14 - Die Flucht

꧁✧⭑✩⭑⚔︎⭑☾ Die Flucht ☽⭑⚔︎⭑✩⭑✧꧂

Die Anspannung knotete sich um Mios Brust, nahm ihm die Luft zum Atmen. Levi war hier - ausgerechnet jetzt. Ein Teil von ihm war freudig überrascht, ein anderer war wütend. Diese verdammte Taschenuhr! Levi sollte nicht hier sein, das brachte alles durcheinander. Der Entschluss, sich von ihm zu verabschieden, war schwer genug gewesen und die Flucht, die er geplant hatte, war alles andere als ein Zuckerschlecken. Mio wollte Levi aus diesem Chaos fernhalten, ihn vor den Risiken bewahren - doch jetzt war er hier.

„Euer Gnaden!" Vexiras Warnung riss den Prinzen aus seinen Gedanken. Zu spät!

Sarkan, der Kapitän des Luftschiffes - ein muskulöser und breit gebauter Mann - hatte sich aus Vex' festem Griff gewunden. Der Zorn in den Augen des Kapitäns traf Mio noch vor der Faust, die ihm das Messer aus der Hand schlug. Klirrend schlitterte die Klinge über den Boden des Frachtraums.

Mio wich einen Schritt zurück, doch Sarkan ließ ihm keine Zeit zu reagieren. Ehe er sich versah, packten zwei grobe Hände seine Schultern und warfen ihn zurück. Ein spitzer Schmerz durchzuckte Mios Oberkörper, als er mit dem Rücken auf die Kante eines Regals traf. Der Prinz blockierte mit Mühe einen weiteren Schlag, der ihn beinahe zu Boden warf. Mio spürte die rohe Gewalt in jedem Hieb, doch weigerte er sich, aufzugeben.

Vex kam ihm zur Hilfe. Sie griff nach einem der muskulösen Arme, drehte ihn nach hinten und brachte Kapitän Sarkan kurzzeitig zum Wanken. Er riss sich, ohne mit der Wimper zu zucken los, holte aus. Aber Mio war diesmal schneller, nutzte den Moment der Ablenkung und schlug ihm ins Gesicht. Das Knirschen seiner eigenen Fingerknöchel ließ ihn erschaudern - Sarkan taumelte rückwärts.

Aus dem Augenwinkel blickte der Prinz zu Levi. Er stand an die Wand gedrückt, seine Augen geweitet vor Angst, der Kater daneben. „Levi ...", entfuhr es Mio, doch der Kampf forderte erneut seine Aufmerksamkeit. Gemeinsam mit Vex griff er den Kapitän an und diesmal gelang es ihnen, den Mann zu überwältigen.

Sarkan lag auf dem Rücken, fixiert von dem Prinzen und seiner Leibwächterin. Mio spürte die Anspannung in jedem Muskel seines Körpers. Sein Blick huschte suchend über den Boden. „Das Messer!"

Levi rührte sich nicht, stand da wie ein Eisblock.

„Levi! Das Messer!", schrie Mio erneut scharf.

Diesmal erwachte Levi aus seiner Starre, überwand die Strecke, hob das Messer vom Boden auf und reichte es mit zitternder Hand an den Prinzen. Mio riss es ihm aus der Hand.

„Hör jetzt gut zu, alter Mann", begann Mio, die Klinge fest an die Kehle des Kapitäns gepresst. „Du hast die Wahl: Entweder hilfst du uns, aus Vaporia zu fliehen, oder du solltest schnell lernen, wie man fliegt." Er deutete mit dem Kinn in Richtung der vernieteten Metalltür mit Bullauge.

„Pah!", zischte der Kapitän. „Du glaubst wohl selbst nicht, dass ich meinen König verrate für einen aufsässigen Prinzen!" In seinen Augen tobte ein Sturm. Mio schnaubte wütend, drückte die Klinge fester auf die sonnengegerbte Haut. Ein rotes Rinnsal bildete sich und floss am Hals des Kapitäns nach unten. Dieser Sturkopf würde lieber für seinen Vater sterben, anstatt ihm zu helfen!

Plötzlich meldete sich Levi mit zitternder Stimme zu Wort. „Ich habe eine Idee." Seine Augen suchten nach Mios Blick. „Als ich bei Andi und Ennio war, haben sie erwähnt, dass sie sich mit Luftschiffen auskennen."

Mio runzelte die Stirn. „Warum sollten zwei Nichtsnutze von den unteren Ebenen etwas über Luftschiffe wissen?"

„Euer Gnaden, habt ihr vergessen? Ihr Vater war Salvador Ferrum", warf Vexira ein. Mio hielt inne. Der frühere Kommandant der Zeppelinflotte. Vielleicht waren die beiden doch eine Option.

„Da gibt es nur ein Problem." Der Prinz machte sich gefasst auf Levis Reaktion. "Mein Vater hat die beiden in Wolkenzellen sperren lassen."

„Was?", rief Levi besorgt. „Wir müssen sie befreien!"

Mio schüttelte den Kopf, die Ungeduld brodelte erneut in ihm auf. „Dafür haben wir keine Zeit! Wir müssen schleunigst weg aus Vaporia. Der Kapitän wird uns dabei helfen, ob er will oder nicht!"

Doch als er Levis schockierten Ausdruck sah, seufzte er. Die Entscheidung, die er nun traf, brannte ihm in der Kehle. „Gut, dann befreien wir sie, aber danach keine Verzögerungen mehr." Er riskierte damit alles: seine Flucht, seine Zukunft. Er wollte sich nicht ausmalen, was sein Vater tun würde, wenn er ihn erwischte. Und diese Gefahr war inzwischen mehr als real.

Seine Flucht aus dem Schloss war nicht unentdeckt geblieben. Als er von seinem Abschied mit Levi zurückgekehrt war, patrouillierten schon überall in der Stadt Soldaten auf der Suche nach ihm. In Windeseile hatte er Vex aufgegabelt und sich zusammen mit ihr in dieses Luftschiff gezaubert, nur um dort dem Kapitän über den Weg zu laufen, der sich jetzt weigerte, ihm zu helfen. Doch wenn er sich weiterhin quer stellen würde, würde er eine andere Seite des Prinzen kennenlernen.

Zusammen mit Vex hievte Mio den Kapitän auf die Beine. Mit dem Messer im Rücken ertrug dieser die schroffe Behandlung. Sie bugsierten ihn die metallene Wendeltreppe nach oben, bis in die Kommandozentrale. Die Wände in der Kabine waren aus dunklem, poliertem Holz, verziert mit Bronzebeschlägen. Dampfende Rohre zogen sich darüber hinweg. Daneben waren Landkarten festgepinnt, die die verschiedenen Inseln und den dazwischen liegenden Luftraum zeigten. In Mio stiegen Erinnerungen auf. Er hatte hier viel Zeit verbracht, als er klein war und seine Eltern ihn zu einigen dieser Inseln mitgenommen hatten.

„Bring uns zu den Wolkenzellen!", befahl Mio dem Kapitän. Nur widerwillig und wegen der Messerspitze in seinem Rücken kam dieser dem Befehl des Prinzen nach. Er drückte verschiedene Knöpfe, zog an einem Hebel und legte anschließend die Hände an das große hölzerne Steuerrad.

Die Rohre begannen zu zischen, Zeiger auf der Armatur sprangen wild hin und her. Ein Ruck ging durch das Luftschiff. Gemächlich setzte es sich in Bewegung. „Jemand muss die Befestigungsseile lösen", brummte Kapitän Sarkan.

„Ich erledige das!" Vex rannte zur Treppe. Ihre Schritte hallten laut auf den Metallstufen, als sie diese hinabsprang. Mios Finger, die das Messer umgriffen, schmerzten höllisch. Seine Knöchel waren rot von den Schlägen, die er ausgeteilt hatte. Doch der körperliche Schmerz war nichts im Gegensatz zu seiner inneren Verwirrung. Mio warf einen Blick über seine Schulter zu Levi. Der Rosahaarige wirkte eingeschüchtert. Auf dem Arm hielt er den Kater, presste diesen zu dessen Unbehagen an seinen Körper.

„Levi ...", begann Mio. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. „Warum bist du mir gefolgt? Ich habe doch gesagt, dass es zu gefährlich ist!"

„Ich wollte dir helfen", antwortete Levi und versuchte, seine Angst zu verbergen, doch es gelang ihm nur mäßig. „Ich wollte ... bei dir sein. Und ich habe mich entschieden: Ich will mit dir deine Welt erkunden."

Mio wusste nicht, was er sagen sollte, wie er reagieren sollte. Bei Levis Worten spürte er für einen winzigen Moment wieder diese Wärme in seinem Herzen. Doch es war unvernünftig. Er würde ihn gerne bei sich haben, aber nicht in Gefahr bringen. „Ich nehme dich nicht mit. Sobald wir deinen Freund und deine Freundin befreit haben, werde ich dich zurückbringen. Keine Widerworte mehr!"

Levi erwiderte nichts, doch sein Blick war durchdringend. Mio spürte, wie es in seinem Gegenüber brodelte. Hätte er ihm nur nicht seine verdammte Taschenuhr gegeben!

Vex kam zurück, atemlos, mit einem ernsten Ausdruck im Gesicht. „Die Seile sind gelöst! Aber wir wurden entdeckt." Sie übernahm das Messer und den Platz hinter dem Kapitän. Schnell lief der Prinz an die Fensterfront der Kommandozentrale und blickte nach unten.

„Verdammt!" Auf dem großen Platz der mittleren Ebenen sammelten sich Soldaten. Sie blickten allesamt nach oben zu dem Luftschiff. Einer der Soldaten entdeckte den Prinzen, rief und zeigte in seine Richtung. Erst jetzt nahm Mio Offizier Varik wahr. Dem Ausruf des Soldaten folgend, blickte der oberste Offizier seines Vaters empor, direkt in die hellgrauen Augen des Prinzen. Das süffisante Grinsen umspielte seine Lippe, als er ohne zu zögern, den Befehl zum Schießen gab. Die Soldaten legten ihre Gewehre an.

„Schnell! Wir müssen hier weg! Geht das nicht schneller?" schrie Mio, als die ersten Kugeln gegen das Luftschiff prasselten.

„Das Luftschiff ist schusssicher!", entgegnete der Kapitän ruhig. „Varik will Euch nur einschüchtern." Mio starrte den Kapitän an. Er hatte recht. Wie konnte er so schnell in Panik geraten und dabei die typische Taktik des Offiziers aus den Augen verlieren? Varik war dafür bekannt, dass er seine Gegner durch Psycho-Spielchen in die Enge trieb, bis diese einen Fehler machten und ihm ausgeliefert waren.

Mio holte tief Luft. Allmählich beruhigte sich sein Atem. Er warf einen letzten Blick auf die Soldaten und Offizier Variks überhebliches Grinsen. Für den Moment war er im Luftschiff sicher, doch dem Prinzen war bewusst, dass der Offizier ihn nicht einfach gehen lassen würde.

Das Luftschiff schwebte über Vaporia hinweg. Erst über die mittleren Ebenen, dann über die heruntergekommenen, unteren Ebenen. Ein unangenehmes Gefühl machte sich in Mio breit, als er auf die verwinkelten Gassen unter sich blickte, bis sie schließlich den dichten, dunkelgrünen Wald erreichten, der sich um die Ränder der Stadt schmiegte. Mios Schultern entspannten sich langsam. Der Kapitän steuerte das Luftschiff ruhig über die Klippe der fliegenden Insel.

Levi stand neben Mio am Fenster, saugte alles, was er sah, regelrecht in sich auf. Doch als sie die Wolkenzellen erreichten, verzog sich sein Gesicht zu einer Grimasse. Die Zellen hingen in verschiedenen Höhen an dunklen, schweren Ketten und schwankten leicht im Wind, der von den Propellern des Luftschiffes ausging. Bedauern durchfuhr Mio - Levi hatte seinetwegen in einer solchen Zelle gesessen, allein und ohne Aussicht auf Rettung. Der Prinz schloss die Augen, die Schuld schmeckte bitter.

Mio schluckte das schlechte Gewissen hinunter und wandte sich an Sarkan. „Flieg so nah wie möglich an die Zellen."

Mit einem stummen Nicken brachte der Kapitän das Schiff in Position und verlangsamte es, bis sie direkt neben den Zellen schwebten.

Mio griff nach einem Seil, das über dem Geländer der Wendeltreppe hing und warf es Vex entgegen, die immer noch mit dem Messer hinter dem Kapitän stand. „Fessel ihn", befahl der Prinz ihr. Sie nickte, griff nach den Handgelenken des Kapitäns, während dieser grimmig schwieg.

Gemeinsam stiegen sie hinab in den Frachtraum. Mio öffnete schwungvoll die Außentür. Ein eisiger Wind peitschte ihm ins Gesicht, ließ ihn frösteln. An seiner Seite stand Levi, dessen Schulter sich fest an seine schmiegte. Instinktiv umgriff Mio Levis Oberarm und hielt ihn sicher fest.

Levi, dessen Blick über die Wolkenzellen schweifte, rief mit bebender Stimme: „Ennio! Andi!"

Eine der Zellen begann zu schwanken. Finger schoben sich um die rostigen Gitterstangen des kleinen Fensters. Mios Augen blieben an den hellen Flecken auf der sonst karamellfarbenen Haut hängen.

„Ennio!", rief Levi. Erleichterung war in seiner Stimme zu hören.

„Flamingo?", rief eine Stimme fragend und zugleich hoffnungsvoll zurück.

Mio hob eine Augenbraue. Flamingo? Warum nannte dieser Typ Levi so?

„Wir holen dich da raus, Ennio! Wo ist Andi?" Levis Stimme brach fast vor Sorge.

„Andi ist in der Zelle direkt neben mir. Sie hat sich vor einer Weile beklagt - ihr Bein schmerzt noch schrecklich vom Unfall. Aber seit einiger Zeit ... lässt sie nichts mehr von sich hören." Er klang verzweifelt.

„Bitte, Mio, du musst sie befreien", flehte Levi den Prinzen an.

Für einen Moment verspannte sich Mios Kiefer. Diese Menschen aus den unteren Ebenen waren ihm gleichgültig. Er könnte schon meilenweit von Vaporia entfernt sein. Für Levi, nur für ihn, würde er es tun. Der Prinz atmete tief ein, schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Magie, die durch seine Adern pulsierte. Es war wie ein elektrisierendes Kribbeln, das durch seinen Körper zog, sich an seiner Wirbelsäule entlangschlängelte und in seinen Fingerspitzen prickelte. Langsam breitete sich der Strom in ihm aus, wuchs immer weiter in ihm an, bis es in seinem ganzen Inneren knisterte.

Er hob seine Hand und schnippte. Mit einem Mal entlud sich die gesamte Energie. Funken flimmerten durch die Luft und umgaben die Zelle, in der Ennio saß. Die metallene Tür bebte unter dem magischen Druck, bis sie mit einem Knall aufsprang und gegen die Außenwand der Zelle schlug. Ennio drückte sich instinktiv ins Innere der Zelle, seine Augen vor Schreck geweitet, als er in die schwindelerregende Tiefe unter sich blickte.

Mio spürte, wie die Erschöpfung ihn überkam. Er hatte sich noch nicht vollständig von dem Trank erholt. Er atmete tief durch, sammelte die letzten Reserven und ließ die Magie erneut durch sich strömen, doch diesmal war es nur ein dünnes Rinnsal, das er mühsam zusammenhalten musste. Mit einem weiteren Fingerschnippen formten sich die Funken zu einem goldenen Weg, der vom Luftschiff bis zu Ennios Zelle führte.

Mios Knie wurden weich, er klammerte sich an Levis Arm fest. Levi stützte ihn sofort besorgt. Der goldene Pfad flimmerte unbeständig wie eine flackernde Kerze im Wind. „Mach schon!", rief Mio heiser. „Ich kann den Übergang nicht mehr lange halten."

Ennio nickte und setzte vorsichtig einen Fuß auf den schimmernden Weg. Einen Augenblick lang zögerte er, doch dann überwand er ihn entschlossen. Levi streckte ihm die Hand entgegen, ergriff seinen Arm und zog ihn gerade noch ins Luftschiff, bevor der goldene Weg wieder verschwand.

Stolpernd kam Ennio im Frachtraum zum Stehen. „Jetzt Andi!", brüllte er.

„Ein Danke wäre nett", grummelte Mio, doch der Spott in seiner Stimme war schwach. Seine Beine zitterten, sein Blick verschwamm für einen Moment. Die letzten Reserven seiner Magie so weit auszukosten, hatte ihm alle Kraft geraubt.

„Mio?" Levi trat besorgt näher und legte ihm eine stützende Hand auf die Schulter. „Was ist los?"

Mio kniff die Augen zusammen. „Der Trank", murmelte er. „Und das hier kostet zu viel Energie." Nur für Levi hatte er diesen letzten Funken Magie aufgebracht. Dabei saß die Arbeiterin immer noch in ihrer Zelle fest. Jetzt, als die Erschöpfung übermächtig wurde, fragte er sich, ob er es überhaupt noch wagen konnte, sie zu retten. Doch Levis braune Augen, die flehend auf ihm lagen, drängten ihn.

Er biss die Zähne zusammen, ließ die Augen wieder zufallen und tastete in seinem Inneren nach dem letzten Rest der Magie, die wie ein hauchdünner Faden zwischen seinen Nervenenden knisterte. Er hob zitternd seine Hand und schnippte. Ein feiner Funkenregen tanzte durch die Luft. Die Tür von Andis Zelle erzitterte. Mio stöhnte auf, konzentrierte sich mit letzter Kraft. Die Tür sprang auf, er hatte es geschafft!

In der Zelle kauerte eine junge Frau. Sie sah ihrem Bruder, der verzweifelt neben Levi stand, ähnlich - doch sie rührte sich nicht. Sie gab keine Antwort auf die verzweifelten Rufe von Levi und Ennio.

Mio versuchte erneut, seine Magie zu sammeln - doch es passierte nichts mehr. Er würde sie nicht befreien können.

Ennio richtete verzweifelt seinen Blick auf den Magier. Grob schob er sich zwischen Levi und Mio, packte den Kragen des Prinzen und begann verzweifelt, ihn zu schütteln. „Du musst sie rausholen! Mach schon!", brüllte er.

„Lass mich los!", fauchte Mio, versuchte sich aus dem Griff zu lösen, doch auch dafür fehlte ihm inzwischen die Kraft. Levi trat hastig dazwischen, legte Ennio behutsam eine Hand auf den Arm und sprach ruhig auf ihn ein. „Ennio, wir finden einen Weg, okay? Wir kriegen sie da raus."

Ennio ließ langsam von Mio ab und richtete den Blick auf Levi, sein Gesicht vor Sorge verzerrt. Levi hatte es geschafft, diesen Arbeiter zu beruhigen.

Hinter ihnen erklangen Schritte. Vexira trat mit kühlem Blick neben die Gruppe und ließ ihre Augen über die Szene gleiten. „Ich übernehme das", sagte sie in gewohnt ruhigem Ton.

„Wo ist der Kapitän?", fragte der Prinz ernst.

Sie nickte mit dem Kopf in den Frachtraum hinter sich. „Festgebunden. Keine Sorge, Euer Gnaden, er kann weder abhauen noch Ärger machen." Während sie sprach, begann sie ein dickes Seil um ihre Hüften zu schlingen und sich sorgfältig damit an einer massiven Metallöse an der Wand zu sichern.

„Sei vorsichtig", grummelte Mio, wohlwissend, dass seine Leibwächterin für solche riskanten Manöver trainiert war.

„Geht aus dem Weg", wies sie die Männer knapp an. Sie nahm ein paar Schritte Anlauf und stieß sich im letzten Moment vom Rand der offenen Tür ab. Einen Herzschlag lang schien sie über dem Abgrund zu schweben, bevor ihre Finger die untere Kante der schwebenden Zelle ergriffen. Sie hing über dem Abgrund, während das Gefängnis unter ihrem Aufprall gefährlich schwankte. Mio hielt die Luft an. „Zieh dich hoch!", zischte er. Doch erst als die Zelle nicht mehr hin und herpendelte, hievte sie sich nach oben, wuchtete ihren Körper über die Kante. Erleichtert atmete Mio aus, als seine Leibwächterin endlich sicher in der Zelle stand.

Vorsichtig beugte sie sich zu Andi, die immer noch regungslos auf dem Boden kauerte. Mit geübten Griffen nahm sie die bewusstlose Frau auf den Rücken, befestigte sie sicher mit dem Seil an sich, prüfte die Knoten und zog diese noch einmal stramm. Vex hielt sich im Rahmen der schmalen Tür fest und brachte mit einer wiederholten Bewegung ihres Körpers die Zelle wieder zum Pendeln.

Im richtigen Moment, als das hängende Gefängnis in die Richtung des Luftschiffs pendelte, sprang Vex ab. Ihre Fingerspitzen erreichten gerade noch rechtzeitig die Kante des Eingangs zum Luftschiff.

Levi und Ennio packten sie sofort und zogen die beiden hinein. Kaum hatten sie festen Boden unter den Füßen, löste Vexira die bewusstlose Frau von ihrem Rücken und legte sie behutsam auf den Boden. Ennio fiel neben seine Schwester auf die Knie. Mit zitternden Händen nahm er die immer noch reglose Frau in die Arme, presste sie verzweifelt an sich. „Andi ... bitte ... wach auf", murmelte er und wiederholte ihren Namen wie ein Mantra. Levi stand stumm daneben, der Kater schlängelte sich nervös um seine Beine.

Mio lehnte sich an die Wand. Sein Herz pochte immer noch aufgeregt, sein Atem war flach vor Anstrengung. Die Anspannung wich nur langsam aus seinem Gesicht, während er sich bei Vex mit einem stummen Nicken bedankte.

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