#189 Kluge Entscheidungen
Terastan hatte das Kopfschütteln von Ivenej erkannt. Der Junge den er liebte war dagegen.
Aber Terastan war zu erfahren und zu klug um sich in seiner Entscheidung alleine nach diesem zu richten auch wenn alles ihn ihm danach drängte genau das zu tun.
Denn nun Loyalität gegenüber Isador zu zeigen war für einen Mann in seiner Lage fraglos alles andere als eine dumme Idee. Isador unterstützt zu haben als alle anderen Bedenken hatte könnte sich in den verbleibenden fünf- bis siebenhundert Jahren seines Lebens durchaus auszahlen.
So richtete sich sein Blick nun wieder auf den mächtigen Uxvir seines Bruders und mit fester Stimme erklärte er: "Ich bin bereit als Supremator Militaris Euren Anweisungen zu folgen, aber unter einer Bedingung."
"Die da wäre? Sprich!" forderte Isador.
"Wenn ich etwas nicht ausführen möchte weil ich mein Gewissen – oder für alle die mir ein solches absprechen – weil ich meine Liebe zu Ivenej damit nicht belasten möchte, dann werdet Ihr mich nicht dazu zwingen!" verlangte Terastan nun.
Kurz schaute er nun zu Ivenej und das bewundernde Leuchten in dessen Augen war ihm Bestätigung genug, dass er richtig entschieden hatte. Die überraschten oder respektvollen Blicke der anderen bekam er garnicht mit.
"Du hast dich klug entschieden" merkte Isador an, "ich werde deinen Vorbehalt anerkennen und respektieren!"
Terastan verbeugte sich knapp und meinte dann: "Ich erwarte Eure Befehle!"
"Bringt Uns nach Sore Urb. So schnell wie möglich!" lautete Isadors Antwort
"Am Flughafen steht eine RR-72 Superavion Ateram¹, ich kann sie fliegen. Damit sind wir in dreieinhalb Stunden in Sore Urbs wenn in Bezeguicie eine weitere aufgetankte RR-72 zum Wechseln bereit steht." erwiderte Terastan sofort.
"Dann auf zum Flughafen!" zeigte sich Isador entschlossen.
Zwanzig Minuten später sass Isador im Cockpit der schnellsten Fliegers in ganz Bumia.
"Also" erklärte Terastan, "unsere Reisegeschwindigkeit wird bei 3529km/h liegen, die Höchstgeschwindigkeit dieses Vogels bei 4170km/h. Ihr schnallt euch nicht ab. Wenn Ihr pissen müsst, pisst in den Anzug, es wird abgepumpt, wenn ihr Kotzen müsst, kotzt in den Helm, es wird abgepumpt. Noch Fragen?"
"Wie gut, dass wir gut gegessen haben" ätzte Isador, "aber nein, schieß los..."
"Ich hab Training wegen der Raumfahrt" erwiderte Terastan, "mir macht das nichts aus!"
Dann gab er vollen Schub und katapultierte den schwarzen Flieger förmlich in dem Himmel. Nur Minuten später ließ der Überschallknall die Gegend um Maranon erbeben.
Als das Flugzeug zwanzig Minuten später den Antautischen Ozean erreichte murmelte Isador das erste Mal: "Ich glaube mir wird schlecht!"
Derweil hatte Meran, der ja formal immernoch Superavion Militaris war die Operation 'Lo Sitan ipio alterion'² gestartet und zunächst eine vollgetankte RR-72 nach Bezeguicie befohlen.
Dann hatte er die Befehlsgewalt für die Operation 'Lo Sitan ipio alterion' an Terastan ab Apollam übertragen.
Und dann hatten er, Trevastan, der Divinimperator, die Regierungschefin und deren jeweilige Partner plus Ivenej sich ebenfalls auf den Weg nach Sore Urbs gemacht.
Natürlich nicht ohne sich von Marlur und Luciur zu verabschieden, die nun nichtsdestotrotz in ihre Flitterwochen nach Owyhee abreisten.
Allerdings, ihre Rückreise nach Sore nahm nun sieben Stunden in Anspruch.
In Kingstown-of-the-North hatte man die Zeit auch nicht untätig verstreichen lassen.
"Unser Vater wird ermordet und Dummor Sakenmann wird Reichsverweser" grollte Trevor in einer Besprechung mit seiner Regierung und den Spitzen von Militär und Geheimdiensten, "und angeblich waren es desmarsistische Terroristen? Wer's glaubt. Für Uns sieht das nach einem Staatsstreich dieses Dummor Sakenmann aus. Der hat Unseren Vater ermorden lassen! Und warum? Na, um Uns den Thron streitig zu machen!"
"Es spricht aber einiges dafür, dass es wirklich Terroristen waren" merkte nun Seon Bond, der Chef des CIS³ an.
"Natürlich waren sie das, ein Dummor Sakenmann macht sich doch nicht selbst die Hände dreckig. Der lässt nur ein paar Ladungen Sprengstoff vom LKW fallen" erwiderte Trevor darauf.
"Und was schlagt Ihr nun vor, das getan wird, Sire?" fragte Mister Bond nun.
"Wir setzen Dummor Sakenmann ein Ultimatum bis morgen Mittag Unseren Anspruch auf Nordens Reike vorbehaltlos anzuerkennen" bestimmte Trevor nun, "Wir gehen davon aus, dass Unsere Regierung dieses Vorgehen unterstützen wird."
"Die Regierung eurer hochköniglichen Hoheit unterstützt und befürwortet dieses Vorgehen in jeder Hinsicht" bestätigte Hilda Slater sofort.
"Formuliert es scharf" forderte Trevor nun, dann erhob er sich, "Wir werden Uns zurückziehen, Sie wissen ja wo Sie Uns finden..."
Er erntete verhaltenes Gelächter und verließ in Begleitung von Taejo und Simur den Besprechungsraum im Amtssitz der First Minister.
Und während sich Simur in seinen Palast begab wo Lison schon auf ihn wartete, begab sich Trevor und Taejo in den Chaudosham Palace.
"Wirst du Krieg gegen deine Heimat führen?" erkundigte sich Taejo während sie im Wagen unterwegs waren.
"Ich befürchte Dummor ist so dumm, dass nichts daran vorbei führt" erwiderte Trevor sichtlich niedergeschlagen.
"Wird es ein harter Kampf werden?" wollte Taejo nun wissen.
"Nun, wenn wir sie nicht gerade hinweg nuken wollen" entgegnete ihm Trevor, "dann ist Nordens Reike kein leichter Gegner..."
"Aber du wirst doch gewinnen?" sorgte sich Taejo nun.
"Das schon" versicherte ihm sein Virion nun, "aber um welchen Preis?"
"Die Regierung seiner hochköniglichen Hoheit fordert die Führung von Nordens Reike auf, die sich aus dem Ableben von seiner hochköniglichen Hoheit Vater ergebenden Rechte seiner hochköniglichen Hoheit in Bezug auf Nordens Reike in uneigenschränkten Umfang anzuerkennen und diese Anerkennung bis zum Mittag des morgigen Tages mitzuteilen und öffentlich zu kommunizieren, anderenfalls werde die Regierung seiner hochköniglichen Hoheit die Verweigerung als einen Akt der Agression betrachten und alle notwendigen Schritte einleiten für welche die Regierung seiner hochköniglichen Hoheit die Verantwortung dann bei der Führung von Nordens Reike verorten werde."
So lautete die Note welche der angevinische Botschafter um 20.00 Uhr Mittelerebunischer Zeit dem Außenminister vaf Rippasläpp in Kingstown-of-the-North überreichte.
Das war eine offene Kriegserklärung für den Fall, dass Nordens Reike nicht bis 12.00 Uhr des folgenden Tages Trevor vaf Somien als neues Staatsoberhaupt anerkannte. Und zwar sowohl gegenüber Angevinien als auch öffentlich.
So dumm, dass er das nicht verstand war auch Dummor Sakenmann nicht.
So dumm aber, dass er diesen Krieg nicht fürchtete war durchaus.
Und so befahl der Reichsverweser von Nordens Reike um 20.22 Uhr Mittelerebunischer Zeit die Generalmobilmachung des Landes.
"Mir ist schon bewusst das Angevinien über Spaltungswaffen verfügt" erklärte er großspurig im Großrat, "aber meine Herren, wir können doch mit großer Sicherheit annehmen, dass Trevor eine solche Waffe nicht gegen sein Vaterland einsetzen wird, schon weil er ja auch davon ausgehen muss versehentlich die Eltern seines Kinädenfreundes zu grillen – und das würde in Sore sicherlich nicht gut ankommen und zu erheblichen Verstimmungen führen!"
Da lag er nicht einmal völlig falsch. Nur war ihm nicht klar, wie ungut es für Nordens Reike war, wenn etwas bei 'Trevors Kinädenfreund in Sore' nicht gut ankam.
Wie sehr er sich irrte erfuhr er nur wenig später.
Denn da wurde ihm von einem sichtlich blassen vaf Rippasläpp das Ultimatum der Sorener vorgelegt.
"Nuo espectaron la transfera statim du caput do Dummur Sakenmann e des parentes de Princep An-Isadur ab Torris a Sore. Nuo poneron una spatialia usquad medzonox tempion centererebunam.
Deberve nossas postulates non ese expleree adid, lo Stato Borealis esfe una altera Becesaqua." las Dummor mühsam. Fremdsprachen waren nicht so seine Stärke gewesen.
"Ein zweites Beksach meint...?" erkundigte er sich.
"Der Einsatz von Spaltungswaffen" erklärte der Chef der Heripol ihm lapidar.
"Das kann ja kaum ernst gemeint sein" meinte er daraufhin, "ich meine, die wollen ja nicht wirklich meinen Kopf im wörtlichen Sinne. Und ich denke nicht, dass dieser Isador das Risiko hinnehmen wird, dass seine Heimat ausversehen seine Eltern in Broiler verwandelt..."
Wenn im Großrat welche anderer Meinung waren als der Reichsverweser so verbargen sie es gut. "In drei Stunden wissen wir es" merkte vaf Rippasläpp an.
Dann ging der Großrat auseinander. Und ganz tief irgendwo in Dummor Sakenmann drinnen sagte eine ganz leise Stimme der Vernunft er solle froh sein, dass sein Kopf noch zwischen seinen Schultern und nicht auf dem Weg nach Sore war....
Eine Stunde vor Ablauf seines Ultimatums landete Isador mit Terastan auf dem Militärflughafen von Bezeguicie.
Isador war es nicht nur einmal schlecht geworden und so wurde er aus seinem Abzug befreit, duschte sich kurz ab und schlüpfte dann mit frischer Unterwäsche in einen frischen Anzug.
Nicht dass er sich die Hoffnung machte, dass es ihm auf dem nun anstrengend Flug nach Sore Urbs besser ergehen würde, aber sein körperliches Wohlbefinden hatte im Moment keine Priorität. Es war auch anstrengend genug seine Pheromone so weit zu unterdrücken, dass sie nicht Terastans Fähigkeiten als Pilot beeinflussten.
Es dauerte nicht lange und sie waren wieder in der Luft.
Quer über die Deserta Vastam⁴ führte sie nun ihr Weg direkt nach Sore Urbs.
Dort waren sie aber um Mitternacht, als Isadors Ultimatum verstrich, noch längst nicht angelangt.
Was Dummor Sakenmann im kurze Zeit später erneut zusammengetretenen Großrat ziemlich großspurig auftreten ließ.
"Sehen sie meine Herren, alles nur heiße Luft!" verkündete er seine ziemliche Erleichterung hinter bräsiger Arroganz verbergend, "nun ist es gleich halb Eins und was ist passiert? Garnichts!"
Zumindest dachte man das in Keizerstad, denn dort ahnte man ja nicht, dass eine gute Viertelstunde später die zweite RR-72 mit Isador und Terastan in Sore Urbs landete.
Ein Helikopter brachte sie direkt zum Anwesen von Trevastan und Isador wo sie sich frisch machten und neu einkleideten nur um dann kurze Zeit später ebenso per Hubschrauber im Oberkommando der sorenischen Streitkräfte einzutreffen.
Dort hatten findige Köpfe schon die Lage und das an Nordens Reike hinausgegangene Ultimatum gelesen und waren zu dem Ergebnis gekommen, dass die Eltern von Trevastan ab Apollams Uxvir An-Isadur eine wichtige Rolle spielen würden.
Also hatte man die Zeit genutzt und seine Hausaufgaben gemacht.
Da man ja ziemlich genau wusste wo Isadors Eltern lebten, hatte man die Aufnahmen aller Orbitelles welche den fraglichen Bereich abdeckten ausgewertet.
Wie Isador nun erfuhr hatte Meran schon kurz nach seiner Hochzeit den Befehl gegeben, dass Sores Augen im Himmel seine Eltern keinesfalls aus den Augen zu lassen hatten.
Dadurch und durch das Abhören der Telekommunikation von Nordens Reike hatte man nun in Sore Urbs eine sehr genaue Vorstellung wo sich der Herzog und die Herzogin vaf Turnet gerade aufhielten.
Wie man daraus unschwer erkennen konnte, war das Wissen von Dummor Sakenmann über das Ausmaß der Möglichkeiten von Sores Spionagesatelliten doch eher begrenzt.
Seine Hoffnung Sore würde nicht angreifen weil es nicht riskieren wollte die Eltern von Isador "in Broiler zu verwandeln" beruhte ja auch der Annahme, dass man in Sore den genauen Aufenthaltsort derselbigen nicht kannte.
Wenn er schlau gewesen wäre hätte er dafür gesorgt, dass sich diese immer in seiner Nähe befanden. Aber er war eben nicht so schlau.
"Man hat Eure Eltern in ein Lager oberhalb von Wihermeerstad gebracht" erklärte gerade ein Offizier die Ergebnisse ihrer Recherche.
"Das heißt, die sind überhaupt nicht mehr in Keizerstad?" rückversicherte sich der nun.
"Nein, Wihermeerstad ist 300km entfernt von Keizerstad" erklärte der Offizier nun.
"Ich weiß wo Wihermeerstad ist" unterbrach ihn Isador ein wenig von oben heran, "sie meinen sicherlich das BFL Beukenbos. Das befindet sich dort."
"Ihr kennt das Lager?" staunte nun der Offizier.
"Niemand kennt die Schutzhaftlager in Nordens Reike" erklärte Isador ihm nun, "niemand weiß, dass es sie gibt, aber dennoch wissen alle, dass sie da sind..." Und etwas zynisch fügte er hinzu: "Dieses wissende Nichtwissen macht die Unterdrückung viel einfacher. Nichts ist schlimmer als Gerüchte und Ungewissheit..."
Dann wandte er sich an Terastan: "Nun, wenn man Eltern nicht dort sind, dann lasst Keizerstad brennen!"
Bange Blicke richteten sich nun auf den Dividuxam.
Würde Keizerstad nun brennen so wie einst Beksach?
Was würde Terastan befehlen.
Wenn Sore jetzt eine seine Mittelstreckenraketen abfeuern würde, dann würde Keizerstad vom Erdboden verschwinden, ohne dass man es da überhaupt hatte kommen sehen.
Terastan räusperte sich und dann meinte er: "Ich hätte da einen anderen Vorschlag, wenn ich ihn Euch unterbreiten dürfte?"
Kurz verdunkelte sich die Mimik von Isador, dann aber willigte er ein: "Nun, ihr habt drei Minuten, ich höre!"
"Als erstes würde ich einen Raketenangriff auf militärische Einrichtungen in Raurien und Morawien starten, ohne Fissionswaffen. Das macht der Führung in Keizerstad erstens Klar, dass wir die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Und zweitens verliert damit der Feind die Möglichkeiten sich gegen unsere weiteren Schritte zu wehren.
Als zweiten Schritt würde ich einen Großangriff mit Bombern auf Keizerstad fliegen. Einerseits um der dortigen Führung ihre Schwäche vor Augen zu führen, vor allem aber als großes Ablenkungsmanöver.
Im Windschatten dieses Angriffes würde ich nämlich vorschlagen eine Luftlandeeinheit nach Wihermeerstad zu schicken, die Stadt und das Lager Beukenbos einzunehmen, Eure Eltern zu befreien und nach Sore zu bringen.
Dann haben wir diesen dummen Dummur seines Druckmittels beraubt und können in Ruhe den Mittag abwarten."
"Wieso, was passiert da?"erkundigte sich Isador sofort.
"Da läuft das Ultimatum von Angevinien aus" erklärte ihm ein anderer Offizier, "wir gehen davon aus, dass Hochkönig Trevur dann seinen Anspruch mit Gewalt einfordern wird."
Worauf Terastan ergänzte: "Dann können wir immernoch entscheiden ob wir ihn unterstützen oder einfach nur zuschauen, aber vor den Augen der Geschichte haben wir keine unnötige Gewalt zu verantworten."
Und du vor den Augen Ivenejs nicht... dachte Isador.
Doch er hielt sich bedeckt.
"Holt meine Eltern da raus, wenn sie dann hier sind sehen wir weiter!" erklärte er.
Dennoch war Terastan erleichtert. Er würde kein zweites Beksach verantworten müssen.
Zumindest nicht sofort.
¹RR = Regnoscor Rapidam = Schneller Aufklärer.
Superavion Ateram = Superamsel
²Operation 'Des Teufels Alternative'
³Central Intelligence Service = Militärgeheimdienst
⁴öde Wüste, wüste Wüste.
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