Kapitel 24


Thiagos Sicht

Ich hörte den Wecker läuten und kniff meine Augen zusammen, weil er extrem störte. Warte... das war doch gar nicht mein Wecker. Ich spürte, wie sich jemand auf meinem Bett bewegte und öffnete meine Augen. Sie hatte unbewusst ihren Wecker ausgeschaltet und schlief friedlich weiter. Ihre beiden Hände waren statt dem Kissen unter ihrem Kopf platziert in einer Seitenlage. Ich wünschte, ich könnte jeden Morgen so neben ihr aufwachen und diese Schönheit bewundern. Ihre vollen Lippen formten sich zu einem Schmollmund und luden zum Küssen ein. Ich musterte jeden Millimeter ihres glatten Gesichts. Das Zimmer roch nach ihr. Wie sollte ich einen klaren Kopf bekommen, wenn alles nach ihr duftete. Sie kuschelte sich mir näher und berührte dabei zufällig meinen Arm. Ihre sanfte Berührung fuhr direkt in meinem Bauch. Ich zuckte zurück, denn die plötzliche Wärme, die wie eine Welle meinem Körper durchflutete, fühlte sich erschreckend schön an. Zur Hölle! Was passierte hier? Ich konnte sie doch problemlos in der Nacht umarmen, wieso spielten meine Gefühle jetzt so verrückt?

„Sternchen, dein Wecker hat geläutet", flüsterte ich und strich ihre Haarsträhne vom Gesicht zurück.

„Aha...", machte sie und bewegte sich nicht.

„Dein Wecker, hörst du?", wiederholte ich mich. Sie riss ihre Augen auf und zuckte von meiner Nähe schnell zurück.

„Scheiße, Scheiße ...", fluchte Celia und sprang schnell aus dem Bett. „Ich ... ich müsste eigentlich zur Schule, aber ich gehe nicht, okay? Ich bleibe noch da. Ähm wie geht es dir heute?", fragte sie und zupfte an ihrem Kleid und brachte ihre Haare mit der Hand in Ordnung.

„Du musst nicht wegen mir dableiben", meinte ich und setzte mich langsam auf. Es war auch tatsächlich so, dass ich diesen heftigen stechenden Schmerz wie gestern nicht so spürte, das hieß wohl, es heilte langsam. „Mir geht es besser", gab ich zu. Sie musterte mich schweigend, dann holte sie wieder den Verbandskasten und ich verstand schon, dass sie meinen Verband wieder wechseln wollte.

Ich zog das T-Shirt ganz aus und warf es achtlos auf dem Boden. Plötzlich fiel ihr das Verbandstuch, das sie eilig aus dem Kasten genommen hatte, zu Boden. Grinsend musterte ich sie, wie sie nervös wurde, dann verdrehte sie ihre Augen wegen mir und hob den Verband vom Boden auf und kam mir näher. Sie vermied es, mir in die Augen zu schauen und wechselte meinen Verband. Es gefiel mir, wie sie sich um mich kümmerte.


„So fertig!", sagte sie schließlich und distanzierte sich viel zu schnell von mir. „Thiago, bist du sicher, dass es dir heute besser geht? Soll ich dableiben?", fragte sie in Sorge.

„Ja, ich bin mir sicher. Danke, dass du da warst. Geh ruhig zur Schule!", meinte ich ehrlich.

„Okay ... schreib mir, wenn was ist, ich werde sofort kommen. Und ...", sie sah zu meinem Handy und steckte es zum Laden an. „Ich werde dich anrufen, wenn ich Pause habe, geh bitte ran, sonst mache ich mir Sorgen. Hätte ich heute keine Prüfung, würde ich am liebsten schwänzen."

Ich erhob mich problemlos von meinem Platz und sagte: „Viel Glück!"
Sie lächelte mich dankend an und ging schließlich aus der Wohnung.

∞∞∞

Nach zwei Stunden entschied ich, mich auf dem Boden zu setzen, weil ich vom zu viel Liegen keine richtige Position fand. Ich lehnte meinen Rücken nach hinten zum Bett, zog meine Beine vor die Brust und sah genau aus dem Augenwinkel die Ausgangstür. Und wie geahnt klingelte es auch. „Thiago? Ich weiß, dass du da bist. Mach jetzt sofort die Tür auf!", hörte ich die Stimme meines Vaters. Ich platzierte meine Arme auf meine Knie, rührte mich nicht von der Stelle und starrte mit zusammengezogenen Augenbrauen zu der Tür. „Entweder du machst die Tür jetzt auf oder ich werde sie aufbrechen!", schrie er wütend. Okay ... sollte er tun, wenn er es schaffte. Ich hörte noch weitere Männerstimmen, das hieß, er hatte seine Männer mitgenommen. Es wurde etwas Starkes gegen die Tür geschlagen, dann erschien die scharfe Axt, die durch die Tür gerammt wurde. Immer und immer wieder, bis die zwei Schlösser aufgebrochen wurde. Das dritte Schloss hielt die Tür noch aufrecht, doch dann wurde die ganze Tür von allen Seiten runtergerissen, landete auf dem Boden und mein Vater trat einen Schritt darauf und kam wutkochend zu mir, während ich noch in meiner Position saß und ihn mit scharfer Miene anstarrte. Ich wünschte, ich könnte mich einfach in Luft auflösen oder vom Erdboden verschluckt werden. Natürlich passierte genau das Gegenteil und er kam bis ins Schlafzimmer und stellte sich gegenüber mir hin. Ich würdigte ihm keines Blicks und sah nur zu seinen Schuhen. „Du packst deine Sachen! Wir fahren zu mir!", befahl er.

„Ich weiß noch, wie es war, als ich mit dir wohnte, du hast mich jeden Tag gefoltert, denkst du ernsthaft, ich werde jetzt auf dich hören und mitfahren?", fragte ich furchtlos.

„Siehst du mich? Ich koche gerade so was vor Wut und fasse dich nicht an!" Ich sagte nichts und wollte trotzdem seinen Befehl nicht befolgen. „Ich werde es nicht noch einmal sagen. Pack sofort deine Sachen und komm mit! Diese Wohnung gehört nicht mehr dir! Beweg dich, bevor ich dich brutal rausschleppe!", schrie er lauthals.

Ich spannte meinen Kiefer an und bewegte mich nicht. „Zum letzten Mal, ich werde und will nicht mehr mit dir unter einem Dach wohnen!", widersprach ich etwas lauter.

„Die Leute haben angefangen, über uns zu reden. Sie reden darüber, dass mein Sohn in einer Wohnung lebt. Ich verlange von dir, dass du jetzt mit mir ohne zu Streiten mitkommst!"

„Ah dir interessieren die Meinungen von anderen, aber meine ignorierst du? Ich habe hier meine Ruhe vor dir, also lass mich gefälligst in Ruhe!", schrie ich zu ihm raufblickend. Er fing an, ungläubig zu lachen.

„Gut!", lallte er. Einer seiner Männer kam rein und verschüttete Benzin auf die Schränke, auf dem Boden und überall, wo es noch ging. Irritiert blickte ich zu meinem Vater, der langsam das Zimmer verließ. Er drehte sich wieder zu mir um und warf gezielt seine Zigarette, die er gerade angezündet hatte, hinter mir. Ich sah zu dem kleinen Spiegel, der gegenüber mir an der Wand hing und bemerkte, wie die Vorhänge hinter mir zu brennen anfingen. Das Feuer wurde größer und verbrannte auch vor meinen Augen meinen Kleiderschrank. Ich schluckte und mein Atem wurde schneller. Ich sah wieder zu meinem Vater, der schadenfroh zu mir blickte und wartete, bis ich das Zimmer verließ. Ich hoffte in dem Moment, dass er ging, damit ich das Feuer löschen konnte und mich in einem anderen Zimmer in Sicherheit bringe. Jedoch bewegte sich mein Vater nicht aus dem Flur. Der Rauch bedeckte langsam das Zimmer und ich fing auch an, zu husten. Wieso musste das so kommen? Wieso war er so ein Arsch? Wieso tat er mir das an? Würde er es bereuen, wenn ich hier wegen ihm starb? Ich japste nach Luft und das Feuer war auch schon fast bei meinen Füßen. Ich gab außer Atem auf und ging stark hustend aus der Wohnung. Um mich herum sah ich alles verschwommen und ich kniete mich im Außenflur auf dem Boden und nahm wahr, wie einer von den Männern mit dem Feuerlöscher in die Wohnung rannte, damit das Feuer sich nicht zu sehr ausbreitete.
Mein Vater hockte sich zu mir runter und schaute mich konzentriert an. „Eines Tages wirst du es verstehen und mir danken", sagte er.

Ich war wütend. So unfassbar wütend. Was sollte der Mist? Ich schluckte und versuchte, meinen Atem unter Kontrolle zu bekommen. „Bei gar nichts werde ich dir danken! Ich wäre dir eher dankbar, wenn du mich in Ruhe gelassen hättest ", bekam ich schwer aus meinem Mund.

„Männer haltet ihn fest und bringt ihn zu meinem Auto!", befahl er.

„Ich kann selber gehen!", fauchte ich aufgebracht und erhob mich auf die Beine. Ich blickte ein letztes Mal zu meiner Wohnung und ging schweren Herzens nach vorn zum Aufzug. Ich durfte nichts mitnehmen, nicht mal mein Handy hatte ich mit. Diese ganze Situation regte mich einfach nur auf.

Als alle in dem Auto Platz genommen hatten, sah ich noch mein Motorrad, das noch in der Einfahrt geparkt war. „Nimm mein Motorrad, was mir noch übriggeblieben ist mit!", befahl ich streng.

„Alden wird wiederkommen und es holen!", sagte Vater und befahl dem Chauffeur loszufahren.

∞∞∞


Ich betrat das große Haus und blieb bei der Tür noch stehen. „Siehst du? Das ganze obere Stockwerk wird dir gehören. Du kannst dich hier zu Hause fühlen und essen, was du willst. Ich biete dir so vieles an, was sich jeder wünschen würde. Ich habe auch im Garten einen großen Swimmingpool anbauen lassen. Was will man sich mehr als so ein Luxusleben?", fragte er ziemlich überzeugend.
Klar so überzeugte er mich anfangs immer, nachdem er mich fertiggemacht hatte. Er beruhigte sein schlechtes Gewissen damit, tat wie der beste Vater, aber hinter seine Fassade war es so, dass er sich erlaubte mich zu schlagen, dass er sich erlaubte, mein ganzes Leben nach seinem Plan zu kontrollieren. Er kam mir näher, während ich ihn desinteressiert anstarrte. „Zieh dich um, dein Shirt ist mit Blut beschmutzt!", sagte er kalt und wand sich von mir ab. Ich blickte runter und sah das Blut wieder an der Stelle am Bauch. Ich verstand nicht, wieso ich die ganze Zeit so viel Blut verlor, der Schnitt wurde doch zugenäht. Hatte ich davor zu viel gehustet und mein Bauch damit belastet? Als ich versuchte, die Treppen rauf zu gelangen, spürte ich schon den stark stechenden Schmerz wie gestern.
Ich betrat mein Zimmer, ein Zimmer, das ich vor sechs Jahren nur für zwei Tage gehabt habe. Ich konnte mich erinnern, als wäre es gestern gewesen. Meine Eltern hatten sich, nach dem sie getrennt waren, auch um mich gestritten. Ich wurde hin und her geworfen, einmal durfte ich bei Mutter leben, dann zog ich von dort hier her, weil ich ihrem neuen Mann damals nicht leiden konnte. Dann gefiel es mir auch hier nicht, weil mein Vater mich nicht in Ruhe ließ. So war es die beste Entscheidung gewesen, in einer Wohnung ganz alleine für mich zu leben, doch dies wurde mir auch genommen und jetzt war es so, als würde ich wieder von neu anfangen. Beschissene Welt. Ich zog nur mein Shirt aus und stellte mich schnell unter die kalte Dusche, weil mir der Schwindel überkam. Ich atmete tief durch und wusch vorsichtig meine blutende Wunde ab, dann drückte das Handtuch drauf und schmiss mich mit meiner nassen Hose aufs Bett. Mein Atem wurde schneller, als würde mir die Luft ausgehen, dann dachte ich an mein Sternchen. Mein Mädchen ...

Keine Ahnung, wie ich plötzlich eingeschlafen war, aber ich öffnete meine Augen und sah die Fusionen an meinem Arm. Irritiert blickte ich an mir runter, hob meine Decke ein wenig rauf und sah, dass auf meiner Verletzung ein neuer Verband war und ich eine Pyjamahose anhatte. Kurze Zeit später hörte ich Schritte, die das Zimmer betraten und ich blickte rauf.
„Ich wusste nicht, dass du so schlimm verletzt bist", meinte mein Vater und stellte sich neben meinem Bett hin.

„Ein Wunder, dass du wegen mir Ärzte ins Haus gerufen hast, sonst war es dir doch egal", sagte ich.

„Du warst mir nie egal! Ich will nur etwas Besseres aus dir machen, ich will, dass du eine bessere Zukunft hast."
Ich nickte einfach ungläubig und hatte keine Lust und keine Kraft mehr, mit ihm zu diskutieren. 

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