#115 Der sprechende Zug
Die Auswahl einer geeigneten Kleidung für den Tag der Tage gestaltete sich für Isador garnicht so einfach.
Isador war nie im Militär gewesen und bekleidete auch aus Courtesie keinen Rang im Militär irgendeines Landes. Anders als für Taejo, Trevor, Terastan und so weiter, schied einen Uniform für ihn daher aus.
Anders als man vielleicht annehmen würde, war es für Uxvirs nicht ungewöhnlich in Uniform sich zu vermählen, denn gerade in der Vergangenheit war nicht selten die Armee der Ort in Sore gewesen wo Divinobles ihre Uxvires kennengelernt hatten und dann beide zum Zeitpunkt ihrer Verbindung Mitglieder der Truppe waren.
Zu Isadors Freude wollte Trevastan aber keine "Hochzeit in Waffen" wie er es ausdrückte und so einigten sie sich nach einigen hin und her und insbesondere für Trevastan etwas enervierendem Defilee von Models an ihnen vorbei auf ein Outfit aus cremefarbener Seide mit Perlen.
Schwerer tat sich Isador dann allerdings, als Trevastan ihm klar machte, dass er für die Zeremonie der Erwählung und Bezeugung etwas "traditionelles für den Uxvir" zu tragen habe und ihm dafür drei Möglichkeiten zur Auswahl anbot.
Ein goldfarbenen Dress, den schon Trevastans Mator getragen hatte.
Ein Dress mit Perlen und zwei übergroßen Rosaliten der noch weniger verdeckte.
Oder als dritte Variante etwas das Isador empört als "Hauch von Nichts" titulierte.
"So trete ich doch nicht vor meinen Eltern auf!" lehnte Isador alle drei Vorschläge erst einmal rigoros ab.
"Deine Eltern werden bei dem Teil nicht dabei sein" erwiderte ihm Trevastan daraufhin breit grinsend. Als Isador erneut etwas dagegen einwenden wollte, ließ ihn Trevastan erst garnicht zu Wort kommen: "Wer wollte denn eine ganz traditionelle Vermählungsfeier mit allem was dazu gehört?"
"Du wirst mich doch nicht beißen wenn, wenn, wenn..... wenn wer zuguckt?" begehrte Isador sofort wieder auf.
"Werde ich nicht?" entgegnete ein breit grinsender Trevastan.
"Wirst du?" hakte ein nun sehr verunsicherter Isador nach.
"Wäre es dir unangenehm?" konterte Trevastan mit einer Gegenfrage.
"Das Beißen nicht. Aber dann werde ich ja so fickrig und feucht..." erklärte ihm Isador.
"Und da möchtest du dann keine Zuschauer?" fragte Trevastan ihn scheinheilig.
"Dann ist es mir vermutlich egal" befürchtete Isador, "aber wenn du mich jetzt fragst, ich möchte nicht, dass du mich nimmst während Trevor, Taejo, Ieran, An-Anadur, An-Taetsin und so weiter zugucken..."
"Deswegen mein Sonnenschein, machen wir die 'Erwählung und Bezeugung' erst nach dem Ballabend" erklärte ihm nun Trevastan.
Isador verstand es nicht sogleich: "Warum?"
"Nun" erklärte ihm Trevastan, "dann können sie bezeugen wie ich dich beiße und dass ich mich mit dir verbinde - und dann entführe ich dich in unsere Hochzeitsnacht und weg von ihrer Anwesenheit..."
"Du geilst sie also ein bisschen mit mir auf und lässt sie dann angeteast stehen?" erkundigte sich Isador.
"Genau so!" bestätigte ihm Trevastan.
"Nun......" meinte Isador dazu, "damit kann ich mich arrangieren..."
"Schön, dann sind wir uns ja einig" stellte Trevastan nun fest, "und - welchen Dress wählst du?"
"Den Goldenen" traf Isador nun seine Wahl und erklärte grinsend, "da kommst du hinten besser rein für 'die Verbindung'".
*****
"Ihr wärt dann sozusagen auf Staatsbesuch in Sore" stellte die Premierministerin fest und ihre Stimme ließ deutlich erkennen, dass ihr das keine überbordende Begeisterung auslöste.
"Das sehen Sie richtig" erwiderte Trevor ihr, "Wir haben eine hochoffizielle Einladung und um die abzulehnen müssten es schon wirklich handfeste Gründe geben. Das Verhältnis mit Sore wäre dann wirklich im Eimer und abgesehen von den realpolitischen Erwägungen würde das Unserer privaten Beziehung mit Lord Isadon den Rest geben und Sie werden verstehen, dass Uns daran nicht gelegen ist."
"Keine Sorge Sire, dass verstehe ich schon" antwortete die Slater, "aber es ist halt auch Fakt, dass die Archlords Simon, Marlon und Roman auch dort sein werden. Wenn man sich der Archpeers von Angevinien auf einen Schlag entledigen wollte, dann wäre diese Hochzeit die ultimative Gelegenheit..."
"Also Ihre Sorgen um das Wohl des Landes und Unserer Person in allen Ehren" meinte Trevor nun und konnte sich ein etwas dämliches Grinsen nicht verkneifen, "aber ich glaube kaum, dass man in Sore vorhat, eine eigene Neuauflage der Lansdoper Bluthochzeit zu veranstalten."
"Ich bin nur vorsichtig" bemerkte die Slater dazu.
"Das ist ja auch gut so, aber der einzige unter den sorenischen Divinobles dem Wir eine derartig niederträchtige Handlung zutrauen würden sitzt warm und sicher in unserem Gewahrsam" wischte Trevor ihre Bedenken nun endgültig vom Tisch, "und der würde wenn wohl versuchen soviele wie möglich von allen Seiten zu beseitigen. Der Gefahr dürfte man sich auch in Sore bewusst sein. Aber falls es Sie beruhigt, sollte es zu irgendwelche Zwischenfällen unklarer Art kommen, seid Ihr ausdrücklich aufgefordert den Gefangenen Number One zu beseitigen."
Skeptisch zog die Slater ihre rechte Augenbraue hoch worauf Trevor hinzugefügt: "Wir werden Sie dazu ausdrücklich schriftlich ermächtigen!"
Die Slater nickte, wandte dann aber ein: "Die Frage eures Erben für den Fall, dass sowohl Euch als auch dem Prinzen Taejo etwas zustößt klärt das aber auch nicht."
"Das stimmt zwar" beendete Trevor das Thema nun energisch, "allerdings wird der Fall nicht eintreten. Und damit möchten Wir das Thema für dieses Mal dann auch beenden. Grundsätzlich empfehlen Wir Euch eine gesetzliche Regelung Unserer Thronfolge dergestalt, dass der höchstrangige der Archpeers in so einem Falle Uns auf dem Thron folgt, möglichst zeitnah durch das Parliament zu bringen."
"Aber so ein Gesetz" entgegnete die Slater nun etwas überrascht, "würde dann Lord Simon auf Platz Eins der Thronfolge bringen?"
"Das sehen Sie richtig" bestätigte Trevor und bedeutete der Premierministerin zugleich mit einer huldvollen Geste, dass er die Diskussion für beendet betrachtet und sie gehen könne.
Diese verstand, verbeugte sich und verabschiedeten sich mit den Worten: "Eure königliche Hoheit!"
*****
"L-fasttrain 'Carlon the Great' to Kingstown-of-the-South North Station..." schepperte es aus den Lautsprechern des Zentralbahnhofs von Keizerstad.
"Nun mach hinne, dass ist unser!" drängelte Annagreta vaf Turnet ihren Mann der etwas außer Puste vor ihr durch den Bahnsteigtunnel watschelte.
Trotzdem maulte der sogleich: "Woher willst du das wissen, du kannst doch auch kein Angevinisch!"
Als der blecherne Kasten nun aber erneut losplärrte "L-snelltrein 'Carlor den Groten' tilna Lugunska Koninstad langs Koninstad an de Grotestrom ech Reissel..." traf ihn allerdings einer dieser triumphierenden Blicke seiner Gattin auf den hin ihn leidvolle Erfahrungen gelehrt hatten, dass es besser wäre zu schweigen.
So beeilte er sich das Gepäck die Treppe hinauf zu dem Bahnsteig zu wuchten an welchem der schnittige, elegant in Violett und Elfenbein lackierte Schnelltriebwagen der Nordenschen Reichsbahn sie bereits als Fernschnellzug 'Carlor der Große' zur Fahrt nach Lugunien erwartete.
Kaum hatte er die beiden Koffer in den Zug gewuchtet und dachte ein wenig durchschnaufen zu können, ertönte schon wieder die durchdringende Stimme seines holden Weibes: "Hast du die Fahrkarten? Hast du die Ausreiseerlaubnis? Hast du das Transitvisa für Angevinien? Die Einreisevisa für Sore? Die Pässe? Die Fahrkarten für Zug von Kingstown-of-the-South nach Sore?"
Mit einem lauten Seufzer reichte er ihr die Aktentasche mit allen Unterlagen und maulte in genervtem Ton: "Sieh' doch selbst nach wenn du mir nicht traust!"
Auch wenn Sore sich mit Nordenland anlässlich des Besuches des Storeledar auf eine Aufteilung des östlichen neutralen Gebietes entlang des Gebirgshauptkamms und die Wiederherstellung einer Straßen- und Bahnverbindung zwischen beiden Ländern gereinigt hatte, würde es dauern bis den Worten auch Taten gefolgt wären. Und so blieb Isadors Eltern nichts anderes übrig als den Umweg über Lugunia nach Sore zu nehmen um an der Hochzeit ihres Sohnes teilnehmen zu können.
Als die Gemahlin endlich die Reiseunterlagen zu ihrer Zufriedenheit gesichtet hatte und der Zug sich in Bewegung setzte, konnte sich Kralor vaf Turnet die folgende, böse Bemerkung dann doch nicht ersparen: "Der ganze Stress nur damit wir mit ansehen können wie so ein Übermensch von Sore unseren Sohn endgültig zum Kinäden macht..."
"Ach ja" zischte Annagreta ihn sofort an, "dein Sohn heiratet und so denkst du darüber? Ist er dir nicht gut genug, der Meherr vaf Apollam?"
Das war der Moment in dem Kralor realisierte, dass er, wenn er wenigstens bis zum ersten Halt in der Domstadt Koninstad am Grotestrom seine Ruhe hätte gehabt haben wollen, er wohl besser seine Klappe gehalten hätte. Aber dafür war es jetzt sicherlich zu spät.
"Sicher, ich hätte ihn mir auch lieber an der Seite des jungen vaf Somien gewünscht" hob sein einstmals holdes Weib nun zu einem seiner dozierenden Monologe an, "anstatt so weit weg mit einer fremden Sprache und einer ganz anderen Kultur..."
Gegen all' sein besseres Wissen unterbrach sie Kralor nun und warf ein: "Ich hätte ihn mir ja lieber an der Seite eines Weibs gewünscht!" und als ihn der böse Blick seiner Gemahlin traf wie er es wagen konnte sie zu unterbrechen erfasste ihn ein kurzer Moment der Tollkühnheit, er hielt ihrem Blick stand und setzte noch eines oben drauf: "Andererseits, wenn ich es mir recht bedenke, das sollte kein Vater seinem Sohne wünschen!"
"Wie meinst du jetzt das bitte?" giftete seine Angetraute nun sogleich.
"Nun, die Vermählung mit diesem Sorener lässt unsren Sohn ja sehr lange leben oder?" erwiderte Kralor ihr.
"Ja, ja, das ist richtig" bestätigte sie sofort und lauernd.
"Nun, ich stelle mir gerade vor ich hätte noch Jahrhunderte mit dir vor mir..." erklärte er ihr nun in einen lakonisch-süffisantem Ton.
Sein Glück, dass der 'Carlor der Große' nur Wagen der ersten Klasse führte und die ihm angetraute Annagreta vaf Turnet in diesem Umfeld doch mehr Wert darauf legte was 'die Leute' dachten als darauf, wie sie es ihrem Gatten heimzahlen könnte.
So fauchte der Drache nur halblaut: "Wer wollte mich denn damals unbedingt heiraten heh? Wer?"
Dass er darauf erwiderte: "Jeder Mann macht einen oder zwei Fehler in seinem Leben" machte die Sache nicht besser für ihn in ihren Augen.
Er konnte nur hoffen, dass die Feier seines Sohnes derart fulminant ausfallen würde, dass sein Weib über diese die Einzelheiten der Anreise vergessen würde. Sonst würde er sich diesbezüglich für den Rest seines Lebens Vorhaltungen anhören müssen.
Zu seinem Glück allerdings war seine Gemahlin schon von dem Nachtzug der sie von Kingstown-of-the-South nach Sore Urbs brachte derart angetan, dass er sich gute Hoffnungen auf ein Vergessen und Vergeben machen konnte.
Sicherlich, das Cumpartiment opulens¹ des Trenem Lazuram² war schon beeindruckend wenn man Sorener war. Aber für jemanden aus Nordenland war das natürlich immernoch fast wie eine Zeitreise.
"Oh schau nur Kralor" verkündete seine Frau voller Entzückung, "drei Fernseher! Und alle in Farbe!"
Kralor warf einen Blick auf die Objekte der Begeisterung seiner Frau: "Ich glaube nur der Große ist ein Fernseher. Das oben ist zu deiner Information, schau, da steht unser Zug und wann wir abfahren werden und wo unser nächster Halt ist."
In dem Moment sprang die Anzeige um und Annagreta las in erstauntem Ton von dem Screen ab:
"Sehr geehrte Mefru und Meherr vaf Turnet. Herzlich Willkommen an Bord des Blowe Tog zur Fahrt nach Sore Stad..."
"Er spricht mit uns!" freute sie sich, "und sogar in unserer Sprache!"
"Wer spricht mit uns?" erkundigte sich Kralor.
"Na, der Zug!" erwiderte seine Frau ihm.
"Für eine Reservierung im Speisewagen drücken Sie bitte hier" las sie wieder vom Bildschirm ab.
Mit ziemlicher Wucht drückte sie nun auf den Bildschirm.
"Was machst du da Annagreta?" erkundigte sich Kralor daraufhin sofort in einem latent mißbilligendem Ton.
"Er hat gesagt ich so drauf drücken wenn wir was zu essen wollen!" rechtfertigte sie sich sofort.
"Wer?" fragte ihr Mann.
"Der Zug!" belehrte ihn seine Frau.
"Wählen Sie aus, zu welcher Zeit Sie zu speisen wünschen" las sie nun wieder ab, "ab 19:30 Uhr, ab 20.00 Uhr, ab 20:30 Uhr..."
Sie drehte sich um zu ihrem Gatten: "Er will wissen um wieviel Uhr wir essen wollen?"
"Wer?" fragte Kralor erneut.
"Na, der Zug!" erklärte sie ihm nun leicht ennerviert.
"Sach' ihm um acht?" schlug ihr Mann vor.
"Ab 20.00 Uhr" sprach Annagreta daraufhin ohne wirklich darüber nachzudenken in Richtung des kleinen Bildschirm.
Als ihr dann aber eine technisch klingende Stimme antwortete: "Vielem Dank, wir haben ihre Reservierung für 20.00 Uhr entgegen genommen" während sich das Feld 'ab 20.00 Uhr' auf dem Bildschirm grün einfärbte, war sie kurz davor die Fassung zu verlieren: "Der Zug, er redet wirklich mit mir!"
"Ich habe es gehört" merkte ihr Mann an und konnte dabei nicht ganz verhindern, dass auch seine Stimme wiedergab, wie sehr ihn das nun doch beeindruckte.
"Möchten Sie einen Tisch wählen?" fragte nun der Zug während auf dem Bildschirm die fotorealistische dreidimensionale Illustration des Speisewagens erschien.
"Das ist wirklich beeindruckend" murmelte Kralor nun, welcher sich nun neben sie gestellt hatte und aus einem Impuls heraus, berührte er einen Tisch am Fenster auf der Abbildung des Bildschirmes.
Sofort erschien eine grün gefärbte 4 über dem Tisch und die Stimme sagte: "Sie haben Tisch Nummer Vier gewählt. Wir danken Ihnen und freuen uns Sie als unsere Gäste um 20.00 Uhr im Speisewagen begrüßen zu dürfen."
"Wenn der Zug schon so ist" platzte es aus Kralor hinaus, "wie ist dann erst Sore? Bei Godan, der Fortschritt ist auch eine Heirat mit einem Manne wert!"
¹Abteil de Luxe
²Blauer Zug
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