#158 Keine Reue
Als Mirbakat Jah in Ketten von zwei Divigiliatoren¹ zu seiner Audienz mit dem Divinimperator von Sore hineingeführt wurde, waren das Erste, auf das sein Blick in dem Raum fiel, seine drei überlebenden Söhne.
Während der achtzehnjährige Mirdur stoisch zu Boden schaute, sah man dem sechzehnjährigen Mirasaf trotz allen seinen Bemühungen unbeeindruckt zu wirken, dass er Angst hatte. Beim dreizehnjährigen Mirazam hingegen sprach sein verheultes Gesicht eine eindeutige Sprache.
Hinter seinen Söhnen saßen noch der fünfzehnjährige Mirjang und der siebzehnjährige Mirzat, zwei Großcousins, sowie Tursalar Jung, der Mann seiner Schwester und deren Sohn Mirsalar Turzat Jung.
Mehr hatten nicht überlebt? erschrak Mirbakat, doch er kam nicht dazu weiter darüber nachzudenken, denn die Divigiliatoren stießen ihn zu Boden so dass er unweigerlich auf seine Knie fiel.
Dann hörte er eine Stimme, eiskalt erklang sie und ihre Worte fielen förmlich von oben auf ihn herab.
"Mirbakat ab casa da Jah" sprach sie, "Nuo avvon esperarav, ipe avte novirav ex errores dos abavons ipei!"²
Etwas verwirrt hob Mirbakat seinen Blick und sah den Divinimperator vor sich stehen, oder besser gesagt, über sich stehen, denn er stand auf einem Podest zu dem sieben Stufen empor führten, vor dem Selion do Multor³. Zu seiner Rechten stand ein weiterer Thron auf dem ein junger Mann saß der ihn voller Abscheu ansah.
Jetzt wäre der Moment für Mirbakat gewesen zu retten was vielleicht noch zu retten war.
Doch Mirbakat beschloss so zu tun als wüsste er nicht wovon der Divinimperator spricht.
"Vosta Numeen Sublimeen, ich verstehe nicht was ihr meint..." erwiderte er.
Nun war es An-Anadur der sich wütend von seinem Thron erhob und neben seinen Virion stellte, welcher ihm Antwort gab:
"Mirāli cūriyaṉukkuk kīḻē putticāli illai eṉṟāl, avaratu cantatiyiṉariṭaiyē intat tiṟamai kuṟaintuviṭṭatāka eṉakkut tōṉṟukiṟatu!"⁴
An-Anadur hatte das Dravidische nicht verlernt und nun konnte Mirbakat nicht so tun als verstände er nicht, auch, weil seine Söhne und anderen Verwandten die Beleidigung natürlich nicht nur gehört sondern auch verstanden hatten.
Dumm genug war er mit einer ebensolchen zu antworten. "Mirāliyiṉ iṉpap paiyaṉ..."⁵ erwiderte fast lauernd.
"Miralis Untergang und nun der Seinige, wollte er wohl sagen" erwiderte An-Anadur mit einer bedrohlichen Ruhe auf Dravidisch, "ist ihm klar, dass ich Vergeltung fordere? Ist ihm klar, dass mein Ziel ist, dem Hause Jah das zuzufügen was das Hause Jah dem Hause ab Iovam zugefügt hat?"
"Was soll das sein, was das Hause Jah dem Hause ab Iovam zugefügt hat" war Mirbakat nun verwundert.
"Das Aussterben des Hauses im Mannesstamm" erklärte ihm An-Anadur.
Jetzt allerdings verstand Mirbakat, voller Entsetzen rief er aus: "Ihr wollt das Haus Jah auslöschen!?"
Nun war es auch bei dem sechzehnjährigen Mirasaf mit der Beherrschung vorbei und er brach lautstark in Tränen aus.
Mit einem malignen Lächeln wandte sich nun An-Anadur an diesen und meinte kalt: "Hör auf zu flennen, als ich in deinem Alter war musste ich schon das Bett mit deinem Vorfahren Mirali Jah teilen, da hat auch keinen interessiert ob mir das gefällt und ob ich weine!"
Natürlich ließ das Mirasaf nicht aufhören zu weinen, vielmehr bekamen es nun auch Mirjang und Mirzat mit der Angst zu tun, verstanden sie doch An-Anadurs Worte so, dass der vorhabe sie irgendwelchen alten Männern als Bettgespielen zu geben, während Mirasaf, der zunächst dachte das Auslöschen bedeutete, dass er sterben müsse, diese neue Aussicht keinesfalls beruhigend fand.
Mit den Worten "Satis nunc, mio uxvir!"⁶ griff Ieran nun ein und gebot An-Anadur Einhalt.
Dann wandte er sich an Mirbakat: "Ich nehme an mein Gemahl hat ihn bereits über Unsere Pläne bezüglich des Hauses Jah informiert?"
"Ihr... Ihr wollt es auslöschen" stammelte Mirbakat zutiefst erschrocken.
"Das habt Ihr richtig verstanden" bestätigte ihm Ieran nun.
"Ihr... ihr.... ihr..." stotterte Mirbakat, "...ihr wollt meine Söhne töten? Ihr... Ihr.... Mörder!"
"Aber, aber" erwiderte der Divinimperator in einem leicht tadelnden Ton, "wer wird denn gleich von Umbringen reden."
"Aber.... wie dann?" wollte Mirbakat nun wissen.
"Nun, die Sache ist ganz einfach" erklärte ihm nun Ieran, "weder du, noch die fünf jungen Männer hier werden jemals einen legitimen Sohn bekommen der den Namen Jah trägt."
"Wie wollt Uhr das machen? Wollt Ihr ihnen und mir antun was Mirali seinem L... Eurem Gemahl angetan hat?" rief Mirbakat.
"Keinesfalls" erwiderte Ieran darauf freundlich, "ihn, Mirbakat Jah, werden Wir dafür bis an sein Lebensende sicher verwahren. Und seine Söhne und Großcousins werden, wenn sie dieses Schicksal für sich vermeiden wollen, sicherlich zustimmen als Servions an An-Anadur übergeben zu werden.
Sie werden dann niemals eine Frau ehelichen können und es wird ihnen untersagt sein ein Kind zu zeugen, so wie es jedem in Sore gesetzlich verboten sein wird ein Kind von ihnen zu empfangen.
Eine Verbindung mit einem Divinoble einzugehen wird ihnen aber offen stehen."
Nun war es Mirdur, der die Fassung verlor.
Empört sprang er von seinem Sitz auf und rief Ieran zu: "Nein, das könnt Ihr nicht machen!"
"Ich denke schon, dass er das machen kann" entgegnete ihm An-Anadur wieder auf Dravidisch.
"Aber... aber" stammelte Mirdur nun, "ich liebe doch Aarany, ich will sie heiraten, ich will Kinder..."
"Aarany?" mischte sich sogleich sein Vater ein, "mein Sohn, da hätte ich ohnehin nicht zugestimmt..."
"Aber ich liebe sie doch!" beharrte Mirdur.
"Du hast doch den Uyar Pēraracar⁷ gehört" mischte sich nun Mirzat ein, "vergiss Aarany, du kannst froh sein, dass du weiter leben kannst. Du wirst sie sowieso niemals mehr wieder sehen!"
Nun wandte sich Mirdur gegen seinen Vater.
Mit dem wütenden Schrei "Das ist alles deine Schuld, du hast meine Brüder auf dem Gewissen!" stürzte er sich auf Mirbakat.
Der, in Ketten, hatte wenig Chancen sich gegen seinen Sohn zu wehren und schon bald schlossen sich die Hände des Achtzehnjährigen um den Hals seines Vaters.
"Warum hast du nicht einfach sterben können?" schrie der ihn währenddessen an, "du zerstörst immer alles, unsere Heimat, unsere Leben, unsere Liebe! Ich hasse dich!"
Mirbakat konnte darauf nicht antworten da er um Luft rang. Während er ihn weiter würgte sprach sein eigener Sohn voller Hass: "Das Beste ist, wenn ich dich töte. Du sollst nicht mehr mein Vater sein. Wenn tot bist, kann ich mir einen anderen Vater suchen, den Namen Jah ablegen und Aarany zu meiner Frau nehmen!"
"Hör auf" schrie nun der dreizehnjährige Mirazam, "du tust Papa weh, du bringst ihn noch um!"
Als Mirdur nicht auf seinen jüngsten Bruder hörte, wandte sich der hilfesuchend an seinen anderen Bruder: "Mirasaf, tu' doch was, hilf Papa!"
Doch Mirasaf schüttelte nur den Kopf und sprach voller Verbitterung: "Der da, das ist nicht mehr mein Vater. Mirdur hat Recht, es wäre besser wenn er stürbe!"
Doch Ieran hatte nicht vor Mirdur sich mit der Tötung seines Erzeugers belasten zu lassen.
Mit einer unmerklichen Geste bedeutete er den Divigiliatoren, Mirdur und Mirbakat zu trennen und so traten die vor und hatten alsbald Sohn und Vater auseinander gezogen.
"Und" fragte An-Anadur nun höhnisch, "wie fühlt sich das an Mirbakat, wenn sogar die eigenen Söhne einen am liebsten los wären?"
Der allerdings konnte sich nicht so richtig artikulieren, zumindest verstand keiner der Anwesenden was die heiseren Laute die nun aus seinem Mund kamen für Worte darstellen sollten.
"Aracē"⁸ meldete sich nun Tursalar Jung zu Wort, "was wird aus mir und meinem Sohn?"
"Ihr?" erwiderte An-Anadur, "ihr seid keine Jahs, ihr werdet zurück nach Sindhurat gebracht."
Mirdur hatte das mitgehört und rief nun: "Warum kann Mirsalar Turzat gehen? Er ist genauso so sehr ein Nachfahre von Mirali wie ich und meine Brüder!"
"Sein Vater ist kein Jah!" erwiderte An-Anadur.
"Es geht Euch nur um den Namen?" fragte Mirdur, "ich brauche diesen Namen nicht! Gebt mir einen anderen! Gebt mir jemand anderes den ich meinen Vater nennen kann.
Ihr wollt Mirbakat zum Letzten der Jahs machen? An mir soll das nicht scheitern!"
An-Anadur flüsterte kurz mit Ieran, vielleicht auch übersetze er Mirdurs Worte.
Dann wandte er sich direkt an Mirdur: "Wir werden das in Erwägung ziehen. Bis dahin wirst du und deine Brüder sowie Mirjang und Mirzat unsere Gäste sein. Ihr werdet allerdings verstehen, dass wir eure Bewegungsfreiheit dabei etwas einschränken müssen."
"Natürlich" erwiderte Mirdur ziemlich gefasst.
"Gut, dann könnt ihr euch jetzt entfernen" bedeutete ihm An-Anadur, "die Wachen werden euch auf eure Quartiere bringen."
Mirdur bedeutete den Anderen mitzukommen. Sein Bruder Mirasaf, der wie er selbst mit ihrem Vater abgeschlossen hatte, folgte der Aufforderung sofort. Ebenso Mirjang und Mirzat deren Väter bei der Zerstörung des Unaranuma-Palast ums Leben gekommen waren und die keinesfalls so sehr daran hingen ein Jah zu sein, dass sie ihre Freiheit oder ihr Leben dafür opfern würden.
Anders jedoch Mirazam. Er verschränkte seine Arme vor seiner Brust und meinte trotzig: "Ich will bei meinem Papa bleiben!"
Beinahe dankbar sah Mirbakat zu ihm, wenigstens einer, der sich nicht von ihm abwandte.
Doch dann ging Mirasaf zu ihm, faste ihn an den Schultern und zog ihn mit sich.
"Spinn nicht herum Mirazam" meinte er dabei, "Papa muss jetzt erstmal ins Krankenhaus, da kannst du nicht mit!"
Mit ihnen wurden auch Tursalar und Mirsalar weggeführt.
Nun war Mirbakat mit Ieran und An-Anadur ganz alleine.
"Ihr, ihr habt meine Söhne gegen mich aufgehetzt" keuchte er nun heiser und sichtlich unter Schmerzen.
"Nun, anders als deine älteren Söhne leben sie immerhin noch" erwiderte An-Anadur ihm in einem kühlen Ton.
"Und ich dachte immer Sore wäre so fortschrittlich und aufgeklärt" kam es nun bitter von Mirbakat.
Worauf Ieran eiskalt erwiderte: "Wenn er das gedacht hätte, dann hätte er sich wohl kaum mit Sore angelegt!"
Darauf wusste Mirbakat nichts zu antworten und so sprach An-Anadur gehässig: "Ihr Jahs wart immer groß darinne, diejenigen zu verachten die schwach sind. Wie fühlt es sich an, jetzt wo ihr selbst schwach seid?"
Auch darauf wusste Mirbakat nichts zu sagen.
Nun ließ Ieran die Wachen kommen um Mirbakat wegzuschaffen.
Kurz bevor die ihn hochzogen um ihn aus dem Saal zu schleifen beugte sich An-Anadur zu ihm runter und flüsterte ihm zu:
"Dein Hochmut bringt dich zu Fall. Immernoch. Dein eigener Sohn wünscht dir den Tod und selbst da kommt dir nicht der Gedanke einmal um Verzeihung zu bitten oder Reue zu zeigen. Gut, du bleibst dir selbst treu, denn du bereust nichts, noch siehst du eine Schuld bei dir. Der Hochmut der Jahs wird ihr Untergang sein. Aber eines verspreche ich dir: Der Name Jah wird aus dem Gedächtnis der Menschen getilgt werden. Ich habe noch genug Jahre zu leben um dafür zu sorgen..."
Mit einer wegwerfenden Handbewegung bedeutet er nun den Wachen, dass er fertig war mit Mirbakat.
Die griffen ihn nun unter den Armen und schliffen ihn raus.
"Fühlst du Genugtuung?" erkundigte Ieran, kaum dass sie alleine waren.
"Ein bisschen" erwiderte An-Anadur, "aber mein Mitleid mit den Jungen ist zu groß, als dass ich es wirklich genießen könnte..."
"Alles andere hätte mich sehr überrascht" gab Ieran zu.
"Ja ja" meinte An-Anadur, "ich bin halt einfach zu gut für diese Welt."
"Wie geht es weiter?" wollte Ieran nun wissen.
"Ich könnte die drei Söhne adoptieren" überlegte An-Anadur, "wenn der Name Comes⁹ ab Misratam den Namen Jah verdrängen würde, wäre das eine Rache ganz nach meinem Geschmack."
"Mirali hat dir die Möglichkeit genommen eine Familie zu haben und nun nimmst du ihm seine Familie und machst sie zu deiner" sprach Ieran, "für meine Ohren klingt das nach ausgleichender Gerechtigkeit."
"Und was machen wir mit Hernan und Mirbakat?" wollte An-Anadur nun wissen.
"Am liebsten würde ich sie zu Trevor schicken damit er sie zu Terastan sperrt und dann den Schlüssel im Meer versenkt" seufzte Ieran, "aber das ist leider nicht realistisch..."
"Och, hast du Trevor schon gefragt?" scherzte An-Anadur nun.
"Ich bin sicher, der hätte damit weniger Probleme als der Synhedrion" gab Ieran zu, "deswegen, besser nicht fragen..."
¹Divigilia ist die Leibgarde des Divinimperators
²Mirbakat aus dem Hause Jah, Wir hatten gehofft, er hätte gelernt aus den Fehlern seiner Vorfahren!
³wörtlich Thron des Richter/Bestrafenden.
⁴War schon Mirali nicht der Schlauste unter der Sonne, so scheint es mir, dass diese Begabung unter seinen Nachfahren noch nachgelassen hat!
⁵Miralis Lustknabe
⁶Genug jetzt mein Uxvir.
⁷Dravidisch für: Hochkaiser
⁸Eure Majestät
⁹Grafen
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