17
Alec:
Dave und ich hatten uns wieder hingesetzt und uns ein wenig unterhalten, bis wir beschlossen hatten auch ein bisschen bummeln gehen zu wollen, wenn wir schon mal da waren.
Ich stand nun schon seit geraumer Zeit in diesem einen Geschäft vor einer Modepuppe, an der eine Lederjacke hing, die einfach nur noch cool aussah.
Alles in mir wollte sie anprobieren und kaufen, egal ob sie passte oder nicht, aber im Hinterkopf hörte ich schon die Stimme meines Dads, wie er mir Vorträge hielt, dass ich sowas nicht anzuziehen hatte, dass es meinem Ruf schaden würde und das der erste Schritt in Kreise wäre, in die ich mich nicht hineinbegeben sollte.
Um den ganzen Ärger zu vermeiden, ließ ich es sein, seufzte schwer durch und suchte nach Dave.
Jetzt war der Typ schon so groß und trotzdem verlor ich ihn.
Er war beinahe so wie Amy, seit sie laufen konnte. Man musste sie immer an der Hand halten, damit sie nicht verloren ging... vielleicht sollte ich das bei Dave auch einführen. Wäre doch eine gute Ausrede...
Wo ich ihn schließlich fand, schockierte mich einerseits ein kleines bisschen, aber andererseits fand ich es auch süß.
Dave stand in einer kleinen Kosmetikabteilung und male sich die Hand mit Eyeliner voll.
Von den Mädchen, die sich hier befanden, bekam er dafür ganz seltsame Blicke zugeworfen, aber ihm war es egal.
Schmunzelnd stellte ich mich zu ihm. „Wonach suchen wir denn?"
Er erschrak leicht, so als habe ich ihn total aus seiner Konzentration gerissen, ehe er mich erkannte und tief durchatmete. „Mann, Alec, ich bekomme noch einen Herzinfarkt wegen dir!"
Ich lachte leicht und schaute ihn entschuldigend an. „Upsipupsi"
Schmunzelnd schüttete er den Kopf und zeigte mir diesen komischen Stift, den er in der Hand hielt.
„Ich bin am Überlegen, ob ich von Eyeliner zu Kajal wechsele. Kajal kann total bröseln, aber ich finde das irgendwie cool. Was denkst du?"
Neugierig schaute er mich an und erwartete meine Meinung.
„Puh" ich stieß überfordert die Luft aus. „Ich kenne mich damit gar nicht aus, sorry"
Er verdrehte die Augen. „Männer! Zu nichts zu gebrauchen. Ich sag dir eins, wenn du mir eine Rollenverteilung aufzwingst, werden wir in unserem Haus mit unseren fünf Kindern und den drei Hunden im puren Dreck leben, denn ich hasse putzen"
Ich lachte leicht. „Du hast dir grade selbst die Rolle zugeteilt. Und tu nicht so, als würde dir das nicht gefallen..."
Er verdrehte bloß grinsend die Augen, schaute nachdenklich auf die Linien an seiner Hand und entschied sich schließlich für einen der Stifte. „Ich denke, ich nehme den hier"
Er nahm mich am Handgelenk und zog mich durch den Flur weiter nach hinten. „Jetzt brauche ich noch Lippenstift"
Er sah mir meine Verwirrung an, als wir vor dem Regal anhielten und ich dümmlich fragte: „Du trägst doch gar keinen Lippenstift?"
„Ist ja nicht für mich, sondern für Lisa. Sie ist eine meiner Mitbewohnerinnen. Sie macht das immer ganz schlau, damit sie nichts selbst zahlen muss, indem sie uns bittet, es ihr mitzubringen und dann ‚vergisst' uns das Geld zu geben" Dave schüttelte missbilligend den Kopf, suchte auf seinem Handy nach einem Bild von der Unterseite eines Lippenstifts seiner Freundin und suchte dann nach der passenden Farbe.
„Wieso lasst ihr euch denn so verarschen?", hakte ich nach, obwohl es ihm ja nichts auszumachen schien.
„Ach ich würde es nicht verarschen lassen nennen. Wir können sie ja auch um alles bitten und sie macht es ohne Widerworte"
„Das klingt irgendwie falsch...", murmelte ich und half ihm bei der Suche.
„Also nicht das, was du jetzt denkst", lachte er. „Sexuelle Dienstleistungen sind natürlich ausgeschlossen. Auch wenn sie das wahrscheinlich nicht stören würde" Er fand den richtigen Lippenstift, zog ihn raus und schaute mich dann zufrieden lächelnd, als er sein Handy wieder wegsteckte.
„Brauchst du hier noch was?" Fragend schaute er mich an.
Erst dann bemerkte ich, dass ich ihn nur wortlos angestarrt hatte und dabei sogar meine Gedanken eingestellt hatte, riss schnell meinen Blick von ihm los und richtete ihn verlegen auf den Boden, als ich den Kopf schüttelte.
„Okay" Er nahm wieder mein Handgelenk und zog mich so sanft mit sich mit.
Als würde ich ihm nicht auch ohne seinen Zug überallhin folgen...
„Ach Mist.", meinte Dave, als wir an der Kasse standen. „Geh du schon mal vor, ich hab noch was vergessen..."
„Wo soll ich denn hin?", fragte ich verwirrt.
„Pizza bestellen. Ich hätte gerne Salam... Nein weißt du was, ich nehme dasselbe, was du nimmst, außer da sind Pilze drauf, dann ohne Pilze. Danke, du bist ein Schatz" Er lächelte mich an, schob mich leicht aus dem Laden und verschwand dann wieder.
Er hatte grade mit mir Eyeliner und Lippenstift gekauft, warum durfte ich denn jetzt nicht sehen, was er sich noch kaufen wollte? Ihm war doch sonst nichts unangenehm.
Trotzdem tat ich einfach mal, was er gesagt hatte, ging wieder ganz nach oben und bestellte zwei verschiedene Varianten von vegetarischen Pizzas.
Als ich sie gerade serviert bekam, kam Dave auch schon an den Tisch, setzte sich zu mir und lächelte breit.
„Alles klar?", hakte ich nach.
„Sicher doch" er schaute seine Pizza an, als habe er im Leben noch nie etwas Schöneres gesehen.
„Ich hab zwei verschiedene bestellt und dachte, wir könnten vielleicht einfach teilen...", erklärte ich.
Nun fand ich die Idee doch irgendwie doof. Vielleicht wollte er ja gar nicht teilen.
„Schlauer Bursche", lächelte Dave und tätschelte meine Hand, die auf dem Tisch lag.
Ich lächelte bloß erleichtert zurück und wir begannen zu Essen.
Wir unterhielten uns dabei ein wenig, ich erzählte von meiner Uni und wie es zu der Sache mit den Entjungferungswetten gekommen war. Naja, damals bei Wahrheit oder Pflicht hatte mich eine gefragt, wann ich zuletzt Sex hatte und als ich dann mit nie geantwortet hatte, war der Schock natürlich erstmal groß gewesen...
Dave meinte, das sei kindisch und er hätte sowas von Leuten mit etwas akademischen Niveau nicht erwartet. Er bezeichnete meine Mitstudenten als dämliche Eselfressen und meinte, ich sollte bei denen bloß aufpassen.
Ich fand es süß, wie beschützerisch er da wurde und konnte deshalb die meiste Zeit über nur lächeln.
Nach dem Essen ließen wir unsere Reste einpacken und gingen wieder zurück in die Tiefgarage, wo ich das Auto abgestellt hatte.
„Wir haben zwar nichts besonders gemacht, aber trotzdem fand ichs echt schön", meinte Dave im Auto, als ich ausparkte und den Ausgang suchte.
Deshalb hasste ich Tiefgaragen. Die Beschilderungen führten nur zu noch mehr Verwirrung. Verdammt.
„Ich auch." Trotz meiner leichten Panik, hier nicht mehr rauszufinden, lächelte ich.
„Da vorne", meinte Dave und deutete zum Ausgang.
„Jesus", murmelte ich erleichtert.
Dave lachte. „Ich muss dir jetzt einfach sagen, was ich schon den ganzen Tag denke. Du bist so süß, Alec, wie kann man bitteschön so süß sein, mh?"
„Hör auf!" ich war froh, mich von ihm abwenden zu können, als ich den Knopf an der Schranke drücken musste und das Ticket einscannen lassen, damit wieder rausgelassen wurden.
„Gemein. Ich dachte, das ist ein freies Land."
Ich lachte leicht, als er schmollend die Arme verschränkte. „Das ist es durchaus, aber trotzdem. Wenn du sowas zu mir sagst, dann denke ich heute Nacht nur stundenlang darüber nach wie es wohl gemeint war. Das macht mich irre"
„Wie soll es denn gemein sein?" Verwirrt schaute Dave mich an. „Es ist genauso gemeint, wie ich es sage. Und wenn du dir mal unsicher bist, dann frag mich einfach wie es gemeint ist, ok?"
Ich nickte bloß leicht lächelnd, aber sofort kam mir etwas in den Sinn.
Beim Schreiben hatte er zugeben, verliebt zu sein.
Sollte ich ihn fragen? War das jetzt ein passender Zeitpunkt? Was, wenn ich dadurch den kompletten Abend ruinierte? Andererseits hatte er gerade gesagt, ich durfte einfach fragen...
„Jetzt sag schon, was liegt dir auf der Zunge?"
Ich hörte deutlich, dass Dave schmunzelte und seufzte deshalb. „Naja... Beim Schreiben meintet du, du... Also, ich hab geschrieben, dass du gemein bist und du meintest, du bist..."
Ich konnte es nicht. Wie sollte man sowas denn aussprechen ohne lächerlich zu klingen?
„Verliebt", beendete Dave mein Gestotter.
Ich nickte bloß.
Dave seufzte schwer durch. „Also wenn du jetzt immer noch nicht begriffen hast, wie verschossen ich in dich bin, frage ich mich wirklich, wie du zu deinem Studienplatz gekommen bist... Bestimmt nur durch die Kontakte deines Dads. Oder aus Mitleid"
„Hei!" ich haute ihm in den Bauch und er verstummte leicht hustend. „Schon gut, Frieden!"
Ich lachte leicht. „Idiot"
„Ich dich auch", meint er nur unbekümmert.
Ich konnte nicht mehr aufhören zu grinsen, obwohl meine Wangen langsam wirklich wehtaten. Es ging einfach nicht.
Ich war so glücklich, obwohl diese Aussage von ihm alles andere als romantisch gewesen war. Aber bei uns wäre Romantik ohnehin irgendwie fehl am Platz.
Ich freute mich einfach zu wissen, woran ich jetzt bei ihm war. Er war verliebt in mich. In MICH. Und das machte mich zur glücklichsten Person auf der Welt.
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