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Alec:

Ich wusste nur, wo Dave wohnte, weil ich ihn nach unserem Treffen gestern nachhause gefahren hatte.

Was ich bei meinem Plan, zu ihm zu gehen, leider nicht bedacht hatte, war, dass ich nicht wusste, in welchem Stockwerk und welcher Wohnung er seine WG hatte.

Ich entschloss, ihm einfach zu schreiben, welche Nummer seine Wohnung hatte.

Er antwortete mit der Zahl und einem verwirrten Warum?

Die Antwort darauf bekam er, als ich die Türklingel drückte.

Ein Sirren ertönte von der Tür und ich öffnete sie und ging ins Haus, drei Stockwerke nach oben und kam dann zu der Tür, die bereit geöffnet war.

Der Typ, der darin stand, war mir aber unbekannt.

„Bist du Alec?"

„Ähm ja?" Etwas unsicher ging ich zu ihm.

Er musterte mich genau und kam etwas raus. „ich muss dich erst abtasten, bevor du rein darfst"

„Was?!" Schockiert schaute ich ihn an.

Er seufzte, wirkte aber genervt dabei. „Damit du mir keine Drogen oder sonstiges Zeug reinschmuggelst"

„A-Aber..."

„Willst du zu Dave oder nicht?" Es klang wie eine endgültige Entscheidung, also nickte ich nur seufzend und ließ mich von diesem Typen angrabschen. Und der machte seinen Job echt gründlich.

Als er dann fertig war und mich in die Wohnung bat, fühlte ich mal halb vergewaltigt, aber ich ließ mir nichts anmerken. Ich wollte jetzt einfach nur noch zu Dave.

„Wo ist er?", fragte ich den unfreundlichen Typen, der sich nicht mal vorgestellt hatte.

„Er hat eine halbe Panikattacke bekommen, als es geklingelt hat und versucht grade irgendwie, sein Aussehen zu retten. Komm erstmal mit ins Wohnzimmer"

Mit einem leisen „Okay", folgte ich ihm.

Er hatte die Suppe der Freundlichkeit aber auch mit der Gabel gegessen.

„Ohh ist er das?!" Sobald ich ins Wohnzimmer kam, hatte ich die Blicke von drei weiteren Personen auf mir. Das Mädchen sah mich ganz begeistert an, während sie das kreischte.

„Schätze ich mal. Außer Dave treibt es noch mit einem anderen Alec"

Der unfreundliche Typ setzte sich aufs Sofa.

Ich erkannte, dass sie wohl gerade dabei gewesen waren zu Pokern und wunderte mich deshalb auch nicht mehr über die hier herumliegenden Kleidungsstücke. Strippokern. Alles klar.

Ich wollte gerade allen klarmachen, dass ich es nicht mit Dave trieb und wir gerade nur Freunde waren, aber als ich tief Luft holte, um das zu tun, entkam mir nur ein Hicksen.

Scheiße, dieser verdammte Schluckauf.

Daves Mitbewohner sahen mich entzückt an. „Er ist nervös!"

Bin ich eigentlich ein Tier im Zoo oder warum fühle ich mich gerade so? Die sollen wenigstens bezahlen, um mich so anzugaffen.

„Ach Kleiner", seufzte einer der Typen, kam auf mich zu und legte kumpelhaft den Arm um mich. „Daves Freunde sind auch unsere Freunde, kein Grund aufgeregt zu sein. Ich bin Quentin, der einzige halbwegs normale in diesem Haushalt..."

„Das stimmt doch gar nicht!" Das Mädchen sprang ebenso auf, kam zu mir, zog meinen Kopf zu sich runter und gab mir jeweils auf jede Wange einen Kuss. „Ich bin Lisa, freut mich, dich endlich mal kennenzulernen. Dave hat dich genauso hübsch beschrieben wie du bist" Sie strahlte mich an.

„Äh danke..." wieder hickste ich und brachte dadurch alle zum Lachen.

„Der Faule da hinten ist Victor. Er ist manchmal ein bisschen ein Grießgram, aber wenn er dich besser kennt, schenkt er dir manchmal auch ein Lächeln"

Ich nickte verstehend und schaute zu diesem Victor, der mir nur zunickte und es dabei beließ.

Den mochte ich bisher irgendwie am meisten. Er ging nicht mit mir um, als sei ich die Weltattraktion des Jahrhunderts.

„Und Tucker ist unser Wächter. Er mag nur keine Fremden, aber eigentlich ist er ganz nett" Lisa schaute von dem Deppen, der mir die Tür aufgemacht hatte, zu mir und wieder nickte ich verstehend. „Okay"

„Du bist so putzig!" Lisa kniff mir in beide Wangen, während dieser Quentin immer noch seinen Arm um mich gelegt hatte.

Von einer persönlichen Zone hatten die auch noch nie was gehört...

Ich war erleichtert, als ich Daves Stimme hörte. „Könnt ihr vielleicht mal aufhören, mich zu blamieren?"

Sofort ließ Quentin mich los und auch Lisa wich zurück.

Ich drehte mich zu Dave und musste sofort lächeln, als ich ihn in dunkler Jeans, dunklem Oberteil und dezenten Makeup sah, wie er missbilligend den Kopf schüttelnd auf uns zukam und seine Mitbewohner mit einem „husch husch" zurück aufs Sofa scheuchte. „Muss ich ihn jetzt anpinkeln, damit ihr checkt, dass er mir gehört? Meine Güte"

Er wirkte echt genervt, aber als er zu mir sah, lächelte er sofort und streichelte dabei sanft über meine Unterarme. „Du hast mich echt überrascht... Sorry, dass ich dich denen ausgesetzt habe, aber ich musste mich noch ansehnlich machen"

Er grinste unsicher, was mir ein leichtes Lachen entlockte.

Mit fiel auf, dass mein Schluckauf von dem Moment an, als ich Dave gesehen hatte, weg war.

Hatte ich den Atem angehalten? Echt? Oh man.

„Schon gut, habs ja überlebt. Du siehst gut aus, mach dir keine Gedanken"

Wir lächelten uns an, ich vergaß meine Probleme vollkommen, aber auch die Anwesenheit der anderen, bis ich ein entzücktes Quieken hörte. „Ohh!, guckt mal, die werden voll rot!"

Dave sah böse zu Lisa und schnappte sich dann meine Hand, um mich aus dem Raum zu ziehen.

Er führte mich durch einen Flur, in ein Zimmer und schloss dann die Tür hinter uns, ehe er sich wieder zu mir umdrehte.

„Ich hab mir die nicht ausgesucht als Mitbewohner. Aber so schlimm sind sie meistens eigentlich gar nicht. Nur, wenn sie die Möglichkeit sehen, mein Leben zu zerstören"

„Du übertreibst, Dave, es ist alles okay", versicherte ich ihm und umarmte ihn dabei.

Er seufzte leise, als er fest die Arme um mich schloss. „Ich hab dich vermisst"

Lächelnd fuhr ich seinen Rücken entlang und flüsterte: „ich dich auch"

Es war so lächerlich, immerhin hatten wir uns ja erst gestern zuletzt gesehen, aber irgendwie war es mir viel zu lange vorgekommen.

„Was ist los, wieso bist du hier?" Dave schob mich leicht von sich, um mich besorgt anzusehen.

Ich zuckte mit den Schultern, mein Lächeln war mir vergangen.

„Hattest du Streit mit deinen Eltern?"

„Nicht wirklich Streit", seufzte ich kopfschüttelnd. „Ich weiß nicht, wie ich dir da sagen soll... ich will nicht, dass du sauer wirst..."

„Alec" Dave legte zwei seiner Finger unter mein Kinn und drückte es sanft nach oben, sodass ich ihn wieder ansehen musste und seinem liebevollen Blick begegnete. „Ich könnte niemals sauer mit dir sein. Dafür mag ich dich viel zu sehr. Sag mir einfach, was dein Dad schon wieder angestellt hat und wir finden eine Lösung, okay?"

Er klang so einfühlsam dabei, man traute ihm das gar nicht zu, wenn man ihn ansah.

Ich nickte also zustimmend.

Dave nahm mich an der Hand und zog mich auf sein Bett.

Das Zimmer war nicht wirklich groß, auch nicht wirklich reichlich ausgestattet, aber ich fand es gemütlich und für den Übergang war es bestimmt ausreichend.

Dave setzte sich in den Schneidersitz, hielt dabei meine Hand weiter, als ich mich an die Wand lehnte und schaute mich fragend an.

Ich blicke auf seine Hand runter, nahm meine andere dazu, um an ihr herumzuspielen. „Naja, wir waren heute zusammen Abendessen. Es sollte eignetlich nur unsere Familie sein, aber dann hat Dad plötzlich verkündet, dass sein Kollege auch kommt und dann saßen wir halt mit dem seiner Familie auch noch am Tisch. Bis dahin war es noch ok. Es war halt scheiße von meinem Dad, dass er uns so vor vollendete Tatsachen gestellt hat, aber das, was mich dann dazu veranlasst hat, einfach zu gehen, war, was mir die Tochter von seinem Geschäftspartner erzählt hat. Das ganze Essen war einfach eine Farce, um mich mit der zu verkuppeln. Mein Dad will, dass ich mit der Tochter des Staatsanwalts zusammenkomme, damit er seine Vorteile daraus ziehen kann. Meine Gefühle sind ihm dabei völlig egal..."

„Hast du denn schon mit ihm darüber geredet?"

„Wann denn?", schnaubte ich. „Hätte ich ihn im Lokal vor die Rede stellen sollen?"

„Zum Beispiel"

Ich sah Dave an, als sei er durchgeknallt, aber er hob die Augenbrauen, als würde ich das Offensichtliche übersehen. „Es gibt zwei Möglichkeiten, Bärchen. 1. Diese Tussi hat dich angelogen und wenn du deinen Dad darauf angesprochen hättest, hätte die ihr Fett dafür schon abbekommen oder 2. Sie hat die Wahrheit gesagt. Das würde heißen, dein Dad müsste zu seinen Taten und Absichten stehen und das hätte er auch mehr als verdient. Wenn ihm das unangenehm gewesen wäre, hätte er schon von selbst verstanden, dass er falsch gehandelt hat..."

Ich wusste ja, dass er Recht hatte, aber die Sache hatte einen Haken.

„Au kennst mich doch", murmelte ich, seinem Blick ausweichend. „Dazu hab ich nicht den Mut"

„Alec", seufzte Dave. „Du hattest den Mut, zu gehen und hierher zu kommen, das ist doch schon mal was"

„Aber nur, um der Situation auszuweichen. Ich gehe Konfrontationen immer aus dem Weg, zumindest, wenn sie mit meinem Dad zu tun haben..."

„Dann musst du eben noch lernen, das nicht zu tun", meinte Dave und rutschte näher zu mir auf.

Seine Hand legte sich auf meine Wange, sein Daumen strich sanft darüber. „Du bist nicht perfekt, Alec. Aber das musst du auch gar nicht sein, niemand ist das nämlich, auch nicht dein Dad. Das einzige Problem an der Sache ist, dass er deine Schwächen kennt und sie ausnutzt. Du bist nicht so herzlos wie er. In dieser Situation ist das vielleicht ein Nachteil, aber ich verspreche dir, im Großen und Ganzen bist du der mit mehr Glück und Liebe in seiner Bilanz"

Er spielte darauf an, was ich ihm vor zwei Jahren in unserer ersten Nacht gepredigt hatte und das brachte mich leicht zum Lächeln, als ich die Augen schloss und meinen Kopf leicht in seine Hand legte.

Das fühlte sich so gut an. Er sollte nie mehr damit aufhören.

„Außerdem ist er nur neidisch auf dich", machte Dave weiter. „Weil du in dieser Jacke einfach nur hammer-scharf aussiehst. Kein Wunder, dass diese Geier da draußen über dich hergefallen sind"

Ich hörte das schiefe Grinsen aus seiner Stimme quasi heraus und hob den Blick, um es mir auch noch anzusehen.

Das machte aus meinem schwachen Lächeln, ein kräftigeres, ehrlicheres.

„Danke", flüsterte ich.

Es überraschte mich selbst, dass ich dabei die Hand in seinen Nacken legte und mich zu ihm beugte, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben.

Als ich ihm danach ins Gesicht sah, erkannte ich, dass er die Augen weit aufgerissen hatte und mich erstarrt anblickte.

„Oh sorry, ich wollte nicht..." Schnell ließ ich von ihm ab und kroch zurück, weil ich ihm nicht hatte zu nahetreten wollen, aber das schien nicht das Problem gewesen zu sein.

„Nein, nein schon gut!" Er legte die Hand auf mein Knie, damit ich aufhöre zu flüchten. „ich war nur etwas überrascht, aber sehr positiv, das ist alles. Du darfst das gerne nochmal machen"

Er lächelte mich an und ich konnte nicht anders als es unsicher zu erwidern.

Es war eine der besten Entscheidungen meines Lebens gewesen, hierher zu kommen. Es war, als hätten meine negativen Gefühle von vorhin niemals existiert, weil Dave sie alle einfach verschwinden ließ. Es war, als immunisierte er mich gegen alles, was mich nicht glücklich machte. Das verpflichtete mich doch quasi, um meinet selbst Willen, immer bei ihm zu bleiben oder?


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