023 ✔️

Ken:

Isak kommt ja immer wie ein richtiges Arschloch rüber, aber eigentlich hat er ein viel zu großes Herz. So schafft er es nicht, Jake vor die Tür zu setzen, sodass dieser mehrere Tage am Stück bei uns verbringt, sich von uns Klamotten leiht, unsere Hygieneprodukte benutzt und in unser Klo kackt. Außerdem labert er mich die ganze Zeit zu und versucht es jede Nacht, dass er bei mir im Bett schlafen darf.

Als Isak weg war, hat Jake mir auch offen gestanden, dass er mich angeblich echt vermisst hat und mich zurück will, aber das kann er jetzt vergessen. Obwohl ich ihm das klargemacht habe, ist er leider noch hier.

Obwohl ich, da die Anklage fallen gelassen wurde, wieder ein freier und offiziell ehrenwerter Mann bin, verlasse ich die Wohnung nicht. Ich putze jeden Zentimeter der vier Räume, der Küche und des Bades, ich koche viel, schaue Fern oder lese, während Jake sein Leben hier genießt.

Er ist gerade weg, als Isak am Abend von der Arbeit kommt.

Er klingt richtig erleichtert, als er fragt, ob Jake endlich verschwunden ist.

„Ja, aber nur, um sich mal die Gegend anzusehen. Er überlegt, sich hier eine Wohnung zu mieten" ich verdrehe die Augen, lege mein Buch zur Seite, was Isak dazu veranlasst, zu mir zu kommen.

Er setzt sich zu mir aufs Sofa und richtet meine Frisur etwas, indem er mir durch die Haare streicht.

„Dann können wir ja jetzt endlich reden..." Er lächelt, aber sieht so ernst dabei aus, dass ich sofort eine Ausrede finde, dem Gespräch aus dem Weg zu gehen. „Du solltest dich erstmal umziehen. Sonst bekommt dein Spießer-Outfit noch Falten"

Isak verdreht die Augen, aber schmunzelt dabei. „Na gut, dann komm mit, wir müssen jede Sekunde nutzen, solange dein Verehrer nicht da ist"

„Ich weiß nicht, ob ich grade Lust auf einen Quickie habe" Ich denke ernsthaft kritisch darüber ach, während ich Isak hinterherlaufe.

Er zieht sich das Jackett aus, die Krawatte und öffnet schließlich sein Hemd Knopf für Knopf, während ich mich auf sein Bett schmeiße und ihm beim Ausziehen zusehe.

„Hei, wie wär's, wenn ich Musik anmache und du tanzt ein bisschen für mich?", grinse ich und zwinkere ihm zu.

„Vergiss es, ich kann nicht tanzen"

Enttäuscht genehmige ich es ihm, sich auszuziehen ohne zu strippen, sehe ihm aber bei jedem Handgriff genau zu, während er mich gar nicht beachtet und sich vor mir umzieht.

„Worüber ich mit dir reden wollte... Außer, dass die Anklage fallen gelassen wurde, haben wir ja nicht wirklich viel dazu besprochen... Es gibt einiges, was wir tun könnten, damit Matt lange Zeit hinter Gittern sitzt, dafür, was er getan hat und ich würde..."

„Nein", unterbreche ich Isak scharf und richte mich etwas auf.

„Aber..."

„Nein"

Isak schaut mich an, er will etwas sagen, aber ich mache ihm durch meinen Blick klar, dass er es sein lassen soll. Er seufzt, als er das Blickduell verliert und zieht sich weiter aus, bis er in Boxer vor mir steht und seinen Anzug aufhängt, bevor er sich andere Klamotten rausholt.

„Hei, Moment mal, ich dachte, wir nutzen die Zeit...", unterbreche ich ihn panisch dabei.

Isak schaut zu mir. „Um zu reden, ja. Wir werden aber keinen Sex haben"

„Aber wieso?" Traurig schaue ich ihn an.

Er seufzt, zieht sich die Hose an und setzt sich dann zu mir aufs Bett. Er nimmt meine Hand und hält sie fest. „Aus verschiedenen Gründen. Zum einen haben wir abgemacht, Freunde sein zu wollen. Du hast selbst gesagt, dass es nicht gut ist, uns auf diese Art näher zu kommen. Außerdem befürchte ich, dass wir durch das, was wir bisher getan haben, schon einen Fehler begangen haben, Ken. Du weißt das genauso gut wie ich. Was wir hatten, war nie nur Sex. Und bevor es richtig schmerzhaft wird, sollten wir damit aufhören..."

Schon da will ich ihm dazwischen grätschen, aber er lässt mich nicht.

„... und der wohl wichtiges Punkt bist du selbst. Was dir passiert ist, kannst du nicht einfach auf die leichte Schulter nehmen. Je mehr du es verdrängst, desto schlimmer wird es... Ich denke wirklich, dass du mit jemanden darüber reden solltest. Wenn nicht mit mir oder mit Jake oder einem deiner anderen Freunde, dann mit einem Psychologen..."

„Ich habe doch keinen Schaden!", schießt es aus mir raus. „Alec und Dave gehen zur Therapie, weil sie das brauchen, für sich und füreinander, aber mir geht es gut! Das sieht man doch" Demonstrativ setze ich mein strahlendstes Lächeln auf.

Im Gegensatz zu meiner Absicht, Isak dadurch zu besänftigen, sorgt es dafür, dass ein Schauer über seinen Blick huscht, so als würde ihm dieses falsche Lächeln unglaublich wehtun.

„Es geht dir nicht gut", sagt er leise, erschöpft. „Das weiß ich und das weißt du. Dir professionelle Hilfe zu holen, ist nicht so ein großes Ding, wie es sich anhört. Du siehst doch bei Alec und Dave, dass es etwas bringt. Viel mehr Leute sollten das machen..."

„Du zum Beispiel" ich nehme meine Hand aus seiner und verschränkte die Arme, während ich ihn distanziert ansehe. „Du willst hier den Moralapostel spielen und dabei machst du selbst nichts von dem, was du mir hier rätst. Du gehörst schon lange in Therapie, Isak, schon vor Lydias Tod, das hat nur alles nochmal verschlimmert. Und wenn du mir nicht noch mehr sagen willst, dann geh jetzt bitte"

Ich deute durch ein Nicken zur Tür. Dabei ist es mir völlig egal, dass ich hier in seinem Zimmer bin.

Isak mustert mich. Ich erkenne verschiedene Emotionen in seinem Blick, die miteinander ringen und kämpfen. Ich habe Angst, große Angst, dass ich ihn durch diese Aussage vertrieben habe, aber zurücknehmen kann ich es jetzt nicht mehr.

Nach kurzer Zeit nickt Isak und schaut mich entschlossen an. „Gut, dann machen wir einen Deal. Ich gehe in Therapie, wenn du es auch machst"

Ungläubig sehe ich ihn an. „Du willst das echt machen? Nur wegen mir?"

Er nickt wieder, rückt wohl unterbewusst näher an mich heran. „Du kennst mich mittlerweile ganz gut und ich dich auch. Ich vertraue dir. Und wenn du sagst, dass du es für das beste hältst, dass ich mal mit einem Psychologen über alles rede, was mich so belastet, dann glaube ich dir das. Aber im Gegenzug dafür erwarte ich, dass du dasselbe für mich tust. Vertrau mir."

Er sieht mich bittend an, eindringlich und so, dass ich nichts anderes tun kann als zuzustimmen.

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