#188 Dumm, Dümmer, Dummor

Dass es keine explodierte Gasleitung war, welche den Storeledar auf dem Gewissen hatte, wusste Dummor Sakenmann natürlich.
Und auch die Heripol fand das schnell heraus, denn in der Joannor-vaf-der-Meer-Straat gab es keine Gasleitung.

Hatte Dummor Sakenmann den Storeledar nun höchstselbst auf dem Gewissen?
Nein, natürlich nicht, so dumm war er nicht.

Die Drecksarbeit hatte er schön eine desmarsistische Terrorgruppe machen lassen.
Die EMA, das war nordenländisch für 'Einheit, Widerstand, Arbeiterklasse' glaubte mit dem Tod des Storeledar eine Revolution auslösen zu können.
Fünf Monate lang gruben deren Mitglieder einen Tunnel unter der Joannor-vaf-der-Meer-Straat und gaben sich gegenüber dem Vermieter als Bildhauerstudenten aus, um ihre wahre Absicht zu verbergen.

Wie allerdings 125kg Amninidi Sprengstoff aus einem Lager der nordenländischen Armee ihren Weg zur EMA fanden, darüber hätte Sakenmann schon etwas sagen können. Aber warum sollte er das tun.

Als dann der Wagen des Storeledar über den Sprengstofftunnel fuhr, zündete die als Mitarbeiter der Stadtwerke getarnten EMA-Kämpfer per Kabel die Sprengladung und ließen den Storeledar samt seinem Wagen im wahrsten Sinne des Wortes in den Himmel auffahren.
Dass dessen Seele ihm dahin später folgte darf allerdings bezweifelt werden.

Dummors Plan war aber wohl gewesen die Kämpfer der EMA im Anschluss zu erwischen. Das gelang ihm allerdings nicht.
Und was noch viel schlimmer war, noch bevor in Nordens Reike der Tod des Storeledar offiziell bekannt gegeben wurde ging bei zahlreichen Zeitungen und Nachrichtensendern in Lugunia und Ecossia ein Pamphlet einer Gruppe ein die sich 'Unity in the struggle for the working class', kurz USW, nannte und die in triumphierenden Worten verkündeten, dass ihre Genossen in Nordens Reike den Schinder und Menschenfresser Randor vaf Somien getötet hätten.

Das war um 11:12 Westerebunischer Zeit und setzte Dummor Sakenmann unter Zugzwang so dass der Reichssender Keizerstad nun um 12.30 Mittelerebunischer Zeit alle seine Sendungen unterbrach, Trauermusik spielt und dann sprach der Reichsverweser Sakenmann zum Volke von Nordens Reike.
Und er hat sofort die große Aufmerksamkeit der Bürger des Landes. Alleine die Tatsache, dass die nordenländische Hymne 'Storeledar wir kommen!' nicht gespielt wurde, war mehr als nur ungewöhnlich. Und dann der Name Sakenmann.

"Bürger von Nordenland" ertönte dann eine für diese bisher unbekannte Stimme aus den Rundfunk und Fernsehgeräten, erschien eine bisher unbekannte Person auf den Bildschirmen der Letzteren, "mit großer Bestürzung und in tiefster Trauer muss ich Ihnen mitteilen, dass unser geliebter Führer, das Haupt unseres Reiches, heute Morgen das Opfer eines feigen und hinterhältigen Anschlages einer Gruppe desmarsistischer Terroristen geworden ist.
Unser verehrter und vielgeliebter Führer ist seinen dabei erlitten Verletzungen trotz heftigstem Ringen um sein Leben weniger Stunden später leider erlegen.
Der Großrat hat mich, Dummor Sakenmann, zum Reichsverweser ernannt und mich damit beauftragt das Reich zu leiten und zu erhalten bis unser geliebtes Vaterland einen neuen Storledar bestimmt hat.
Als erste Maßnahme verkündige ich eine dreitägige Staatstrauer für unserem geliebten Randor vaf Somien.
Häls ant Nordens Reike!"

Seine Rede ließ eine verunsicherte Bevölkerung zurück.
Der Storledar war tot?
Sollte nicht sein Sohn der Nachfolger werden?
Was meinte dieser Sakenmann mit 'einen neuen Storledar bestimmen'?
War der ein Sohn von Sakenmann dem Verräter?
Wenn ja, wieso war er jetzt Reichsverweser?

Für Trevor in Maranon war damit aber um 6:30 Uhr die Nacht vorbei.
Er wurde von seinem Stab geweckt und darüber informiert, dass sein Vater offenbar getötet wurde und ein gewisser Dummor Sakenmann nun Reichsverweser sei.
Wie man sich unschwer vorstellen kann, war Trevor darüber alles andere als erfreut. Sein laut gebrülltes "Dummor du dreckiges Wiesel! Warte bis ich dich erwische!" rieß nun den nicht nur sein gesamtes Gefolge sondern auch Taejo, Simur und Lison aus dem Schlaf.
Aber aus dem wären sie ohnehin nun gerissen worden.
Denn die Angevinier gingen nun daran eine möglichst rasche Abreise in Angriff zu nehmen.

Auch den Sorenern ging es nicht besser.
Zwischen 6:52 und 7:10 Uhr wurden nacheinander Meran, da Vezura, der Divinimperator und Trevastan geweckt und über das Ableben von Randor vaf Somien und die Machtergreifung von Dummor Sakenmann informiert.

Bereits um 12.24 Uhr Westerebunischer Zeit hatte First Minister Hilda Slater dem einbestellten Botschafter von Nordens Reike eine Note übergeben, deren Inhalt grob zusammengefasst besagte, dass Angevinien davon ausgehe, dass Trevor neues Staatsoberhaupt von Nordens Reike würde und den Reichsverweser aufforderte alles Notwendige für ein Eintreffen des Hochkönigs in Keizerstad zu unternehmen.

Dummor Sakenmann war also rasch darüber informiert, dass Angevinien und Trevor selbst den Anspruch von Selbigem auf die Nachfolge seines Vaters keinesfalls aufgeben würden.
Dennoch, Trevor vaf Somien in Keizerstad war genau das, was Dummor Sakenmann nicht wollte.

Infolgedessen beging er nun seine erste Dummheit und bestellte, kaum nachdem er die Note von Hilda Slater vorliegen hatte nun seinerseits dem angevinischen Botschafter ein.
Diesem übergab er nun um 14.02 Uhr Mittelerebunischer Zeit nun seinerseits eine Note in welcher er darauf hinwies, dass Nordens Reike ein souveräner Staat sei und sich eine Einmischung in die Wahl eines neuen Staatsoberhauptes verbete.

Zu diesem Zeitpunkt war die Aerion mit Trevor, Taejo, Simur und Lison schon seit zwanzig Minuten in der Luft und auf dem Weg nach Kingstown-of-the-North.
Doch bis zu ihrer Ankunft dort hatte sie noch fünf Stunden Flug vor sich.

Dummor Sakenmann hatte seine Rechnung jedoch ohne Hilda Slater gemacht.
Die eiserne Lady von Angevinien dachte garnicht daran, vom Abspruch ihres Herrschers auf Nordens Reike abzurücken. Ehrgeiz und das Streben nach politischer Macht war schließlich nichts, was den Frauen von Bumia fremd war.
Und Hilda Slater, welche das hohe Alter des Kaisers von Tihonguk durchaus vor Augen hatte, sah sich nun durchaus realistisch als zukünftige Regierungschefin eines die Nordhalbkugel von Bumia umfassenden Imperiums welches es dann mit Sore locker aufnehmen könnte. Keinesfalls hatte sie vor sich das von einem verräterischen Emporkömmling wie Dummor Sakenmann verderben zu lassen.

So ließ sie das Parlament von Angevinien zu einer Sondersitzung zusammentreten und hielt dort eine denkwürdigen Rede.
"Persönlich bin ich ein aufrichtiger Befürworter aller Mittel, die zur Beilegung internationaler Streitigkeiten durch Methoden führen würden, wie sie die Zivilisation so erfolgreich für die Beilegung von Differenzen zwischen Individuen eingerichtet hat" erklärte sie, immer wieder vom Applaus der Abgeordneten nicht nur aus ihrer eigenen Partei unterbrochen.
"Aber ich muss auch sagen, dass ich es im höchsten Interesse nicht nur dieses Landes, sondern der ganzen Welt für unerlässlich halte, dass Angevinien unter allen Umständen seinen Platz und sein Ansehen unter den Großmächten von Bumia behält. Sein mächtiger Einfluss war in der Vergangenheit oft von unschätzbarem Wert für die Sache der menschlichen Freiheit und könnte es auch in der Zukunft sein. Er hat in der Vergangenheit mehr als einmal andere Nationen, die manchmal zu sehr dazu neigen, diesen Dienst zu vergessen, vor einer überwältigenden Katastrophe und sogar vor dem nationalen Aussterben bewahrt. Ich würde große Opfer bringen, um den Frieden zu erhalten. Ich glaube, dass nichts eine Störung des internationalen guten Willens rechtfertigen würde, außer Fragen von größter nationaler Bedeutung. Aber wenn uns eine Situation aufgezwungen würde, in der der Frieden nur durch die Aufgabe der großen und segensreichen Position erhalten werden könnte, die Angevinien durch jahrhundertelanges Heldentum und Leistung errungen hat, wenn man zuließe, dass Angevinien dort, wo seine Interessen lebenswichtig sind, so behandelt wird, als ob es im Kabinett der Nationen keine Rolle spielen würde, dann sage ich mit Nachdruck, dass Frieden um diesen Preis eine Demütigung wäre, die ein großes Land wie das unsere nicht ertragen könnte.
Und als Demütigung muss man das Ansinnen des Reichsverweser von Nordens Reike den berechtigten Anspruch unseres Souveräns auf die Herrschaft in dieser Nation übergehen zu wollen und sich in unverfrorener Frechheit eine Einmischung Angevinien verbitten zu können nun zweifelsfrei werten.
Vor diesem Hintergrund bitte ich dieses hohe Haus den notwendigen Maßnahmen zuzustimmen, die erforderlich sind um die Interessen und das Ansehens Angeviniens zu wahren!"

Sie erntete donnernden Applaus – und eine breite Zustimmung für die Maßnahmen.
Diese bedeuteten nichts anderes, als das um 15.57 Uhr Westerebunischer Zeit die Mobilmachung in ganz Angevinien verkündet wurde, Angevinien stellte den Flug- und Zugverkehr mit Nordens Reike ein und schloss seine Grenze. Zwanzig Minuten später tat es ihm das Großfürstentum Silistrien gleich.

Als dann die Maschine mit dem Hochkönig endlich am Abend in Kingstown-of-the-North gelandet war, hatten angevinische Truppen bereits an der gemeinsamen Grenze Stellung bezogen, war die angevinische Homefleet bereits in die East Sea (Westzee) ausgelaufen und die angevinischen Luftwaffe in ständiger Alarmbereitschaft.

Nun bekam es Dummor Sakenmann wohl doch ein wenig mit der Angst zu tun.
Und da Angst kein guter Ratgeber ist, schickte er sich an gleich eine zweite, noch größere Dummheit zu begehen.

Um 20.00 Uhr Mittelerebunischer Zeit wurde nun der nordenländischen Botschafter in Sore Urbs beim Außenministerium vorstellig und übergab eine folgenschwere Note.

In dieser Note betonte Dummor Sakenmann erst in dürren Worten die Souveränität von Nordens Reike und das Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten.
Dann aber ließ er die Bombe platzen: "Da leider in der Bevölkerung von Nordens Reike große Vorbehaltungen herrschten, was die Anerkennung dieser Prinzipien durch Sore beträfe wäre es dringend notwendig, dass sich Sore öffentlich zur Unabhängigkeit von Nordens Reike bekenne, denn die Unruhen haben jetzt schon ein derartiges Ausmaß erreicht, dass man sich gezwungen gesehen habe die Eltern des Prinzen Isador vaf Turnet zu ihrer eigenen Sicherheit in Haft zu nehmen."
Das war eine offene Drohung die trotz aller Verklausulierungen nur schwerlich zu übersehen war.

Diese Note erreichte Trevastan, Isador, Meran und den Divinimperator kurz nach dem Mittagsessen gegen 14.30 Uhr Ortszeit in Maranon noch bevor sie abflogen.
Natürlich waren Isador, An-Anadur und An-Taetsin wie auch Herr da Vezura dabei, als diese Botschaft aus Nordens Reike vorgetragen wurde.
Genau das aber wurde nun Dummor Sakenmann zu Verhängnis.
Den kaum dass Isador verstanden hatte, dass ihnen Dummor gerade damit gedroht hatte, seinen Eltern etwas abzutun falls Sore sich nicht hinter ihn stellen würde, verdüsterte sich dessen Aura schlagartig.
Dummor Sakenmann hatte die Wichtigkeit von Isador in der sorenischen Führung durchaus richtig als bedeutend eingeschätzt. Aber er hatte die Macht seines ehemaligen Schulkameraden über diese Führung völlig verkannt und die Möglichkeiten dessen Reaktionen auf so eine Drohung sträflich unterschätzt.

Die Stimme des Blonden war eiskalt und sehr ruhig und dabei doch so durchdringend wie das Gebrüll eines Raubtieres als er dann mit vor Wut blitzenden Augen verkündete: "Das wird er bereuen! Ich will das er dafür stirbt! Lasst sie brennen, werft sie nieder!"
"Aber Isador..." versuchte Trevastan zu intervenieren doch der erstickte seine Worte einfach mit seiner Macht und seiner Ausstrahlung.
"Nichts aber" erwiderte er, "gebt Nordens Reike folgende Antwort: Wir erwarten die sofortige Überstellung von Dummors Sakenmanns Kopf und den Eltern des Prinzen Isador vaf Turnet nach Sore. Wir setzen eine Frist bis Mitternacht Mittelerebunischer Zeit. Sollten Unsere Forderungen bis dahin nicht erfüllt sein erwartet Nordens Reike ein zweites Beksach!"

Totenstille herrschte nach seinen Worten.
Doch nur bis Isador seine unheimlich leuchtenden Augen auf den Nachrichtenoffizier richtete: "Sendet es! Sofort!"
Der arme Mann konnte garnicht anders und so ging das von Isador formulierte Ultimatum als Antwort auf die Note von Nordens Reike augenblicklich raus.

"Was hast du getan, Isador?" war es An-Taetsin der als Erster nun die Kraft fand sich dem Bann desselben wenigstens ein bisschen zu entziehen.
"Das was notwendig war" erwiderte der mit einer unheimlichen Gelassenheit, "Dummor Sakenmann denkt er könnte Unsere Eltern gegen Uns verwenden. Dummor Sakenmann wird lernen was es bedeutet sich zu unterwerfen!"
"Aber was wenn er das nicht begreift?" wagte nun auch An-Anadur einen Einwand zu erheben.
"Dann werden Wir es ihm beibringen!" erklärte Isador mit einer Ruhe die beängstigend war.
"Wie werden wir ihm das beibringen?" erkundigte sich nun die Ministerpräsidentin da Vezura, "wollt Ihr dann Nordens Reike angreifen?"
"Natürlich. Das ist die einzige Sprache die ein Sakenmann versteht" bestätigte Isador, dass er genau das vorhatte, "Feuer wird vom Himmel fallen und erst dann wird er verstehen, dass Halja¹ auf ihn wartet."
"Und alle die Anderen?" kam es nun sichtlich erschrocken von Trevastan.
"Die können sich jederzeit gegen Dummors Sakenmann entscheiden" entgegnete sein Uxvir ihm.

"Das mach ich nicht!" widersprach nun Meran kategorisch, "auch wenn du mich zwingen kannst, aber einen Erstschlag gegen Nordens Reike, das mache ich nicht!"
Zu seiner Überraschung schenkte ihm Isador ein mildes Lächeln bevor er ihm antwortete: "Ich weiß das Meran und das ehrt dich auch." Als dieser ihn nun verwirrt ansah, versicherte er ihm: "Ich werde dich nicht dazu zwingen, das verspreche ich dir!"
Das verwirrte die anderen Anwesenden noch mehr, es war dann An-Taetsin der diese Verwirrung in Worte fasste: "Aber wenn du Meran nicht zwingst, wie willst du dann...?"

Ein wissendes Lächeln umspielte Isadors Lippen nun, dann befahl er: "Bringt Terastan ab Apollam her!"
"Terastan?" keuchte Trevastan ungläubig und entsetzt auf.

Isador schwieg und nach nicht mal zehn Minuten kam ein sichtlich überraschter Terastan in Begleitung von Ivenej herein.
Er erfasste aber sofort die Stimme und adressierte Isador entsprechend förmlich: "Ihr habt mich rufen lassen?"
"Haben Wir" erwiderte Isador, dann skizzierte er ihm in knappen Worten die Lage.
Dann endete er mit der alles entscheidenden Frage: "Natürlich kann ich dich zwingen, aber das einmal außen vor gelassen. Wärst du bereit als Supremator Militaris das zu tun was du, als wir uns das erste Mal sahen unbestreitbar vorgehabt hattest, nämlich Nordens Reike zu überrennen, bestrafen und gegebenenfalls befehlen, dass Feuer vom Himmel fällt und sie vernichtet?"
Unsicher sah Terastan von einem zum anderen während sein Hirn auf Hochtouren lief. Was sollte er nun antworten? Einerseits hatte Isador ja Recht, dieser bot ihm nichts anderes an als eine Umsetzung derjenigen seiner Pläne wegen der er sich damals Trevor zu eigen gemacht hatte.
Andererseits, anders als damals war ihm heute nicht mehr egal was andere von ihm dachten.
Einer nach dem anderen wich seinem Blick aus.
Nur Ivenej nicht. Der schaute in mit vor Entsetzen weiten Augen an und als dann ihre Blicke sich trafen schüttelte er beinahe unmerklich den Kopf.

¹nordensche Göttin der Unterwelt/Hölle.

Und, was vermutet ihr, wird Dummor einknicken?

Wie wird sich Terastan entscheiden?


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