13 - Abschied

꧁✧⭑✩⭑⚔︎⭑☾ Abschied ☽⭑⚔︎⭑✩⭑✧꧂

Blinzelnd öffnete Levi die Augen und streckte sich unter der warmen Bettdecke. Kaum wach, durchströmte ihn sofort wieder dieses aufregende Kribbeln. Die Erinnerungen an die Nacht – der Tanz, die Nähe zu Mio – zauberten ein breites Grinsen auf seine Lippen. Er konnte es kaum erwarten, den Prinzen wiederzusehen und hoffte, dass er ihn nicht zu lange warten lassen würde. Wie automatisch wanderte sein Blick zu der magischen Taschenuhr auf seinem Schreibtisch. Er war versucht, sich mit ihrer Hilfe zurück nach Vaporia zu wünschen. Doch schnell wischte er den Gedanken zur Seite. Wer konnte schon sagen, wo genau er wieder landen würde.

Ein leises Klappern drang aus der Küche. Natürlich war Aiko schon wach. Verschlafen rieb sich Levi die Augen und stand auf. Der Kater sprang von der Fensterbank. Aufmerksamkeit einfordernd strich er Levi um die Beine. „Na, hast du auch Hunger?", fragte Levi, kraulte dem Kater über den Kopf und machte sich mit ihm auf den Weg in die Küche. Der typische Duft von Miso und frisch gedämpftem Reis drang ihm entgegen.

Aiko stand am Herd, eine Hand ruhte lässig auf ihrer Hüfte, während die andere einen kleinen, dampfenden Topf mit Miso-Suppe umrührte. Auf dem Tisch standen bereits Schälchen mit Reis und eingelegtem Gemüse. Neben ihr brutzelte ein Stück Lachs in der Pfanne.

„Guten Morgen!", meinte Levi, als er sich gut gelaunt an den Tisch setzte. Sofort schlich sich Aikos niedliches Lächeln auf ihre Lippen. „Du schon wach? Wie war die Party?" Ihre Augen funkelten neugierig.

„War schön." Ein verschmitztes Grinsen huschte über sein Gesicht.

„Du hast jemanden kennengelernt!", sagte sie, während sie den Lachs in der Pfanne wendete. Wie immer durchschaute sie ihn sofort.

„Eigentlich sind wir uns schon vor ein paar Tagen im Park zum ersten Mal begegnet – durch einen Zufall – und gestern haben wir uns dann zum Tanzen getroffen."

Aiko zog eine Schnute. „Und du erzählst mir das erst jetzt?"

Levi lachte. „Ich war mir noch nicht sicher, er ist ... etwas mysteriös."

Skeptisch zog Ai eine Augenbraue nach oben. „Mysteriös? Denkst du, das ist eine gute Idee? Ich erinnere dich nur ungern an Chris ... oder Marcus."

Levi verzog das Gesicht. Das Letzte, woran er jetzt denken wollte, waren seine beiden letzten gescheiterten Beziehungen. Mit Chris hatte er ein Jahr lang ein heimliches Verhältnis. Sie hatten sich im Studium kennengelernt und immer mehr Zeit miteinander verbracht. Levi hatte Chris wirklich gemocht, sich Hals über Kopf in ihn verliebt und irgendwann gestand ihm auch Chris seine Gefühle. Aber sein heimlicher Freund schaffte es nicht, vor anderen zu sich und seiner Sexualität zu stehen. Levi war anfangs verständnisvoll, doch irgendwann litten beide nur noch unter dem Druck, den sie einander machten. Am Ende brach Chris ihm das Herz, beendete die heimliche Beziehung und war kurz darauf mit einer anderen aus dem gleichen Studiengang zusammen. Levi quälte sich lange mit dem Gedanken, dass er nicht genügte und dass er Schuld war am Scheitern der Beziehung.

Aus dieser Situation geholfen hatte ihm damals Marcus. Der fast zehn Jahre ältere Mann hatte es auf einer Party geschafft, ihn in Nullkommanix um den Finger zu wickeln. Sein Charme war überwältigend. Er gab Levi das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Ungeplant schlitterte Levi in die nächste unheilvolle Beziehung. Denn was Levi nicht erkannte, war das narzisstische Verhalten von Marcus. Geschickt schaffte dieser es, sich zwischen Levi und seinen Freundeskreis zu drängen, isolierte ihn systematisch und machte ihn emotional von sich abhängig. Am Ende war es Aiko, die treu an seiner Seite geblieben war, und die ihm schließlich durch viele Gespräche die Augen öffnete. Die Trennung war hart, denn Marcus weigerte sich schlichtweg, diese zu akzeptieren. Er bedrängte Levi weiterhin, versuchte verzweifelt, ihn zurückzugewinnen und hinterließ damit tiefe Narben in Levis Vertrauen.

„Ich weiß, ich weiß", murmelte der Rosahaarige. „Aber Mio ist anders."

Aiko seufzte und lächelte dann doch. „Solange du nichts überstürzt und er dich gut behandelt, freue ich mich für dich, ... aber sei bitte vorsichtig."

Nach einem gemeinsamen Frühstück, bei dem auch der Kater nicht zu kurz kam, machte sich Aiko auf den Weg zu ihrer Lerngruppe. Levi schüttelte lächelnd den Kopf über sie. Nicht mal am Wochenende fand seine Mitbewohnerin Ruhe vor dem Unistress. Levi blieb allein am Küchentisch sitzen. Der Kater sonnte sich im warmen Licht, das durch das Fenster in die Wohnküche schien.

Ein dumpfes Poltern aus dem Flur riss Levi aus seinen Gedanken. Überrascht hob er den Kopf. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Schnell stand er auf, ging zur Küchentür, schob sie einen Spalt breit auf und erstarrte.

Mio stand vor ihm, scheinbar unfähig, sich richtig auf den Beinen zu halten. Sein silbernes Haar hing ihm wirr ins Gesicht. Der Versuch eines Lächelns lag auf seinen Lippen, doch die glasigen Augen und die dunklen Ringe darunter zeugten vom Gegenteil. „Mio!" Levi trat erschrocken auf ihn zu. Sorge, aber auch ein Gefühl von Glück ihn zu sehen, durchfluteten gleichzeitig sein Inneres. Ohne zu zögern, umarmte er den Prinzen. „Was ist passiert?", fragte er.

Mio antwortete nicht, hing einfach nur kraftlos in Levis Armen.

Erst nach einem Moment, der Levi wie eine Ewigkeit vorkam, flüsterte Mio: „Ich wollte dich noch ein letztes Mal sehen." Die Worte durchbohrten Levis Herz. Reflexhaft schlang er die Arme noch enger um den erschöpften Prinzen. „Was? Warum?", stammelte er. Was hatte er getan, dass Mio ihn nicht mehr sehen wollte? War Aikos Sorge berechtigt und er hatte sein Herz schon wieder an einen hoffnungslosen Fall verloren?

Mio pellte sich aus Levis Umarmung. Traurige, graue Augen trafen auf braune. „Mein Vater hat ..." Mios Stimme brach ab. „Ich kann nicht länger in Vaporia bleiben. Ich muss weg."

Ein flaues Gefühl breitete sich in Levis Magen aus. „Ich verstehe das alles nicht. Was genau ist passiert?" Mio schwankte plötzlich, lehnte sich mit der Schulter an der Wand an. Sorge durchfuhr Levi. Was war nur passiert? Sanft stützte er den Magier, half ihm ins Zimmer und setzte ihn dort vorsichtig auf seinem Bett ab. Mio lächelte dankbar zu ihm auf, griff nach Levis Hand und zog ihn neben sich. Die Finger des Prinzen waren eiskalt und Levi spürte das Zittern. Nur langsam überwand der Prinz sich zu sprechen, die Augen dabei auf Levis Hand in seiner gerichtet.

Wut durchströmte Levi, als Mio davon erzählte, was in der Nacht nach ihrem Tanz passiert war. Auch wenn Mio der Kronprinz von Vaporia war, konnten seine Eltern ihn doch nicht einfach zu dieser Hochzeit zwingen und dann auch noch vergiften. Mitfühlend legte er einen Arm um die Schultern des Prinzen, rückte dabei ein Stück näher an ihn heran.

„Du musst nicht zurück nach Vaporia. Bleib einfach hier", flüsterte er. Der Wunsch, Mio zu beschützen, war in ihm entfacht.

„Das klingt verlockend ...", flüsterte Mio, sein Mundwinkel zuckte kurz nach oben. Er legte eine Hand in Levis Nacken, zog ihn noch näher.

„Aber?" Levis Herz schlug schneller, als Mio sanft über seine Wange strich.

„Ich passe nicht in deine Welt", antwortete Mio, während er Levis Blick suchte. Für einen Moment schien alles um sie herum zu verblassen. Seine Lippen schwebten nur noch einen Hauch von Mios entfernt, als dieser tief Luft holte, als wolle er noch etwas sagen, es sich dann aber anders überlegte und stumm blieb.

„Wo willst du dann hin?", traute Levi sich flüsternd zu fragen.

Die Spannung zwischen ihnen war kaum zu ertragen. Levi spürte die Hitze in seinem Gesicht. Aufregung und Angst vor dem Ungewissen vermischten sich.

„Ich will weg aus Vaporia und die anderen Inseln erkunden. Vielleicht sogar jemanden finden, der mir mehr über das Zaubern beibringen kann."

Levi runzelte die Stirn. „Du kannst doch zaubern?"

„Alles, was ich kann, habe ich mir mühsam selbst beigebracht und das meiste davon sind nur Spielereien."

„Verstehe ..., aber das heißt, wenn du von Vaporia weg gehst, kannst du mich nicht mehr besuchen?", hakte Levi nach, Tränen sammelten sich in seinen Augen.

Mio nickte betrübt. „Für solche weiten Strecken würde meine Magie nicht ausreichen."

„Und ... wenn du mich mitnimmst?", fragte Levi zögerlich.

Mio blickte ihn an. Kurz dachte Levi, ein Funkeln in den hellgrauen Augen zu erkennen, doch dann schüttelte der Magier den Kopf. „Das wäre viel zu gefährlich. Ich habe selbst erst ein paar Inseln besucht. Es herrschen überall andere Regeln und man weiß nie, was einen dort erwartet. Außerdem könnte ich dich nicht einfach wieder zurückbringen, wenn du nach Hause willst." Gefährlich? In Levi machten sich wieder Sorgen breit. Dann würde es auch für Mio gefährlich werden.

„Bleib einfach hier bei mir", versuchte Levi, ihn erneut zu überzeugen. Der Prinz verzog gequält das Gesicht, sichtlich hin- und hergerissen.

„Bitte", flehte Levi leise, seine Stimme zitterte. „Ruh dich wenigstens noch etwas aus. Du bist erschöpft und ..." Ein Knoten bildete sich in seinem Hals, als er den Satz beendete. „Vielleicht können wir nachher nochmal darüber reden."

Mio blinzelte müde. „Ich weiß nicht ..." Doch schließlich seufzte er und nickte. „Vielleicht würde es mir wirklich guttun." Levi freute sich darüber, auch wenn ihn der Gedanke, dass er Mio vielleicht verlieren würde, gleichzeitig das Herz zerquetschte. Behutsam half er dem Prinzen, sich in sein Bett zu legen, zog die Decke über seinen Körper.

„Levi?", murmelte der Prinz leise. „Bleibst du so lange hier bei mir?" Levi lächelte und nickte. Ohne ein Wort schlüpfte er neben ihn, während ihm sein Herz aufgeregt bis zum Hals schlug.

Vorsichtig schob Levi seinen Arm unter Mios Kopf, seine Hand fand ihren Weg zu Mios Schulter, der sein Gesicht an Levis Brust versteckte. Zärtlich glitten seine Finger durch Mios seidiges Haar. Levis Herzschlag war wild, und das Wissen, dass Mio sein Herz spüren konnte, ließ seine Wangen erröten.

„Mio", flüsterte er leise, doch bekam keine Antwort mehr. Stattdessen hörte er nur den langsamen, gleichmäßigen Atem des Prinzen. Levi legte seine Wange an Mios Haar und schloss die Augen. Eingehüllt vom Duft nach Orangenblüten stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen. Ein Hauch von Hoffnung und der Gedanke, dass vielleicht doch alles gut werden könnte, beruhigten ihn.

Langsam wurde auch Levi übermannt vom Schlaf und in eine malerische Traumwelt hineingezogen. Er sah sich selbst mit Mio, Hand in Hand, wie sie über schwebende Inseln flogen, das kräftige Blau des Himmels um sie herum. Sie lachten, wirbelten gemeinsam durch die Lüfte und stoben durch flauschige Wolken. Mios Blick war voller Leben und Levi fühlte sich frei wie nie zuvor.

Doch plötzlich färbte sich der Himmel violett, ein Sturm zog auf. Der Wind zerrte an den beiden, riss sie auseinander. Levi schrie panisch, als er von dem Prinzen entfernt wurde. Dann war alles dunkel, als Mio vor ihm wieder erschien, ihm ins Gesicht blickte. Er wirkte traurig. Levi wusste, was nun kommen würde, auch wenn er dem Prinzen am liebsten den Mund zugehalten hätte, um es zu verhindern.

„Lebe wohl, Levi", flüsterte der Prinz, bevor er verblasste.

Mit einem Ruck fuhr Levi hoch, seine Atmung war schwer, sein Puls rauschte laut in seinen Ohren. Die Mittagssonne durchflutete sein Zimmer. Er griff neben sich – doch die Bettdecke war kalt. Mios Platz war leer. Wie lange hatte er geschlafen?

Verzweiflung stieg in ihm auf und ein eiskalter Schauer jagte über seinen Rücken. „Mio ...", flüsterte er heiser und sprang aus dem Bett. Doch nur der Kater blickte ihn traurig von der Fensterbank an.

Levis Augen wanderten durch das Zimmer, bevor er auf dem Schreibtisch hängen blieb. Dort lag sie – die Taschenuhr mit dem blutroten Edelstein auf der Vorderseite. Levi nahm die Uhr vorsichtig in die Hand und drehte sie, die Fingerspitzen über das kühle Metall gleitend, sein Blick auf die reglosen Zeiger geheftet.

„Bitte", flüsterte er flehend. „Bring mich zu ihm ..."

Der Kater sprang auf den Schreibtisch, streifte Levis Arm und stupste die Uhr mit der Nase an. Ein Kloß bildete sich in Levis Hals. Verzweifelt drückte er die Uhr an seine Brust. Schloss die Augen. Sein Atem wurde ruhiger, sein Herzschlag gleichmäßiger. Seine Gedanken kreisten um den Magier. Er war nicht bereit, ihn einfach aus seinem Leben gehen zu lassen. Und dann, beinahe lautlos, begann die Uhr zu ticken, als ob sie von seinem eigenen Herzschlag geweckt worden wäre. 

Erstaunt starrte Levi das bronzene Schmuckstück an. Er schnappte nach Luft, als die Uhr plötzlich in seiner Hand vibrierte. Er spürte ein Ziehen in seinem Inneren, seine Haut begann zu kribbeln und plötzlich verschwand das Zimmer vor ihm. Levi fiel in die Leere, unterdrückte einen panischen Schrei. Neben ihm der Kater, der wild mit den Pfoten fuchtelte, als würde er versuchen, so Halt zu bekommen.

Unsanft landete Levi auf seinen Knien, die Hände auf dem kühlen Boden unter sich abgestützt. Nur langsam gewöhnten sich seine Augen an das schummrige Licht. Der fensterlose Raum war schmal und langgezogen, die Wände bestanden aus dunklem, poliertem Holz.

Der Kater saß neben ihm und sah ihn mit kugelrunden Augen an, bevor er begann, sich neugierig umzusehen. Auch Levi rappelte sich auf. Er ging näher zu der bronzenen Tür am Ende des Raums und lauschte, als er plötzlich gedämpfte Stimmen vernahm.

„Willst du dich meinem Befehl etwa verweigern?", hörte Levi eine ihm vertraute Stimme. Sein Herz begann schneller zu schlagen – es war eindeutig Mio, der sich auf der anderen Seite der Tür befand. Er legte seine Hand an den kalten, bronzenen Türknauf, doch wagte er noch nicht, sie zu öffnen. Geräusche drangen an sein Ohr – eine Mischung aus dumpfen Schlägen und klirrendem Metall. Levi zögerte, dann drehte er den Knauf. Ein seltsames Bild breitete sich vor ihm aus.

Er entdeckte Mios Leibwächterin. Die Gesichtszüge der großen Frau waren angespannt. Vor ihr stand ein Mann mit breiten Schultern und erst auf den zweiten Blick erkannte er, dass Vexira ihn fest im Griff hatte. Der Fremde trug eine dunkelblaue Uniform, die Levi sofort an die der vaporianischen Soldaten erinnerte. Die Jacke war mit weißen Borten besetzt, auf seiner Brust blitzten Abzeichen. Sein graumeliertes Haar war zerzaust, seine Lippe aufgeplatzt und blutete.

Doch es war Mio, der Levis Aufmerksamkeit vollständig in den Bann zog. Der Prinz stand direkt vor dem gefangenen Mann, sein Gesicht eine eisige Maske, wie Levi sie noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. In seiner Hand blitzte ein Messer auf, dessen Klinge er drohend an die Kehle des Mannes hielt.

„Mio?" Levis Stimme war kaum mehr als ein erschrockenes Flüstern, doch in der angespannten Stille des Raumes schien sie ohrenbetäubend laut. Der Prinz fuhr sofort herum. Die Überraschung in seinen Augen verwandelte sich in pure Fassungslosigkeit. „Levi! Was machst du hier?"

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