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Alec:

Schmunzelnd saß ich auf einer Bank und schaute Dave und Amy dabei zu, wie sie im Kies neben den Spielgeräten hockten und irgendetwas suchten.

Sie machten das richtig professionell, aber beide schienen ihren Spaß dabei zu haben.

Es wunderte mich, dass Amy die Steine wohl interessanter fand, als die ganzen Geräte auf dem Spielplatz, aber wenn man ihr mal so mit Dave zusammen zusah, dann war irgendwie klar, dass sie das nicht wegen den Steinen machte, sondern wegen Dave.

Sie mochte ihn. Und das freute mich sehr, vor allem für Dave, der ja so nervös gewesen war, bevor er seine Kleine zum ersten Mal nach zwei Jahren gesehen hatte.

„Na sieh mal einer an" Als ich diese bekannte Stimme hörte, schaute ich zu der Person, die sich gerade neben mich gesetzt hatte.

Es war Lilly, die Mama von Leo, Amys bestem Freund.

Ich hörte sie auch schon kreischen und schaute wieder zu ihr, wie sie Leo drückte und ihn sofort im Anschluss mit Steinen bewarf.

Ich wollte schon eingreifen, als Dave ihr erklärte, dass das böse enden konnte und man das nicht machen durfte. Er brachte Amy sogar dazu, sich zu entschuldigen und Leo einen Kuss auf die Wange zu geben, den sich dieser angeekelt wieder abwischte.

Schmunzelnd und irgendwie auch stolz schaute ich zu Lilly, die mich mit einem Lächeln betrachtete. „ich wusste gar nicht, dass du einen Bruder hast"

Ich schaute sie verwirrt an und sie schaute vielsagend zu Dave.

Als ich begriff, was sie meinte, musste ich tatsächlich lachen. „Das ist nicht mein Bruder. Das ist Dave, Amys leiblicher Vater"

„Oh" Sie machte ganz große Augen und musterte ihn. „Er ist ja noch total jung..."

„Nicht so jung wie du und ich, er ist 24"

Sie nickte verstehend. „Ich hätte nicht erwartet, dass du mit ihm auskommen würdest... Du sahst letztes Mal so fertig aus, nachdem du ihn getroffen hast..."

Das war gefühlte Ewigkeiten her, doch in Wahrheit nur ein paar Wochen.

„Naja, es hat sich seitdem einiges geändert..."

Sie wirkte etwas verwirrt, aber sagte dann nichts mehr dazu, als Leo zu ihr rannte und ihr einen Blumenstrauß an Gänseblümchen überreichte, der mit einem von Daves Haargummis zusammen gebunden worden war.

„Oh Dankeschön, mein Schatz", freute sich Lilly, gab Leo einen Kuss, strich über seinen Kopf, aber dann rannte er auch schon wieder eilig weg, zurück zu Dave und Amy, die dabei waren, weitere Gänseblümchen zu pflücken.

Irgendwann verschwanden Leo und Amy zusammen in die Sandgrube und ich unterhielt mich oberflächlich, aber amüsant mit Lilly, ehe Dave bei uns auftauchte.

„Hei, ehm ich will nicht stören" Er lächelte, wirkte aber unsicher, als er zwischen Lilly und mir hin und her sah.

Nicht, weil er Angst hatte zu stören, sondern weil er nicht wusste, in welcher Beziehung wir zueinander standen. Das konnte ich aber ganz einfach aufklären.

„Tust du nicht" Ich lächelte Dave an und rutschte etwas zu Seite, damit er Platz hatte, sich zu mir zu setzen.

Er verstand den Wink und tat es. Sofort stellte er sich bei Lilly vor.

Sie musterte ihn einen Ticken zu kritisch, war aber ebenfalls freundlich und bedankte sich für die Hilfe von Leos Blumenstrauß.

Sie kamen etwas ins Gespräch, bis Dave mich fragte, ob wir in Amys kleinem Rucksack was zu trinken für sie dabei hatten, weil es so warm war und er sich sorgen machte, dass sie beim Spielen das trinken vergaß.

Ich wunderte mich ein wenig, warum er schon so geübt in diesem Dad-Sein war, aber öffnete den Rucksack und zeige ihm Amys grüne Trinkflasche, die bis oben hin mit Wasser voll war. Wenn sie die Hälfe getrunken hatte, füllten wir sie mit Saft auf, das war immer so ein Deal, damit sie verhältnismäßig viel Wasser trank. Und es war immer ein kleiner Anreiz für sie, den Saft zu bekommen, daher trank sie automatisch mehr, was ja nur gut für sie war.

Dave nahm sie gleich raus, drückte mir einen Kuss auf die Wange und ging zu Amy, setzte sich in der Sandgrube neben sie und überzeugte sie dazu zu trinken. Gleich danach streckte sie die Flasche Leo hin.

Diese kleine Hexe war nicht nett zu ihrem besten Freund, sie nutzte ihn nur aus, um schneller an den Saft zu kommen. Aber dumm war sie ja nicht.

Ich bemerkte gar nicht, wie Lilly mich anstarrte, weil ich dabei war, das Geschehen so eingehend zu verfolgen, bis sie mich ansprach.

„Äh... Sei mir nicht böse, aber was war das denn gerade?" Er wirkte ziemlich fassungslos.

Ich schaute belustigt zu ihr. „Oh, hab ich das vergessen zu erwähnen? Ich bin mit Dave zusammen. Ist noch frisch, nicht mal sein Bruder weiß davon, also wunder dich nicht"

Sie schluckte schwer und nickte verstehend. „Und... bist du... bist du glücklich so?"

Sofort nickte ich energisch. „Sehr glücklich. Dave kennt mich gut, er weiß immer, was ich gerade brauche. Das ist schon lustig, wenn man mal bedenkt, dass ich ihm vor ein paar Monaten noch einen One-way-Ticket direkt in die Hölle überreicht hätte..."

Sie nickte nur, wirkte nun irgendwie niedergeschlagen. „Du bist also schwul?"

„Ist das wichtig?", seufzte ich.

Ich wusste doch selbst nicht, was ich war. Ich liebte Dave und das zu wissen, reichte mir aus.

„Nein, eigentlich nicht" Lilly lächelte, doch wirkte nicht wirklich glücklich dabei. „Also ich gehe dann mal rüber zu... Helena"

Ich schaute sie verwirrt an, verabschiedete mich aber trotzdem höflich von ihr.

Sie konnte Helena doch gar nicht leiden. Auch eine Mutter aus dem Kindergarten. Ich mochte die auch nicht, die war so hochnäsig und eingebildet... Sogar ihr Kind war ein Snob...

„Ich dachte schon, deine Verehrerin verschwindet nie" Genervt ausatmend ließ Dave sich dort nieder, wo Lilly eben noch gesessen hatte und steckte Amys Trinkflasche zurück in ihren kleinen Rucksack.

„Was?" Verblüfft schaute ich Dave an.

„Alec, jetzt sag mir nicht, du bist echt so naiv" Dave zog ungläubig die Augenbrauen hoch und schüttelte dann missbilligend den Kopf, als er begriff, dass ich nicht hinterherkam. „Die war ganz klar scharf auf dich! Ich hatte schon Angst, die zerrt dich ins nächste Gebüsch und lässt sich von dir bestäuben..."

So ernst das Thema auch war, Dave zog es komplett ins Lächerliche, sodass ich laut loslachen musste.

Dafür erntete ich dann Lillys, Helens und noch ein paar andere Blicke von Eltern aus dem Kindergarten, welche dann zu tuscheln begannen. Lillys verletzter Blick machte mir irgendwie ein schlechtes Gewissen, aber wie hätte ich bitte ahnen können, dass sie mich mochte? Also mehr als das? Und ändern würde es ja eh nichts.

„Ist doch egal, ich bin mir dir zusammen", beruhigte ich meinen Freund, rückte zu ihm auf, um mich an seine Seite zu lehnen, die frei war, weil er den Warm auf der Lehne der Bank abgelegt hatte.

Er seufzte und gab mir einen Kopf auf den Schopf. „Wieso kannst du denn nicht hässlich sein? Das würde dir zumindest die Verehrerinnen und Verehrer vom Leib halten. Julius wollte dich am liebsten auch vernaschen, als er dich gesehen hat. Ich muss dich glaube ich echt noch anpinkeln, um dich als meins zu markieren."

„Das ist ekelhaft, Dave. Solltest du mich jemals anpinkeln, mach ich Schluss, darauf kannst du wetten"

„Und wenn's ausversehen passiert?" Traurig und mit fettem Schmollmund schaute er mich an.

Ich lachte leicht. „Wie soll das denn ausversehen passieren?"

„Naja, wenn wir alt sind, und Windeln brauchen, aber mein Stolz es nicht zulässt, welche zu tragen und ich meine drückende Blase mit meiner Erregung verwechsle und dir beim Rummachen ausversehen an den Arsch pinkle..."

„David!" Empört schaute ich ihn an. „Wieso hast du dir da schon so genau Gedanken gemacht?!"

Er setzte an, etwas zu sagen, aber ich unterbrach ihn durch eine schneidende Handbewegung. „Nein, ich will es gar nicht wissen. Außerdem werden wir eh nicht mehr rummachen, wenn du in dem Alter für Windeln bist. Du wirst dann nicht mal mehr einen hochbekommen und einen faltigen, hängenden Sack haben..."

„Alexej!", jetzt klang er ebenso empört wie ich vorhin. „Hör bitte auf, die Zukunft meiner Genitalien auf dem Kinderspielplatz breitzutreten."

Ich kicherte. „Du hast doch angefangen mit deiner Inkontinenz"

„Ich kann nicht glauben, dass all das damit begonnen hat, dass ich dir klarmachen wollte, dass du nur mir gehörst" Überanstrengt rieb er sich über die Stirn.

Kichernd küsse ich seine Wange. „Schon gut, das weiß ich doch. Und all die Eltern aus Amys Kindergarten jetzt auch..."

Ich nicke hinweisend rüber und Dave wandte sofort mehr als auffällig seinen Blick dahin. „Oh man, die sehen alle aus wie richtig souveräne Eltern... Muss ich mich denen vorstellen oder so?" Fragend schaute er zu mir.

Ich schüttelte mit dem Kopf. „Zumindest nicht jetzt, da gibst du ihnen nur was, worüber sie sich das Maul zerreißen können. Die warten da nur drauf, glaub mir"

Dave und ich redeten noch etwas, bis ich feststellte, dass es Zeit wurde, etwas essen zu gehen.

Daves Angebot, mich auf einer der Schaukeln anzuschubsen hatte ich zuvor abgelehnt, da das nur Aufmerksamkeit auf uns gelenkt hätte, selbst, wenn ich seinen Vorschlag für sehr süß gehalten hatte.

Nun ging ich zu Amy und bat sie, aus dem Sand zu kommen, damit wir sie sauber machen und dann essen gehen konnten. Natürlich weigerte sie sich, aber dann bestach ich sie mit Pommes und sie war dabei.

Wir liefen in die Stadt, die nicht sehr weit entfernt war, hatten Amy dabei in unserer Mitte. Sie hüpfte zwischen drin immer wieder aufgeregt und hielt sich jeweils an Daves und meiner Hand fest. Dave lächelte zu ihr runter, man sah, wie sehr ihm all das gefiel.

„Ich bin froh, im Entzug so viel Zeit gehabt zu haben, wenn ich schlaflose Nächte hatte. Ich hab alle Literatur, die es zu Babys, Erziehung und Pädagogik gibt, quasi durchgesuchtet"

Ich stieg in sein Lachen mit ein. Das erklärte einiges. „Ich finde aber, du machst das echt gut, dafür, dass du keine praktische Erfahrung hast. Du bist ein Naturtalent"

Er lächelte, man sah ihm an, wie viel ihm diese Worte, dieser Stolz von mir, bedeuteten.

Mit Pommes von der Pommesbude bewaffnet, liefen wir in den Park und aßen dort. Es lag auf dem Weg, sodass wir von da aus dann direkt nachhause gehen konnten, was auch bitter nötig wurde, da Amy so ausgepowert war, dass Dave sie den Rest des Weges trug und sie sofort, an ihm hängend, einschlief.

Er lächelte zwar dabei und strich über ihren Rücken, aber ich sah ihm an, dass etwas ganz und gar nicht stimmte.

„Gib her", seufzte ich.

Ohne Widerworte übergab er mir die Kleine, sodass sie zwar kurz ein wenig wach wurde, aber sofort an meiner Schulter weiterschleif.

„Du hättest etwas sagen sollen" Mein Blick war etwas vorwurfsvoll.

Dave seufzte. „Ich weiß... Aber ich wollte einfach en schönen Tag mit euch genießen. Hat die meiste Zeit auch gar nicht wehgetan. Aber das viele Laufen..."

Ich sah ihm seinen Schmerz an, nicht nur, weil er immer stärker humpelte, sondern auch in seinem Gesicht, dieser Ausdruck, der zeigte, dass er ja glücklich sein und den Moment genießen wollte, aber nicht konnte, weil dieser körperliche Schmerz an seinem Knie ihn auch an den psychischen in seiner Seele erinnerte.


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