Prolog
Mein Arm begann zu schmerzen als ich die fünfzigste Bahn schwamm. Als ich in das türkisklare, nach Chlor riechende Wasser gesprungen bin, war es kalt und abweisend gewesen. Nun schien es sich an meine Haut zu schmiegen und immer wärmer zu werden. Die Hälfte habe ich ja bereits geschafft. Mein Aufsichtstrainer, Gustave, saß auf seinem Plastikstuhl am Beckenrand und pfiff hin und wieder müde in seine Trillerpfeife um mich zur Rollwende aufzufordern oder zum durchhalten zu motivieren.
Für einen genervten Aushilfsreferendar war er erstaunlich umgänglich und zurückhaltend. Ich respektierte ihn und er mich. Doch ein wirkliches Gespräch brachten wir nie zustande und das war auch besser so. Er war recht attraktiv aber ich empfand ihn nicht wirklich als liebenswerten Menschen.
PFIFF. Rollwende. Abstossen. Weiter. Ich war schon längst im monotonen Rythmus verfallen, und schwelgte in meinen Gedanken. Ich dachte an die Schule, an meine Bücher, Freunde, Zeichnungen und an Ihn. Hat er mir nicht Gestern erst einen Blick zugeworfen? Hat er mich angestarrt? Mich beachtet? Wahrscheinlich nicht.
Ich zog meinen Arm heftiger durch das Wasser und padelte so heftig mit den Beinen, dass ich bestimmt verbotenerweise für eine Schaumdecke auf dem klaren Beckenwasser sorgte. Doch diese Elanerhöhung lenkte mich von meinen unmotivierenden Gedanken ab und beruhigte meinen Geist irgendwie, während mein Herz aufgrund des Kraftaufwands heftig in meinem Brustkorb pochte.
Ist ja auch egal, versuchte ich mir einzureden. Vergeblich, denn die Gedanken schlichen sich wieder zurück, wie Katzen in einer dunklen Seitengasse. Nicht mein Stolz, sondern meine Gefühle waren verletzt worden, doch das würde so jemand wie er weder bemerken noch verstehen. Ich schlug heftiger mit den Beinen. Meine Waden dehnten sich spürbar. Ich konnte überhaupt nich verstehen, wie ich mein Herz an so jemanden wie ihn hatte verlieren können. Er war ein rücksichtsloses Arschloch, wie man sie überall auf der Welt sieht.
Aber was für Alternativen hatte man denn bitteschön, wenn die schlacksigen, schüchternen Philosophen mit strubbeligem aber dennoch flauschigem Haar und buchaffinität sich anscheinend in der Wüste Gobi verlaufen hatten? Richtig: Keine
Von diesem Gedanken beunruhigend beschwert, brachte ich die die letzte halbe Stunde Morgentraining hinter mich,stieg aus dem Becken, tappte mit zittrigen Knien an Gustave vorbei, der ein "Tschau", nuschelte und verschwand in den Duschen, um meine düsteren Gedanken abzuwaschen.
Für mich stand fest: Solange sich mein Traumtyp nicht fand, müsste mein Herz wegen dem Arsch leiden, und es gab nichts, dass ich dagegen hätte tun können.
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