dauerte nicht mehr als eine halbe Minute bis Isador ihn erspähte und erkannte wen er da vor sich hatte.
Vergessen waren alle Lektionen die Trevastan ihm erteilt hatte, vergessen alle Verhaltentipps von Simur. Äußerst überrascht und gleichzeitig entsetzt über den Anblick der sich ihm bot, schrie Isador in mehr als vernehmlicher Lautstärke über den Tisch: "TREVOR!"
¹Fahrzeug für öffentliche Auftritte von hochrangigen Personen.
²Motorrad
³Das goldene Haus, Sitz und Palast des Staatsoberhauptes des Sorenischen Imperiums.
⁴Aschenputtel
⁵Titel des Partners des Divinimperator, ähnlich einer Empress Consort.
⁶Hofmarschall
⁷Hochkaiser des Sorenischen Reiches, Kaiser von Neu-Beria, Herrscher von Misrata, Herr von Beria.
⁸Seine vergötterte Majestät An-Anadur ab Misratam, Hochkaisergemahl des Sorenischen Reiches.
⁹Krone von Sorelan
¹⁰Edle und Mächtige von Sore
¹¹Premierministerin
¹²Senatspräsident
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