Vater?

Namidas Sicht:

Mein Körper zitterte und mein Fell stellte sich auf. War das möglich? Konnte es überhaupt sein? Ich blickte zittrig in seine grauen Augen. Dort lagen so viele Gefühle. Freude, Liebe, Trauer. „Du weißt nicht wie schwer es war erst deine Mutter, deine Schwester und schließlich auch dich zu verlieren.", seine Stimme war brüchig und er beugte sich zu mir nach vorne. Ich zitterte nur. Zuckte nicht zurück. Auch nicht, als er mir sanft übers Ohr leckte um mich zu beruhigen. „Du.... Du bist... mein... Vater?", brachte ich schwer Atmend hervor. Er nickte knapp und strich mit seiner Wange über die meine. Ohne ein Wort drehte ich mich um und rannte davon. Nicolas war mein Vater. Meine Mutter war Tod und ich hatte eine Schwester, die ebenfalls Tod war. Es war zu viel. Viel zu viel. Erst traf ich ihn. Er sagte nichts. Wir segelten drei Monate mindesten zusammen umher. Er schwieg. Sobald wir hier waren brachte er mich an den Ort, wo alles geschah. Wo meine Mutter und meine Schwester gestorben waren und sowohl ich, als auch Nick, fast umgekommen waren. Zu viel. Zu viel. ZU VIEL!!! Ich spürte, wie heiße Tränen mein Fell an den Wangen durch nässten. Sollte ich weinen vor Trauer oder Glück oder weil ich mich trotz der Tatsache, dass Nicolas mein Vater war, mich allein gelassen fühlte? Meine Pfoten donnerten über die Steine. Den Pfad hinab, über die Wiese in den Wald. Ich rannte und rannte und rannte. Dass das weiche Fleisch an meinen Bällen rau und spröde wurde, bekam ich nicht mit. Auch nicht, dass ich eine Spur von Blut hinterließ. Erst, als es keine Ausdauer und Luft in mir gab, blieb ich stehen und sank in mich zusammen. Aus weiter Ferne hörte ich Stimmen die mich riefen. „NAMIDA!". Auch nach meinem Vater riefen sie. „NICOLAS!". Alles schien mir so surreal vor. Warum habe ausgerechnet ich überlebt und mitgenommen? Warum hatten die Jäger es nur auf meine Familie abgesehen? Warum traf ich nach all den Jahren erst wieder auf Nicolas? Warum erzählte er mir erst jetzt, dass er mein Erzeuger war? Immer noch rannen mir die Tränen über die Wangen. Als es im Unterholz knackte, drehte ich mich um und starrte auf die Stelle, von der ich das Knacken vermutet hatte. Ich sah wie zwei ältere Frauen mit Wäschekörben aus dem Wald traten. Als die eine mich bemerkte, erschrak sie furchtbar und ihr Spitzer Schrei hallte zwischen den Bäumen wieder. Mit vor Schreck gesträubtem Schwanz verzog ich mich auf einen der Bäume. Ich hatte Angst. Todesangst. Das erste Mal seit langem wieder. Mit aufgerissenen Augen, beobachtete ich, wie die eine wegrannte und die mutigere auf den Baum zukam.

Als weitere Schritte durch den Wald hallten, spürte ich meinen Herzschlag in meinem Kehlkopf und hörte das Blut in meinen Ohrenrauschen. Mit zittrigen Pfoten krallte ich mich am Ast fest. Aus dem Augenwinkel sah ich weitere Leute auf uns zukommen. Fünfzehn Männer. Alle sahen drahtig aus und trugen Waffen mit sich. Von Schwertern bis zu Speeren. Der Mann, der scheinbar der Anführer war, trat zu der Frau unterm Baum. „Ist er weg?", fragte er sie. Sie schüttelte den Kopf und zeigte auf mich. Der Blick des Mannes richtete sich direkt auf mich und sein Blick bohrte sich in den Meinen. Der anfängliche Hass und Ärger wich einem Blick aus Freude und einem Gefühl, für das mir die Worte fehlten. Ich würde sagen „Gier". „Keine Sorge, Freunde. Falscher Alarm. Das hier ist ein junges Weibchen. Doch es hat sehr schönes Fell. Was meint ihr? Wollen wir es doch fangen?". Die Angst schnürte mir die Kehle zu. Was? Ich bin noch nicht bereit zu sterben. Außerdem hatte ich Nicolas stehen gelassen. Ich muss noch mit ihm reden. Ich hatte noch fragen an ihn. Langsam verteilten sich die Männer um den Baum und zogen entweder Schwerter oder Speere. Mein Atem ging stoßweise. Ich hatte Nicolas noch zu danken. Ich wollte Kid noch meine Gefühle gestehen, die ich, wie ich zugeben musste, hatte. „Das Fell darf nicht zu sehr beschädigt sein, sonst hat es keinen Wert mehr.". „Ich will ihren Kopf für mein Kaminzimmer.". „Träum weiter.". Desto mehr die Männer redeten, desto mehr hatte ich Angst. Oh, Bitte, Gott der Puma. Ich will so nicht sterben.

Gerade als der vorderste Mann zum Wurf ansetzte, scholl ein Gebrüll über die Lichtung. Der Auslöser musste wohl hinter mir sein, da der Mann, der Werfen wollte, erstarrte und das Wesen, dass auf die Lichtung trat, voller Angst und Wut anstarrte. Mit Angst im Fell drehte ich mich um und hatte sofort noch mehr Angst.

Doch nun nicht mehr um mein Leben.

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