37
Alec:
Diese Nacht verbrachten Dave und ich nicht wieder zusammen auf dem Sofa. Er legte sich in sein Bett und stellte mir die Wahl frei, wo ich schlafen wollte.
Ich entschied mich für Noahs Zimmer. In dem Bett seiner toten Eltern zu liegen, kam mir irgendwie seltsam vor und mich selbst dazu einzuladen, bei ihm zu schlafen wollte ich auch nicht.
So verbrachten wir die Nacht getrennt voneinander, aber es fühlte sich so an, als seien wir uns wieder näher als jemals zuvor. Es würde zwar wohl noch ein paar Tage brauchen, um meinen Dave zurückzubekommen, aber ich freute mich schon darüber, dass seine Medikamente anschlugen.
Den nächsten Tag startete ich wie die meisten meiner Ferientage auch. Ich wachte auf, versuchte nochmal einzupennen, scheiterte, griff zum Handy und vertrieb mir so die Zeit, weil ich noch keine Lust hatte zum Aufstehen.
Ich genoss aber auch die Aussicht, die ich von hier aus durch das bodentiefe Fenster hatte, da ich direkt zum Meer schauen konnte.
Das war ein Traum, am liebsten wollte ich hier einziehen. Scheiße war halt nur, dass meine Uni eine ganze Tagesfahrt von hier entfernt war...
Es klopfte etwa eine Stunde, die ich so mit herumliegen verbracht hatte, später an meine Tür und Dave machte vorsichtig auf, um zu sehen, ob ich schon wach war.
Ich schob mich im Bett zurück, richtete mich dadurch auf und schaute neugierig zu ihm.
„Guten Morgen, Sonnenschein", lächelte er.
„Morgen", brummte ich zurück.
Ich und Sonnenschein am Morgen? Ich war der Morgenmuffel in Personifikation. Eigentlich wusste Dave das auch. Vermutlich kicherte er deshalb so frech.
Er schob die Tür weiter auf und kam ins Zimmer. Ich sah, dass er ein Tablett dabei hatte, auf dem allerhand zu Essen stand. Er kam wortlos zu mir, stellte es auf mein Nachkästchen, ging wieder raus und holte ein zweites Tablett, das er auf das andere Nachtkästchen stellte, ehe er sich zu mir ins Bett pflanzte und mich angrinste.
„Ich hab heute Nacht mit dem Gedanken gespielt, mich einfach zu dir zu schleichen. Aber ich hatte Angst, dass du prüde Jungfrau mich dann aus dem Bett kickst", gestand er mir und zog zum Ende hin einen traurigen Schmollmund.
Ich verdrehte genervt die Augen und hievte mein Tablett auf meinen Schoß.
Er hatte echt alles drauf, was ich so mochte. Aufmerksam von ihm.
„Das kommt ganz darauf an, was du denn vorhattest", erklärte ich ihm.
Er tat es mir, was das Tablett anbelangte, gleich und zuckte dabei mit den Schultern. „Ein bisschen kuscheln. Ich schlafe richtig gut, wenn ich es zusammen mit dir mache. Ist zwar bisher erst drei Mal passiert, aber für mich spricht nichts gegen eine Wiederholung"
Ich begann wie von selbst zu schmunzeln, hörte auf, mein Frühstück zu beachten und durchsuchte die Galerie meines Handys, um Dave das Foto zu zeigen, das Cameron damals von ihm und mir im Garten gemacht hatte, als wir zusammen dort geschlafen hatten.
„Oh schick mir das!", meinte er sofort.
Klar tat ich es.
„Guck mal, wie kurz meine Haare da noch waren"
Naja wirklich kurze Haare hatte er auch damals nicht gehabt, aber nun hingen seine Locken wirklich auf seine Schultern herunter, wenn er sie nicht zu einem Dutt zusammenband, wie er das meistens machte.
Ich fand, es stand ihm wirklich gut, war aber auch der Überzeugung, es gab bestimmt nicht viele Typen, die diesen Look tragen konnten.
„Ich glaub, ich mag deine Haare jetzt mehr", meinte ich nachdenklich und wickelte ohne viel nachzudenken eine der lockigen Strähnen um meinen Finger.
Er grinste leicht. „Ich war schon unsicher, ob ich sie abschneiden soll, aber wenn sie dir gefallen, lasse ich es so"
Das brachte mich leicht zum Lachen. „Hei, das sind deine Haare, also deine Entscheidung, ich bin nicht der, der sie waschen, pflegen und stylen muss"
„Das stimmt. Das dauert länger als man meint..."
Ich schmunzelte. „Und dann schminkst du dich auch noch. Du verbringst die Hälfte deines Lebens beim Fertigmachen"
„Aber das Ergebnis lässt sich doch sehen" Er zwinkerte mir zu und grinste dabei frech, ehe er sich die Haare hinter die Ohren strich, damit sie ihm beim Essen nicht so ins Gesicht fielen.
Ich fand es lustig, dass viele der Strähnen trotzdem noch nach vorne hingen und strich sie ihm zurück, während ich mich leicht zu ihm beugte und ihm einen Kuss auf die Wange gab.
Mein Herz schlug dabei so schnell, mir würde niemals einer Glauben, dass ich das überlebt hatte.
Sofort schaute Dave mich wieder an, er strahlte heller als jeder Stern am Nachthimmel. „Ich mag es, wenn du das machst"
Ich sah ihm auch an, dass er leicht verlegen dabei wurde, aber es freute mich, dass er es trotzdem aussprach. Ich könnte das nie einfach so zugeben.
„Dann mach ich das jetzt vielleicht öfter. Wenn du es dir verdient hast" Mit dem letzten Satz neckte ich ihn etwas.
Er schnaubte gespielt empört. „Bin ich jetzt dein Hund oder was?"
Ich musste lachen. „Das wäre irgendwie ekelhaft in Anbetracht der Gefühle, die ich für dich habe"
Ups. Ich hatte es gesagt.
Ich sagte, doch mein Hirn schaltete total ab, wenn er da war. Das war echt ein Problem.
Er aber fand es nicht halb so schlimm wie ich, nein er freute sich merklich, sagte aber nichts mehr, sondern wandte sich mit einem breiten Lächeln seinem Frühstück zu.
„Hast du deine Medikamente genommen?", fragte ich überprüfend in die angenehme Stille.
Er nickte. „Schon vorhin, ich fand das könnte ein Stimmungskiller sein..." Er wirkte nicht so als sei ihm das Thema sehr unangenehm, aber etwas beschämt schon.
Ich schob mir mein Tablett von den Beinen und drehte mich dann ihm zu, sodass sich mein Arm automatisch um seine Schultern legte, weil er sonst keinen Platz fand.
„Das wäre kein Stimmungskiller gewesen. Es ist nur einer, wenn du dir wieder einbildest, sie absetzen zu müssen. Wie bist du nur auf diese Idee gekommen, mh?"
Kopfschüttelnd schaute ich ihn an und spielte dabei an seinen Haaren herum.
Ich mochte es, wie er sie gerade trug. Er hatte sie nicht oft offen, aber das sollte er ändern. Er sah gut aus. Sehr gut.
Obwohl er so niedergeschlagen auf seinen Schoß schaute und mit den Schultern zuckte.
„Kannst du dir nicht vorstellen, dass es ein kleines Erfolgserlebnis für mich gewesen wäre, wenn es geklappt hätte? Ich weiß ja auch, dass man die nicht einfach so plötzlich absetzen darf, vor allem nicht bei der Dosis, die ich nehme, aber... Ich hab mir halt eingebildet, es würde gehen, irgendwie..." Er seufzte. „...du musst mich für total bescheuert halten."
„Oh glaub mir, das tue ich", bestätigte ich sofort. Er sah mich leicht empört an, aber ließ mich erklären. „Aber nicht deshalb. Ich mag dein Bescheuertsein. Das bringt mich immer auf andere Gedanken und sorgt dafür, dass ich in deiner Nähe immer glücklich bin" Ich lächelte ihn aufmunternd an und er erwiderte es leicht.
„Hast du Lust zu kuscheln?", hakte er nach.
Ich nickte, noch immer lächelnd.
Erfreut stellte er ebenfalls sein Tablett weg, zog mich an sich und rutschte währenddessen umständlich in die liegende.
Automatisch fanden wir eine gemütliche Position, da sein Kopf sich so auf meine Schulter bettete und er bäuchlings halb auf mir halb auf dem Bett lag.
„Oh, bist du gemütlich", schnurrte er und rieb seine Wange an meiner Schulter, bis er sie an meine Halsbeuge schmiegen konnte.
Ich lächelte die ganze Zeit über bloß und genoss es, diese verrückten Schmetterlinge in meinem Bauch flattern zu spüren.
„Du, Dave...", meinte ich, nachdem etwas Ruhe eingekehrt war und ich meine Finger schon ein paar Mal fast in seinen Haaren verheddert hätte durch mein Kraulen an seinem Hinterkopf.
„Mh?", brummte er unaufmerksam.
„Kannst du mir was versprechen?" Ich klang genauso unsicher wie ich mich fühlte, da ich nicht zu weit gehen wollte.
„Kommt drauf an, was."
Ich seufzte. „Bitte rede in Zukunft mit mir, wenn es dir nicht so gut geht, selbst wenn wir gerade dicke Luft haben. Nichts ist mir wichtiger als du und deine Gesundheit. Selbst, wenn ich sauer auf dich bin oder gestresst oder den Kopf mit anderen Dinge voll hab, sag einfach ein Wort, wenn du mich brauchst und ich werde alles für dich stehen und liegen lassen. Das verspreche ich dir."
„Und was soll ich jetzt versprechen?" Dave richtete sich etwas auf und schaute mich verwirrt an.
Ich strich ihm eine Strähne hinter das Ohr, ließ meine Hand dann aber dort liegen, damit sie sich nicht wider vor schlich.
„Dass du niemals vergessen wirst, wie wichtig du mir bist"
Es hatte schon einige Momente zwischen uns gegeben, in denen wir uns einfach nur stumm in die Augen gesehen hatten, aber ich bildete mir ein, unser Blickkontakt war noch nie so intensiv gewesen wie in diesem Moment.
Wir schauten uns eine Sekunden über nur an, ehe er leicht nickte und flüsterte: „Versprochen"
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