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Alec:

Als wir im Resteraunt ankamen, war Mums Stimmung am Boden und weit hinter uns, so langsam kriechend, dass sie uns in den nächsten Tagen sicher nicht mehr erreichen würde.

Sie kümmerte sich nur noch um Amy und ignorierte Dad vollkommen.

Er und ich liefen etwas hinter ihr und ich hatte das Bedürfnis, ihn zu fragen, was das sollte.

Normalerweise würde ich einfach die Klappe halten und ihn machen lassen, aber keine Ahnung, heute fühlte ich mich irgendwie stark. Ich konnte das.

„Dad, kann ich dich was fragen?"

Er wirkte etwas überrascht, aber blieb stehen und schaute mich fragend an. „Klar, was ist los?"

„Du liebst uns doch oder? Also unser Familie. Mum, Amy, mich..."

„Natürlich", antwortete er so schnell, dass ich nicht wagte, es anzuzweifeln.

„Wieso sprechen deine Taten dann immer so dagegen?" Ich sah ihn nicht verstehend an.

Er schien zu bemerkten, dass auch ein Vorwurf in der Art, ihn so anzusprechen, mitschwang und seufzte. „Es geht nur um ein Abendessen, Alexej. Mach kein großes Ding draus, bitte"

„Es ist aber ein großes Ding. Du hast Mum dadurch verletzt. Ist dir das etwa egal?" Ich zog meine Augenbrauen zusammen, weil ich nicht glauben konnte, dass ich so ein Gespräch mit meinem Erzeuger führte.

„Das ist nicht dein Problem, deine Mum und ich regeln das schon unter uns..."

Ich wollte es sagen. Ich wollte ihm sagen, dass ich mir seit Jahren die Frage stellte, wie er sein Verhalten mit seinem Gewissen vereinbaren konnte und wann Mum ihn endlich für jemanden verlassen würde, den sie verdient hatte, aber ich konnte einfach nicht.

Ich wollte nicht so sein wie er und den Menschen, die mir wichtig waren, wehtun. Und er gehörte da dazu, egal, was für ein Pieeeeep er manchmal sein konnte.

„Tu mir einfach den Gefallen und achte ein bisschen weniger auf deinen Kontostand und mehr auf Mums Gefühle. Geld kannst du so einfach verdienen und wieder verlieren, aber bei Liebe ist das nicht so einfach..."

Er sah mich belustigt an. „Dass du so redest, beweist, dass du keine Ahnung hast, wie die Welt funktioniert. Werde erstmal richtig erwachsen, bevor du deinem alten Herren erklären willst, wie die Welt funktioniert" Er klopfte mir auf die Schulter, blickte mich dann auffordernd an und ging ins Resteraunt.

Ich blieb noch einen Moment stehen. Kurz überlegte ich, Dave anzurufen und mir aufmunternde Worte von ihm mitteilen zu lassen, aber ich entschied mich dagegen. Es war nur ein Abendessen und es würde ja hoffentlich irgendwann wieder vorbei gehen.

An dem Tresen am Eingang fragte ich, wo sich der Tisch befand, der von den Lewis' reserviert worden war und wurde hingebracht. Ich hörte Amy schon, bevor ich sie sah an einem Tisch mit Mum, Dad, einem Fremden Typen, wohl dieser Spencer Kennedy, der mir irgendwie bekannt vorkam, einer Frau etwa in seinem Alter und einer jüngeren Frau, wohl so in meinem Alter.

Mit einem vor falscher Freundlichkeit nur so spuckenden: „Guten Abend zusammen", setzte ich mich an den noch einzig freien Platz zu dem mir noch unbekanntem Mädchen und befand mich somit zwischen ihr und meiner Mum, welche sich wohl absichtlich so gesetzt hatte, dass Amy zwischen ihr und Dad saß.

Das würde zuhause wieder Stress geben...

„Das ist er also" Dieser Spencer Kennedy musterte mich, als sie ich billige Ware auf dem Markt und ich fühlte mich leicht sexuell Belästigt.

„Ja, das ist Alexej.", mein Dad hatte sein Geschäftsgesicht aufgesetzt, stellte mich seinem Kollegen und seiner Familie vor.

Ich fand heraus, dass der Typ mir so bekannt vorkam, weil ich ihn öfter im Fernsehen gesehen hatte. Er war der oberste Staatsanwalt bei uns und deshalb wurde mir auch klar, warum Dad sich mit ihm gutstellen wollte.

Die Frau neben ihm war seine Ehefrau, Claudia und die neben mir war ihre Tochter Skyler. Sie hatten wohl noch zwei Söhne, einen älteren von 26 Jahren und einen von 17, aber die beiden hatten wohl andere Verpflichtungen.

Für mich klang das nach einfach keinen Bock gehabt, sich in all das mitreinziehen zu lassen und das konnte ich auch echt gut nachvollziehen.

Während dem Essen kam ich mit Skyler ins Gespräch. Sie meinte, sie studierte ebenfalls Jura und sie kernen mich von der Uni, weil in ihrem Semester anscheinend ein Meme durchgegangen war, wodurch alle erfahren hatten, dass einer der Erstsemester - als ich noch einer gewesen war - noch Jungfrau war und somit als Trophäe für bestimmte Fickwetten galt.

Sky meinte, sie hatte dieses Verhalten von Anfang an lächerlich gefunden, aber so seien die meisten Leute nun mal: nur auf das eine aus.

Auf meine Frage hin, ob sie denn anders sei, meinte sie, dass sie bisher nur mit einem Mann geschlafen hätte und das sei ihr EX-Freund gewesen, von dem sie sich vor ein paar Monaten getrennt hatte.

Wir verstanden uns gut, aber obwohl ich ein paar Mal versuchte, Mum in unsere Gespräche miteinzubinden - als es dann nicht mehr um mein Sexleben ging - zog sie sich immer weiter zurück und kümmerte sich nur um Amy.

Normalerweise, wenn sie sauer war, dann ging sie voll auf Konfrontation und Provokation. Dass sie das nicht tat, bewies, sie schlecht es ihr ging.

Dad dagegen unterhielt sich prächtig mit Spencer Kennedy, natürlich über das Geschäftliche. Dabei war die Schleimspur meines Dad kaum zu übersehen und Spencer Kennedy, wälzte sich quasi darin. Das war ja ekelerregend.

„Lächerlich, was hier gerade abgeht", schnaubte Skyler mir leise zu und beobachtete unsere Dads ebenso abschätzig wie ich.

Ich nickte schnell. „Mein Dad hat das hier als nettes Familienessen ausgegeben und erst im Auto verkündet, dass sein Kollege wohl auch da ist..."

Sie sah mich an, zog leicht die Augenbrauen zusammen. „Du weißt gar nicht, warum das alles eigentlich?"

Ich lachte unsicher. „Wie jetzt? Da steckt noch mehr dahinter?"

Was konnte das alles denn bitteschön noch überbieten.

Skyler seufzte. „Lass uns raus gehen..."

Ehe ich widersprechen konnte, war sie auch schon weg.

„Entschuldigt uns", meinte ich gut erzogen wie ich war und eilte ihr hinterher.

Sie ging vor das Resteraunt, setzte sich dort an der freien Plätze draußen, weil es ziemlich kalt war. Aber ihr meine Jacke geben wollte ich nicht. Das war meine.

Sorry, Skyler, hast du ja deine eigene.

„Setz dich lieber" Sie wirkte nicht wirklich gut gelaunt, sondern eher so als überbringe sie mir schreckliche Neuigkeiten.

„Jetzt sag schon, du machst mir Angst", lachte ich unsicher, als ich Platz nahm und sie auffordernd ansah.

Sie seufzte. „Bei diesem Essen geht es weniger um die Geschäftsbeziehung unserer Väter als darum, dass sie unsere Familien einander vorstellen wollten... Uns beide genauer gesagt"

Ich hatte mich ja immer für ziemlich intelligent gehalten, aber gerade hatte ich keine Ahnung, was sie mir mitteleigen wollte.

Frustriert sah sie mich an. „Mann, Alec, die wollen uns verkuppeln!"

Zuerst wollte ich lachen, aber dann bemerkte ich, dass das ihr voller Ernst war und erstarrte. „Niemals. Meine Mum würde das nicht zulassen."

„Vielleicht weiß sie nichts davon?" Sie schaute mich an, als sie ich komplett dumm. „Wie bist du eigentlich zu deinem Studium gekommen, Mensch." Kopfschüttelnd lehnte sie sich im Stuhl zurück, holte eine Zigarettenschachtel aus ihrer Tasche, steckte sich das Ding in den Mund, zündete es an und zog genüsslich daran.

Mein Blick war ungläubig.

„Auch eine?", hakte sie nach.

Ich schnaubte belustigt. „Dein Ernst? Mein Dad wird mich zum ersten Mal im Leben schlagen, wenn er mich rauchen sieht"

Sie lachte leicht. „Meiner mich auch, aber das ist doch der Spaß" Sie zwinkerte mir zu und rauchte genüsslich an ihrer Zigarette.

Sie war ja wirklich nett, ich verstand mich gut mit ihr, aber ich konnte nicht fassen, dass mein Dad mir sowas antat.

Mum meinte vorhin, er verkaufte uns, aber sie hatte sich geirrt. Er verkaufte nur mich.

Je weiter das in mein Hirn vordrang, desto mehr spürte ich die Enttäuschung darüber, den Schmerz, dass er mir sowas antat und beschloss, nicht länger hier blieben zu wollen.

„Bin gleich wieder da", sagte ich zu Skyler und ging ins Resteraunt.

Ich lief zu meinem Platz, setzte mich schnell, um Mum ins Ohr zu flüstern, was hier gerade wirklich abging und mich somit dafür zu entschuldigen, warum ich es keine Sekunde länger dort aushielt.

Sie versicherte mir, dass es okay war, wenn ich gehen wollte und dass sie das mit Dad für mich regeln würde.

„Nein, ich will nicht, dass ihr meinetwegen streitet. Ich werde das mit ihm besprechen, aber jetzt gerade will ich einfach nur weg hier, sonst kann ich für nichts mehr garantieren"

Mum verstand mich, schenkte mir ein trauriges, aber aufmunterndes Lächeln.

Dann verabschiedete ich mich von Amy und ging schließlich, ohne an die anderen noch ein Wort zu richten. Sollte doch mein Dad erklären, was für einen verzogenen Bengel er als Sohn hatte.

„Also...", meinte ich zu Sky, als ich wieder rausging.

Sie rauchte noch immer, vermutlich schon die zweite.

„...Ich gehe jetzt, ich hab keinen Bock, mir das noch weiter zu geben. Nichts gegen dich, du bist echt toll, aber ich..."

„Hei, du musst dich nicht rechtfertigen, ich finde das alles hier auch absolut lächerlich. Geh und zieh dein Ding durch" Sie lächelte aufmunternd.

Als ich an ihr vorbeilief, hielt sie mir die Hand zu einem High-Five hin, ich schlug ein und machte mich auf den Weg, zu dem einzigen Ort, an dem ich gerade sein wollte.

Bei ihm.


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