Jojo (Übernachten)
Durch Katrin hatten wir es tatsächlich geschafft pünktlich zum Bus zurück zu kommen. Stella und ich waren bekannt dafür, dass wir uns verquatschten und selten rechtzeitig kamen. Okay, meistens kamen wir grade noch so pünktlich. In Reli hätten wir es mal fast geschafft den Unterricht zu verpassen, weil wir uns so intensiv über den Tod und ein mögliches Leban danach unterhielten haben. Dabei sind wir zu einem Buch gekommen (Wildhexe) in dem der Kater stirb und danach nochmal mit der Hauptperson spricht. Zum Glück ist unsere Freundin gerade noch rechtzeitig gekommen und hat uns Bescheid gesagt.
Jetzt saßen wir jedenfalls wieder auf unseren Plätzen im Bus, Katrin wieder hinter uns. Neben ihr saß die Frau, die auch schon im Zug neben ihr saß, wie ich mit einem Blick nach hinten feststellte. Sie hieß Gertrud. Die beiden redeten mal wieder. Worüber, konnte ich nicht feststellen, weil Stella und ich wie immer Musik hörten.
Ich zog mir einen Ohrstöpsel aus dem Ohr und versuchte zu lauschen. Momentan warteten wir sowieso nur darauf, dass wir aus der Fähre rausdurften.
Anscheinend ging es gerade um Trainingsmethoden und Krafttrainingsübungen. „Man muss sich langsam steigern, bis man zu Höchstleistungen kommt und dann jeden Tag weiter machen. Das ist ganz wichtig: Jeden Tag Krafttraining machen, immer zur gleichen Zeit. Das bringt dem Körper am meisten. Da reichen 15-20 Minuten zuhause auch schon voll aus. Im Training sollte es dann schon eine halbe bis Dreiviertelstunde sein. Am Anfang natürlich nicht, aber wir sind ja lange nicht mehr am Anfang, sonst wären wir ja nicht hier, nicht?", beendete Gertrud ihren Monolog. Puh, die schien echt streng zu sein! Ich war froh, dass Katrin da etwas lockerer war. Klar, ich war ehrgeizig und wollte weit kommen, aber trotzdem muss man das ja nicht so streng sehen! Oder? Mir kamen Stellas Worte in den Sinn: Sie hat gesagt, ich soll mich von dir trennen. Sie hat gesagt, du würdest mich bremsen und ich würde alleine weiter kommen. Ich schluckte und steckte mir meine Kopfhörer wieder ins Ohr. Katrin hatte vielleicht sogar recht, Stella war vielleicht besser als ich. Aber war das so schlimm? Ging es ihr echt nur darum, das Beste für Stella rauszuholen? Ich hasste diese Selbstzweifel. Vor allem, weil sie meistes total unnötig waren. Stella hatte gesagt, dass sie sich nicht von mir trennen wollte, also würde sie das auch nicht machen. Punkt.
Irgendwann machte der Busfahrer den Motor an und ein Mann in einer gelben Warnweste winkte uns aus der Fähre. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf die Musik.
„So, also da wären wir dann mal", sagte der Busfahrer, Vincent, plötzlich ins Mikro. Ich zuckte zusammen. Warum sind wir jetzt schon da? Wir waren doch gerade erst losgefahren! „Sorry, an alle die ich geweckt habe, aber ich glaube, ein richtiges Bett ist gemütlicher, als im Bus zu schlafen, außerdem hat Sabine sich so eine Mühe mit der Zimmerverteilung gegeben, dass es schade wäre, wenn ihr alle im Bus pennen würdet." Alle mussten lachen. Vincent gab Sabine das Mikro, die noch auf ihrem Platz saß, weswegen ich sie sehen konnte. Auch sie lachte und wischte sich ein paar Lachtränen aus ihrem knallroten Gesicht.
„Ja, also die Zimmerverteilung..." sie kramte in ihrem Rucksack nach irgendwas und Samuel gab ihr einen Zettel. „Genau" sie faltete ihn auf und begann die Zimmer vorzulesen. Von irgendwo weiter hinten aus dem Bus kam Gejubel. Warum lesen die die Liste mit den Zimmern nicht erst in der Jugendherberge vor? Wie spät war es eigentlich? Ich blickte auf meine Uhr. Halb elf schon?! Verständlich, dass sie da die Liste jetzt schon vorlesen. „Zimmer 23: Stella Frise, Johanna Overbeck, Julie Buchholz und Svea, ähhh...auch Buchholz. Zimmer 24..." „Ich heiße Jojo nicht Johanna!", meckerte ich leise zu Stella rüber. Diese rollte mit den Augen und kicherte.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis die Zimmereintielung vorgelesen war, wir die Zimmer Schlüssel bekommen hatten und unser Gepäck auf die Zimmer verfrachtet hatten. Lag vermutlich daran, dass ich echt müde und überdreht war. Samuel hatte uns zwischendurch noch den Speisesaal gezeigt und ich hoffte jetzt einfach mal, dass Stella sich den Weg gemerkt hat. Ich nämlich nicht.
Inzwischen war es schon fast elf und ich war so müde, dass ich wieder wach war. „Wir haben auf der Fähre gegessen und ihr?", fragte ich Julie und Svea. Beide verneinten. „Dann kommen wir mit in den Speisesaal, sonst wäre das unfreundlich", sagte ich. Stella lachte. „Sicher, dass du nur deswegen mitkommst?", fragte sie neckend. „Naja", sagte ich gedehnt, „vielleicht haben die ja Nachtisch?" Stella prustete los. Julie sah uns etwas verwirrt an. „Keine Sorge, wir sind immer so, alles gut", lachte Stella. „Wir sollten jetzt aber echt los, es gibt nur noch knapp ne halbe Stunde was zu essen", sagte Svea plötzlich. „Was?!", rief ich und sprang von Stellas Bett auf und stieß mir den Kopf an meinem Batt an. „Aua!" meckerte ich. Alle lachten. Ich nahm Stellas Ohnezahn-Kuscheltier und warf es ihr an den Kopf. „Hey", beschwerte sie sich, „die haben auch gelacht!" Julie und Svea lachten und Julie öffnete die Tür. „Wir sollten echt langsam los", meinte sie. Ich stand wieder auf - ohne mir den Kopf zu stoßen! - und folgte den anderen. Stella schloss die Tür ab und dann gingen wir zum Speisesaal. Julie und Svea voraus, Stella und ich folgten ihnen.
„Gut, dass die sich den Weg gemerkt haben!", flüsterte Stella mir zu. „Hast du ihn dir auch nicht gemerkt?", flüsterte ich kichernd zurück. Stella grinste. Also folgten wir weiter Julie und Svea. Plötzlich standen wir im Keller der Jugendherberge.
„Ähh, Leute, das ist irgendwie falsch hier", meinte Svea plötzlich. "Noch nicht bemerkt?!", meckerte Julie zurück. „Ich dachte, du weißt wo's langgeht", war ihr nächster Kommentar. „Hä, nein, du weißt wo's langgeht, ich bin dir nur hinterhergelaufen", antwortete Svea gereizt. Tja, nach müde kommt eben blöd. Und danach sauer.
„Wisst ihr vielleicht noch, wo der Speisesaal ist?", fragte Julie. Stella und ich schüttelten die Köpfe. „Nee, ich hab gehofft, Stella hätte ihn sich gemerkt", antwortete ich. „Du weißt doch, dass mein Orientierungssinn eine Katastrophe ist", rechtfertigte Stella sich. „Und du weißt, dass ich so ab elf Uhr manchmal schon müde werde und dann nicht darauf achten kann, wo der Speisesaal ist", antwortete ich. Wir sahen uns an und prusteten los. Auch Julie und Svea mussten lachen. „Wir sind so doof", prustete Stella. Ich antwortete nicht und hielt mich am Treppengeländer fest, um nicht vor lachen umzufallen.
Das war mal wieder so richtig typisch. Wir verliefen uns in einer Jugendherberge! Aua.
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