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Alec:
Mein sogenannter 'bester Freund' war ein verdammt verlogenes Stück.
Ich hasste hasste hasste ihn!
Ließ dieser Wichser mich hier einfach alleine sitzen und ging mit seinem Stecher tanzen.
Ich glaub, ich spinne.
Wenn der mir nochmal zwischen die Finger kam, ich sag's euch, er war sowas von fällig. Ich würde ihm die Sackhaare epilieren oder sowas, mir egal was, Hauptsache er hatte höllische Schmerzen.
Denn ich hatte Schmerzen, als ich hier alleine mit Dave am Tisch saß, mich von ihm anstarren lassen musste, als sei Ich ein Tier im Zoo und mir lieber die Decke des Zelts anschaute, statt seinen Blick auch nur annährend zu erwidern.
„Du wirkst nervös"
Als seine Stimme erklang, schoss mein Blick unkontrolliert zu ihm.
Er konnte ja nur mit mir sprechen, immerhin waren wir die einzigen, die an diesem Tisch saßen, während alle anderen mit ihrem eigenen Leben beschäftigt zu sein schienen.
Betont gelangweilt verschränkte ich meine Arme, war dabei froh, dass ich nicht gleich vom Stuhl kippte, nur weil er mich angesprochen hatte.
Verdammt, Alec, was ist nur los mit dir? Du benimmst dich wie ein kleines Fangirl!
„Ich bin gelangweilt"
Wieso versuchte ich es überhaupt? Ich wusste doch, dass ich ein schlechter Lügner war.
Ich fühlte mich so unsicher, als Dave mit einem Mundwinkel zu grinsen begann und ebenfalls die Arme verschränkte. „So? Was langweilt dich denn?"
Ich sah genau die Provokation in seinem Blick und hörte die Belustigung in seiner Stimme, aber jetzt, wo ich dieses Spielchen begonnen hatte, konnte ich es ja schlecht abbrechen.
„Deine Gesellschaft" Herausfordernd zog ich die Augenbrauchen hoch.
Dave lachte, seine Hand legte sich auf sein Herz. „Autsch. Du brichst mir das Herz, weißt du das?"
A-R-S-C-H-L-O-C-H-!-!-!-!-!!!!!!!!
Du brichst mir das Herz mit deinem Gegrinse! Mit deiner Gleichgültigkeit! Mit deinem verdammten Dasein!
„Dazu müsstest du eines haben", gab ich bitter zurück und schaute demonstrativ weg.
Naja, eigentlich eher, damit er meine Tränen nicht sah...
Das hatte Cam bei seiner Aufzählung vergessen. Nicht weinen. Bloß nicht weinen. Alles, nur nicht weinen.
„Ich werde das Gefühl nicht los, dass du sauer auf mich bist", meinte Dave feststellend.
Ich konnte quasi vor Augen sehen, wie er nachdenklich die Augen zusammenkniff, aber traute mich nicht, ihn anzusehen.
Ihm wurde das wohl zu doof, denn er stand auf.
Ich war so dankbar, hoffte, er würde schnell verschwinden, sodass ich dann unter den Tisch kriechen, mich zusammenkauern und heulen konnte, aber nein, er musste sich ja auf Cams Platz direkt neben mich setzen und somit direkt in meinem Blickfeld.
Ich sah seine dunklen Augen, die nun jeglichen Schalk verloren hatten, sah seinen besorgten Blick, seine vollen, sinnlichen geformten Lippen, seinen leichten Bart, der ihn irgendwie ein bisschen älter aussehen ließ, als er es mit seinen 24 eigentlich war.
Mir fiel auf, dass seine Haare nicht nur zurückgegelt waren, sondern, dass er sie in einem Zopf trug, also wohl längere Haare haben musste und zudem auf dem unteren Lid eine schmale Linie Eyeliner trug.
Verdammt, er sah so gut aus. Das war ungerecht.
Im Gegensatz zu ihm hatte ich Augenringe bin zum Boden, sodass Kate mich vorhin fast nachhause geschickt hätte, weil ich zudem noch so Blass war, dass sie Angst gehabt hatte, ich würde umkippen. Ich hatte an Form verloren, sodass mein etwas zu großes Hemd mein Bäuchlein kaschieren musste, meine Haare sträubten sich gegen jegliche Behandlung, die sie nur irgendwie ansehnlich aussehen lassen könnten und beim Rasieren hatte ich mich drei Mal geschnitten.
Auf den Punkt gebracht: Ich sah aus wie das letzte Stück Scheiße.
Wieso also saß er hier und schaute mich an als sei ich das Schönste, was er je gesehen hatte?
Oder bildete ich mir das nur ein? Ja, ich bildete es mir ein. Was anderes war nicht möglich.
Ein leichtes Schmunzeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Deine Gedanken fahren gerade Achterbahn", stellte er leicht belustigt fest.
Er musste mich nur ansehen, um zu wissen, was in meinem Kopf vor sich ging. Er kannte mich so gut. Und ich hatte das Gefühl, mein Herz gehörte einer Person, die gar nicht existierte.
Ich antwortete nicht.
„Strafst du mich mit Schweigen?"
Gar keine so schlechte Idee eigentlich.
Ich mochte es, dass er gerade hier bei mir saß und sich um ein kleines Wörtchen aus meinem Mund bemühte, wenn hier doch etwa 200 Männer oder Frauen waren, die ihn unter keinen Umständen von der Bettkante stoßen würden.
Aber er saß hier. Bei mir.
Er seufzte und nickte verstehend. „Okay, wahrscheinlich hab ich das verdient. Aber versuch mal, mich zu verstehen... Was hätten wir schon zu besprechen gehabt? Ich hab gerade eineinhalb Jahre in einer Klinik gebracht. Jeden Tag dasselbe. Aufwachen, Frühstück, Therapie, Mittagessen, Therapie, Abendessen, schlafen. Hättest du dir das echt anhören wollen? Hättest du deine Zeit damit verschwenden wollen, mir von Dingen zu erzählen, die ich zu dem Zeitpunkt nicht mit dir machen konnte? Ich wollte nur..."
„Eineinhalb Jahre?", unterbrach ich ihn und richtete mich auf.
Ich stand kurz vor einer Explosion.
Dave erkannte das, schluckte, nickte aber.
Meine Lippen pressen sich zusammen. „Wo warst du dann das letzte halbe Jahr bitteschön?!"
Scheiße, ich klang wie eine eifersüchtige schwangere Ehefrau, wenn ihr Mann eine halbe Stunde zu spät von der Arbeit nachhause kam, weil er noch schnell tanken gewesen war und sie ihm unterstellte, in der Zeit fremd gegangen zu sein.
Aber wie sollte ich denn reagieren? Wenn er vor 6 Monaten entlassen worden war, was hatte er dann in dieser Zeit gemacht? Und wieso hatte er sich nicht gemeldet?
„Naja, Noah hat mir ja den Entzug finanziert und das für 3 Jahre. Es gibt da so ein Programm, wenn man keine Rückfälle hat und sich gut anstellt, darf man nach der Hälfte der Zeit raus, halt unter Aufsicht. Ich wohne seit dem halben Jahr in so einer Art WG mit anderen, die zeitgleich mit mir raus konnten und in dem Programm sind. Wir wohnen da mit einem, naja wir nennen ihn unseren Wärter... Er kontrolliert, dass wir keine Scheiße bauen, uns an die Vorschriften halten und nimmt uns Blut- und Urinproben ab... Ich wollte halt erstmal sehen, ob das alles so klappt wie geplant und mich dann melden... Ich wollte keinen von euch enttäuschen, wenn ich dann doch zurück in die Klinik müsste..."
Ich schluckte, konnte nichts sagen.
Damals hatte er mir nicht mal anvertrauen können, dass er abhängig war und plötzlich redete er über all das, als mache er das schon sein Leben lang. Keine Frage, ich fand es gut, dass er dazu stand, aber... Es war grade alles ein bisschen viel auf einmal für mich.
„Was machst du jetzt hier?" Fragend schaute ich ihn an, versuchte meine innere Verzweiflung zu verbergen.
„Naja, deine Eltern wissen, dass ich schon ein paar Monate draußen bin, Brian und Kate haben es von ihnen erfahren und mich auf die Hochzeit eingeladen. Ich fand den Zeitpunkt ganz passend..."
„Nein", unterbrach ich ihn energisch. „Was machst du grade hier? Hier bei mir? Wieso bist du nicht bei Noah oder bei Brian oder den Mädchen da hinten, die die ganze Zeit so auffällig hier rüber starren und dann kichern? Wieso erklärst du dich mir? Wieso bin ich dir doch nicht egal?"
Es passierte.
Eine Träne löste sich aus meinem Auge und rannte meine Wange runter.
Geschockt starrte Dave sie an.
Er hob die Hand.
Ich wusste nicht sicher, ob er mir die Träne wegstreichen wollte oder keine Ahnung was, aber ich schlug seine Hand weg, stand auf und ging einfach.
Was wollte ich denn noch da? Es brachte mich beinahe um, in seiner Nähe zu sein. Keiner konnte von mir erwarten, das durchzustehen. Das war Folter. Und ich hatte das nicht verdient.
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