032 ✔️
Ken:
Im Rückspiegel des Autos überprüfe ich nochmal mein Erscheinungsbild, ehe ich den Schlüssel ziehe, mein Handy, sowie meinen Geldbeutel in meine Jackentaschen stecke und aus dem Auto steige.
Ich betrete das Restaurant und gehe auf den Tisch zu, den Isak mir beschrieben hat.
Er sitzt so, dass er mich bereits kommen sieht, beginnt zu strahlen, steht auf und läuft mir entgegen.
„Hei, mein Engel", flüstert er, gibt mir einen Kuss auf die Wange.
„Hei" Ich lächele ihn an, aber weiß genau, dass er in meinem Blick erkennt, wie nervös ich bin.
Wir sind jetzt seit 3 Monaten zusammen. Bisher nur im Geheimen, deshalb bin ich auch so nervös. Heute findet ein Abendessen zwischen Freunden von Isak und Lydia statt, bei denen er mich als seinen neuen Partner vorstellen will.
Er meint, es sei der erste Schritt zu unserem Outing als Paar, da es, wenn jemand von diesen Leuten etwas gegen uns hat, nicht so schlimm ist, wie wenn beispielsweise Alec oder meine Eltern schlecht reagieren. Trotzdem bin ich total nervös. Ab heute bin ich dann offiziell Isaks fester Freund.
Er lächelt mich aufmunternd an und schiebt mich dann sanft zum Tisch, wo sein Platz und der daneben noch frei sind. Wir setzen uns, weshalb alle Gespräch verstummen und sich die Aufmerksamkeit auf uns richtet.
„Das ist er also"
Ich werde ziemlich kritisch gemustert. Isak muss mich schon angesagt haben.
„Ich bin Ken, hallo" Ich lächele nett in die Runde, versuchte charmant zu wirken und auch erwachsen. Bei Leuten in meinem Alter hätte ich jetzt irgendeinen coolen Spruch gebracht, der die Stimmung gelockert hätte, aber hier wäre das ziemlich unpassend.
„Ken, Brian und Kate kennst du ja" Isak macht sich an die Vorstellung, wodurch ich auch Sandys Eltern mal kennenlerne und Lydias beste Freundin, sowie deren Mann.
Sie sind alle nett zu mir, aber trotzdem kann ich quasi in Gedankenblasen über ihren Köpfen sehen, wie sie kritisch über mich denken.
Isak lässt seinen Arm auf der Lehne meines Stuhls, wodurch ich mich irgendwie um einiges sicherer fühle.
„Isak meinte schon, dass du noch arbeiten musstest" Sandys Mum, Chiara, sieht mich freundlich an.
Ich nicke zustimmend. „Ja, also eigentlich hatte ich schon vor zwei Stunden Schluss, aber ich helfe meinem Chef nach Schließung immer noch ein bisschen beim Aufräumen und solchen Sachen"
„Welchen Job hast du denn?" Ihr Mann, Leander, klingt interessiert dabei und alle mustern mich aus neugierigen Augen.
„Ich mache ein duales Studium in der Physiotherapie"
„Oh na das ist praktisch, dann hast du ja immer jemanden, der dich massieren kann" Chiara richtet sich damit an Isak und lacht leicht.
Er grinst, aber keiner von den anderen merkt, wie zweideutig das ist. „Ja, ich halte regelmäßig als Testobjekt her. Er macht das schon von Anfang an richtig gut"
Mit Stolz im Blick sieht Isak mich an, was ich mit einem dankbaren Lächeln erwidere.
„Wie lange seid ihr schon zusammen?", will Lina, Lydias beste Freundin, dann wissen. Sie ist eher kritisch bei allem, aber Isak meinte schon vorher zu mir, dass sie niemanden leiden kann, nicht mal ihn.
„Seit ungefähr drei Monaten"
„Ist also noch ganz frisch" Lina nickt, sieht dabei aus, als wolle sie sagen, dass unsere Beziehung ohnehin jeden Moment auseinanderbricht.
„Ja, aber wir haben vor, noch lange zusammenzubleiben. Bis wir alt und grau sind"
„Dauert ja bei dir nicht mehr so lange" Neckend sehe ich ihn an, was in der Runde für allgemeine Lacher sorgt, während Isak eher beleidigt wirkt.
„Du bist gemein zu mir, das ist emotionale Misshandlung." Gespielt schmollend schaut er mich an.
Er hat damit angefangen, also kann ich nicht anders als ihm in die Wange zu kneifen. „Oh du bist so niedlich, wenn du schmollst, da wirkst du gleich 20 Jahre jünger"
„Hei, jetzt reicht's aber mal!" Er drückt mich empört weg, was mich bloß zum Lachen bringt.
Unser Altersunterschied ist vielleicht nicht gerade klein, ja, aber uns fällt er meistens kaum auf und wenn dann nur, weil ich ihn damit aufziehe. Leider habe ich dadurch, das hier zu erwähnen wohl ein riesen Fass geöffnet, da die Gruppe sich darüber zu unterhalten beginnt, welcher Altersunterschied für eine Beziehung noch gesund ist. Sie diskutieren über Dinge wie Ödipuskomplexe, oder eine gestörte Kindheit, die angeblich dazu führen soll, dass man sich einen älteren Partner wünscht, um die fehlende Liebe der Eltern zu ersetzen. So ein Schwachsinn.
Wollen die damit sagen, wenn Isak 20 Jahre jünger wäre, würde ich ihn nicht lieben oder was? Es wirkt leider so. Je mehr sie in ihren Diskussionsfluss kommen, desto mehr gehe ich unter und irgendwann fühle ich mich einfach nur noch wie eine Schaufensterpuppe, über deren Nützlichkeit debattiert wird.
Ich teile Isak mit, dass ich auf die Toilette gehe. Er ist auch der einzige, der es mitbekommen würde, dass ich weg bin.
In dem Raum gönne ich mir kurz Ruhe und versuche über Themen nachzudenken, bei denen ich mitreden kann. Leider sind fast alle, die mit mir an diesem Tisch sitzen doppelt so alt wie ich, haben also doppelt so viel Lebenserfahrung. Wenn ich da versuche mitzureden, wirkt es wie ein kläglicher Versuch eines Zwergs gegen eine Armee von Riesen anzukämpfen.
Als ich den Toilettenraum wieder verlasse, treffe ich im Flur auf Kate.
Sie hält mich auf. „Du fühlst dich unwohl, was?"
Ich zucke mit den Schultern.
Sie und Brian sind die einzigen, die schon etwas länger von Isak und mir wissen, bei ihnen kann ich mir sicher sein, dass sie okay damit sind. Bei ihr kann ich auch mal die Fassade sinken lassen und der unsichere kleine Junge sein, der ich eigentlich bin.
„Ich fühle mich ein bisschen wie das Kind am Erwachsenentisch, das nur mit großen Augen da sitzt und versucht zu verstehen, über was die Großen da reden"
Kate schmunzelt darüber. „Du schlägst dich ganz gut, mach dir keine Sorgen. Und wenn es schlimm wird, kannst du immer noch eine Ohnmacht vortäuschen"
Das heitert mich ziemlich auf, ich bedanke mich bei Kate und gehe wieder an den Tisch.
Isak flüstert mir sofort zu, ob alles okay ist und ich gehen möchte. Ich beruhige ihn durch ein Lächeln und indem ich seine Hand nehme, die er umgehend auf meinen Oberschenkel gelegt hat.
Der Abend ist ganz nett, ich werde noch etwas ausgequetscht, aber Schluss endlich liege ich dann mit Isak im Bett und wir beide sind erleichtert, dass wir es überlebt haben.
„Hast du heute was Neues gelernt auf der Arbeit?", will Isak von mir wissen und spielt an meiner Hand herum, die bis dato friedlich auf seiner Brust lag.
„Eigentlich nicht. Ashton hat mir aber beim Aufräumen ein bisschen was gezeigt und erklärt, ich denke, das war ganz nützlich"
„Mhm, was hat er dir denn gezeigt?" Misstrauisch schaut Isak mich an, was mich zum kichernd bringt.
„Seinen langen Schwanz", hauche ich ihm zu und schiebe mich auf ihn.
Sein Blick gefriert zu Eis, während ich grinse und ihn hungrig ansehe. „Ja plötzlich stand er da, ganz nackt und hat sich vor meinen Augen einen runtergeholt. War richtig glitschig mit dem Massageöl und es sah so geil aus, dass ich das unbedingt auch machen wollte, also hab ich mir was von dem Öl geschnappt und losgelegt. Das war echt der Wahnsinn, aber besser war es eigentlich, als ich ihm einen geblasen habe. Es hat nach Kokos geschmeckt und..."
„Ach halt den Mund!" Isak bemerkt endlich, dass ich ihn verarsche, dreht uns und hält mir den Mund zu.
Ich brabbele an seine Handfläche, was sich wohl ziemlich lustig anhören muss, da er zu lachen beginnt. „Du weißt doch selbst, wie alt ich bin. Willst du wirklich, dass ich an einem Herzinfarkt sterbe, bevor ich dich schwängern konnte?"
„Ha-ha, ich lach mich schlapp"
„Schade und ich dachte, wir versuchens heute mal wieder mit dem Kinder kriegen"
Isak schaut mich enttäuscht an und lässt sich dann mit einem schweren Seufzen einfach auf mich fallen.
Dadurch drückt er schlagartig die ganze Luft aus meinen Lungen, was mich wild zum Keuchen bringt. „Du bist nicht nur alt, du bist auch noch fett!" Ich drücke ihn von mir runter und atme tief durch.
„Lieber alt und fett als dumm und hässlich"
„Das hast du jetzt nicht gesagt" Empört sehe ich ihn an, aber anscheinend habe ich mich nicht verhört.
„Ich bin nicht hässlich!" Beleidigt schlage ich auf seine Brust, was ein klatschendes Geräusch verursacht.
Isak lacht und zieht mich an sich heran. „Und gegen das dumm hast du nichts?"
„Nö. Alte Sugar Daddys wie du stehen auf dumme Blondinen wie mich"
„Wenn du mich noch einmal Sugar Daddy nennst, werde ich dich mal zu meinem Sugar Babe machen, Barbie" Es klingt drohend, aber davon lasse ich mich wenig beeindrucken.
„Ach ja? Wie würdest du das machen mh?" Herausfordernd sehe ich ihn an.
Er dreht uns, sodass er wieder auf mir liegt und deutlich die Zügel in der Hand hält. „Als erstes würde ich dir verbieten, arbeiten zu gehen. Es ist ein no go, dass du manchmal nach mir nach Hause kommst und überhaupt arbeiten musst. Deine Aufgabe wäre es, einfach nur hübsch auszusehen und dich über meine Geschenke zu freuen"
„Was für Geschenke?", lache ich. „Du hast mir noch nie was geschenkt"
„Doch" Verletzt sieht er mich an. „Mein Herz. Reicht dir das nicht?"
Damit erweicht er mich sofort. „Oh du kleiner Romantiker" Dafür bekommt er einen sanften Kuss von mir, bei dem er weiter auf mich sinkt und über meine Wange streichelt, während er ihn erwidert.
„Und was das Materielle angeht... Keine Sorge, du wirst mein Geburtstagsgeschenk für dich lieben"
„Ich hab dir doch gesagt, dass du mir nichts kaufen sollst", seufze ich.
Es ist nicht so als würde ich nichts von ihm annehmen wollen, ich mag einfach nur nicht, dass er mir so teure Geschenke kauft, die ich ihm niemals machen könnte. Sonst ist das hier echt noch eine Sugar-Beziehung.
„Ich hab nichts gekauft, ich hab es nur aufbessern lassen. Vertrau mir einfach, du wirst es lieben"
„Das, was ich habe, reicht mir. Und mehr als das kann ich ohnehin nichts und niemanden lieben"
„Ach ja?", grinst Isak erfreut. „Wovon du da wohl redest?" Er schaut mich nachdenklich an, aber auch total verknallt, während sein Daumen über meine Wange streichelt.
„Soll ich es dir verraten?"
Er nickt.
Ich ziehe ihn zu mir, um ihm ins Ohr zu flüstern.
„Deinen Schwanz"
Ihm entkommt ein empörter Ton, ehe er sich wieder leicht zurückbewegt und mich missbilligend anschaut. „Na wenigstens hat es überhaupt was mit mir zu tun"
Frech kichernd strecke ich mich hoch, um ihn zu küssen. „Du weißt doch eh, was ich meine, was fragst du denn dann so doof?", will ich schmunzelnd von ihm wissen.
„Vielleicht höre ich es einfach gerne" Er sieht mich an, als sei das selbstverständlich.
Lächelnd lasse ich mich wieder in mein Kissen sinken und lege die Arme, mit denen ich mich eben noch abgestützt habe, um ihn. „Na gut, wenn es dich glücklich macht. Ich liebe dich, Isak Lewis. Mehr als alles andere"
Sofort bildet sich ein breites Lächeln auf seinen Lippen, er schaut mich glücklich an und gibt mir einen intensiven Kuss.
Ich weiß, dass er meine Gefühle im selben Maße erwidert. Er zeigt mir das täglich durch kleine Gesten, durch einzelne Taten, Blicke und Worte, selbst wenn er es noch nicht geschafft hat, eine direkte Liebeserklärung mit den drei entscheidenden Worten auszusprechen.
Ich nehme ihm das nicht übel. Lydias Tod ist jetzt 2 Jahre her, das ist im Vergleich zu den 21 Jahren, die sie zusammen verbracht haben, beinahe nichts. Isak wird noch eine Weile brauchen, um über all das hin weg zu kommen und solange werde ich warten. Einfach aus dem Grund, weil es er es mir wert ist.
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