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Alec:

„Ich glaube, ich bin schwanger"

Mit diesem Satz und gänzlich ohne jeglichen Zusammenhang öffnete Ken meine Zimmertür und schaute mich total benebelt an.

„Hallo erstmal", lachte ich, deutete ihm, die Tür zu schließen und reinzukommen.

Er wirkte, als sei er mit den Gedanken weit weit weg, setzte sich wie immer auf meinen Sitzsack und starrte dann an die Tür.

„Was ist los? Wer hat dich geschwängert?", schmunzelte ich.

„Dein Dad" Ken sabberte fast, soweit stand sein Mund offen.

„Hä, was hat er gemacht?" Verwirrt blickte ich ihn an, auch etwas besorgt.

„Er hat mich angeschaut"

Jetzt drehte er doch voll ab oder?

„Aber ansonsten geht's dir noch gut oder?" Ich klapste ihm auf den Kopf, was half, wieder alles ein wenig zurecht zu rücken.

Er schaute mich beleidigt an und rieb über die Stelle, bevor er wieder etwas rationaler wurde. „Er hat mir die Tür aufgemacht. Und er war oben ohne. Alter, Alec, dein Dad ist so heiß, das sollte verboten sein in dem Alter!"

Ich lachte. „Er ist 40, du tust so als wäre er ein richtiger Opa"

„Ist er doch auch, rein theoretisch bist du nämlich Amys Stiefpapa und das macht deinen Dad zu ihrem Opa" Ken schaute mich an, als hätte er mir gerade seine wahnsinns wissenschaftliche Entdeckung aufgetischt und ich konnte nur schmunzelnd den Kopf schütteln.

Für diesen Idioten hatte ich heute meinen Freund versetzt?

Dave war auch echt traurig deswegen, aber ich hatte nun mal mit Ken besprochen, dass wir uns nochmal trafen, bevor ich wieder zur Uni ging und ich hätte es nicht richtig gefunden, ihn zu versetzen, zumal Dave und ich uns ja morgen sehen würden und er mich übermorgen dann zur Uni brachte. Ein Tag würde schon nicht über Leben und Tod entscheiden.

„Du gibst gerade zu, einen Opa heiß zu finden, ist dir das eigentlich bewusst?", hakte ich mal sicherheitshalber nach.

Ken schaue mich dann auch ganz großen Augen an, so als kapierte er jetzt, dass Kugeln rollten, weil sie nun mal rund waren und schnaufte dann tief durch.

„Aber da kann ich doch nichts für!", jammerte er dann dramatisch.

Ich lachte und warf mich zu ihm, sodass wir ziemlich eingequetscht wurden, wenn wir nicht runterfallen wollten. „Vergiss meinen Dad einfach, erstens hat er eine Frau und Kinder und außerdem steht er eh nicht auf sowas wie dich"

„Sowas wie mich?!" Empört schaute er mich an.

Mein Blick wechselte zu einem vielsagenden. Ich wollte jetzt mal nicht anfangen zu erläutern, womit er sich nach seinem abgebrochenen Medizinstudium das Geld verdient hatte...

„Na schön" Er verschränkte die Arme und ließ den Kopf an meine Schulter sinken, um so herum zu schmollen.

„Hast du für heute noch andere Pläne als meinen Dad zu vergöttern und zu schmollen?", hakte ich belustigt nach.

Er schnaufte durch. „Eigentlich wäre an See gehen schon ne ganz geile Idee, aber draußen ist es so heiß und ich hab letztens erfahren, dass der Grund, warum die Toiletten nicht restauriert werden der ist, dass die Leute sowieso einfach in den See pissen. Also will ich da nicht mehr hin. Und wenn wir im Park chillen, selbst wenn's im Schatten ist, muss ich so doll schwitzen und das ist voll unsexy"

Er zog eine Schnute und tat so, als sei er ein Hundewelpe, als er mit der Nase an meine Schulter stupste. Ich wusste, was ich zu tun hatte und strich ihm lachend über den Kopf.

„Dann bleiben wir halt hier. Wir können nen Film schauen..."

„Weißt du, nicht mal zocken können wir, weil du dir nie eine Konsole gekauft hast." Missbilligend schüttelte Ken seinen Kopf, stand vom Sitzsack auf und wechselte auf den Schreibtischstuhl, weil es ihm so nahe bei mir zu heiß war. Seine Worte, nicht meine.

„Ich durfte halt nie. Außerdem bist du 21 und solltest langsam aus diesem Zocker-Alter raus sein"

„Niemals, Alec, hörst du? Niemals!"

„Okay, okay Themawechsel, bevor du mich hier noch umbringst", lachte ich. „Wie läuft's in der Liebe?"

Mein neues Lieblings-Thema zur Zeit.

„Beschissen wäre geprahlt" Ken verschränkte die Arme vor der Brust, sowie die Füße auf meinem Schreibtisch, obwohl er genau wusste, dass er das nicht sollte. Aber es war sinnlos, es ihm immer wieder zu sagen, also ließ ich es einfach bleiben.

„Und bei dir und Dave? Habt ihr schon gefickt?"

Genervt schaute ich ihn an. „Mal ganz abgesehen davon, dass dich das nichts angeht, kannst du das auch irgendwie... romantischer ausdrücken"

„Romantik? Was ist das?" Verwirrt schaute Ken mich an. Ich wusste, dass er es nur schauspielerte, aber er machte es echt gut.

„Warte" Er hielt eine Hand hoch und die andere an die Brust, ehe er zu husten und würgen begann. Schließlich tat er so, als würde er sich in meinen Mülleimer übergeben. „Oh sorry, dieses Romantik hat so einen seltsamen Würgreiz bei mir ausgelöst. Und das ist echt seltsam, weil ich den schon nicht mehr habe, seit ich 13 bin..."

„Jetzt lügst du aber!", unterstellte ich ihm.

Er zog herausfordernd die Augenbrauen hoch und kramte sein Handy raus. „Wenn dus unbedingt sehen willst..."

Er suchte nach einem Bild und musste dafür ziemlich weit runterscrollen, um es zu finden. Schließlich hielt er mir sein Handy hin und ich erkannte eine deutlich jüngere Version von ihm in den Armen eines etwas älteren Jungen.

„Das bin ich, Ken, 13, frisch entjungfert."

Ich lachte, als er das so sagte, obwohl ich echt ziemlich geschockt war.

„Und das ist mein erster Freund, Jake, damals 17"

„Ich weiß nicht, ob ich das gutheißen kann", stellte ich fest und dachte irgendwie automatisch an meinen Dad, der mit 15 einen 22-jährigen gehabt hatte.

Warum fingen die alle den schon so früh an? War doch klar, dass das niemals halten konnte.

„Wir waren vier Jahre zusammen", erzählte Ken mir und zeigte verschiedene Bilder. Sie hatten sehr glücklich ausgesehen.

„Wieso dann die Trennung?" Vorsichtig schaute ich zu ihm.

Ken schnaubte leicht. „Als ich 17 war, hat er festgestellt, dass ich ihm doch irgendwie zu jung bin. Ich Idiot hab versucht, ihn zu überzeugen mit Argumenten wie ‚aber du liebst mich doch' und bla bla bla so eine naive Scheiße halt. Jedenfalls meinte er dann, dass der Sex mit mir echt gut war und ich auch ein ganz netter Kerl bin, aber seine Gefühle für mich einfach nicht übers körperliche hinausgehen und er jetzt in dem Alter ist, wo er sich was ernsthaftes mit jemandem vorstellen kann. Und dieser Jemand eben nicht ich bin..."

„Autsch" Mitleidig schaute ich ihn an.

Er zuckte mit den Schultern und steckte sein Handy weg. „Er war ein Heuchler. Er wäre doch niemals 4 Jahre mit mir zusammen gewesen, nur wegen dem Sex, er hatte nur Bammel, weil ich mich endlich outen wollte und meiner Familie sagen, dass er mein fester Freund ist. Ich war lange Zeit echt verletzt wegen alle dem und mein Benehmen ist innerhalb von zwei Jahren so schlecht geworden, dass ich mitten im Abschlussjahr von der Schule geflogen bin. Deshalb sind wir damals hierher gezogen... Ich hab Cameron vom ersten Moment an dafür bewundert, wie offen er mit allem umgeht... aber ich glaube, ich wollte mich einfach so dringend über mein gebrochenes Herz hinweg trösten, dass ich mich ein bisschen zu sehr auf ihn fokussiert hab, weißt du? Das ist mir auch erst lange Zeit später klargeworden... Und hätte ich richtig tiefe Gefühle für ihn gehabt, hätte ich ihn sicherlich auch nicht einfach so an Noah abgegeben, also... Naja. Wow, ich hab das noch keinem erzählt" Beim letzten Satz sah er irgendwie so seltsam überrascht aus, von sich selbst. „Ist befreiend", stellte er dann fest.

„Willst du ne Umarmung?"

Seine Erzählung hatte mich irgendwie berührt. Ich hatte nichts von alle dem gewusst oder geahnt, aber mir hätte klar sein müssen, dass es einen Grund für sein Verhalten gab, dass es diesen immer gegeben hatte.

„Als könnte ich dazu nein sagen" Er zwinkerte mir zu, stand auf und umarmte mich, nachdem ich ebenfalls aufgestanden war.

„Du findest den richtigen schon noch, bevor du ein Ablaufdatum erreichst", tröstete ich ihm scherzhaft.

„Mag sein. Aber wie soll ich den denn erkennen? Ob dus glaubst oder nicht, aber mir laufen viele Typen hinterher. Die meisten von denen wollen aber entweder nur an meinen Arsch oder an mein Geld oder beides. Woher soll ich wissen, dass jemand auch mal wirklich mich will?"

„Ich glaube sowas spürt man", vermutete ich. „Ich meine, die ganzen Leute von der Uni, die die Wetten am Laufen haben, wer mich zuerst entjungfert, die sind auch alle nett zu mir und machen mir Avancen, aber eben auf einer anderen Ebene als Dave. Okay, er lenkt das Thema auch immer ziemlich schnell von 0 auf Sex, aber der Unterschied ist, dass er das macht, weil er mir mitteilen will, wie gerne er in meiner Nähe sein will. Ich meinen, schau mal, die anderen wollen ihren Spaßen mit mir haben, aber Dave, der will sich in erster Linie darum kümmern, dass ich meinen Spaß habe, weil er weiß, dass ich noch nicht so weit bin, aufs Ganze zu gehen. Ich kann dir gar nicht sagen, wie oft er mir einen Blowjob angeboten hat"

Ken lachte leicht. „Und lass mich raten, du hast abgelehnt"

„Du kennst mich gut"

Wir lösten uns wieder voneinander.

Ken schaute lächelnd zu mir hoch und klopfte auf meine Wange „Ich freue mich für dich, ehrlich, auch wenn ich sehr enttäuscht bin, dass der erste Anstich bei deinem geilen Arsch nicht mir gehört"

Lachend schüttelte ich den Kopf und stieß ihn leicht von mir weg, aber nur so, dass er sich nicht verletzte.

„Ne aber jetzt mal ernsthaft", beruhigte Ken die Situation sofort wieder. „Hätten wir uns unter andren Umständen kennengelernt und ich hätte gewusst, was für einer du bist... Wahrscheinlich hätte ich mich in dich verliebt" Er lächelte, nicht in dem Wissen, ob er mit diesem Geständnis zu weit ging.

Mir machte das aber nichts aus, es war ja eigentlich echt ein süßes Kompliment. Trotzdem musste ich nachhaken, wie viel Wahrheit darin steckte. „Bist du aber nicht oder?"

Schnell schüttelte er den Kopf. „Nein, bin ich nicht"

„du kannst es mir sagen, falls ja"

„bin ich nicht!"

„okay" Beschwichtigend hob ich die Hände.

Er schnaufte tief durch. „oh man, das war jetzt anstrengend. Lass uns was zu trinken holen und nen Film gucken"

Somit war das Thema dann auch beendet und wir sprachen nie wieder über diese Hypothese.


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