#118 Blütenregen

Frohgemut hatte Isador nun also einige Millionen von Trevastans Vermögen den Flammen überantwortet.
Der sorenischen Teil der Gäste, diejenigen die um den Wert des Pigmit wussten, hielten schon förmlich den Atem an.
Die einen sahen es als Zeichen der großen Liebe von Trevastan mit der die Götter das Paar gesegnet hätten, die anderen aber auch schlicht als Angeberei. Aber alle warteten derart gebannt darauf, wann Trevastan seinem Geliebten Einhalt gebieten würde – oder das Pigmit ausginge.

Das blieb natürlich auch Trevor und Taejo nicht verborgen und so beugte sich Trevor zu dem neben ihm sitzenden Simur und fragte flüsternd: "Was löst denn diese Spannung hier im Saal aus, man kann sie ja beinahe mit den Händen greifen!"
"Sie opfern den Göttern Pigmit, Isador mit vollen Händen" erklärte der ihm nun auf seine Frage.
Doch Trevor konnte mit der Antwort natürlich wenig anfangen: "Ja und?"
"Ein Gramm Pigmit kostet etwa 2350 Dalares" merkte Simur daraufhin lakonisch an.
"Holy Shit" entfuhr es Trevor daraufhin sehr unfein, "Blondie hat doch bestimmt schon ein ganzes Kilo jetzt verfeuert..."
"Ich sehe, du siehst was die Spannung auslöst..." meinte Simur da nur süffisant.

Zum Glück oder weil Trevastan nichts dem Zufall überließ, waren nicht mehr als zweieinhalb Kilogramm des Flammenfärbers im Omnidivision vorrätig an diesem Tag. Und so war dem Appetit der Götter auf Opfer genüge getan als ein sichtlich vergnügter Isador die letzten 50 Gramm in die Flammen pfefferte.

Nachdem die letzten Flammen erloschen waren, begann der Vermählung zweiter Teil.
Hier nun trat Ieran in seiner Rolle als Supercaput Statis¹ auf.
Stellte der erste Teil sozusagen die religiöse Vermählung vor den Augen der Götter da, war das was nun kam, die Zivilehe.
Und da ging es in Sore schon seit über zweitausend Jahren sehr pragmatisch und bodenständig ab: Die Zivilehe war ein Vertrag den man prinzipiell auf Lebenszeit abschloss, den man aber durchaus kündigen konnte.
Und so war es nur folgerichtig, dass nun der Ehevertrag verlesen wurde.

Eine ehrenvolle Aufgabe, die auf Isadors Wunsch hin nun Roman ab Tavolam erfüllte.
Mag diese Wahl auch zuerst verblüffen, war sie doch wohl durchdacht.
Romans Ansehen in Sore hatte durch seinen nicht gerade rühmlichen Auftritt als Gesandter des Divinimperator in Angevinien durchaus gelitten.
Dass ihn der Erste in der sorenischen Thronfolge und dessen Gemahl nun für eine so ehrenvolle Aufgabe heranzogen, mehrte sein Ansehen ungemein.
Darüberhinaus gedachte Isador so ein paar Punkte bei Marlur einzuheimsen. Es war immerhin sein Sohn, dessen ramponiertem Ansehen er so zu neuem Glanz verhalf.

"Conventior eses Trevastan ab Apollam e Isador vaf Turnet adiceres  le divligarmen..."² las der nun gekonnt von einer prächtig gestalteten Urkundenrolle ab. Oder ließ es zumindest so wirken, denn in Wirklichkeit hatte er den Text schon seit zwei Tagen zur Verfügung und ihn gründlich einstudiert.
Das galt natürlich auch für die Simultanübersetzer, denn dergleichen in Echtzeit ins Nordische, Angevinische oder gar Kitaische zu übersetzen wollte man nun wirklich niemandem zumuten.

Es dauerte eine Weile bis Roman alles verlesen hatte, aber dank seiner gründlichen Vorbereitung gelang ihm das ohne einen Fehler.
Nun war es wieder an Ieran in Aktion zu treten.

"Velles luo, Trevastan ab Apollam, Dividuxam do Imperion Sorenam, lo present hico Isador vaf Turnet in basen ist contract adfaceres lo lusso uxvir?³" fragte er nun feierlich Trevastan.
Dieser zögerte keine Sekunde und in seiner Antwort schwang die absolute Sicherheit mit das Richtige zu tun: "Sim, igo mallo!⁴"
Nun wandte sich der Divinimperator an Isador: "Velles luo, Isador vaf Turnet, lo present hico Trevastan ab Apollam in basen ist contract adgnosceres come lo lusso virion e loi sectaties come An-Isadur ab Torram nunc e omn'eterno?"⁵

Gespannte Stille herrschte, doch dann erwiderte auch Isador mit fester Stimme, die keinen Raum für Zweifel ließ: "Sim, igo ip vello!"⁶

"Kraft des Uns verliehenen Amtes erkläre Wir den vorliegenden Vertrag für gültig" fuhr Ieran nun fort, "und in Übereinstimmung mit dem Recht des Imperion.
Wer nun noch Einwände gegen diese Verbindung meint vorzubringen können, erhebe nun seine Stimme oder er möge auf ewig ungehört bleiben!"

Gebannte Stille in der Isadors Blicke ängstlich von seinem Vater zu Trevor und wieder zurück hasteten.
Doch seinem Vater war wohl klar, dass falls er Einwände hätte vorbringen wollen seine werte Gemahlin ihn mit ihrer Haarspange erdolcht hätte bevor sein Allerwertester auch nur den Kontakt mit dem Sitzmöbel auf welchem er platziert war verloren hätte.
Also schwieg er, entweder weil er keine Einwände hatte oder er seine Frau fürchtete.

Und Trevor? In Trevors Kopf waren Stimmen die ihn aufriefen jetzt einzuschreiten, sonst würde er Isador für immer verlieren. Aber die lauteren Stimmen, die vernünftigeren Stimmen wiesen ihn darauf hin, dass er sich vergeben hatte an Taejo ohne auf Isador zu warten, dass Isador ihn nie geliebt hatte und ihm dessen Haß sicher wäre, wenn er jetzt hier sein Wort gegen diese Verbindung erheben würde.
Und so schwieg auch er.

Doch sie hatten die Rechnung ohne Hernan gemacht. Dieser erhob sich nun, um einen Einwand zu erheben.
Nicht weil es ihm ein wirkliches Anliegen war, sondern weil er sich an Trevastan und Ieran rächen wollte. Dafür, dass man ihm aus seiner Sicht seinen Uxvir, An-Marlur,  ungerechtfertigt weggenommen hatte, wollte er bemängeln, dass der Rat der Divinoble der Vermählung des Thronfolgers nicht zugestimmt hatte.
Doch noch bevor er etwas sagen konnte, hatte sein einziger Sohn ihn erspäht und sein Vorhaben erahnt.

Wut blitzte aus Romans Augen und mit donnernder Stimme fuhr er ihn quer durch den Saal an: "Uno verbon e apud omnos divinos in caielo igo iuraro tei tuo penitentfes!"⁷

Davon schien Hernan jedoch unbeeindruckt, er räusperte sich, doch bevor er er etwas sagen konnte, hatten sich An-Anadur und An-Taetsin erhoben und auch ihre Augen glühten vor Empörung.

"Vahe in Vosta, Hernan!⁸" erklang zunächst An-Anadurs Stimme  warnend und drohend durch den Raum, "hütet Eure Zunge und zügelt Euer kleinliches Verlangen nach Rache für etwas, dass Ihr Euch in all' eurer Erbärmlichkeit selbst eingebrockt habt!"

Womit immer Hernan gerechnet hatte, mit so einem Gegenwind noch bevor er überhaupt etwas gesagt hatte, wohl nicht.
So wirkte er sichtlich irritiert und nutze die Stille nach den flammenden Worten des Divinuxvir nicht sofort um nun sein Anliegen vorzutragen.

Das nutzte nun An-Taetsin seinerseits und drohte ihm ebenfalls: "Vahe in Vosta, Hernan⁸, schweigt und setzt Euch oder bei allen Göttern im Himmel, ich werde euch Verfluchen so wie Isador es mit Terastan getan hat!"
Hernan erblasste ziemlich unter dem Eindruck dieser Worte, machte aber dennoch keine Anstalten nun An-Taetsin Aufforderung Folge zu leisten.
Dieser aber zögerte nicht seinen Worten Taten folgen zu lassen und in beschwörendem Ton sprach er nun die Worte, die für Hernan verheerend sein konnten: "Hernan ab Tavolam, Unwürdiger, der Ihr Euren Uxvir ohne Zustimmung erwählt und an euch gebunden habt, wie könnt Ihr es wagen, Einwände zu haben, wenn die Götter und die Liebe ein Paar zusammenführen?"
Hernan war nun kreidebleich geworden und schwankte sichtlich, doch sein Starrsinn war zu groß um jetzt das Richtige zu tun und sein Heil in der Flucht zu suchen in dem er sich setzte und schwieg.

Und so war es unvermeidlich, dass An-Taetsin nun die gefürchteten Worte sprach: "Divii lo berdanto, Hernan! Maledictio! Maledictio!"

Trotzig erwiderte Hernan nun: "Es ist mein Recht meine Stimme zu erheben und um nichts im Himmel und auf Erden, werde ich mir dieses Recht nehmen lassen!"

Zu aller Überraschung war es nun Trevor der von seinem Sitz hochfuhr. Wut stand in seinem Blick und mit Augen kalt glitzernd wie Eis,  sah er nun auf Hernan: "Lord Hernan, wägt Eure Worte mit Bedacht. Uns dünkt Ihr seid im Begriffe, die Ehre Unseres besten Freundes in Zweifel zu ziehen. Sollte dies' Euer Begehr und Ziel sein, so bedenkt, dass Wir die Ehre Unseres Freundes rächen werden, mit allem was Uns und Angevinien zur Verfügung steht."
Trevor hatte seinen Platz verlassen und war während seiner Worte zu Hernan gegangen. Nun stand er direkt vor diesem und zog den Handschuh von seiner rechten Hand.
"Wehe Euch Lord Hernan, wenn Ihr nicht die Klugheit besitzt nun zu schweigen, dann werden Wir Euch diesen Handschuh ins Gesicht schlagen. Dann gibt es für Euch kein Zurück mehr und Ihr verliert Eure Ehre oder einer von uns beiden sein Leben!"

"Was macht er da" raunte Isador atemlos zu Trevastan.
Voller Staunen erwiderte der ihm: "Er fordert ihn zum Kampf auf Leben und Tod wenn er deine Ehre beschmutzen sollte!"
"So etwas gibt es noch?" wisperte der Blonde nun völlig baff.
"Jein, aber Hernan ist zu konservativ sich dem zu entziehen..." erklärte ihm Trevastan.

Hernan starrte Trevor an als wäre ihm ein Geist aus der Vergangenheit begegnet. Ihm war ebenso wie Trevor klar, dass er einen Zweikampf ohne Schußwaffen – und darauf würde es hinauslaufen – gegen Trevor niemals gewinnen würde.
Trotz allem Starrsinn war nun sein Instinkt zu Überleben stärker und so  erwiderte er nun unterwürfig: "Vosta Numeen Sublimeen seid so sicher, da kann ich nach reiflicher Überlegung nur zu dem Ergebnis kommen, einem Irrtum unterlegen zu sein. Ich bitte um Entschuldigung für das Ungemach was ich bereite habe."
Mit diesen Worten setzte er sich nun  endlich wieder.

"Nun, jeder von uns irrte schon einmal, das ist verzeihlich" sprach Trevor nun, drehte sich um und zog sich, während er zu seinem Platz zurückging seinen Handschuh wieder an.
Auch An-Anadur und An-Taetsin setzten sich nun wieder.

Alle Aufmerksamkeit richtete sich nun wieder auf Ieran ab Iovam.
Dieser lächelte zufrieden und verkündete sodann: "Somit erkläre ich diese Verbindung für rechtens und wirksam und euch somit zu Virion und Uxvir!"

Und während Trevastan nun Isador zu sich heran- und heraufzog und ihn küsste, donnerte der Beifall und der Jubel der Versammelten durch die Kuppel des Omnidivinosion.

Als wäre nichts gewesen, als hätte nicht gerade der Uxvir des Supremator Militaris einen anderen Divinoble öffentlich verflucht, als wäre nicht gerade ein ausländisches Staatsoberhaupt ebenso öffentlich für die Ehre des zukünftigen Divinuxvir eingetreten, als hätte mit diesem nicht gerade ein Divinoble einen anderen zu einem Iudicion dos Divinos⁹ herausgefordert und nicht zuletzt, als hätte nicht gerade ein Divinoble ein fremdes Staatsoberhaupt mit der Höflichkeitsform des Divinimperators adressiert, nahm die Vermählung ihren weiteren Gang.
Und den nahm sie gleich mit der nächsten Sensation, denn zum erstem Mal seit Menschengedenken würde nun Marlur Caruso ein sorenisches Auditorium an der Größe seiner Kunst teilhaben lassen.

Dank des Fortschrittes der sorenischen Audiotechnik konnte das ihn begleitende Orchester in einem der Seitenflügel der Kuppelhalle sitzen während Marlur sich frei in dieser bewegen konnte und dafür nicht einmal ein sichtbares Mikrofon oder dergleichen benötigte.

So hatte er seinen Auftritt von hinten durch den Mittelgang direkt auf das frisch vermählte Paar zu und während er förmlich durch die Ränge der Zuschauer schweben schien, begann er zu singen:

"Tuo m'apparero omn'amo
Lo mio spectarion lo'incontron
Formos'ita que lo mio cor
Metueres con ipii fagin
Mei doleres, mei inamotes..."¹⁰

Es schien als würde Marlur nur ihre Liebe zueinander, deren Größe und deren Intensität besingen:

"Diese engelhafte Schönheit,
von der Liebe in mein Herz gemeißelt
Wird sie niemals entfliehen können.
Der Gedanke, mit dir
nur mit dir, die Liebe zu machen
kann die Qualen lindern
Die mein Herz quält und stranguliert.
Du erscheinst mir alle Liebe,
mein Blick trifft dich;
So schön, dass mein Herz
Besorgt ist um seine Flucht
Liebster, Liebster nie wirst du mir entwunden
Und mein Glück geht mit dir!
Du hast mich meines Herzens beraubt,
Und dennoch werde ich nicht sterben!"

Als er endete war Marlur direkt vor dem Podest angekommen auf dem das junge Paar zusammengeführt worden war.
Und in dem Moment wo seine Stimme verklungen war, setzte beinahe lautlos eine kleines Gebläse ein, welches in der mittigen Öffnung der Kuppel verborgen war.
Sein Luftstrom beförderte eine wahren Strom an Blütenblätterm von weißen, pinken und roten Rosen zielgenau über die Köpfe des Paares wo der Luftstrom gewollt abriß und so förmlich aus dem Nichts ein nicht enden wollender Regen aus Rosenblätter auf die Häupter von Isador und Trevastan herniederfiel.

Doch als der Blütenregen endete, hatte Isador noch eine Überraschung für Trevastan.
Sehr elegant beugte er ein Knie vor diesem und dann setzte das natürlich instruierte Orchester erneut ein, nur dass es dieses Mal Isador war der sang:

"Igo ip dicero e igo dicero fortam:
Igo sectatio tei!
Nam igo te'amoto!
E quoniam igo amoto tei
Subicero mei
Nam nihil facere felixissiam
Etiacome subigere ipei
Is quelho amote!"¹¹

Nun fiel Marlur mit ein:

"Nam nihil facere felixissiam
Etiacome subicere ipei
Is quelho amote!"¹²

Dann war es wieder Isador:

"Igo iurar a tei: Igo sectatifo tei!"¹³

Was wiederum Marlur bekräftigte:
"Audites ipo: Iurare a tei, ipo sectatife tei!"¹⁴

So ging der Wechsel aus gesungenen Liebesschwüren und einer gesungen Unterwerfen von Isador und den diese bekräftigenden und bezeugenden Wiederholungen durch Marlur eine weile hin und her bis dann Isador zum Finale kam, das Marlur dann auch nicht mehr bekräftigte:
"Igo te'amoto e itaque igo tei eso
Diactiores sup'mei come facere tei felixam!"¹⁵

Das was Isador sang ließ keinen Zweifel daran: Er, Isador, würde Trevastan alles das geben, was andere, wie Hernan sich zu nehmen meinten und doch nie erlangen konnten.
Gerade weil er darauf vertraute, dass Trevastan sich nie mehr nehmen würde als ihm, als ihrer Liebe dienlich wäre.







¹Staatsoberhaupt
²Übereingekommen sind Trevastan ab Apollam und Isador vat Turnet einzugehen die Verbindung...
³Wollen Sie, Trevastan ab Apollam, Erzherzog des Sorenischen Imperion, den hier anwesenden Isador vaf Turnet auf der Grundlage dieses Vertrages zu Ihrem Uxvir machen?
⁴Ja, ich will (es sehr)!
⁵Wollen Sie, Isador vaf Turnet, den hier anwesenden Trevastan ab Apollam auf der Grundlage dieses Vertrages als Ihren Virion anerkennen und ihm folgen als An-Isador ab Torram jetzt und in alle Ewigkeit?"
⁶Ja, ich will es!
⁷Ein Wort und bei allen Göttern im Himmel, ich schwöre dir, du wirst es bereuen!
⁸Wehe Euch, Hernan!
⁹Urteil der Götter
¹⁰Du erscheinst mir alle Liebe
Mein Blick trifft dich
So schön, dass mein Herz
Besorgt ist um seine Flucht
Du tust mir weh, du bringst mich dazu, mich zu verlieben...
¹¹Ich sage es und ich sage (es) laut:
Ich folge dir!
Denn ich liebe dich!
Und weil ja ich dich liebe
Unterwerfe ich mich
Denn nichts macht glücklicher
Noch als sich zu unterwerfen (sexuell)
Demjenigen welchen man liebt!
¹²Denn nichts macht glücklicher
Noch als sich zu unterwerfen
Demjenigen welchen man liebt!
¹³Ich schwöre dir: Ich werde dir folgen!"
¹⁴Höre ihn an, er schwört dir, dir zu folgen!
¹⁵Ich liebe dich und deshalb bin ich dein
Verfüge über mich, wie es dir beliebt.

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