15 - Die Reise beginnt
꧁✧⭑✩⭑⚔︎⭑☾ Die Reise beginnt ☽⭑⚔︎⭑✩⭑✧꧂
„Bring Andiana nach oben ins Krankenzimmer, Ennio", ertönte Kapitän Sarkans Stimme aus einer Ecke des Frachtraums.
Ennio fuhr empor. Er schien den gefesselten Mann erst jetzt bemerkt zu haben. Levi und Mio hingegen warfen sich fragende Blicke zu. Ennio erhob sich, trat dem Gefangenen vorsichtig entgegen. „Kapitän Sarkan? Was ist hier los?" Sofort begann er damit, das Seil, welches Vexira um Sarkans Handgelenke gewickelt hatte, zu lösen.
„He! Lass das!", befahl der Prinz verärgert. „Er ist mein Gefangener!" Er ging auf sie zu, doch er schwankte. Levi trat sofort wieder an seine Seite und zog sich den Arm des Prinzen über die Schulter.
Ennio ließ sich nicht beirren, zerrte weiter an dem festen Knoten. „Warum zum Teufel bist du ein Gefangener des Prinzen?"
„Weil er will, dass ich ihm bei seiner Flucht helfe", antwortete Sarkan ruhig, „aber ich ihm gesagt habe, dass ich das nicht tun werde."
Mios Kiefer mahlte hörbar. „Vex!", rief er scharf. Doch seine Leibwächterin war nicht zu sehen. Levi hatte nicht bemerkt, dass sie verschwunden war und auch Mio sah sich verwundert im Frachtraum um.
„Aber mit euch beiden sieht die Sache anders aus", meinte Sarkan. Seine Hände waren inzwischen frei und er riss nun selbst an den Seilen.
„Was?" Mios Augen funkelten wild. „Warum willst du ihnen helfen, aber nicht mir?"
„Weil sie die Kinder meines alten Kommandanten und Freundes Salvador sind", erwiderte Sarkan ruhig. „Ich bin ihm noch etwas schuldig. Auch über seinen Tod hinweg."
Mio stieß ein wütendes Schnauben aus. Ennio indessen nickte dem Kapitän dankbar zu und stürmte dann zurück zu Andi. Vorsichtig schob er seine Arme unter ihren reglosen Körper.
„Warte", erklang Vexiras Stimme aus der Tür, durch die auch Levi bei seiner Ankunft auf das Luftschiff gekommem war. Unter dem Arm trug sie einen Metallkoffer und Verbandsmaterial. „Welches Bein?", fragte sie Ennio und kniete sich neben ihn und seine Schwester auf den Boden. Mit einem Klacken sprang der Koffer auf.
„Links", antwortete Ennio angespannt.
Levis Blick fiel auf Andis Hose, die verdreckt an ihrem verletzten Bein anlag. Vex zögerte keine Sekunde mehr, griff in den Koffer und zog eine Schere hervor. Mit ruhigen Bewegungen schnitt sie durch den festen Stoff und legte den verletzten Bereich frei.
Der Anblick, der sich ihnen bot, war alles andere als ansehnlich. Ennio stieß einen erschrockenen Laut aus. Levi erinnerte sich daran, wie Andi mit dem Bein zwischen den glühend heißen Dampfrohren gesteckt hatte. Doch, dass es sie so schwer verbrannt hatte, hätte er nicht vermutet. Die Haut war verkrustet, an einigen Stellen war sie wieder aufgerissen. Blut und Wundsekret liefen über das Bein.
Vexira presste ihre schmalen Lippen aufeinander. „Das sieht nicht gut aus", murmelte sie. „Aber ich kümmere mich darum."
Kapitän Sarkan beobachtete die Szene. „Lasst sie machen. Ihr drei kommt mit mir in die Kommandozentrale", wies er die jungen Männer an. „Wir müssen besprechen, wie wir Varik entkommen." Ennio erhob sich nur widerwillig. Doch er nickte schließlich, als Vex Andiana behutsam hochhob und mit ihr aus dem Frachtraum ging.
Levi stützte den Prinzen, während sie die Stufen der Wendeltreppe nach oben gingen. „Warum kennt Vex sich so gut mit Verletzungen aus?", fragte er leise.
„Sie ist meine Leibwächterin", erklärte er amüsiert. „Sie wurde medizinisch ausgebildet, für den Fall, dass sie versagt."
Noch während sie die Treppe hinaufstiegen, fuhr ein Ruck durch das Luftschiff. Der Kapitän hatte es wieder in Bewegung gesetzt.
Oben in der Kommandozentrale angekommen, breitete Sarkan gerade eine Landkarte auf dem Tisch in der Mitte des Raums aus. Ennio stand neben ihm, musterte das an den Rändern ausgefranste Stück Papier.
„Wir sollten nach Azurielle." Ennio tippte auf einen Landfleck. „Sie ist nah, sodass wir sie schnell erreichen können und außerdem ist sie medizinisch auf dem gleichen Stand wie Vaporia."
Der Kapitän schüttelte den Kopf und Mio ließ einen spöttischen Laut von sich, bevor er aussprach, was Sarkan dachte: „Azurielle ist die nächste verbündete Insel unseres Königshauses. Sie wissen vermutlich schon Bescheid. Da können wir auch gleich wieder umkehren und uns selbst stellen."
Genervt zog Ennio seinen Finger wieder von der Karte.
„Was ist mit Taman Awan?" Nun deutete Mio auf eine kleinere Insel. „Das dauert zu lange, denk an Andiana", widersprach der Kapitän.
Levi fühlte sich in diesem Gespräch unnütz. Sanft schob er Mios Arm von seiner Schulter und gesellte sich zu dem Kater, der es sich auf der gepolsterten Bank an der Fensterfront bequem gemacht hatte. Mio schenkte Levi ein knappes Lächeln, bevor er weiter mit Kapitän Sarkan und Ennio darüber diskutierte, welche Insel sie ansteuern sollten. Zum einen mussten sie Offizier Varik entkommen, zum anderen aber auch Andi medizinisch ausreichend versorgen.
Gedankenversunken betrachtete Levi den blauen Himmel und die Wolken, die unter ihnen vorbeizogen. Vaporia lag inzwischen ein großes Stück hinter ihnen. Immer wieder blitzte zwischen den Wolken Levis eigene Welt hindurch. Kurz zweifelte er an seiner Entscheidung, Mio in dessen Welt gefolgt zu sein. Doch als er den Prinzen anblickte, der voller Eifer auf die Landkarte tippte und auf seinen Willen bestand, musste er grinsen. Mio war etwas Besonderes – es würde sich lohnen. In seiner Welt hielt ihn nichts außer Aiko. Es schmerzte ihn nur, dass er sich nicht von ihr hatte verabschieden können. Sie sollte sich keine Sorgen machen.
Wieder schaute Levi aus dem Fenster, als plötzlich etwas im Sonnenlicht aufblitzte. Er lehnte sich gegen das Fenster, kniff die Augen zusammen. „Leute?!" Die anderen drehten sich zu ihm, schauten ihn fragend an. „Ich glaube, da verfolgt uns ein Luftschiff."
„Varik", entfuhr es Sarkan. „Ich hatte gehofft, er würde länger brauchen, eines der großen Kriegsschiffe bereitzumachen."
„Das heißt?", fragte Mio. „Was machen wir jetzt?"
„Ennio, sei so gut und geh nach unten. Der Dampfkessel muss auf Hochtouren laufen, schieb' Kohle nach. Wir haben das Glück, dass meine Aeris kleiner und schneller ist als diese neumodischen Kriegsschiffe. Du!" Der Kapitän zeigte mit dem Finger auf Levi, der sofort zusammenzuckte. „Wie wäre es, wenn du dich auch mal nützlich machst, anstatt immer nur am Rockzipfel unseres Prinzen zu hängen. Geh' mit Ennio und hilf ihm!"
Mios Augen blitzten wütend, doch Levi stand auf und schenkte dem Prinzen ein beruhigendes Lächeln. „Schon gut, ich will auch helfen." Bevor der Prinz etwas erwidern konnte, folgte Levi Ennio durch eine Tür.
Sie betraten einen dunkel getäfelten Aufenthaltsraum, reichlich verziert mit brozenen Ornamenten. An der Fensterfront wie auch im Rauminneren standen Tische und Stühle. Die runden Tische waren bedeckt mit weißen Tischtüchern.
„Du siehst aus, als hättest du noch nie ein Luftschiff von innen gesehen", amüsierte sich Ennio über Levis erstaunte Blicke.
„Habe ich auch noch nie", antwortete Levi verwundert, als ihm plötzlich wieder einfiel, dass er bei seinem ersten Treffen mit Ennio behauptet hatte, von einer anderen Insel zu kommen. „Längere Geschichte. Ich erkläre es dir später", wich der Rosahaarige schnell aus.
Ennio zog skeptisch eine Augenbraue nach oben, doch ließ es dabei bleiben.
Aus dem Aufenthaltsraum führten zwei Gänge. Ennio ging in einen davon. Links und rechts waren die Wände gesäumt mit Türen. Einige davon waren aufgeschoben. Auf der einen Seite befanden sich luxuriös ausgestattete Zimmer mit großen Fenstern. Die Zimmer gegenüber, die im Inneren des Luftschiffes lagen, waren klein und nur mit Stockbetten eingerichtet.
Am Ende des Ganges blieb Ennio an einer offenen Tür stehen. Als Levi neben ihn trat, entdeckte er Andiana. Sie lag in einem Krankenbett. Von ihrem Arm führte ein Schlauch zu einer Glasflasche, die an einem Haken neben ihr hing. Vexira war über das verletzte Bein gebeugt und reinigte die Wunde. Levi sah es Ennio an, dass er am liebsten bei seiner Schwester geblieben wäre, doch die Zeit drängte. Sie gingen weiter, kamen vorbei an einem weniger prachtvollen Aufenthaltsraum und gingen durch eine große Küche. Am hinteren Ende des Luftschiffs nahmen sie eine breite metallene Treppe nach unten.
Die Luft wurde immer wärmer und stickiger. Der Geruch nach verbrannter Kohle kratzte in Levis Kehle. Schließlich standen sie vor einem gigantischen, metallenen Ofen. Ennio schob wortlos seine Hand in einen dicken Handschuh, ging zu dem Stahlkoloss und riss eine Klappe auf. Hitze schlug Levi aus dem glühenden Inneren entgegen.
Ennio griff hinter sich, packte eine Schaufel und warf sie Levi zu, der sie gerade so auffing. Ohne ein Wort zu verlieren, schlugen sie die Schaufeln in den schwarzen Berg und begannen, Kohle in den brennenden Schlund zu schaufeln. Levi tropfte bereits der Schweiß von der Stirn, als Ennio ihr Schweigen unterbrach: „Danke, Flamingo, dass du Andi und mich da rausgeholt hast."
Levi blinzelte verdutzt. „Genau genommen waren das Mio und Vexira. Ich habe nichts gemacht ..." Er schob eine weitere Ladung Kohle in die Öffnung und wischte sich die Stirn ab.
„Der Eisprinz?", fragte Ennio zynisch. „Ich bezweifle, dass er das aus eigenem Antrieb getan hat." Der Arbeiter zögerte, sah Levi einen Moment durchdringend mit seinen verschiedenfarbigen Augen an, bevor er seine Schaufel wieder in den Kohleberg stieß.
Wieder schwiegen sie, während die Flammen vor ihnen hoch züngelten. Dann, ohne Levi anzusehen, begann Ennio erneut: „Sag mal, wenn du weder aus Vaporia kommst, noch jemals ein Luftschiff von innen gesehen hast... woher kommst du dann wirklich?"
Levi hielt inne. Wie sollte er ihm das nur erklären? Er lehnte sich schwer atmend auf die Schaufel und blickte zu dem muskulösen Arbeiter. „Es ist kompliziert", begann er. „Ich komme sozusagen aus einer anderen Welt. Mios Magie hat mich hierher gebracht."
Ennio starrte ihn an. „Magie ...", wiederholte er fast ungläubig. „Hätte ich es vorhin nicht mit eigenen Augen gesehen ... Es gibt schon immer Gerüchte über magische Rituale auf anderen Inseln, doch auf Vaporia glaubt niemand an so etwas. Auch wurde über die Jahre immer wieder gemunkelt, der Prinz hätte übernatürliche Fähigkeiten, doch auch diese Gerüchte wurden vom König im Keim erstickt. Jeder, der es wagte, solche Lügen über seinen Sohn zu verbreiten, um das Königshaus in ein schlechtes Licht zu rücken, wurde sofort hart bestraft. Dass das nun doch wahr ist ..." Er warf eine weitere Ladung Kohle in den Ofen.
„In meiner Welt gibt es auch keine Magie. Ich war also nicht weniger verwundert, als Mio plötzlich vor mir stand ...", meinte Levi nachdenklich und blickte in die Flammen. Er hatte immer nur in seinen Romanen von solchen Dingen gelesen, aber dass es ihm nun wirklich selbst passierte, war schon sehr verrückt.
„Aber auch wenn er uns dank dir geholfen hat, verstehe ich nicht, wie du es mit diesem eingebildeten Prinzen aushälst", sagte Ennio, skeptisch eine Augenbraue nach oben gezogen.
Levi konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen. „Ich glaube, es steckt mehr hinter der Eisschicht, als man zuerst vermuten könnte. Und außerdem ..." Er hielt inne, unsicher, ob er weitersprechen sollte. Doch Ennio sah ihn neugierig an, also fuhr er fort. „Ich glaube, er hatte es auch nicht immer einfach in seinem Leben."
„Vielleicht, damit ist er aber nicht der einzige. Wegen seiner Familie musste meine leiden. Er ist gefährlich, genau wie sein Vater, auch wenn du das gerade nicht sehen willst, Flamingo."
Levi zuckte mit den Schultern.
Ennio seufzte, seine Augen blieben für einen Moment auf Levi haften, als ob er noch etwas sagen wollte, doch dann widmete er sich wieder seiner Arbeit.
Die Hitze wurde langsam unerträglich. Doch es waren Ennios Worte, die Levi zu schaffen machten. Wieder kamen Zweifel auf, aber auch gleichzeitig die leise Hoffnung, dass in dieser fremden Welt – und bei diesem widerspenstigen Prinzen – vielleicht mehr verborgen lag, als er im Moment sehen konnte.
„Ich denke, das reicht", meinte Ennio plötzlich. „Lass uns wieder nach oben gehen."
Als die beiden jungen Männer am Krankenzimmer vorbeikamen, blieb Ennio wieder stehen, warf einen besorgten Blick auf seine Schwester. Vexira sah auf. „Setz dich", forderte sie mit einem Kopfnicken in Richtung eines Stuhls. „Du bekommst auch eine Infusion. Der Flüssigkeitsverlust während deiner Zeit in der Zelle war sicher nicht unerheblich. Danach solltest du duschen und dich ausruhen. Beides hast du dringend nötig."
Ennio zog die Augenbrauen zusammen und murmelte etwas Unverständliches, bevor er sich grummelnd auf den Stuhl sinken ließ. Levi grinste. Er mochte Vexira und ihre direkte Art. Sie erhob sich von ihrem Platz bei Andiana und bereitete alles für die Infusion vor. „Ist sonst noch was?", fragte sie Levi. Ihr Gesichtsausdruck machte deutlich, dass sie allein zurechtkommen würde.
Levi schüttelte den Kopf und ging zurück in die Kommandozentrale.
Mio saß auf der Bank und kraulte den Kater. Seinen Kopf hatte er gegen die Scheibe gelehnt. Kapitän Sarkan stand am Steuerrad und hielt den Blick auf die Instrumente gerichtet. Es surrte leise, während sich das Luftschiff ruhig durch den Himmel bewegte.
„Habt ihr euch auf ein Ziel geeinigt?", fragte Levi und trat näher an die beiden heran.
Mio hob den Kopf, ein müdes Lächeln auf den Lippen, als er Levi bemerkte und nickte. „Layali Al-Qamar."
Levi runzelte die Stirn. Der Name sagte ihm natürlich nichts, aber bevor er weiter nachhaken konnte, mischte sich der Kapitän ein.
„Ihr zwei solltet euch ebenfalls ausruhen. Mit dem zusätzlichen Schub an Kohle und dem Vorsprung, den wir haben, wird Offizier Varik uns so schnell nicht einholen. Und hier könnt ihr mir im Moment ohnehin nicht weiterhelfen."
Mio schüttelte entschieden den Kopf. „Ich vertraue dir nicht, Kapitän." Seine Stimme klang fest, obwohl sein müder Blick das Gegenteil verriet.
Sarkan hielt inne, atmete tief durch und wandte sich ihm zu. „Vertrau darauf, dass ich es für Ennio und Andiana mache. Das sollte dir genug sein."
Levi trat einen Schritt näher und legte eine Hand auf Mios Schulter. „Er hat recht, Mio. Du bist völlig erschöpft."
Der Prinz verkrampfte die Schultern, Widerstand lag in seinem Blick. Schließlich ließ er jedoch einen tiefen Seufzer hören und nickte. „In Ordnung", murmelte er.
Gemeinsam verließen sie die Zentrale und gingen in Richtung der Kabinen. Mio schob die Tür zu einem der luxuriösen Zimmer auf und ließ sich ohne Umschweife auf das breite Bett fallen. Er rieb sich die Schläfen und seufzte leise, während Levi einen der Stühle heranzog und sich ihm gegenüber setzte.
„Ich will dich nicht in Gefahr bringen", begann Mio ernst. „Und eigentlich wollte ich dich zurückbringen, sobald wir die beiden Taugenichtse gerettet hatten. Aber wir sind schon zu weit von Vaporia und deiner Heimat entfernt – meine Magie reicht dafür nicht aus. Vor allem nicht in meinem jetzigen Zustand."
Levi sagte nichts, doch insgeheim freute er sich darüber. „Es war meine eigene Entscheidung, also mach dir keine Gedanken mehr darüber", meinte er dann. Mio blickte argwöhnisch unter seiner Hand hervor, mit der er nun seine Stirn massierte, und raunte: „Du weißt aber nicht, worauf du dich eingelassen hast."
Levi ging nicht mehr darauf ein und fragte stattdessen: „Gibt es irgendwie eine Möglichkeit, Aiko, meiner Mitbewohnerin, eine Nachricht zu schicken? Ich will nicht, dass sie sich Sorgen macht."
Nachdenklich richtete der Prinz sich auf und ließ seinen Blick durch das Zimmer schweifen. „Im Schreibtisch sollten Papier und Stifte sein. Schreib ihr einen Brief und ich versuche diesen in eure Wohnung zu zaubern."
Levi nickte dankbar, drehte sich mit dem Stuhl zu dem Tisch um und zog die Schublade auf. Während er die Materialien herausnahm, ließ Mio sich zurück ins Kissen sinken. „Ich ruh mich kurz aus", murmelte er, die Augen bereits halb geschlossen.
Die Worte flossen nur zögerlich aufs Papier. Levi schrieb, dass Mio familiäre Probleme hätte – was gewissermaßen stimmte – und um ihn dort für eine Weile rauszuholen, sei er mit ihm an die Ostsee gefahren – was hingegen nicht stimmte. Sie solle sich keine Sorgen machen, ihm würde diese Auszeit schließlich auch mal guttun.
Sein Herz tat weh, beim Gedanken daran, Aiko anzulügen, aber ihr die Wahrheit in einem Brief zu erzählen, erschien ihm ebenso absurd.
Als er den Stift beiseite legte, bemerkte er, dass Mio eingeschlafen war. Seine silbernen Haare hatten sich aus dem Zopf gelöst und flossen glänzend wie Seide über das Kissen. Levi ging leise zum Bett, setzte sich vorsichtig auf die Kante und strich sanft über die weichen Strähnen. Er war gespannt, was er mit diesem außergewöhnlichen Prinzen alles erleben würde, auf jeden Fall mehr, als bei einem Urlaub an der Ostsee.
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