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Alec:
Zwar hatte ich nicht verlangt, dass sich Dave, nachdem er sich beruhigt hatte, um mein Problem kümmerte, das sich im Laufe der Aktion entwickelt hatte, aber gewehrt hatte ich mich bestimmt nicht.
Nachdem er mir sehr gekonnt einen Abgang verschafft hatte, lagen wir beide - noch immer nackt- eng umschlungen in seinem Bett herum und träumten ein bisschen vor uns hin.
Ich hatte dabei den Kopf auf meiner Brust und kraulte ihm die Haare, wickelte die Locken um meinen Finger oder kämmte hindurch, während er halb seitlich, halb auf mir lag, mit dem Zeigefinger an meinem Nippel herumspielte, meine Brust ab und zu küsste und sich immer fester an mich drückte, so als wurde ihm bewusst, dass mit jeder Sekunde, die verging, die Zeit, in der wir uns nicht sehen würden, näher rückte.
„Was, wenn ich dir sage, dass du nicht gehen musst?", murmelte er plötzlich leise. Seine Stimme klang seltsam dabei.
„Wie meinst du das? Natürlich muss ich gehen, außer du sorgst dafür, dass die Uni vor meiner Haustür steht..."
„Das nicht...", meinte Dave, seufzte. „Aber was, wenn du auf eine andere Uni gehen könntest?"
„Wieso sollte ich das tun? Ich bin auf der besten Jurauniversität und..."
„Um etwas anders als Jura zu studieren..."
„Wieso das Thema schon wieder?" Ich klang leicht genervt dabei, das gab ich ja zu, aber ich mochte es einfach nicht, dass wir jedes Mal, wenn es um dieses Thema ging, in die Haare bekamen.
„Weil... Versprich, dass du mich liebst, egal, was ich anstelle..."
„Dave" Ich sprach seinen Namen eindringlich aus und schob seinen Kopf am Kinn so, dass er mich ansehen musste.
Er seufzte, stütze sich leicht auf meiner Brust ab, damit wir Blickkontakt haben konnten.
„Was hast du getan?"
Ich kannte ihn gut, sehr gut und gerade sah er so schuldbewusst aus, wie noch nie zuvor. Wirklich nie.
„Es ist schon zwei Jahre her... Es... war nur ein Test..."
„Dave!" Ich wurde drängender.
Er schloss kurz die Augen, atmete tief durch und rollte sich dann von mir runter.
Schamlos stand er auf, lief nackt zu seinem Schreibtisch, während ich mich aufrichtete und mich an mit dem Rücken an die Wand lehnte.
Er holte einen großen Umschlag aus einer Schublade und kam zurück zu mir, auf das weiße Papier sehend.
Es war ihm egal, dass er nichts trug, er setzte sich einfach auf die Bettkante, ein Bein runterhängend, das andere angewinkelt, während er mir den Umschlag hinstreckte.
Mein Hüftbereich war unter der Bettdecke verborgen, welche ich mir noch etwas zurechtrückte und mich darauf konzentrierte, Dave nur in die Augen zu sehen, als ich den Umschlag annahm.
„Was soll ich jetzt damit?"
„Lesen" Dave sah nervös aus, angespannt, ängstlich.
„Sag mir doch einfach was drin steht"
„Verdammt, Alec lies es bitte!" Er schrie mich nicht an, aber lauter wurde er schon, sah dabei jedoch ziemlich verzweifelt aus.
„Meinetwegen. Aber zieh' du dich in der Zeit an, so kann ich mich nicht konzentrieren"
Wir beide grinsten kurz und erst, als er sich auf die Suche seiner Boxer machte, widmete ich meine Aufmerksamkeit dem Kuvert ohne zu lesen, welchen Stempel es trug.
Ich holte mehrere Blätter raus und begann zu lesen.
Universitiy of Arts London.
Schon als ich das im Kopf las, beschleunigte sich mein Herzschlag um ein vielfaches.
Als ich den Brief weiter las, stellte ich fest, dass es die Antwort auf eine online Anmeldung für die Außenstelle der berühmten Kunsthochschule war. Es war eine Zusage. Mir wurde erklärt, dass ich die Erlaubnis hatte, mich für die Studiengänge Kunst und Philosophie hatte und beliebige Nebenfächer wählen durfte, die angegeben wurden. Ich würde das Studium beginnen für das Semester, bei dem ich mich einschrieb. Dazu hatte ich 5 Jahre Zeit, bis die Zusage verfiel.
Das war nur die erste Seite. Es befanden sich nochmal sieben im Anhang, aber ich konnte sie nicht lesen. Ich war mir nicht mal sicher, ob ich das wollte.
„Die Bewerbung, die wir damals zusammen erstellt haben...", begann ich ohne, von dem Blatt aufzusehen. „Du hast sie abgeschickt?"
„Ja" Seine Antwort klang leicht beschämt, aber vor allem sehr unsicher wie meine Reaktion ausfallen würde.
Ich wusste, wenn man die Zusage für sein Traum-Studium bekommen hatte, freute man sich eigentlich. Unterbewusst tat ich das vielleicht auch, aber gerade war ich einfach nur im Schock.
„Wieso?" Ich sah zu Dave, der ganz betröppelt auf der anderen Bettkante saß wie eben, diesmal zumindest mit Hose bekleidet.
„Weil ich wusste, dass du es nicht tun würdest... Ich weiß doch auch nicht, was da in mich gefahren ist... Aber bevor ich in den Entzug gegangen bin, hab ich die Bewerbung abgeschickt... Ich wusste ja nicht mal, ob du eine Zusage bekommst... und meine Post hab ich auch erst bekommen, als ich hier eingezogen bin..."
„Dave", unterbrach ich ihn leise, aber bestimmend. „Du hast diese Papiere Monate hier herumliegen und bist nie auf die Idee gekommen, mir was davon zu sagen?"
Jap, da war er, der Vorwurf, aber ganz ehrlich, wer konnte es mir verübeln? Er beschwerte sich darüber, dass ich angeblich zu sehr in sein Leben eingriff und was machte er? Das konnte doch nicht wahr sein!
„Wir hatten halt genügend andere Dinge zu klären! Ich wusste, dass du es in die nächste Tonne kickst, wenn ich es dir übergebe, während du sauer auf mich bist..."
„Ach ja, also hast du gewartet, bis ich dir komplett verfallen bin, um dann so eine Bombe rauszuhauen. Du hast sie doch nicht mehr alle!"
Okay, jetzt schrie ich. Ich wollte wirklich nicht schreien, denn ich wusste, er hatte es nur gut gemeint, aber ich konnte gerade keine meiner Emotionen irgendwie zuordnen.
Alles, was sich gut anfühlen sollte, tat irgendwie weh und alles, was sich schlecht anfühlten sollte, tat noch mehr weh.
Die einzige Lösung, die ich sah, war zu gehen.
Daher nahm ich die Boxer, die Dave mir unbemerkt aufs Bett gelegt hatte, schlüpfte rein, schlug dann die Decke weg und suchte meine Anziehsachen zusammen.
„Ich weiß, dass du jetzt sauer auf mich bist, aber wirf deshalb bitte nicht alles weg. Du hast die Möglichkeit, deinen Traum zu leben in den Händen, Alec. Und deinen Alptraum kannst du jetzt sofort beenden, indem du dien Jurastudium abbrichst..."
„Wie stellst du dir das vor!", fuhr ich ihn wütend an, auch frustriert, weil ich gerade so geladen war, dass ich zu dumm war, meine Hose richtig anzuziehen. „Zu meinem Dad gehen und sagen, hei yo, ach übrigens hat mein Freund mich hinter meinem Rücken an einer Kunstuni für mich beworben und da hab ich jetzt eine Zusage bekommen, also breche ich dir einfach mal so das Herz, indem ich aufgebe, worauf ich mein Leben lang hingearbeitet habe und fange ein Leben an, bei dem du mich niemals unterstützten würdest. Toller Plan, Dave, wirklich!"
„Jetzt warte doch mal!" Er hielt mich auf, als ich seine Tür aufriss und rausstürmen wollte. „Ich war high, als ich das gemacht habe, das weißt du genau. Was wäre dir Leiber gewesen, wenn ich dir die Zusage bei unserem ersten Treffen vor sie Füße geworfen hätte oder sie ewig zurückgehalten, bis sie verfällt? Ich hab auf den passenden Moment gewartet und dadurch ist für dich nichts verloren gegangen."
„Doch Dave", verletzt schaute ich ihn an. „Mein Vertrauen"
Er erwiderte meinen schmerzerfüllten Blick leidend, legte beide Hände an meine Wangen und schaute mich eindringlich, aber auch sehr leidend an. „Ich liebe dich, Alec. Ich will, dass du glücklich wirst. Mir war klar, dass du sehr sauer auf mich sein wirst, wenn ich dir die Unterlagen gebe. Trotzdem hab ich es getan, damit du deine Chance ergreifen kannst zu tun, was du immer wolltest. Ich hätte sie Einfach zurückhalten können, bis das Angebot verfällt und du hättest niemals davon erfahren..."
Er hörte auf zu reden, als er meinen fassungslosen Blick bemerkte, die Tränen in meinen Augen. „Alleine, dass du darüber nachgedacht hast, bricht mir das Herz"
Auch in seinen Augen bildeten sich Tränen. „Ich versuche dir nur zu zeigen, dass ich vielleicht der Böse in der Geschichte bin, aber kein absolutes Monster... Ich hab mein bestes versucht..."
„Das Beste für wen?" Ich fand die Kraft, ihn von mir wegzustoßen, sodass er sogar kurz wegknickte, weil er sich mit dem rechten Fuß hatte auffangen müssen, aber er rappelte sich sofort wieder auf und kam auf mich zu.
Wegen meinen erneuten Schreien allerdings hielt er inne. „Mich zu belügen war nicht das Beste für mich! Und ganz sicher nicht das Beste für uns! Du hattest so viele Gelegenheiten mit der Sprache rauszurücken und hast es nicht getan! Warum wohl? Weil es das Beste für dich war!"
Ich warf ihm die Unterlagen vor die Füße, in all meiner Wut und bemerkte so nicht mal, dass ich somit auch meine Zukunft wegwarf. Nicht nur meine berufliche, sondern auch die meiner Beziehung.
„Wenn du mich wirklich so liebst, wie du es behauptest, dann hältst du dich ab jetzt aus meinem Leben raus. Kümmer dich um deinen Scheiß und lass mich... Lass mich einfach in Ruhe..."
„ich verstehe, dass du Zeit brauchst", versuchte er mich zu beruhigen, hob die Unterlagen auf und hielt sie mir wieder hin. „Aber denk wenigstens darüber nach..."
„Wann soll ich das denn machen? In 12 Stunden muss ich zur Uni fahren und das werde ich auch. Ohne dich."
Die Tränen liefen mir über die Wangen, es waren Tränen der Wut, der Enttäuschung, aber vor allem des Verlustes.
Das Vertrauen in die Person zu verlieren, die man liebte, war schlimmer als jedes gebrochene Herz. Denn es änderte nichts an der Liebe, die man empfand, außer, dass sie zur schlimmsten Foltermethode wurde. So schmerzhaft, dass ich schwören könnte, jede Zelle meines Körpers wurde gepeinigt nur durch seinen Blick.
Dave setzte erneut an etwas zu sagen, aber ich hatte genug gehört und sah deshalb kraftlos weg. „Nicht... Bitte sag einfach gar nichts... Damals, was du mir am Strand gesagt hast... Du hattest recht, weißt du? Unsere Liebe stand nie unter einem guten Stern. Die meiste Zeit haben wir beide nur gelitten. Es gab auch schöne Momente, ja wirklich sehr schöne, aber unterm Strich tut es Mehr weh dich zu lieben, als dass es mich wieder heilen kann. Wir sollten es beenden, bevor es noch schlimmer wird. Nein. Ich beende es. Es ist aus, jetzt und hier."
„Alec, du bist gerade sehr aufgewühlt, das ist kein Zustand, in dem du so eine Entscheidung treffen solltest"
Ich schnaubte abfällig. „Stimmt, warum tue ich so, als könnte ich über mein Leben selbst bestimmen? Entweder macht es mein Dad oder du. Streitet ihr zwei euch doch darum, wer in Zukunft die Entscheidungen für mich trifft und lasst mich außen vor. Meine Meinung ist euch ja eh nichts wert" Den letzten Satz murmelte ich eher, als ich mich umwandte und ich den Flur ging.
Alle seine Mitbewohner waren da und beobachteten uns, aber mir war es egal. ES war eh das letzte Mal, dass sie mich hier oder sonst irgendwie an Daves Seite sahen. Ich nahm meine Schuhe und die Jacke in die Hand, weil ich nicht länger meine Zeit die verschwenden wollte als nötig, schaute Dave noch ein letztes Mal an.
Er stand da, trug mein Herz in der einen Hand und meine Zukunft in der andren, während mein Vertrauen in Scherben vor ihm lag.
Stumme Tränen rannten über seine Wangen. Allein durch seinen Blick schrie er mich an, jetzt nicht zu gehen. Jetzt nicht alles zu beenden. Jetzt nicht alles wegzuwerfen, wofür wir gekämpft hatten. Er wusste, es ging mir schrecklich. Aber er wusste auch, dass es seine Schuld war. Diesmal war es das, denn alleine seine Entscheidungen hatten dazu geführt.
Dass er damals high gewesen war, gut und schön, aber erstens hatte er damals nur Dosen bekommen, die ihn aufgrund der Abhängigkeit am Leben hielten, und zweitens hatte er mir trotzdem im nüchternen Zustand Wochenlang über all unsere Diskussionen hinweg etwas verschwiegen, womit er mir viele Tränen erspart hätte.
Es behauptete, er liebte mich, mit Sicherheit tat er das auch, aber vielleicht auch einfach nicht genug, um bereit zu sein, diese Liebe für mein Glück zu riskieren.
Hätte er mir den Umschlag in jeder anderen Situation gegeben und mir einfach ruhig erklärt, wie es zu alle dem gekommen war, hätte ich anders reagiert, das war ich breit zu schwören, aber so... so hatte er alles kaputt gemacht.
Draaaaaamaaaaaaa!
Wie hättet ihr an Alecs Stelle reagiert?
Kann jemand verstehen, warum Dave das gemacht hat?
Wer hasst mich jetzt? (Keine Sorge, das ist erst der Anfang 😈)
Alle Beschwerden und Vorstellungen wie es jetzt weitergeht bitte hierher 🙋
Danke.
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